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Einführung in die Diskrete Mathematik

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Academic year: 2021

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Sommersemester 2014 PD Dr. Nils Rosehr

Inhaltsverzeichnis

I Einleitung 5

II Kombinatorik 5

1 Grundlagen der Kombinatorik 6

1.1 Standardbezeichnungen . . . 6

1.2 Endliche Mengen . . . 6

1.5 Potenzmenge . . . 7

1.6 Partitionen . . . 8

1.8 Schubfachprinzip . . . 8

1.9 Anwendungen . . . 8

1.10 Prinzip der doppelten Abzählung . . . 10

1.11 Beispiel . . . 10

2 Binomialkoeffizienten 10 2.1 Permutationen und Fakultät . . . 10

2.3 Stirling-Formel . . . 11

2.6 Näherung von Binomialkoeffizienten . . . 13

2.8 Ungeordnete Summationen und Multimengen . . . 13

2.9 Wege im Gitter . . . 14

2.10 Vandermonde-Identität . . . 14

2.11 Polynommethode . . . 15

(2)

2.13 Differenzieren . . . 16

2.14 Binomische Reihe . . . 16

2.15 Multinomialkoeffizienten . . . 17

3 Abbildungen und Auswahlen 18 3.6 Auswahlen . . . 19

3.8 Abzählbare Wahrscheinlichkeitsräume . . . 19

3.10 Erwartungswert und Varianz . . . 20

4 Inklusion und Exklusion 22 4.1 Siebformel . . . 22

4.2 Bonferroni-Ungleichungen . . . 22

4.3 Fixpunktfreie Permutationen . . . 22

4.4 Surjektive Abbildungen . . . 23

4.5 Partitionen und Stirling-Zahlen . . . 23

4.6 Einschub: Endliche Körper . . . 23

VI Übungsaufgaben 25

Index 28

(3)

I Einleitung

Die diskrete Mathematik ist keine Geheimwissenschaft, sondern vielmehr ist diskret hier als Abgrenzung zu kontinuierlich zu verstehen. Dabei wird der Begriff unterschiedlich allgemein gefasst. Häufig geht es um mathematische Probleme oder Theorien die mit endlichen oder abzählbaren Strukturen zu tun haben. Am besten wird dies vielleicht an einigen Beispielen deutlich.

Beispiel 1. Nehmen wir an, wir wollen eine Treppe mit 11 Stufen besteigen und können mit einem Schritt entweder eine oder zwei Stufen nehmen. Für die ersten drei Stufen haben wir drei Möglichkeiten: 3 = 1 + 1 + 1 = 1 + 2 = 2 + 1. Für die gesamte Treppe von 11 Stufen gibt es 144 Möglichkeiten.

Natürlich ist man in der diskreten Mathematik nicht an der Lösung dieses speziellen Problems interessiert, sondern fragt sich: Gibt es eine Formel für die Anzahl der Möglichkeiten in Abhängigkeit der Anzahl der Stufen? Kann man auch ähnliche Probleme lösen, etwa, wenn man es schafft 3 Stufen (oder alle) auf einmal zu nehmen? Gibt es ein allgemeines Verfahren, zu solchen Lösungsformeln zu kommen?

Beispiel 2. Wir wollen ein Schachbrett aus 8 mal 8 Feldern mit 8 Farben so einfärben, dass in keiner Horizontalen oder Vertikalen eine Farbe doppelt auftritt. Dies ist auf vielerlei Weisen möglich und hängt auch gar nicht von der Zahl 8 ab. Solche Einfärbungen werdenlateinische Quadrategenannt. Nun stellen wir die Frage, ob es zwei solche Einfärbungen gibt (sogenannteorthogo- nalelateinische Quadrate), so dass die von entsprechenden Feldern gebildeten Farbpaare alle 8·8 = 64 Farbkombinationen durchlaufen. Eine einfache (beja- hende) Antwort lässt sich mit der algebraischen Struktur des endlichen Körpers mit 8 Elementen geben. Schon 1780 hat Euler die Frage gestellt, ob es auch orthogonale lateinische Quadrate der Ordnung 6 gibt. Er konnte diese Frage nicht beantworten und vermutete, dass dies für alle Ordnungen der Form 4k+2 nicht möglich sei. Heute weiß man, dass Euler nur für k= 1 Recht hatte.

Beispiel 3.Viele kennen seit den Kindertagen dasHaus vom Nikolaus. Dabei geht es darum in einem bestimmten Graphen einen Weg zu finden, der alle Kanten genau einmal durchläuft: oder . Solch ein Weg heißt übrigens Euler-Tour, nach Euler, der sich mit dem ähnlichenKönigsberger Brückenpro- blem beschäftigt hat. Diese Touren haben durchaus eine praktische Relevanz, denn z.B. für die Müllabfuhr stellt solch eine Tour einen günstigen Weg dar.

Hier ergeben sich viele Fragen: Ist eine solche Tour auch für andere Graphen möglich? Wenn nicht, gibt es ein Kriterium? Kann man die Touren auch mit gleichem Anfangs- und Endpunkt wählen?

(4)

II Kombinatorik

1 Grundlagen der Kombinatorik

1.1 Standardbezeichnungen. Für die natürlichen Zahlen (ohne Null) schreiben wirN={1,2,3, . . .},N0={0}∪Nund{1, . . . , n}={k∈N:kn}

für n ∈ N0. Weiter benutzen wir Z ⊆ Q ⊆ R ⊆ C. Für die Potenzmen- ge einer Menge X (also die Menge aller Teilmengen von X) schreiben wir P(X) oder 2X. Wir benutzen die Gaußklammern zum Auf- und Abrunden:

bxc:= max{z∈Z:zx} unddxe:= min{z∈Z:zx} fürx∈R.

1.2 Endliche Mengen. Eine MengeAistendlich, wenn es einn∈N0und eine Abzählung, d.h. eine Bijektion f :{1, . . . , n} →A gibt. Die Zahl n ist eindeutig bestimmt (siehe Übungsaufgabe 1.1) und heißt die Größe, Länge oder Mächtigkeit von A; wir schreiben |A| für die Mächtigkeit von A und nennen Aeinen-Menge. FallsAnicht endlich ist, setzen wir|A|:=∞(siehe Bemerkung nach Satz 1.4) und benutzen ∞ ±x =±x+∞ =∞+∞=∞ sowiex <∞fürx∈R.

