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Archiv "Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für klinische Onkologie: Was relevant ist für die Klinik" (21.07.2014)

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A 1302 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 29–30

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21. Juli 2014

JAHRESTAGUNG DER AMERIKANISCHEN GESELLSCHAFT FÜR KLINISCHE ONKOLOGIE

Was relevant ist für die Klinik

Viele neue Daten mit hohem Praxisbezug betrafen die Senologie: Ein überraschend negatives Ergebnis hatte eine Studie zur adjuvanten, dualen Her2-Hemmung beim Mammakarzinom, positive Daten gab es zur Minderung unerwünschter Effekte.

S

ie ist mit mehr als 8 000 Teil- nehmerinnen die weltweit größte Studie zur adjuvanten Thera- pie von Frauen mit Her2-positiven Mammakarzinomen, und ihr Ergeb- nis war die größte Überraschung bei der 50. Jahrestagung der American Society of Clinical Oncology (AS- CO) in Chicago: Eine duale Inhibiti- on von Her2 mit dem Anti-Her2-An- tikörper Trastuzumab plus dem Her1/2-Tyrosinkinase-Inhibitor La- patinib bringt keinen signifikanten klinischen Vorteil im Vergleich zu Trastuzumab alleine (1). Das Ergeb- nis dieser wichtigen Studie (ALT- TO1) habe, so der Tenor, grundsätzli- che Bedeutung: Studien mit Frage- stellungen von hoher Praxisrelevanz, die nicht oder nicht ausschließlich firmenfinanziert werden, lassen sich nur in international kooperierenden Netzwerken wie diesen realisieren und bedürfen öffentlicher Förderung.

„Wir haben die ALTTO-Studie gestartet, weil die Daten der kleine- ren NeoALTTO2-Studie synergisti- sche Effekte beider Substanzen er- warten ließen“, sagte Senior-Auto- rin Prof. Dr. Edith Perez vom Mayo Clinic Cancer Center in Jacksonvil- le, Florida. An NeoALTTO (2) hat- ten 455 Frauen mit Her2-positiven (Her2+) Tumoren, meist > 2 cm, teilgenommen. Die Kombination i.v. Trastuzumab plus oral Lapatinib hatte die Rate der pathologischen kompletten Response (pCR: kein invasiver Tumor in der Brust zum Zeitpunkt der Op) im Vergleich zu jeder der Substanzen allein verdop- pelt auf 51,3 Prozent (p = 0,0001).

„Unsere Hoffnung war, dass sich diese Verdoppelung durch duale Her2-Hemmung in eine Verbesse- rung des Überlebens bei adjuvanter Therapie überführen lässt“, sagte Perez. In der randomisierten, pro- spektiven ALTTO-Studie wurden

die Kombinationen postoperativ verglichen: Lapatinib plus Trastu- zumab (L + T) oder Trastuzumab gefolgt von Lapatinib (T → L) oder Trastuzumab (T) oder Lapatinib (L) alleine. Die Anti-Her2-Therapien wurden entweder nach einer anthra- zyklinfreien, platinbasierten Che- motherapie begonnen oder nach an- thrazyklinbasierter Therapie (insge- samt acht Studienarme).

8 341 Frauen mit neu diagnosti- ziertem Her2+-Brustkrebs (57 % Hormonrezeptor [HR] positiv;

43 % prämenopausal; 40 % nodal negativ; 45 % Primärtumor maxi- mal 2 cm) aus 44 Nationen wurden rekrutiert, davon 1 375 in Deutsch- land. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben (kein in- vasiver Tumor). Die Kombination L + T wurde auf Überlegenheit, die sequenziellen Therapieregime T → L auf Nichtunterlegenheit ge- genüber Antikörper-Monotherapien geprüft (beide p ≤ 0,025). Die La- patinib-Monotherapiearme wurden

vorzeitig wegen nicht erwartbaren Nutzens geschlossen und bei der Analyse nicht berücksichtigt.

Das krankheitsfreie Überleben (DFS) unterschied sich leicht zuguns- ten von L + T, aber nicht signifikant:

Es betrug nach vier Jahren 88 Prozent für die Kombination und 86 Prozent bei Antikörper-Monotherapie, die Hazard Ratio für das DFS lag bei 0,84 (97,5-%-Konfidenzintervall [KI] 0,70–1,02; p = 0,048) für die Kombination L + T versus T und bei 0,96 für T → L versus T (97,5-%-KI 0,80–1,15; p = 0,610). Auch beim Gesamtüberleben gab es keine signi- fikanten Unterschiede. Die kardiale Toxizität war in allen Gruppen ge- ring, aber Diarrhöen, Leberenzymer- höhungen und Hautreaktionen waren häufiger bei dualer Her2-Inhibition als bei Antikörper-Monotherapie.

