Paper-ID: VGI 190929
Osterreichische topographische Arbeiten in Tibet ¨
Hans Beran
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k. k. Obergeometer, M ¨odling
Osterreichische Zeitschrift f ¨ur Vermessungswesen ¨ 7 (7), S. 215–216 1909
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Title = {{\"O}sterreichische topographische Arbeiten in Tibet}, Author = {Beran, Hans},
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Number = {7}, Year = {1909}, Volume = {7}
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Öst err eich i sche topograp h i sch e A rbeit en in Ti bet.
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üngst ist e i n .Mann in sei11e Heimat zurückgekehrt, der i m Drange nach Erforschu n g des n och Unbekannten im I nnern Zentralasiens, wo sich die mächtigst en Gebirge der Erde und clie ödestl'll Wüsten befinden, schwierige geogra
phische Probleme glücJdich gelöst hat ; außerordentliches Interesse und wiirm ste Tt>ilnahme erweckten die von diesem gröUten Tibe t forscher, nämlich Dr. Sve11 H e <l i, n, in Wien kürzlich gehaltenen Vortdige .
Aber auch wir in
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sterreich haben n icht lange vorher die Genugtl1 u ng gehabt, die glückliche R ückkehr unseres erfolgreichen ös terreichischen Tibet reisenden Dr. Erich Z u g m a y e r zu feiern, den gleicher Forschungstrieb und edle Hingabe zur Erforschung dieses un wirtlichen Hochlandes bewog. Leider kon nte er das gesteckte sein Ziel nir.h t vollends bewältigen, mancherlei widrige Umstände zwange11 den Ge
lehrten zu Abschwenkungen und Abk ü rzungen der vorgesteckten Route, nämlich das Dupleixgebirgt: zu erreichen, um von dort nach Lhassa vorzudringen und durch die südlichen Täler des Himalaja nach Dardschilling· und Sikhim (Britisch-Indien) durch zubreche n . Obzwar der beabsichtigte Weg nicht ganz zu Ende geführt werden konnte, haben doch reiche wissenschaftliche zoologische und g·eologisi;he Samm
lungM, die Ken ntnis u n d topographische lf ou tenaufuahme bislang unbekannter Gebiete einen berriedigenden wissenschaftlichen Erfol g gezeitigt. Über diese hoch
interessante Reise ist nun Ende vorigen Jahres ein Buch • E i n e R e i s e d u r c h Zent r al-As ien i m
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ahr e 1 9 0 6 • im Verlage von Dietrich R e i m e r(Ernst
Voh sen) Berlin 1 908, erschienen, während die Resul tate der topographischen A uf
nahmen einer besonderen Arbeit vorbehalten bliebe n.
Im
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ahrgange 1 907 (Seite 22-23) unserer Zeitschrift wurde bereits eine kurze Schilderung der Expedition veröffentlicht und u n terlassen wir daher eine weitere I nhaltsangabe dieses schätzenswerten und höchst inieressanten Reisewerkes, das keine trockene Reisebeschreibung, sondern eine lebensfrische Schilderu ng von Land und Leuten in Tibet mit köstlichem Humor und ethisch erhabenem Inhal t bietet.In Polu, der Aufbruchstation zum Kisy l- Dawan, wurde mi t den regelmäf$igen astronomischen Ortsbestimmungen und Aufnahmen des zurückgelegten Weges be
gonnen. Der G elehrte best immte die Län ge , Breite und Seehöhe jedes Lagerplatzes, sowie der markan testen geograp hischen Punkte und führte ständig
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ournal überthermometrische u n d meteorologische Verhältnisse. Eine Reihe von Ba sisli nien wurden an geeigneten Stellen gemessen und mit dem Theodoliten eine Reihe von Dreiecken zur Bestimmung· der rechts und links der Route gelegenen hervor·
ragendsten Berggipfel aufgebaut, um eine Entwerfung der topographisr.hen Karte zu ermög'lichen. Eine größere Anzahl der in Zentraltibet sehr zahlreichen Seen wurden neu mit K ompaß und Schrittmal.J au fgen ommen. Neben der Erkundung unbekannter Landstriche waren auch die Richtigstellungen der vorhandenen, haupt
sächlich russischen Generalstabskarten sehr belangreich; so fand- der Forscher, daU die Einzeichnung einer hohen Bergkette zwischen dem Orte Mugleb , der dort unter dem Namen Kaba erschien, und der S tadt Tangse vollkommen falsch war.