1.3 Lemma. Seien A undB Mengen.

(a) Es gilt|A|= 0genau dann, wennA=∅.

(b) Es istAB genau dann endlich, wennAund B endlich sind.

(c) Es gilt|A∪B|+|A∩B|=|A|+|B|.

(d) Aus B(Afolgt|B|<|A|, falls A(oderB)endlich ist.

(e) Für eine Abbildungf :AB gilt |f(A)| ≤ |A|.

Beweis. (a) Die „leere Abbildung“∅ →A ist genau dann surjektiv, wennA leer ist.

(∗) Seien nun zunächstAund B endlich und disjunkt. Wir zeigen |A∪B|=

|A|+|B|per Induktion über|A|: Den Induktionsanfang liefert (a). Für|A|>0 können wir wieder nach (a) einaAwählen. Es folgt|A\ {a}|=|A| −1, denn ist f : {1, . . . ,|A|} →A ein Abzählung, so istg : {1, . . . ,|A| −1} →A\ {a}

mit g(x) =f(x) für x6=f−1(a) und g(f−1(a)) =f(|A|), falls f−1(a)6=|A|, eine Abzählung [vertauscheaundf(|A|)]. Es folgt|(A\ {a})∪B|=|(A∪B)\ {a}|=|A∪B| −1 ebenso, daAundBdisjunkt sind, und Induktion liefert die Behauptung.

(d) In obigem Induktionsbeweis haben wir|A\{a}|=|A|−1 gezeigt füraA;

daraus folgt die Behauptung per Induktion, wenn wiraA\B wählen. [(∗) lässt sich nicht anwenden, da wir (noch nicht) wissen, dassBundA\Bendlich sind.]

(b) SindAundBendlich, so folgt aus (∗), dassABendlich ist. Aus (d) folgt die andere Implikation, weil AundB Teilmengen vonAB sind.

(5)

(c) Wegen (b) müssen wir nur noch den endlichen Fall zeigen: |A∪B| =

|A\(A∩B)|+|B|=|A| − |A∩B|+|B|.

(e) Für unendlichesAist nichts zu zeigen. Wähle sonst eine TeilmengeA0A, so dass für jedesbf(A) die Faser f−1(b) genau ein Element vonA0 enthält [A0 ist also ein Repräsentantensystem für die Fasern von f.] Daf|A0 injektiv ist, folgt |f(A)|=|f(A0)|=|A0| ≤ |A|nach (d). 2 1.4 Satz. Für endliche MengenA undB gilt|A|=|B|genau dann, wenn es eine Bijektion AB gibt.

Gilt dies, so ist eine Abbildung h : AB genau dann bijektiv, wenn sie injektiv oder surjektiv ist.

Beweis. Gilt n:=|A| =|B|, so gibt es Bijektionen f :{1, . . . , n} →Aund g:{1, . . . , n} →B, und wir können als Bijektiongf−1wählen. Ist umgekehrt eine Bijektion h: AB gegeben, dann lässt sich diese mit einer Bijektion f :{1, . . . ,|A|} →Averketten zu einer Bijektion hf :{1, . . . ,|A|} →B. Es folgt |B|=|A|.

Isthinjektiv, so isth:Ah(A) bijektiv und nach dem schon gezeigten folgt

|h(A)| = |A| = |B| und somit h(A) = B nach 1.3(d). Also ist h surjektiv.

Ist hnicht injektiv, so gibt es ein aA mit h(A\ {a}) =h(A) und es folgt

|h(A)| = |h(A\ {a})| ≤ |A\ {a}| < |A| = |B| nach 1.3. Also ist h nicht

surjektiv. 2

Die erste Aussage des Satzes ist falsch für unendliche Mengen [die zweite so- wieso]. Das liegt daran, dass es verschiedene unendliche Mächtigkeiten gibt, etwa |N| = ∞ = |R|, aber es gibt keine Bijektion N → R (Cantors zweites Diagonalargument).

Die Forderung der Existenz einer Bijektion zwischen zwei Mengen macht aber auch für unendliche Menge Sinn und wir nennen daher zwei Mengen gleich- mächtig, wenn es eine Bijektion zwischen ihnen gibt wie im Satz.

Die Endlichkeit von Mengen lässt sich auch noch auf andere Art definieren:

Eine Menge ist genau dann unendlich, wenn es eine Injektion von ihr in eine echte Teilmenge gibt. Für eine weitere Möglichkeit siehe Übungsaufgabe 1.4.

1.5 Satz (Potenzmenge). Für eine endliche Menge M gilt|2M|= 2|M|. Beweis. Wir führen Beweis per Induktion nach|M|. Für|M|= 0 haben wir M =∅ und daher 2M ={∅}, also|2M|= 1. Sei nun|M|>0. Wir können also mM wählen und setzen

A:={X⊆M :m6∈X} und B:={X⊆M :mX}.

(6)

Dann gilt 2M =AB und AB =∅. Es folgt|2M| =|A|+|B|. Ferner ist A = 2M\{m} also |A| = 2|M|−1 per Induktion. Die Abbildung AB, X 7→

X∪ {m} ist eine Bijektion mit der InversenY 7→Y \ {m}. Es folgt|A|=|B|

und daher |2M|= 2|A|= 2|M|. 2

1.6 Partitionen. EinePartitioneiner MengeM ist eine Menge von paar- weise disjunkten Teilmengen von M, deren VereinigungM ist.

Für eine endliche PartitionP einer MengeM gilt

|M|= X

X∈P

|X|.

Häufige Anwendung: |M|=P

b∈B|f−1(b)|für eine Abbildungf :MB.

Beweis. Für|P|= 0,1 ist die Aussage trivial und für|P|= 2 ist die Aussage ein Spezialfall von 1.3(c). Die Behauptung folgt damit per Induktion über

|P|. 2

1.7 Korollar. Für endliche Mengen A und B gilt |A×B| = |A| · |B| und

|An|=|A|n fürn∈N0 (mit00= 1).

