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Dienstag (Abend), 10. September 2013 Erziehungsdirektion 95 2013.0066 Interpellation 021-2013 Blaser (Steffisburg, SP) Berufsbildungsfeindliche Praktikumskultur an Kindertagesstätten?

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Sitzungstitel7 2013.0066 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Dienstag (Abend), 10. September 2013

Erziehungsdirektion

95 2013.0066 Interpellation 021-2013 Blaser (Steffisburg, SP) Berufsbildungsfeindliche Praktikumskultur an Kindertagesstätten?

Vorstoss-Nr: 021-2013

Vorstossart: Interpellation Eingereicht am: 21.01.2013

Eingereicht von: Blaser (Steffisburg, SP) (Sprecher/ -in)

Weitere Unterschriften: 0

Dringlichkeit:

Datum Beantwortung: 26.06.2013

RRB-Nr: 880/2013

Direktion: ERZ

Berufsbildungsfeindliche Praktikumskultur an Kindertagesstätten?

Die Mehrheit der Kindertagesstätten (KITAS) wird durch den Kanton mitfinanziert. Aus diesem Grund trägt der Kanton eine Verantwortung, auf welche Art und Weise die KITAS junge Menschen zur Fachfrauen/Fachmänner Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreu- ung ausbilden.

Das schweizerische Berufsbildungssystem ist so organisiert, dass in der Regel im An- schluss an die Volksschule ein Direkteinstieg in die berufliche Grundbildung möglich sein sollte. Bei den KITAS ist es jedoch branchenüblich, dass vor dem Beginn einer Ausbildung zur Fachfrau/zum Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreuung zuerst ein Praktikum von mindestens einem Jahr verlangt wird. Gemäss Recherchen soll es sogar vorkommen, dass Jugendliche bis zu drei Jahren zu einem Praktikum verpflichtet werden, bevor sie eine Lehrstelle erhalten oder im schlechtesten Fall ohne Lehrvertrag vor die Türe gestellt werden. Viele Betriebe bieten mehr Praktikumsstellen als Lehrstellen an, so dass die Praktikantinnen und Praktikanten viel in Kauf nehmen, damit sie eine der raren Lehr- stellen erhalten. Eine Erhebung der OdA Soziales Kanton Bern im Herbst 2011 bestätigte, dass fast alle (160 von 168 Lernenden) Fachfrauen/Fachmänner Betreuung vor ihrer Aus- bildung ein Praktikum absolviert haben. Rund ein Drittel der Erfassten hat sogar zwei oder mehr Jahre als Praktikantin oder Praktikant gearbeitet. Zudem erhalten Praktikantinnen und Praktikanten in dieser Zeit meist keine Ausbildungsbeiträge. Praktika sind nur stipen- dienberechtigt, wenn vom Betrieb schriftlich zugesichert wird, dass die Person nach Eig- nung eine Lehrstelle im betreffenden Betrieb erhält, oder das Praktikum höchstens ein Jahr dauert.

Die Praxis bei den KITAS kann durchaus als Missstand und als Unterlaufen des Berufsbil- dungssystems bezeichnet werden. Auch bestehen durch dieses Lohndumping für ausge- bildete Berufsleute und erwachsene Personen ohne Ausbildung Eintrittshürden in den Ar- beitsmarkt. Vor allem finanzielle Aspekte sind für diesen Missbrauch verantwortlich. Die kantonale Lehraufsicht kann in dieser Situation nicht eingreifen, weil sie nur für Lehrver- hältnisse verantwortlich ist.

Möglich wäre der Erlass eines Normalarbeitsvertrags. Würde diese Massnahme getroffen, müssten die Praktika zeitlich beschränkt und anschliessend zumindest minimal entschä- digt werden.

Ich bitte den Regierungsrat, folgende Fragen zu beantworten:

(2)

Geschäfts-Nr.: 2013.0066 Seite 2/4

1. Wie beurteilt der Regierungsrat die Situation in diesem Bereich bei den KITAS gene- rell?

2. Ist ein Praktikum vor Eintritt in die Lehre zur Fachfrau/zum Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreuung aus Sicht der Berufsbildung sinnvoll und notwendig?

3. Wie viele Ausbildungsplätze Fachfrau/Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinder- betreuung stehen gesamthaft zur Verfügung?

4. Wie viele Jugendliche steigen direkt in die Grundbildung als Fachfrau/Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreuung ein?

5. Wie viele Jugendliche absolvieren vor der Ausbildung ein Praktikum?

6. Wie viele absolvieren ein Praktikum von a. einem Jahr?

b. zwei Jahren?

c. mehr als zwei Jahren?

7. Ist der Regierungsrat bereit, koordiniert mit den Trägerschaften und den Gemeinden diesen Missstand zu beseitigen?

8. Ist der Regierungsrat bereit, die Ausrichtung der Subventionen von der Beseitigung dieses Missstands abhängig zu machen?

