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Lenkung des biologischen Säureabbaus bei Weisswein und Rotwein

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Academic year: 2022

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 21/02

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SIBYLLEKRIEGER, LALLEMANDS.A., RENNINGEN(D)

IE

ntscheidet man sich bei der Weissweinbereitung für einen biologischen Säureabbau (BSA), parti- ell oder zu 100%, ist eine frühzeitige Beimpfung ebenfalls in Erwägung zu ziehen. Der internationa- le Trend geht heute weg von schweren, fetten Char- donnay-Weinen mit ausgeprägter Holz- und Butter- note hin zu fruchtbetonten Weissweinen mit redu- zierter Säure und komplexer Struktur. Für viele Jah- re wurde im biologischen Säureabbau nur ein Mit- tel zum Abbau der Äpfelsäure in Wein gesehen. In jüngster Zeit wird die «malolaktische Fermentation»

zunehmend als wichtiges Werkzeug erkannt, um

das Weinaroma und die Weinqualität zu definieren (Krieger 1993). Weissweine mit biologischem oder teilweise biologischem Säureabbau verkosten sich oft aromatischer, fülliger und komplexer als nicht abgebaute oder chemisch entsäuerte Weine. Ein Vorteil beim gezielten Einsatz von selektionierten Stämmen ist das geringe Wachstum dieser Stämme in Wein. Die Präparate werden in einer Keimzahl von zirka zwei Millionen Bakterien pro ml Wein ein- geimpft und wachsen auf zirka fünfzig Millionen Zellen/ml an. Bei einem spontanen BSA müssen die Bakterien von einer Ausgangskeimzahl oft unter hundert bis auf jene fünfzig Millionen Zellen/ml an- wachsen, wobei vermehrtes Wachstum auch ver- mehrte Stoffwechselprodukte bedeutet. Verallge- meinert kann man sagen: «Je weniger Bakterien- wachstum und je schneller der BSA verläuft, desto neutraler und fruchtbetonter der Wein». Um einen BSA möglichst «neutral» zu halten, sollte der bakte- rielle Abbau der Äpfelsäure möglichst unter reduk- tiven Bedingungen erfolgen. In dieser Umgebung werden die Aromastoffe, die für die typischen «lak- tischen» Noten verantwortlich sind, wie zum Bei- spiel Diacetyl, sofort wieder zu weniger ge- schmacksintensiven Komponenten wie Acetoin und Butandiol reduziert. Eine frühzeitige Beimp- fung in die abklingende alkoholische Gärung würde solche reduktiven Bedingungen gewährleisten und die Anwesenheit von Hefen würde den Abbau von Diacetyl zusätzlich beschleunigen. Abbildung 1 zeigt die Diacetylgehalte in einem 1998er Spät- burgunder Weissherbst aus Baden. Bei diesem Ver- such wurden verschiedene Starterkulturen in un- terschiedlichen Beimpfungsstärken zusammen mit der Hefe oder direkt nach der alkoholischen Gärung dem Wein zugegeben. Alle Varianten wur- den doppelt angesetzt. Direkt nach dem BSA wurde eine Variante geschwefelt und sofort filtriert. Die WEINBEREITUNG

Lenkung des biologischen Säureabbaus bei Weisswein und Rotwein

Was in der Rotweinbereitung nie in Frage gestellt wird, löst bei dem Ausbau von Weiss- oder Roséweinen in manchen Weinbaugebieten einen Glaubenskonflikt aus. Lange Zeit unterschied die kräftige, knackige Säure Weine aus den kühleren Weinbauzonen von den Gewächsen aus südlichen Breiten. Offenbar hat sich aber der Geschmack vieler Konsumenten geändert. Sie be- vorzugen fruchtigen, in der Säure milden Pinot grigio oder Chardonnay (Klein 1997). Die Frage lautet also: In welchen Weinen reduziert man die Säure und mit welcher Methode – schneller BSA in Weisswein, langsamer BSA in Rotwein?

Diacetyl (mg/l)

Diacetyl (mg/l) nach dem BSDA Diacetyl (mg/l) A nach Filtration + SO2

Diacetyl (mg/l) A nach 4 Wochen auf dem Hefegeläger

4,5 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0

4x106 KBE/ml nach Gärung 4x106 KBE/ml simul.

2x106 KBE/ml nach Gärung 2x106 KBE/ml simul.

1x106KBE/ml nach Gärung 1x106KBE/ml simul.