Beweis. Dies folgt aus 1.6, weilA×B die Partition P :={A× {b} :bB}

hat und|A× {b}|=|A|sowie|P|=|B|gilt. Die zweite Behauptung folgt dann

per Induktion übern. 2

1.8 Schubfachprinzip. WennnObjekte auf weniger alsnFächer verteilt werden, so finden sich in einem Fach mindestens zwei Objekte. Oder: Wenn n Objekte mit k < n Farben eingefärbt werden, so haben mindestens zwei Objekte die gleiche Farbe.

Formal:SindAundB endliche Mengen mit|B|<|A|, so ist jede Abbildung f :AB nicht injektiv, d.h. es existiert einbB mit |f−1(b)| ≥2.

Allgemeiner: Fürf :AB mit|B|<∞existiert einbB mit

|f−1(b)| ≥ |A|

|B|. Beweis. Mit 1.6 folgt|A|=P

b∈B|f−1(b)| ≤ |B|maxb∈B|f−1(b)|. 2

1.9 Anwendungen. Wir werden im Laufe der Vorlesung viele Anwendun- gen sehen; hier sind ein paar Beispiele dieser wichtigen Beweismethode:

(7)

(a) Unter 15 Personen, sind immer mindestens 2 im gleichen Monat geboren, oder mindestens 3 am gleichen Wochentag. [Es existieren 70.000 Menschen mit exakt gleichvielen Haaren auf dem Kopf: ca. 7·109 Menschen, ca. 105 Haare]

(b) Unter 5 Punkten im Einheitsquadrat [0,1]2 gibt es immer zwei mit Ab- stand höchstens 12

2:

Zwei der 5 Punkte liegen in einem der 4 Teilquadrate mit Seitenlänge 1/2 wie im Bild und haben daher Abstand≤12

2 (für Punkte auf den Trennlinien wählen wir willkürlich).

(c) Sind a1, . . . , an+1 ∈ {1, . . . ,2n}, so gibt es Indices i 6= j, so dass ai ein Teiler von aj ist:

Wir schreibenai= 2eiuimitei∈N0undui∈Nungerade. Wegen 1≤ui≤2n gibt es n Möglichkeiten für ui und das Schubfachprinzip liefert i 6= j mit ui=uj und etwaeiej. Es folgtai=eiui |ejui=aj.

Für dienZahlenn+ 1, . . . ,2nist die Folgerung falsch.

(d) Sei n∈ Nund a1, . . . , an2+1 eine Folge vonn2+ 1 verschiedenen reellen Zahlen. Dann gibt es eine monoton fallende oder monoton steigende Teilfolge der Längen+ 1:

Wir definieren [Erdös und Szekeres folgend] zwei Abbildungenf, g:{1, . . . , n2+ 1} → N. Dabei sei f(i) (bzw. g(i)) die Länge der längsten steigenden (bzw.

fallenden) Teilfolge, die beiai endet (bzw. beginnt). Wir führen einen Wider- spruchsbeweis, und nehmen daher (f(i), g(i))∈ {1, . . . , n}2 für alleian. Das Schubfachprinzip liefert unsi < jmit (f(i), g(i)) = (f(j), g(j)). Damit können wir eine der beiden Folgen verlängern, nämlich, fallsai< aj, am Ende umaj, alsof(j)> f(i), oder, fallsai> aj, am Anfang umai, alsog(i)> g(j). Beides ist ein Widerspruch zu (f(i), g(i)) = (f(j), g(j)).

Diey-Koordinaten der 17 Punkte im Bild, sortiert von links nach rechts, enthalten monotone Folgen der Länge 5 (wie viele?), aber ohne den zentralen Ausnahmepunkt ist dies falsch.

(e) Approximationssatz von Dirichlet: Fürα∈ Rund n∈ Nexistieren k, l∈Zmit 0< knund|kα−l|<1/n. [(αZ+Z)/Zliegt dicht inR/Z] [Das Schubfachprinzip wird auch oft alsDirichlet-Prinzip bezeichnet.] Aus dem Approximationssatz folgt, dass es für irrationaleαunendlich viele Brüche l/k gibt mit 0<|α−l/k|<1/k2; für rationaleαist dies falsch.

Beweis. Wir betrachten die n+ 1 „Rundungsreste“ ai := − biαc ∈ [0,1[

für i = 0, . . . , n. Nach dem Schubfachprinzip 1.8 liegen also in einem der n halboffenen Intervalle [r/n,(r+ 1)/n[ fürr= 0, . . . , n−1 zwei Resteai und aj mit i < j. Es folgt 1/n >|ajai|=|(j−i)α−(bjαc − biαc)|=|kα−l|

mit k:=jiundl:=bjαc − biαc. 2

(8)

1.10 Prinzip der doppelten Abzählung. Sei M eine endliche Menge, und seienP undQPartitionen vonM. Dann liefert 1.6 folgenden Zusammen- hang:

X

X∈P

|X|=|M|= X

Y∈Q

|Y|.

Häufig bestehtM aus Paaren, alsoMA×B. Dann hat man X

a∈A

|M ∩({a} ×B)|=|M|=X

b∈B

|M∩(A× {b})|.

1.11 Beispiel. Bei einem Treffen ist die Anzahl der Personen, die einer un- geraden Anzahl von Leuten die Hände schütteln, gerade:

Für die MengeAder Personen betrachten wir die MengeM der Paare (a, b)∈ A2 von Personen die Hände miteinander schütteln. Wir zählen M auf zwei Weisen. Einerseits gilt für (a, b)∈M auch (b, a)∈M unda6=b, also ist|M|= 2hgerade, wobeihdie Anzahl der „Händeschüttelungen“ ist. Andererseits folgt

|M|=P

a∈Ana, wobeina :=|M∩({a} ×A)|die Anzahl der Leute ist, die mit adie Hände schütteln. Also muss die Anzahl der ungeradenna gerade sein.