9. Ist der Regierungsrat bereit, den Erlass eines Normalarbeitsvertrags zu prüfen?

Antwort des Regierungsrats

Bis zum Jahre 2002 wurden die Kleinkinderzieherinnen und Kleinkinderzieher gestützt auf ein kantonales Reglement ausgebildet. Voraussetzung für den Antritt der Ausbildung war der Nachweis eines einjährigen Praktikums sowie das Erreichen des 18. Altersjahrs.

Mit der Unterstellung aller beruflichen Grundbildungen unter das eidgenössische Berufs- bildungsgesetz fielen für die Ausbildung der Kleinkinderzieherin/des Kleinkinderziehers (heute Fachfrau Betreuung/Fachmann Betreuung) die Voraussetzung eines absolvierten Praktikums als auch das Mindestalter von 18 Jahren weg. Trotzdem erscheint es den KI- TA-Leitungen nach wie vor sinnvoll, erst etwas älteren Lernenden mit absolviertem Prakti- kum eine Lehrstelle anzubieten.

Zu den vom Interpellanten gestellten Fragen nimmt der Regierungsrat wie folgt Stellung:

1. Wie beurteilt der Regierungsrat die Situation in diesem Bereich bei den KITAS gene- rell?

Der Regierungsrat ist sich bewusst, dass die KITAS zur Betreuung der Kinder über- durchschnittlich viel auf Praktikantinnen und Praktikanten zurückgreifen. Deshalb sucht die Steuergruppe interinstitutionelle Zusammenarbeit (IIZ) des Kantons gemeinsam mit der zuständigen kantonalen Organisation der Arbeitswelt nach Lösungen.

2. Ist ein Praktikum vor Eintritt in die Lehre zur Fachfrau/zum Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreuung aus Sicht der Berufsbildung sinnvoll und notwendig?

Alle Ausbildungen auf Sekundarstufe 2 sind derart konzipiert, dass Schulabgängerinnen und Schulabgänger in der Lage sein sollten, eine berufliche Grundbildung ohne vorhe- riges Praktikum zu absolvieren. Ein Praktikum erscheint nur in den Fällen sinnvoll, wo sich eine jugendliche Person noch nicht sicher entschieden hat, ob sie die Lehre als Fachfrau Betreuung als Fachmann Betreuung tatsächlich absolvieren will. Dieselbe Meinung teilt auch die Schweizerische Dachorganisation der Arbeitswelt Soziales (SA- VOIR SOCIAL).

3. Wie viele Ausbildungsplätze Fachfrau/Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinder- betreuung stehen gesamthaft zur Verfügung?

Im Kanton Bern sind 250 aktive Lehrbetriebe registriert, welche aktuell gesamthaft 598 Lehrverhältnisse (über alle drei Lehrjahre) aufweisen.

4. Wie viele Jugendliche steigen direkt in die Grundbildung als Fachfrau/Fachmann Betreuung mit Fachrichtung Kinderbetreuung ein?

Dieser Sachverhalt wird seit 2011 anlässlich der Durchführung der überbetrieblichen Kurse ermittelt. So konnten damals von 168 Lernenden lediglich 8 Lernende (rund 5 Prozent) ohne vorgängiges Praktikum die berufliche Grundbildung antreten, 2012 wa- ren es 24 von insgesamt 202 Jugendlichen (rund 12 Prozent).

(3)

Geschäfts-Nr.: 2013.0066 Seite 3/4

5. Wie viele absolvieren ein Praktikum von einem Jahr (a), zwei Jahren (b), mehr als zwei Jahren (c)?

a. 2011 haben sechs Jugendliche ein Praktikum von sechs Monaten und 91 Jugendliche ein Praktikum von einem Jahr absolviert. 2012 waren es vier Jugendliche mit einem 6- monatigen Praktikum und 107 Jugendliche mit einem einjährigen Praktikum.

b. 2011 haben acht Jugendliche ein eineinhalbjähriges Praktikum und 43 Jugendliche ein zweijähriges Praktikum absolviert.

c. Ein mehr als zweijähriges Praktikum haben 2011 elf Personen und 2012 14 Personen durchlaufen müssen, bis sie eine Lehrstelle erhalten haben.

Nicht erfasst sind all diejenigen Jugendlichen, welche trotz Praktikum keine Lehrstelle gefunden haben.

