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Archiv "Alternative gegen das Vorhaben der Regierung in Sicht" (03.03.1977)

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DEUTSCHE S ÄRZTEBLATT

Ärztliche Mitteilunc en

Herausgeber: Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung

Alternative gegen das Vorhaben

der Regierung in Sicht

Das dürfte es im deutschen Gesundheitswesen noch nicht gegeben haben: Repräsentanten von mehr als zwanzig Organisationen des Gesundheitswesens — darunter die wesentlichen „Leistungserbrin- ger" — fanden sich am 20. Februar zu einem gesundheitspolitischen Gespräch über aktuelle, sie gemeinsam berührende Fragen. Anlaß war der vier Tage zuvor vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf des sogenannten „Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgeset- zes". Die Initiative zu dem Treffen war von der „Gesundheitspoliti- schen Gesellschaft" und deren Vorsitzendem, Professor Dr. med.

Fritz Beske (Kiel), ausgegangen. Die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung waren durch deren Hauptge- schäftsführer, Professor J. F. Volrad Deneke und Dr. med. Rolf Schlögell, vertreten.

Nach diesem ersten Gespräch läßt sich als gemeinsame Auffassung der Teilnehmer erkennen:

• Die Gesetzespläne der Bundesregierung werden vor allem wegen ihrer systemverändernden Inhalte — also aus gesellschaftspoliti- schen Gründen — abgelehnt.

49 Nach übereinstimmender Auffassung der Versammlung sollte in unserem System der gegliederten Sozialversicherung als Grundsatz bestehenbleiben, daß jeder Zweig die Finanzierung seiner Leistun- gen selbst sicherzustellen hat.

• Es wurde nicht verkannt, daß es einer Kostendämpfung im Ge- sundheitswesen langfristig bedarf. Ein unmittelbarer Zwang zu ei- nem „Kostendämpfungsgesetz" besteht aber nicht, sofern man sich daran hält, jeden Zweig der sozialen Sicherung in sich zu finan- zieren.

Für überstürzte Maßnahmen, wie sie die Bundesregierung plant, ist also kein akuter, aus dem Gesundheitswesen kommender Anlaß gegeben. Im Gegenteil, in Frankfurt zeigte sich erneut, daß in der Krankenversicherung bereits eine deutliche Abflachung der Kosten- steigerungsraten eingesetzt hat. Maßgebend dafür sind eine Reihe von kostendämpfenden Maßnahmen, so vor allem:

Initiative der

„Gesundheitspolitischen Gesellschaft"

22 Organisationen fanden sich

zu einer ersten

„konzertierten Aktion"

Heft 9 vom 3. März 1977 557

(2)

Die Information:

Bericht und Meinung

Gesundheitspolitische Alternative

..,.. die Empfehlungsvereinbarung zwischen Krankenkassen und Kas- senärzten, wonach 1976 und 1977 der gesamte Honorarzuwachs höch- stens acht Prozent beträgt;

..,.. die Abflachung des Zuwachses der Pflegesätze in den Krankenhäu- sern (1973: 35,2 Prozent; 1976: 11 Prozent);

..,.. ein Anstieg der Preise für Arznei- mittel 1976 unter einem Prozent;

1977 ist mit allenfalls 2,8 Prozent zu rechnen;

..,.. die Kürzung der Apothekenspan- ne; die Einbuße schlägt mit 250 Mil- lionen DM jährlich zu Buche.

..,.. Die Wirksamkeit dieser Be- schränkungen zeigt sich deutlich: keine Beitragserhöhungen 1976 bei den Ersatzkassen und bei einem Teil der Ortskrankenkassen.

Beske später vor der Presse: Das sei der Beweis, daß die am Gesund- heitswesen Beteiligten sich maßvoll verhalten und damit- freiwillig- zur finanziellen Konsolidierung der Krankenversicherung beigetragen hätten. ln dem Frankfurter Gespräch habe sich darüber hinaus gezeigt,

I

daß die beteiligten Verbände bereit seien, sich auch in der nächsten Zeit

Bei dem Treffen, zu dem die Gesundheitspolitische Ge- sellschaft am 20. Februar nach Frankfurt geladen hatte und über das auf diesen Sei- ten berichtet wird, waren ver- treten (in alphabetischer Rei- henfolge): Arbeitsgemein- schaft der Berufsvertretungen Deutscher Apotheker; Berufs- verband der Praktischen Ärzte und Ärzte für Allgemeinmedi- zin Deutschlands; Bundesärz- tekammer; Bundesapotheker- kammer; Bundesverband der Deutschen Zahnärzte; Bun- desverband der Knapp- schaftsärzte; Bundesverband des medizinisch-technischen Fachhandels; Bundesverband des Pharmazeutischen Groß-

kostendiszipliniert zu verhalten.