2 Binomialkoeffizienten

2.1 Permutationen und Fakultät. Für eine MengeM bezeichnet SymM die Menge aller Bijektionen von M nach M, die sogenannte symmetrische GruppeaufM. Ihre Elemente werdenPermutationengenannt. Für uns ist die endliche symmetrische Gruppe Sn := Sym{1, . . . , n} auf n ∈ N0 Ziffern interessant. Ihre Mächtigkeit |Sn| wird als Fakultät von n, in Zeichen n!, bezeichnet. Man überlegt sich leicht, dass die Rekursionsgleichung n! = n· (n−1)! gilt fürn∈Nund zeigt per Induktionn! =n·(n−1)·(n−2)· · ·2·1 = Qn−1

i=0(n−i); beachte 0! = 1. Für ein Element x eines kommutativen Rings und k ∈ N definieren wir xk := Qk−1

i=0(x−i) und xk := Qk−1

i=0(x+i) sowie x0 :=x0 := 1 (steigendeund fallende Faktorielle). Die Produkte xk und xkbestehen also auskum 1 absteigende bzw. aufsteigende Faktoren beginnend mit x. Mit dieser Notation giltn! =nn undnk=n!/(nk)! .

Erstaunlicherweise lässt sich die Fakultätsfunktion auf R≥0 fortsetzen [sogar noch weiter und holomorph] durch die DefinitionF(x) :=R

0 txe−tdt. Es gilt F(0) =F(1) = 1 undF(x) =xF(x−1) (partielle Integration). Durch Γ(x) :=

F(x−1) wird dieGammafunktiondefiniert.

Das Wachstumsverhalten vonn! entspricht

n(ne)nmit annähernd konstantem relativen Fehler. Genauer hat man die folgende Abschätzung, die wir ohne Beweis (mit Gammafunktion) angeben.

2.2 Satz. Für n∈Nundan :=√

2πn(ne)n giltann!ane12n1 .

(9)

Die schwächere Abschätzung e(ne)nn!en(ne)n lässt sich leicht per Induk- tion unter Benutzung von 1 +xexfürx∈Rzeigen.

2.3 Korollar (Stirling-Formel). Es gilt lim

n→∞

n!

2πn(ne)n = 1.

2.4 Definition. Für eine MengeM undk∈Zbezeichnen wir mit M

k

:={X ⊆M :|X|=k}

die Menge allerk-Teilmengen vonM. Ist |M|=n∈N0, so definieren wir den Binomialkoeffizient zunundk durch

n k

:=

M k

. Der Binomialkoeffizient nk

hängt nicht von M, sondern nur von n = |M| ab. Er gibt also die Anzahl der k-Teilmengen jeder n-Menge an. Daher gilt

n 0

= 1 = nn

fürn∈N0und nk

= 0 fürk <0 und k > n.

Wir notieren grundlegende Eigenschaften von Binomialkoeffizienten:

2.5 Lemma. Für k, l, n∈N0 gilt (a) n+1k+1

= nk

+ k+1n , (b) nk

= n−kn , (c) Pn

k=0 n k

= 2n, (d) (x+y)n=Pn

k=0 n k

xkyn−kfür Elementex,yeines kommutativen Rings (binomischer Lehrsatz), (e) nk k

l

= nl n−l

k−l

fürln, (f) nk

= n(n−1)···(n−k+1)

k(k−1)···1 =nk!k = k!(n−k)!n! fürkn.

Beweis. (a) Sei M eine (n+ 1)-Menge und mM. Dann ist k+1M eine disjunkte Vereinigung von A := M\{m}k+1

und B := {X ∈ k+1M

: mX}.

WeilBM\{m}k

, X7→X\ {m}eine Bijektion ist, folgt n+ 1

k+ 1

=

M k+ 1

=|A|+|B|= n

k+ 1

+ n

k

.

(b) Sei nun |M|=n. Die KomplementbildungX 7→M \X ist eine Bijektion von Mk

auf n−kM .

(c) folgt aus 1.5 und 1.6, denn M k

: k ∈ {0, . . . , n} ist eine Partition der Potenzmenge 2M.

(10)

(d) folgt per Induktion aus (a) [oder direkt über die Definition von Binomial- koeffizienten durch Ausmultiplizieren desn-fachen Produktes].

(e) Wir zählen X := {(A, B) ∈ Ml

× Mk

: AB} auf zwei Weisen ge- mäß 1.10: nl n−l

k−l

=|X|= nk k l

(einerseits wird zuerstAgewählt und dann durch eine (k−l)-Teilmenge von M \A zuB ergänzt, und andererseits wird zuerstB gewählt und darin einel-Teilmenge gewählt).

(f) Fürl= 1 gilt nach (e) die Gleichung nk

k=n n−1k−1

, also nk

= nk n−1k−1 für k∈N; die Gleichung folgt hieraus per Induktion. 2 Die Rekursionsformel 2.5(a) ist das Bildungsgesetz für das Pascal-Dreieck;

dabei ist jeder Zahl die Summe der beiden Zahlen links und rechts darüber:

1

1 1

1 2 1

1 3 3 1

1 4 6 4 1

1 5 10 10 5 1

1 6 15 20 15 6 1

1 7 21 35 35 21 7 1

1 8 28 56 70 56 28 8 1

1 9 36 84 126 126 84 36 9 1

1 10 45 120 210 252 210 120 45 10 1 1

3 6

10 20

... ...

Lemma 2.5(b) drückt die Spiegel-Symmetrie des Dreiecks aus. Mit 2.5(f) kann man leicht zeigen, dass die Koeffizienten bis zur Mitte ansteigen (und dann fallen).

Die Summe der Zahlen in einer Diagonalen (siehe fett gedruckte Zahlen im Bild) ist wieder ein Binomialkoeffizient, genauer giltPk

l=0 n+l

n

=Pk l=0

n+l l

=

n+k+1 k

; dies zeigt man leicht per Induktion.

Vermutung von Singmaster: Jede Zahl ab 2 tritt im Pascal-Dreieck höchstens 10 Mal auf.