Die vertikale duale Her2-Inhibi- tion sei derzeit keine Option in der adjuvanten Situation, so das Fazit.

„Das Ergebnis ist eine herbe Ent- täuschung, nicht nur für die Unter- Unkontrollierte

Vermehrung:

Mammakarzinom- zellen in der kolo- rierten elektronen- mikroskopischen

Aufnahme

Foto: Steve Gschmeissner SPL Agentur Focus

ALTTO = Adjuvant Lapatinib and/or Trastuzumab Treat- ment Optimization trial

NeoALTTO = NeoAdju- vant Lapatinib and/or Trastuzumab

M E D I Z I N R E P O R T

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sucher, sondern für das gesamte Fachgebiet“, kommentierte Prof. Dr.

George W. Sledge von der Stanford University. Denn die Studie setze auch ein Fragezeichen hinter die Annahme, dass die in randomisier- ten Studien gefundenen Unterschie- de der pCR in der Brust prädiktiv für ein verbessertes Überleben seien.

„Die Gründe für das negative Er- gebnis in der ALTTO-Studie müssen noch genauer recherchiert werden“, kommentiert Prof. Dr. med. Wolf- gang Janni, Ärztlicher Direktor der Frauenklinik der Universität Ulm.

„Auch wenn die Diskrepanz zwi- schen den positiven Ergebnissen der Neo-ALTTO-Studie und den enttäuschenden Ergebnissen der ALTTO-Studie auffallend ist, stellt die Studie die Verlässlichkeit der prognostischen Relevanz der pCR nicht grundsätzlich infrage: Zu un- terschiedlich waren die Settings der Studien, etwa in der Compliance.

Ein ambitioniertes translationales Forschungsprogramm wird versu- chen zu definieren, welche Voraus- setzungen für eine erfolgreiche ad- juvante duale Blockade erfüllt sein müssen. Bis dahin ist Trastuzumab, ein Jahr lang gegeben, Standard.“

Tumorbiologische Signaturen Von differenzierten molekularbiolo- gischen Beschreibungen auch des Primärtumors, wie sie unter anderem Prof. Dr. Lisa Carey auf der Basis von Genexpressionssignaturen beim ASCO vorstellte (3), wird angesichts der großen biologischen Heterogeni- tät des Mammakarzinoms erwartet, dass sich mit prädiktiven Biomar- kern das Ansprechen auf Therapien besser vorhersagen lässt als bisher.

„Die molekulare Subtypisierung ist beim Mammakarzinom über die Im- munhistochemie hinaus seit der Ar- beit von Carey wieder mehr ins Zen- trum gerückt“, kommentiert Janni.

„Vor allem bei HER2-zielgerichteten Behandlungen könnte sie künftig wichtige Bedeutung für die Thera- pieentscheidung erhalten.“

Als positiv wurden die Daten zweier randomisierter Phase-III-Stu- dien (TEXT3 und SOFT4) mit 5 738 Patientinnen bewertet, die vor der Menopause an HR+, nicht metasta- sierten Mammakarzinomen erkrankt

waren (4, 5): Nach Tumorexzision ohne Resterkrankung war eine endo- krine Rezidivprophylaxe mit dem Aromatasehemmer Exemestan (Exe) in Bezug auf das krankheitsfreie Überleben nach median 5,7 Jah- ren sogar effektiver als mindestens fünf Jahre Tamoxifen (Exe: 91,1 % nach fünf Jahren, Tam: 87,3 %;

p = 0,0002). Voraussetzung für Exe- mestan bei prämenopausalen Patien- tinnen ist allerdings die Suppression der Ovarialfunktion, zum Beispiel mit Triptorelin oder dauerhaft (Ova- rienentfernung/Radiatio), um niedri- ge Östrogenspiegel zu erzielen. Die Überlebensraten einer Untergruppe ergaben eine exzellente Prognose durch Rezidivprophylaxe mit einer Hormontherapie alleine und ohne (neo)adjuvante Chemotherapie.