Diese Selbstdisziplin biete die Ge- währ, daß in Ruhe ein in sich ge- schlossenes Konzept für eine sy- stemkonforme Kostendämpfung ausgearbeitet werden könne. Beske denkt hierbei an einen Zeitraum von zwei Jahren. Diese Zeit sei unbe- dingt nötig, weil einem konkreten Vorschlag eine sorgfältige Erfor- schung der Verflechtungen des Ge- sundheitssystems vorausgehen müssen, erklärte er auf eine unge- duldige Journalistenfrage. Ohne solche "Gesundheitssystemfor- schung" läßt sich nach Beske Ko- stendämpfung überhaupt nicht wirksam betreiben. Bisher sei ein- fach nicht mit Sicherheit abzusehen, welche Maßnahme letztlich welche finanziellen Auswirkungen habe.

Im übrigen ist nach seiner Überzeu- gung nicht allein "Kostendämp-

fung" der Anlaß zu der Banner Ge-

setzesinitiative, sondern der Wunsch und Wille, jetzt endlich Strukturveränderungen im Gesund- heitswesen durchzusetzen. Beske urteilt hier klar und hart: "Die Ver- wirklichung aller oder nur wesentli- cher Teile dieses Vorhabens würde die tragenden Elemente unseres Ge- sundheitswesens aufheben und

handels; Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie;

Bundesverband deutscher Privatkrankenanstalten; Deut- scher Apotheker-Verein;

Deutscher Kassenarztver- band; Deutsche Krankenhaus- gesellschaft; Freier Verband Deutscher Zahnärzte; Ge- meinschaft Fachärztlicher Be- rufsverbände; Hartmannbund;

Kassenärztliche Bundesverei- nigung; Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung; Marbur- ger Bund; Verband der lei- tenden Krankenhausärzte Deutschlands; Verband der Niedergelassenen Ärzte Deutschlands sowie der Ver- band der privaten Krankenver-

sicherung. DÄ

558 Heft 9 vom 3. März 1977 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Die Gesundheitspolitische Gesellschaft, gegründet 1972 in Kiel, ist eine überparteiliche Vereinigung, die sich für die Weiterentwicklung des ge- genwärtigen Gesundheitssy- stems im Wege von Reformen im Rahmen der freiheitlichen Berufsausübung der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Tierärzte einsetzt. Wenn auch jede Person, die mit solchen Zielen einverstanden ist, Mit- glied der Gesellschaft sein kann, so dürfte die Mehrzahl der Mitglieder (derzeit rund 800) unter den Heilberuflern zu suchen sein. Vorsitzender ist Prof. Dr. med. Fritz Beske (Staatssekretär im schleswig- holsteinischen Sozialministe- rium). Die weiteren Vorstands- mitglieder: Dr. med. dent. W.

Eggers (Vorsitzender des Bundesverbandes der deut- schen Zahnärzte) und der Apotheker Dr. rer. nat. C.

Schwarte. DÄ

letztlich zu einer Sozialisierung oder Verstaatlichung des Gesundheits- wesens führen. Dieser Entwicklung sollte mit allen Kräften entgegenge- wirkt werden."

Aussagen dieser Art wurden durch die Analyse des Gesetzentwurfes durch die Teilnehmer des Frankfur- ter Treffens bestätigt.

Der Gesetzentwurf sei der seit der Gründung der Bundesrepublik mas- sivste Versuch, unter Ausnutzung der öffentlichen Diskussion über die Stabilisierung der Rentenversiche- rung in die Struktur und in die Lei- stungsfähigkeit des deutschen Ge- sundheitswesens einzugreifen, hieß es. Seine Verwirklichung -von eini- gen zu Unrecht als "die letzte Mög- lichkeit der Verhinderung eines staatlichen Gesundheitswesens"

propagiert - würde das derzeitige bewährte System der gegliederten Krankenversicherung schr.ittweise beseitigen. Erste Schritte in diese Richtung seien die von der Bundes- regierung fälschlich als "Struktur-

(3)

Das Gesetz

zur Strukturveränderung der sozialen

Krankenversicherung

ist überflüssig, ja schädlich

Die Vorstände von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bun- desvereinigung gaben am 18. Februar die nachfolgende Stellungnah- me zum Inhalt der von der Bundesregierung am 16. Februar 1977 beschlossenen Gesetzesentwürfe zur Renten- und Krankenversiche- rung ab:

Nach Auffassung der Vorstän- de von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundes- vereinigung muß in unserem gegliederten Sozialversiche- rungssystem die finanzielle Leistungsfähigkeit jedes Zweiges für sich allein durch geeignete Maßnahmen gesi- chert werden. Systemfremde Eingriffe und ihre Folgen wir- ken dem erklärten Ziel einer Kostendämpfung entgegen.