Singmaster hat 1975 bewiesen, dass unendlich viele Zahlen mindestens 6 Mal auftreten. Die Zahl

3003 = 3003

1

= 78

2

= 15

5

= 14

6

tritt 8 Mal auf; häufigeres Auftreten ist nicht bekannt.

(11)

2.6 Näherung von Binomialkoeffizienten. Fürm∈Ngilt 22m

2√ m <

2m m

< 22m

√2m.

Beweis. Wir betrachtenP :=22m1 2mm

und müssen 1<2√

mP <

2 zeigen.

Es gilt

P = (2m)!

(2mm!)2 = 1·3·5· · · · ·(2m−1) 2·4·6· · · · ·2m , und daher

2(2m)P2= 32 2·4 · 52

4·6· · · (2m−1)2 (2m−2)(2m)

| {z }

= (2m−1)2

(2m−1)2−1>1

>1

sowie

(2m)P2<(2m+ 1)P2= 1·3 22 ·3·5

42 · · ·(2m−1)(2m+ 1) (2m)2

| {z }

=(2m)2−1

(2m)2 <1

<1

2

Die Stirling-Formel liefert etwas genauer

m→∞lim 2m

m

·

m 22m = 1

π, was zu√

2<

π <2 passt.

Außerdem lässt sich mit Hilfe der Stirling-Formel zeigen, dass m−t2m / 2mm durche−t2/mapproximiert wird, d.h. die normierten Binomialkoeffizienten ver- halten sich wie die Gaußsche Glockenkurve.

2.7 Lemma (Erdös-Szekeres 1978). Je zwei Zahlen6= 1in einer Zeile des Pascal-Dreiecks haben einen gemeinsamen Teiler (>1).

Beweis. Für 0 < l < k < n gilt nk k l

= nl n−l k−l

nach 2.5(e), und daher ist nl

ein Teiler von nk k l

. Wegen kl

< nl

haben also nl

und nk einen

gemeinsamen Teiler. 2

2.8 Ungeordnete Summationen und Multimengen. Auf wie viele Ar- ten kann man 24 gleiche Stücke Schokolade an 5 Kinder verteilen? Allgemeiner ist dies die Frage nach der Mächtigkeit von

Xn,k:={(s1, s2, . . . , sk)∈Nk0 :s1+s2+· · ·+sk =n}

(12)

fürk, n∈N0. Wir notieren solche Summen durch Zeichenketten gebildet aus den Symbolen und (für Schokolade und Trenner). Die Summe 1 + 2 + 3 = 6 wird etwa durch und die Summe 0 + 2 + 1 + 0 + 4 = 7 durch dargestellt. Die Elemente ausXn,kentsprechen eindeutig den Zei- chenfolgen der Längen+k−1 bestehend ausnEinheiten undk−1 Trennsym- bolen . Das bedeutet aber, sie entsprechen den Teilmengen in {1,...,n+k−1}

k−1

; dabei gibt eine Teilmenge an, an welchen Stellen in der Zeichenkette das Sym- bol steht. Also gilt |Xn,k| = n+k−1k−1

. Für die Ausgangsfrage gibt es also

24+4 4

= 28·27·26·25

4·3·2·1 = 7·9·13·25 = 20475 Möglichkeiten.

Wir geben noch eine andere Interpretation vonXn,k. SeiAeine Menge. Dann heißt eine Abbildung M : A → N0 Multimenge über A, die Werte M(a) heißenHäufigkeitenoderGewichtevona, und|M|:=P

a∈AM(a) wird als Gesamtgewicht oderMächtigkeit von M bezeichnet. Dann gibt |Xn,k| =

n+k−1 k−1

= n+k−1n

die Anzahl der Multimengen über einerk-Menge mit Ge- samtgewicht nan.

[In unserem Beispiel haben wir also eine Multimenge von Kindern, und die Häufigkeit jedes Kindes gibt an, wie viel Stücke Schokolade es erhält.]

Jetzt wollen wir etwas gerechter sein und jedem Kind mindestens ein Stück Schokolade zukommen lassen, wir suchen also|{(s1, s2, . . . , sk)∈Nk :s1+s2+

· · ·+sk=n}|. Dies führt zu Zeichenketten, die nicht enthalten und bei denen nicht am Anfang oder Ende steht, d.h. hinter jedem der erstenn−1 Symbole kann jeweils höchstens einer derk−1 Trenner stehen; dies bedeutet das Doppelzeichen muss (k−1)-mal aufn−1 Stellen verteilt werden. Als Anzahl ergibt sich n−1k−1

und für das Beispiel 234

= 23·22·21·20

4·3·2·1 = 23·11·7·5 = 8855.

2.9 Wege im Gitter. Viele Formeln für Binomialkoeffizienten lassen sich auch über Wege in Gittern beweisen. Ein kürzester Weg in einem Gitter der Größe m×n von (0,0) nach (m, n) besteht aus m+nSchritten, nämlich m Schritten nach rechts undnSchritten nach oben.

(0,0)

(m, n)

Jeder Weg ist eindeutig festgelegt durch die Schritte nach oben (oder durch die Schritte nach rechts). Daher gilt m+nm

= m+nn

, siehe 2.5(b). Jeder dieser Wege läuft entweder durch den Punkt (m, n−1) oder durch (m−1, n). Daher gilt n+mn

= n+m−1n−1

+ n+m−1n

für die Anzahl solcher Wege, siehe 2.5(a).

2.10 Satz (Vandermonde-Identität). Fürn, m, k∈N0 gilt n+m

k

=

k

X

l=0

n l

m kl

und insbesondere 2n

n

=

n

X

l=0

n l

2

.

1. Beweis. Seien N und M disjunkte Mengen mit |N| = n und |M| = m.

(13)

Die Mengen Sl :={A∪B :ANl

, Bk−lM

} für l = 0, . . . , k bilden eine Partition von N∪Mk

. Also folgt n+mk

=Pk

l=0|Sl|=Pk l=0

n l

m k−l

nach 1.6

und 1.7. 2

2. Beweis. Nach 2.9 ist n+mk

die Anzahl der kürzesten Wege im Gitter von (0,0) nach (n+mk, k). Jeder der Wege verläuft durch genau einen der Punkte (n−l, l) mit 0lkwie im Bild [auch für l > n].