2x105 KBE/ml nach Gärung 2x104 KBE/ml nach Gärung

Diacetylgehalt nach der alk. Gärung

Abb. 1: Diacetylgehalte in einem 1998er Spätburgunder Weissherbst in Abhängigkeit von der Behandlungsmethode und Stärke der Beimpfung mit Starterkulturen.

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SCHWEIZ. Z. OBST-WEINBAU Nr. 21/02 555 Vergleichsvariante wurde vier Wochen lang auf

dem Hefe- und Bakteriengeläger belassen, dabei einmal wöchentlich aufgerührt und dann erst ge- schwefelt. Die Diacetylgehalte am Ende des BSA waren in den einzelnen Gebinden sehr unter- schiedlich. Der Beimpfungszeitpunkt der Kultur, entweder zusammen mit der Hefe oder direkt nach der alkoholischen Gärung, scheint keinen Einfluss zu haben. Auch grosse Unterschiede zwischen den eingesetzten Präparaten wurden nicht beobachtet, jedoch scheint die eingeimpfte Bakterienmenge ei- ne Rolle zu spielen. So enthielten die Varianten mit hoher Bakterieneinsaat (5x106KBE/ml) und damit geringem Bakterienwachstum die geringsten Dia- cetylgehalte (1,1 mg/l), während in der Variante mit einer Einsaat von nur 2x104KBE/ml Diacetyl- werte von 3,9 mg/l gemessen wurden. Nach der Schwefelung gingen die Gehalte auf zirka die Hälfte des Ausgangswerts zurück und blieben dann unver- ändert hoch. Bei den Varianten mit Lagerung auf der Hefe war eine erhebliche Abnahme der Dia- cetylkonzentration zu beobachten. Nahezu unab- hängig vom Ausgangsgehalt wurden nach vier Wo- chen nur noch 0,2 mg/l Diacetyl gemessen, was un- gefähr dem Geschmacksschwellenwert in Chardon- nay-Weinen entspricht (Martineau und Henick- Kling 1995).

BSA und die Rotweinfarbe

Die Qualität von Rotwein wird in besonderem Mas- se auch über die Intensität der Farbe definiert.

Neue önologische Verfahren wie die Mikrooxige- nierung oder der Zusatz von Tannin sollen der Farb- intensivierung oder Farbstabilisierung dienen.

Während des BSA ist nun ein Rückgang der Farbin- tensität zu beobachten, der sich nicht nur aus der Verschiebung des pH-Werts erklären lässt. Bauer (1992) konnte einen Verlust an freien Anthocyanen während des biologischen Säureabbaus in Würt- temberger Rotweinen um durchschnittlich 31%

feststellen. Dennoch lagen die Absorptionswerte der chemisch entsäuerten Kontrollen deutlich nied- riger im Vergleich zu den biologisch entsäuerten Varianten. Forschungsarbeiten aus Frankreich zeig-

ten einen Einfluss der Geschwindigkeit des biologi- schen Säureabbaus auf die Intensität der Rotwein- farbe vor allem in Pinot noir. Je schneller der BSA erfolgt, desto höher der Verlust an freien Anthocya- nen. Basierend auf dieser Erfahrung werden in man- chen Rotweinbetrieben in Frankreich, vor allem im Hauptanbaugebiet des Pinot noirs in Burgund, die Temperaturen während des biologischen Säureab- baus abgesenkt, um einen gezielt langsameren BSA bei tiefen Temperaturen (ca. 14 °C) durchzuführen.

Damit wird der Zeitpunkt der ersten Schwefelung hinausgezögert und es steht ein längerer Zeitraum für die Kondensierung der Polyphenole zur Verfü- gung. Um die Sicherheit der Dominanz eines be- kannten Stamms zu haben, werden gezielt Starter- kulturen eingesetzt. Nur wenige Starterkulturen können diesen Anspruch erfüllen. Lalvin 31 und Uvaferm ALPHA wurden unter diesen Bedingungen erprobt und konnten sich auch bei niedrigen Tem- peraturen durchsetzen, wie in Abbildung 2 ein Ver- such in einem 2000er Pinot noir aus dem Burgund bei einer Weintemperatur von 14 °C zeigt.

In anderen Rebsorten wie zum Beispiel im Zwei- gelt oder im Cabernet Franc sind die Farbverluste nach dem BSA weniger bedeutend, wie die Ergeb- nisse in Abbildung 3 zeigen. In einer Versuchsserie in einem 1999 Zweigelt und einem Cabernet Franc Wein aus dem Burgenland konnten optisch keine sichtbaren Farbunterschiede festgestellt werden.