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Beim Verlassen
des tibcta11ischc11 Hoch landes fa11<lc11 im Uorle Lu<lku11g" dem niichsten der tibetanischen Grenze gelegenen kaschmirischen Orte die Orts- und Höhenbestimmungen i hre1} . A bschluß ; mit selbstversülndlicher Spannung· nahm der Forscher abends am 20. September die Messung der Sonne und des Polarsternes vor. Ludkungwai:
auf allen Karten wieder eingezeichnet und es war anzunehmen, daß die Uinge, Breite und Seehöhe des Ortes wohl g:enau bestimmt war. Hier sollte es 1-;ichal!-io
zeigen, wie sich die .M essungen an die allgemein anerkann ten anschlief�en würden. Am Morgen de!-i folgenden Tages war der Forscher schon sehr früh au f den Beinen u nd fing die Sonne ab , sowie sie hinter den Ber ge n hervorkam. Die umgehend angestellte Berechnung erg;ib z u seiner gröfüen Genugtuung ein sehr z u friedenstel len des Resultat, das innerhalb der Fehlergrenze des vei;wendeten U n iversals lag. A uch die Messung der Seehöhen stimmte genau m it der auf der K arte verzeichnete n. Es hatten also während der ganzen Zeit der Forschungsreise das Universal , der Chronometer 1111d schließlich auch der Forscher in zufriedenstellender Wei:e funktioniert. Über 700 k111 betrug die Länge der Route in noch unbek
a
nntem tibetanischem G ebiete, ungdähr ein Drittel dessen, was der Forscher ursprünglich in Tibet marschierenwollte ;
die <lu.rchschnittl iche Marschleistung für den Tag betrug 1 6 l:m.
An der g
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eichen Stelle zog zirka vier Wochen vorher Dr. Sve n H t d i n mit seiner Karawane vorbei, um nach Yarkent (Norden) durch Tibet d urchzubrechen.Leider hattt: es das Schicksal nicht gewollt, dat.\ sich beide Forschungsreisende zur gegenseitigen Überraschung uud Freude trafen.
Der Gelehrte bediente sich zu seinen topographischen A ufnahmen eines mitt
leren Universal-lnstrumentes mit festem Fernrohr der Firma N e u h ö 1 e r & S o h n in Wien, von der auch die weitere vermessungstechnische Ausrüstung, Stahlband,
zerlegbare eiserne Fluchtstäbe, Kompaß etc. stammte. Der liebenswürdigen Ver
mit tlung des Chefs dieser Firma verdankte es Schreiber dieser Zeilen , daß er die Ehre hatte, mit dem geschätzten Forscher in nähere Verbindung zu t reten und ihm über geodätische Operationen (topogral'hische Aufnahme, Triangulieru ng, trigonometrische Höhenmessung, astronomische Zeit- und Ortsbestimmur,g etc.), Vorschläge und praktische Übungen vor Beginn der Reise in der Umgebung
\Viens zu machen.
M·ö d 1 in g, im Mai 1 909 .
Jolimm
Benmk. k Obergeometer.
Grenzabkommen zwischen Österreich u nd Bayer n.
{Oie �ev ision der Lan de.sgre11ze zwischen Bttyern und Tirol im Katwenclel· und Wettersteingebirge.)
Ende �fai wurde zwischen Bayern und Österrei�h ein Abkommen über die beiderseitige Reichsgrenze im Wetterstein- und Karwendelgebirge unterzeichnet.
Auf dieser verhältnismäßig kurzen Strecke zwischen Bodensee und Königssee, wo teilweise der Gipfel kamm, ·teilweise die nächste Umgebung des Gipfelkammes der nördl ichen Kalkalpenkette die Grenze gegen Tirol bildet, ist nun auch die Gebiets·
umgrenzung Alldeutschlands festgelegt. Hie\'on waren, als 1 766 eine erste und 1 850 eine genauere zweite Grcnzvermarkung erfolgte1 die meisten der unseren
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