(0,0)

(n+mk, k) (nk, k)

(n,0)

Es gibt genau nl

kürzeste Wege von (0,0) nach (n−l, l), und von (nl, l) nach (n+mk, k) genau (n+m−k)−(n−l)+k−l

k−l

= k−lm

. 2

2.11 Polynommethode. Häufig lassen sich für natürliche Zahlen definierte Funktionen auf allgemeinere Zahlbereiche ausdehnen. Für ein Elementz eines kommutativen Ringes, derQenthält (also etwaQ,R,CoderC[x]), definieren wir in Verallgemeinerung von 2.5(f)

z k

:= zk

k! = z(z−1)· · ·(z−k+ 1) k!

fürk∈N0. Insbesondere ist xk

z.B. ein Polynom inQ[x]. Für allek∈N0 gilt die Identität

z+ 1 k+ 1

= z

k

+ z

k+ 1 z.B. für alle komplexen Zahlenz, dennf := x+1k+1

xk

k+1x

ist ein Polynom vom Grad höchstensk+ 1 inQ[x] mit den unendlich vielen Nullstellenn∈N wegen 2.5(a); und daher folgtf = 0, weil ein solches Polynom sonst höchstens k+ 1 Nullstellen hätte. Entsprechend gilt z.B. auch die Vandermonde-Identität für komplexe Zahlen. Direkt aus der Definition folgt

−z k

= (−1)k

z+k−1 k

.

Jedes Polynom xk

∈ Q[x] hat an jeder Stelle x=n∈ Z einen ganzzahligen Wert (Definition 2.4 und Formel für −nk

). Hier ist eine Umkehrung:

2.12 Satz (Pólya). Erfüllt ein Polynomf ∈Q[x]die Bedingungf(N0)⊆Z, so istf eine ganzzahlige Linearkombination von Polynomen xk

mitk∈N0.

(14)

Beweis. Die Polynome xk

bilden eine Basis des Q-VektorraumsQ[x] wegen grad xk

=k. Daher existierenak∈Qundm∈Nmitf =Pm k=0ak x

k

. Wegen

0 k

= 0 fürk∈Ngilta0=f(0)∈Z. Wir führen Induktion übernund nehmen ana0, a1, . . . , an∈Z. Dann folgt

Z3f(n+ 1) =

n

X

k=0

ak

n+ 1 k

| {z }

Z

+an+1

n+ 1 n+ 1

| {z }

=1

+

m

X

k=n+2

ak

n+ 1 k

| {z }

=0

,

alsoan+1∈Z. 2

2.13 Differenzieren. Aus Polynomidentitäten wie oben lassen sich durch (formales) Differenzieren neue Identitäten gewinnen: Z.B. erhält man aus 2.5(d) für y = 1 die Gleichung (1 +x)n =Pn

k=0 n k

xk. Differenzieren liefert n(1 + x)n−1=Pn

k=1k nk

xk−1undn(n−1)(1 +x)n−2=Pn

k=2k(k−1) nk

xk−2usw.

Durch Einsetzen vonx= 1 erhält mann2n−1=Pn k=1k nk

usw.

2.14 Binomische Reihe. Fürr∈Rundx∈Cmit|x|<1 gilt (1 +x)r=

X

k=0

r k

xk.

Beweisidee. Man differenziert die rechte Seite R(x) und stellt fest, dass sie der DifferentialgleichungrR(x) = (1 +x)R0(x) genügt; siehe Köhler, Analysis,

Heldermann-Verlag 2006, Satz 16.3. 2

Wir notieren einige Spezialfälle:

(1−x)−n=

X

k=0

−n k

(−x)k =

X

k=0

n+k−1 k

xk

(1−x)−1=

X

k=0

xk (geometrische Reihe)

√1 +x=

X

k=0

1 2

k

xk = 1 +12x18x2· · ·

(15)

Fürn∈N0 erhalten wir 1

2

n+ 1

= 1

(n+ 1)! ·1 2

1

2 −11 2−2

· · ·1 2−n

= (−1)n

2n+1(n+ 1)!·1·3·5· · ·(2n−1)

= (−1)n

2n+1(n+ 1)!· (2n)!

2nn!

=(−1)n 22n+1 · 1

n+ 1 2n

n

Dabei besteht der letzte Faktor aus den sogenannten Catalan-Zahlen Cn:= 1

n+ 1 2n

n

= 2n

n

− 2n

n+ 1

∈N0,

die uns später noch wieder begegnen werden. Man kann zeigen, dass Cn die Anzahl der Zeichenketten der Länge 2ngebildet aus den Klammerzeichen ‘(’

und ‘)’ mit korrekter Klammerung ist, siehe Übungsaufgabe 4.3.

2.15 Multinomialkoeffizienten. Sei t ∈ N0 und M eine n-Menge, und seienk1, k2, . . . , kt∈Z. Wir setzen

M k1, k2, . . . , kt

:=

(A1, A2, . . . , At) : {A1, A2, . . . , At} ist Partition vonM und füri= 1,2, . . . , tgilt|Ai|=ki

und nennen die Mächtigkeiten

n k1, k2, . . . , kt

:=

M k1, k2, . . . , kt

Multinomialkoeffizienten[Achtung: Es werden „geordnete“ Partitionen ge- zählt, und die Partitionen dürfen∅ enthalten].

Jede Teilmenge A von M definiert die Partition {A, M \A}, also kn

1,k2

=

n k1,n−k1

= kn

1

= n−kn

1

fürk1+k2=n. Allgemeiner gilt n

k1, k2, . . . , kt

= n

k1

nk1 k2

nk1k2 k3

. . .

kt kt

= n!

k1!k2!· · ·kt!,

falls k1, k2, . . . , kt∈N0 mit k1+k2+· · ·+kt=n, und sonst k n

1,k2,...,kt

= 0.

Per Induktion zeigt man aus dem Binomischen Lehrsatz denmultinomischen Lehrsatz: In kommutativen Ringen gilt

(x1+x2+· · ·+xt)n = X

k1,k2,...,ktN0

n k1, k2, . . . , kt

xk11xk22· · ·xktt.