Eine vorzeitige Menopause durch Funktionsverlust der Ovarien ist eine bekannte unerwünschte Wirkung von Zytostatika. In einer internationalen Phase-III-Studie ist untersucht worden, ob Goserelin, ein Analogon des Luteinisieren- den-Hormon-Releasing-Hormons (LHRH), das Risiko für Zytostatika- assoziierte Unfruchtbarkeit bei Brustkrebspatientinnen (< 50 Jahre) reduzieren kann. „Dahinter steht die Annahme, dass die Follikel bei einer Suppression der Ovarialfunk- tion weniger empfindlich gegen- über toxischen Effekten von Zyto- statika sind“, sagte Dr. PhD Halle Moore von der Cleveland Clinic in Cleveland, Ohio.

In die POEMS5-Studie (6) wur- den 257 prämenopausale Frauen mit HR-Mammakarzinom im Alter von 18 bis 49 Jahren eingeschlossen und randomisiert in eine Gruppe, die wö- chentlich subkutan Goserelin erhielt, mit Start eine Woche vor Beginn der (neo)adjuvanten Chemotherapie, und in eine zweite Gruppe ohne Gosere- lin. Primärer Endpunkt war ein vor- zeitiger Funktionsverlust der Ova- rien (Amenorrhöe ≥ 6 Monate und postmenopausale Plasmaspiegel des follikelstimulierenden Hormons).

Nach zwei Jahren erfüllten 22 Pro- zent der Frauen im Standardarm bei- de Kriterien, aber nur acht Prozent unter Goserelin (Odds Ratio 0,30;

p = 0,04). Unter Chemotherapie plus Goserelin wurden 21 Prozent der

Frauen schwanger, unter Chemothe- rapie alleine elf Prozent (Odds Ratio 2,45; p = 0,03), die Geburtenrate war doppelt so hoch unter Goserelin.

Auch DFS und Gesamtüberleben waren günstiger unter Goserelin (Vierjahresraten 89 vs. 78 % und 92 vs. 82 %; p = 0,05). „Der Unterschied im krankheitsfreien und Gesamtüber- leben hat uns positiv überrascht“, sagte Moore. Dies bestätige, dass die Therapie sicher sei.

Studiendaten und Alltagspraxis Ob sich Ergebnisse randomisierter Studien im klinischen Alltag abbil- den, ist eine der Fragestellungen der BRAWO6-Studie (7): eine nicht - interventionelle Untersuchung an deutschen Zentren bei circa 3 000 Patientinnen mit HR+-, Her2-Mam- makarzinomen im fortgeschrittenen oder metastasierten Stadium, die gemäß Zulassung Everolimus (Eve) plus Exemestan erhalten. Hinter- grund sind die Daten der BOLE- RO7-2-Studie (8): Die Kombination Eve plus Exe hatte in der finalen 18-Monatsanalyse das progressi- onsfreie Überleben von 4,1 (Exe + Placebo) auf 11,0 Monate (Exe + Eve) erhöht, so dass die Kombina - tion mTOR-Inhibitor plus Aromata- sehemmer in der Erst- und Zweit - linientherapie nun empfohlen wird.

Dass die Empfehlung in der Pra- xis ankommt, ergab die Auswertung der BRAWO-Studie: Von den ersten 200 eingeschlossenen Patientinnen erhielten 53,5 Prozent Eve als Erst- oder Zweitlinientherapie, zuletzt waren es 70 Prozent. 87,2 Prozent der Patientinnen in der BRAWO- Studie waren über eine Stomatitis- prophylaxe informiert, bei 34,1 Prozent trat diese unerwünschte Wirkung auf (die meisten Grad 1 und 2: 16,2 und 13,6 %) versus 59 Prozent in der BOLERO-2-Stu- die. In der Erst- und Zweitlinienthe- rapie war Stomatitis seltener als in späteren Therapielinien. Eine pro- aktive Kommunikation über Risiko und Prophylaxe von Stomatitis sei notwendig und wirksam.

Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze

TEXT = Tamoxifen and Exemestan Trial

SOFT = Suppression of Ovarian Function Trial

POEMS = Prevention of Early Menopause Study

BRAWO = BReast cancer treatment with Afinitor (everolimus) and exemestane for ER+ WOmen

BOLERO-2 = Breast cancer trials of OraL EveROlimus-2

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Literatur im Internet:

www.aerzteblatt.de/lit2914 oder über QR-Code

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