WEINBEREITUNG

0 MBR2 MBR1 ALPHA Lalvin 31 spontan

Stamm

20 30 40 50 60 70 80 90 10

Dauer des BSA (Tage)

Tristimulus a/b

14,00

Tristimulus L 16,00

12,00 10,00 8,00 6,00 4,00 2,00 0,00

Tristimulus a/b

CF vor BSACF ALPHACF Lalvin 31CF SpontanZW vor BSAZW ALPHAZW Lalvin 31ZW Spontan

Abb. 2: Dauer des biologischen Säureabbaus in einem 2000er Pinot noir (Burgund; Alkohol 13,4 Vol.-%, pH 3,8, Gesamt-SO2

20 ppm, freie SO23 ppm, Temperatur 14 °C).

Abb. 3: Tristimulus-Werte in einem 1999er Cabernet Franc und einem 1999er Zweigelt Wein (Burgenland) vor und nach dem BSA.

Abb. 4: Gefährdeter Wein: Wein im BSA, Zahl der Essigsäure- bakterien bereits er- höht. (Foto: Vinquiri Inc.)

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Die Weine nach dem BSA schienen sogar etwas dunkler zu sein. Die Bestimmung der Tristimulus- Werte bestätigten diese Beobachtung.

Kurz erwähnt werden sollte an dieser Stelle auch die Mikrooxigenierung, da dieses Verfahren welt- weit immer häufiger Verwendung findet. Bei der Mikrooxigenierung ist es wichtig, den biologischen Säureabbau direkt nach der alkoholischen Gärung zu verhindern, um zunächst die Mikro-Sauerstoff- behandlung durchzuführen. Ein Eintreten des BSA würde einen Abbruch der Behandlung notwendig machen, da Bakterien einen Teil des Acetaldehyds abbauen, was sich zwar auf den Gesamt-SO2-Bedarf positiv auswirkt (geringere Abbindung von SO2),

aber die erwünschte Kondensation der Polyphe- nole behindert. Auch hier ist in Zukunft an einen Einsatz von Lysozym (die offzielle Erlaubnis zum Einsatz von Lysozym in Wein in der EU erfolgte im Oktober 2001) zu denken. Ansonsten sollte der spontane BSA durch eine geringe Gabe von SO2ver- hindert werden. Nach erfolgter Mikrooxigenierung kann dann gezielt mit BSA-Kulturen beimpft wer- den.

Vergleichbar zum Einsatz der Starterkulturen im Weisswein lässt sich auch im Rotwein, bei Auswahl geeigneter Starterkulturen mit definierten Leistun- gen und in der Applikation verschiedener önologi- scher Verfahren, der biologischen Säureabbau in seiner sensorischen Ausprägung lenken.

LITERATUR

Bauer O.: Einflüsse von Starterkulturen verschiedener Milchsäure- bakterien auf die Qualität von Rotweinen unter Praxisbedingun- gen. Diplomarbeit an der Fachhochschule Wiesbaden, Fachge- biet Mikrobiologie und Biochemie der FA Geisenheim, Mai 1992.

Klein R.: Malo macht munter. Alles über Wein 1/97, 98–99, 1997.

Krieger S.: Aromabeeinflussung durch den BSA. Der Deutsche Weinbau 12, 20–24, 1993.

WEINBEREITUNG

Conduite de la fermentation malolactique dans la vin rouge et blanc

Ce serait sous-estimer l'importance des bactéries sur la qualité du vin que de limiter leur action à la production d'acide lactique et à la perception d'acidité réduite dans le vin fini. En réalité, le métabo- lisme des bactéries induit la production d'un grand nombre de composés dont beaucoup ont des effets importants sur les arômes et la complexité du vin. Une bonne gestion de la FML vise à obtenir des vins francs et nets ainsi qu'à préserver le potentiel aromatique des vins. En effet: la disparition du carac- tère variétal et des arômes fruités dans les vins peut être attribuée à des fermentations malolactiques incontrôlées. Au contraire, la conduite des fermentations malolactiques avec certaines bactéries sé- lectionnées a permis de préserver la teneur de ces composés, surtout si la souche est bien choisie et la malo est conduite rapidement dans le cas d'une fermentation de vin blanc. Pour la conservation de la couleur du vin rouge, on peut donner la préférence à une FML lente à basse température.

R

ÉSUMÉ

Abb. 5: Wein in vol- lem Säureabbau. 1 = absterbende Hefezel- len, 2 = Trubstoffe.

(Foto aus: Mikrosko- pische Beurteilung von Weinen und Fruchtsäften in der Praxis, Lüthi/Vetsch)

Referenzen

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