(16)

Die Multinomialkoeffizienten k n

1,k2,...,kt

geben auch die Anzahl der Wege in einem t-dimensionalen Gitter von (0,0, . . . ,0) nach (k1, k2, . . . , kt) an, sowie die Anzahl der Zeichenfolgen mit t Buchstaben, die jeweils genau ki-mal für i= 1, . . . , tvorkommen; vergleiche 2.9 und 2.8.

Wie viele verschiedene Wörter kann man aus dem Wort MISSISSIPPI durch Umordnen der Buchstaben bilden? Antwort:

11 1,4,4,2

= 11!

1!·4!·4!·2! = 11·10·9·7·5 = 34 650

3 Abbildungen und Auswahlen

3.1 Definition. Für MengenA undB sei

BA={f |f :AB}={(ba)a∈A:baB}

die Menge aller Abbildungen vonAnach B. Wir habenB={∅}undBN ist die Menge aller Folgen inB.

3.2 Satz. Für endliche Mengen Aund B gilt BA

=|B||A|. Beweis. FallsaA existiert, haben wir die Bijektion

BABA\{a}×B:f 7→(f|A\{a}, f(a)).

Daher folgt für|A|<∞die Behauptung per Induktion wegen BA

=

BA\{a}

· |B|=|B||A|−1· |B|=|B||A|. 2 Aus Abschnitt 1 wiederholen wir:

3.3 Satz. Seien A undB endliche Mengen und f :AB eine Abbildung.

(a) Istf injektiv, so gilt |A| ≤ |B| und|A|=|B| ⇐⇒f bijektiv.

(b) Istf surjektiv, so gilt |A| ≥ |B|und |A|=|B| ⇐⇒f bijektiv.

(c) Ist|A|=|B|und f injektiv oder surjektiv, so istf bijektiv.

Anwendung:

3.4 Satz. Für die Anzahlπ(n)aller Primzahlen in {1, . . . , n} gilt

π(n)≥ lnn ln 4

für allen∈N, insbesondere gibt es unendlich viele Primzahlen.

(17)

Beweis (Erdös). Jedes a ∈ {1, . . . , n} lässt sich eindeutig in der Forma = b2cschreiben mitb, c∈Nundcein Produkt von verschiedenen Primzahlen. Für bgibt es höchstens√

nMöglichkeiten, und fürchöchstens 2π(n)Möglichkeiten.

Weil die Abbildunga7→(b, c) injektiv ist, liefern 1.7 und 3.3(a) die Ungleichung n≤√

n·2π(n), alson≤4π(n), also lnnπ(n) ln 4. 2 3.5 Satz. Sind Aund B endliche Mengen, dann gibt es genau

|B||A|=|B|(|B| −1)· · ·(|B| − |A|+ 1) =|A|!

|B|

|A|

injektive Abbildungen von A in B. Insbesondere gilt|SymA| =|A||A| =|A|!, und dies ist auch die Anzahl der linearen Ordnungsrelationen auf der Menge A.

Beweis. Das zweite Gleichheitszeichen folgt aus 2.5(f), und die Behauptung ist trivial für |B| <|A|. Andernfalls gibt es zu jeder |A|-TeilmengeX von B eine Bijektion f0 : AX und alle Bijektionen von A nach X erhält man eindeutig als gf0 für g ∈ SymX. Wegen |SymX| = |X|! = |A|! folgt die

Behauptung. 2

3.6 Auswahlen. Auf wie viele Arten kann mankElemente aus einern-Men- ge auswählen? Man muss präzisieren, ob die Reihenfolge berücksichtigt wird, und ob wiederholte Auswahlen erlaubt sind, d.h. ob sogenanntes Ziehen mit Zurücklegen vorliegt.

Anzahl Auswahlenkausn

mathematisches Objekt Reihenfolge wichtig Reihenfolge egal

ohne Zurücklegen nk

injektive Abbildungen

n k

k-Teilmengen

mit Zurücklegen

nk Abbildungen

n+k−1 k

=

−n k

Multimengen 2-Zeichenfolgen

3.7 Beispiel. Wir zählen normierte Polynome vom Grad d= k über einem endlichen Körper K mit q = n Elementen, die in Linearfaktoren zerfallen.

Die Linearfaktoren sind von der Form xa für aK. Wir müssen also d Linearfaktoren aus q möglichen mit Zurücklegen und ohne Berücksichtigung der Reihenfolge (Kommutativität von K) auswählen. Es geht also um Multi- mengen über einer q-Menge mit Gesamtgewichtd, also gibt es q+d−1d

solche Polynome und daherq2q+12

= q2

>0 viele normierte irreduzible Polynome vom Grad 2.

3.8 Abzählbare Wahrscheinlichkeitsräume. Einabzählbarer Wahr- scheinlichkeitsraum ist eine abzählbare nichtleere MengeS zusammen mit

(18)

einer Wahrscheinlichkeitsverteilung P : 2S → R≥0 definiert auf der Po- tenzmenge 2S von S mit

P(S) = 1 und P [

n∈N

An

=X

n∈N

P(An)

für jede Folge (An) paarweise disjunkter Teilmengen vonS [beachte absolute Konvergenz und Vertauschbarkeit]. Die Teilmengen von S heißenEreignisse und die Elemente vonS Elementarereignisse.

Die WahrscheinlichkeitsfunktionP ist bestimmt durch ihre Werte auf den Ele- mentarereignissen, denn P(A) = P(S

a∈A{a}) = P

a∈AP({a}) für AS.

Man überlegt sich leicht, dass 0≤P(A)≤1 undP(S\A) = 1P(A) für alle AS gilt, und damitP(∅) = 1−P(S) = 0.

Gilt P({s}) = P({t}) für alle s, tS, so heißt P Gleichverteilung oder Laplace-VerteilungaufS. FürsSfolgt dann 1 =P

t∈SP({t}) =|S|P({s}) und somitP(A) =P

a∈AP({a}) =|A|/|S|; insbesondere istS endlich.