6. Ist der Regierungsrat bereit, koordiniert mit den Trägerschaften und den Gemeinden diesen Missstand zu beseitigen?

Es ist tatsächlich stossend, wenn Jugendliche derart viele Praktika machen müssen, um schliesslich eine Lehrstelle zu erhalten. Wie in der Antwort zu Frage 1 aufgeführt, haben die Direktionen ERZ, VOL und GEF im Rahmen der interinstitutionellen Zusam- menarbeit (IIZ) gemeinsam mit der Arbeitswelt verschiedene Massnahmen geprüft. So werden seit 2011 detaillierte Daten erhoben. Bei den Lehrbetrieben wurde intensive Aufklärungsarbeit gemacht. Zur Förderung des Lehrstellenangebotes wurde im Rah- men der Revision der Verordnung über die Angebote zur sozialen Integration (ASIV) ei- ne Pauschale für Betriebe eingeführt, welche Lernende ausbilden. Diese Pauschale wird mit der Abrechnung des Jahres 2012 erstmals ausbezahlt.

Der Regierungsrat wird in den nächsten Jahren die Entwicklung beobachten und falls notwendig weitere Massnahmen prüfen. Die so genannte FABE-Pauschale kann aber nur anteilsmässig zu den subventionierten Plätzen eines Betriebs im Vergleich zur Ge- samtzahl der Plätze ausbezahlt werden. Eine KITA ohne subventionierte Plätze profi- tiert nicht von dieser Pauschale. Eine FABE-Pauschale wird bezüglich der subventio- nierten Plätze ausgerichtet, da die KITA bei diesen Plätzen an Normkosten gebunden sind und Zusatzkosten nicht auf die Elterntarife überwälzen können.

Bezüglich der privaten KITA, wo der Kanton Bern finanziell nicht involviert ist, sieht der Regierungsrat keine Grundlage und Möglichkeit für weitere Vorgaben als die aktuelle Beschränkung der Anzahl (und Dauer) der Praktika im Vergleich zum sonstigen Perso- nal.

7. Ist der Regierungsrat bereit, die Ausrichtung der Subventionen von der Beseitigung dieses Missstands abhängig zu machen?

Der Regierungsrat kann sich eine solche Massnahme vorstellen. Allerdings müsste geprüft werden, ob ein derartiges Vorgehen innerhalb der aktuell geltenden Normkosten umsetzbar ist, oder ob die Abgeltung nach oben angepasst werden müsste. Dies könn- te vor allem der Fall sein, wenn nicht alle Stellen von Praktikantinnen und Praktikanten durch Lernende ersetzt werden könnten, sondern sonstiges Personal mit höheren Löh- nen angestellt werden müsste. Aufgrund der aktuellen Finanzsituation dürfte eine An- passung der Normkosten kaum in Frage kommen.

8. Ist der Regierungsrat bereit, den Erlass eines Normalarbeitsvertrags zu prüfen?

Ein zwingender Normalarbeitsvertrag (NAV) nach Artikel 360a Obligationenrecht kann erlassen werden, wenn in der betroffenen Branche eine wiederholte Unterbietung der orts- und branchenüblichen Löhne festgestellt wird. Dafür ist die kantonale Arbeits- marktkommission (KAMKO) zuständig. Ein zwingender NAV kann zwar einen Minimal- lohn für Praktikantinnen und Praktikanten festlegen, hingegen ist eine Befristung der Praktika nicht möglich. Der Regierungsrat erachtet es als sinnvollere Lösung, bei den subventionierten und nicht subventionierten KITA die Praktika einzuschränken und die Schaffung von Lehrstellen zu fördern.

Béatrice Struchen, Epsach (SVP), Vizepräsidentin. Monsieur Blaser n’est pas satisfait. Il fait une

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Septembersession 2013 2013.0066 4

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déclaration.

Andreas Blaser, Steffisburg (SP). Die Situation der Ausbildung bei den Kindertagesstätten, also bei der Grundbildung zur Fachfrau oder zum Fachmann Betreuung mit Richtung Kinderbetreuung, ist bedeutend schlimmer als ich befürchtet habe. Im Jahr 2011 traten von 176 Lernenden gerade mal 8 Lernende direkt in diese Grundbildung ein. 91 Jugendliche machten Praktika mit einer Dauer von 6 Monaten und 107 Jugendliche machten Praktika mit einer Dauer von mehr als einem Jahr. Im Vergleich heisst das also: Wenn jemand eine Lehre als Gärtner machen möchte, muss er ein Prak- tikum von einem Jahr absolvieren, um in die Lehre einzutreten. Das ist für mich unhaltbar und muss schnellstens geändert werden. Ziel muss es sein, dass Jugendliche nach Abschluss der obligatori- schen Schulzeit den direkten Einstieg in die Grundbildung finden. Ich bin von der Regierung, bezie- hungsweise von ihrer Untätigkeit enttäuscht: «Der Regierungsrat wird in den nächsten Jahren die Entwicklung beobachten»: «Gopfridstutz», da gibt es nichts zu beobachten – ich werde eine Motion einreichen, das muss sich ändern.

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