Die Ausgabenentwicklung in der Krankenversicherung im Jahr 1976 hat gezeigt, daß es eines mit zahlreichen struk- turverändernden Maßnahmen verbundenen Gesetzes zur Kostendämpfung nicht be- darf. Dies gilt für das Kassen- arztrecht genauso wie für die beabsichtigte Gleichschal- tung der Ersatzkassen, den Trend zur Einheitsversiche- rung und die verfassungswid- rige Existenzbedrohung ins- besondere der freien gemein- nützigen Krankenhäuser.

Die Kassenärztliche Selbst- verwaltung hat in der jüng- sten Vergangenheit gemein- sam mit den anderen Beteilig- ten in der sozialen Kranken- versicherung ihre Fähigkeit zu erfolgreichen kostendämp- fenden Maßnahmen in Frei- heit und Selbstverantwortung bewiesen. Die Bereitschaft hierzu besteht auch für zu- künftig notwendige Regelun- gen. Die Vorstände gehen da- von aus, daß das gleiche für die übrigen Partner in der so- zialen Krankenversicherung zutrifft.

Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesverei- nigung appellieren daher ein- dringlich an Bundesrat und Bundestag, diese Bereitschaft der Ärzteschaft in der weite- ren Behandlung der Gesetz- entwürfe zu berücksichtigen und überflüssige, ja schäd- liche Eingriffe in das organi- sche System unserer geglie- derten Sozialversicherung zu verhindern. BÄK/KBV

Die Information:

Bericht und Meinung

verbesserungen" bezeichneten Ein- griffe, zum Beispiel:

C) das eigenständige Gestaltungs- recht der Ersatzkassen wird durch Finanzausgleich und Einheits-Be- wertungsmaßstab gleichgeschaltet.

Gleichgeschaltet wird sogar der Be- reich der freien Heilfürsorge bis hin zu Untersuchungen zur Durchfüh- rung der Wehrpflicht.

() Durch einen Finanzausgleich un- ter den einzelnen Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen wird die Finanzhoheit der Selbstverwaltung und damit das Recht, über die Ver- wendung der Beiträge zu entschei- den, weitgehend beseitigt: Damit wird die Selbstverwaltung ihrer we- sentlichen Aufgabe entkleidet.

C) Durch bundeseinheitliche „Emp- fehlungen" über die Entwicklung der Honorarzahlungen der Kranken- kassen an die Ärzte und Zahnärzte wird eine weitere Einschränkung auf dem Gebiet der Selbstverwaltung vorgenommen. Die vorgesehene Bindung der Empfehlungen an den Jahreswirtschaftsbericht — unab- hängig von den notwendigen Lei- stungen des Arztes und Zahnarztes!

— muß sich leistungsfeindlich aus- wirken; sie entspricht damit in kei- ner Weise unserer auf Leistung auf- bauenden Wirtschaftsordnung.

Diese Ergebnisse des Expertenge- sprächs beweisen zur Genüge, daß die in der Öffentlichkeit hochge- spielte Honorardiskussion — an de- ren Verfälschung als „Einkommens- diskussion" sich nicht zuletzt auch Bundesarbeitsminister Herbert Eh- renberg kräftig beteiligt hat — die tatsächlichen Gesetzesziele ver- schleiert. Beske, vor der Presse dar- auf angesprochen, wertete das als Ablenkung auf einen „Nebenkriegs- schauplatz".

Ein Konzept für das Gesundheitswe- sen müsse umfassender ansetzen.

Grundsätzlich könne an Leistungen nur erbracht werden, was auch be- zahlt werden könne. Das bedeute:

Anpassung des Leistungsrahmens der gesetzlichen Krankenversiche- rung an die zur Verfügung stehen- den Mittel unter ordnungsgemäßer

Honorierung der Leistungen, die dann zu erbringen seien. Hier die Prioritäten zu setzen sei Aufgabe des Parlaments und nicht Sache der Beteiligten. Beske kritisierte damit indirekt auch das Konzept der Bun- desregierung; das ja wesentlich zum Inhalt hat, die Selbstverwaltungen der Ärzte und Kassen zu „Sparkom- missaren" zu degradieren, um den Staat von dieser unangenehmen Aufgabe zu befreien.

Der „Frankfurter Kreis" will sich be- reits in Kürze wieder treffen (voraus- sichtlich Ende März), um Näheres über ein konzertiertes Vorgehen und die bereits am 20. Februar erkenn- bare Alternative zu erörtern und zu beschließen. Dann sollen auch die Versicherungsträger mit von der Partie sein — sofern sie an einer sy- stemkonformen Weiterentwicklung des Gesundheitswesens interessiert sind. NJ

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vom 3. März 1977 559

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