3.9 Beispiele. (a) Durch den Wahrscheinlichkeitsraum S = {1, . . . ,6} mit der Gleichverteilung wird das Würfeln eines Spielwürfels modelliert. Die Er- eignisseZ ={2,4,6}(eine durch zwei teilbare Zahl zu würfeln) undD={3,6}

(eine durch drei teilbare Zahl zu würfeln) sindunabhängig, dennP(Z∩D) = P({6}) = 16 =12· 13=P(Z)P(D).

(b) Zweimaliges Würfeln modelliert man durch S ={1, . . . ,6}2 und das Er- eignis „Augensumme ist 4“ wird durch A={(1,3),(2,2),(3,1)} beschrieben;

seine Wahrscheinlichkeit ist |A||S| =363 = 121. (c) Beim Lotto „6 aus 49“ ist S = {1,...,49}6

, und es liegt Gleichverteilung vor mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu |S| = 496

= 13 983 816. Das Er- eignis „j ist eine der 6 gezogenen Zahlen“ ist gegeben durchAj =

{j} ∪B : B{1,...,49}\{j}

5 und hat daher die Wahrscheinlichkeit |A|S|j| = (485)

(496) = 496 ≈ 0,1224.

(d) Das n-fache Werfen einer gezinkten Münze wird beschrieben durch S = {0,1}n und P({s}) = pe(1−p)n−e für festes p ∈ [0,1], wobei e := Pn

i=1si

die Anzahl der 1-en in s = (s1, s2, . . . , sn) ist. Hier liegt nur für p = 1/2 Gleichverteilung, also eine ungezinkte Münze, vor. Wenn Sie der Münze Ihres Gegenspielers misstrauen, lassen Sie ihn zweimal werfen, und werten Sie (0,1) als Kopf und (1,0) als Zahl, und bei den Ausgängen (0,0) oder (1,1) lassen Sie die zwei Würfe wiederholen. Es liegt dann eine Gleichverteilung vor, denn P({(0,1)}) =p(1p) =P({(1,0)}). [Dieser Trick wird zur Verbesserung von physikalischen Zufallszahlengeneratoren benutzt.]

3.10 Erwartungswert und Varianz. Sei (S, P) ein endlicher Wahrschein- lichkeitsraum [fürSabzählbar unendlich müssten wir unten immer die Existenz der Reihen voraussetzen]. Eine AbbildungX :S→RheißtZufallsvariable.

(19)

Wir bezeichnen mit

E(X) :=X

s∈S

X(s)P({w})

den Erwartungswert(oder Durchschnitt) vonX und mit V(X) :=E((XE(X))2)

dieVarianz(oder Streuung) vonX. Die AbbildungE istR-linear, daher gilt V(X) =E(X2)−E(X)2,

dennV(X) =E(X2−2XE(X) +E(X2)) =E(X2)−2E(X)2+E(X)2. 3.11 Beispiele. (a) Sei X die Augenzahl beim Würfeln. Dann giltE(X) =

1 6

P6

i=1i= 3·76 = 72 undV(X) =16P6

i=1(i−72)2=2(25+9+1)6·4 =3512 ≈2,92.

(b) Sei S := Sn = Sym({1, . . . , n}) für n ∈ N und X(s) die Anzahl der Fixpunkte vonsS. Zur Berechnung vonE(X) undV(X) betrachten wir die ZufallsvariablenXi:S→ {0,1}mit

Xi(s) =

(0 fallss(i)6=i 1 fallss(i) =i

fürsS undi= 1, . . . , n. Es giltE(Xi) =(n−1)!n! =n1 und daher E(X) =E(

n

X

i=1

Xi) =

n

X

i=1

E(Xi) =n· 1 n = 1.

Weiter gilt E(X2) =E

n X

i=1

Xi 2

=

n

X

i,j=1

E(XiXj) =

n

X

i=1

E(Xi2) + 2X

i<j

E(XiXj)

undXi2=Xi, alsoE(Xi2) =E(Xi) =n1. Füri6=j ist E(XiXj) = 1

n!

{s∈S:s(i) =iunds(j) =j}

= (n−2)!

n! = 1

n(n−1) und zusammen fürn≥2

E(X2) =n· 1 n+ 2

n 2

1

n(n−1) = 1 + 1 = 2, also

V(X) =E(X2)−E(X)2= 2−1 = 1.

Permutationen haben also im Durchschnitt einen Fixpunkt, oder man sagt auch 1±1 viele Fixpunkte.

(20)

4 Inklusion und Exklusion

In diesem kurzen Abschnitt wollen wir ein weiteres Prinzip der Kombinatorik behandeln:

4.1 Satz (Siebformel). Für endliche MengenA1, A2, . . . , An gilt

n

[

i=1

Ai

= X

∅6=I⊆{1,...,n}

(−1)|I|−1

\

i∈I

Ai

.

Alternative Formulierung für endlichesMAi mit AbkürzungT

i∈∅Ai:=M:

M \

n

[

i=1

Ai

= X

I⊆{1,...,n}

(−1)|I|

\

i∈I

Ai

.

Beweis. Für n = 1 ist die Aussage klar. Wir führen Induktion über n und nutzen die Induktionsvoraussetzung fürA2, . . . , An undA1A2, . . . , A1An:

|A1

n

[

i=2

Ai|1.3(c)= |A1|+

n

[

i=2

Ai

n

[

i=2

(A1Ai)

=|A1|+ X

∅6=I⊆{2,...,n}

(−1)|I|−1

\

i∈I

Ai

− X

∅6=I⊆{2,...,n}

(−1)|I|−1

\

i∈{1}∪I

Ai

.

2 4.2 Bemerkung (Bonferroni-Ungleichungen). Für endliche Mengen A1, A2, . . . , An, ungeradesu∈Nund geradesg∈Ngilt

βg

n

[

i=1

Ai

βu mit βm:=

m

X

k=1

(−1)k−1 X

I∈({1,...,n}k )

\

i∈I

Ai

.

Füru, gngilt Gleichheit wegen 4.1. Man erhält z.B.

n

X

i=1

|Ai| −X

i<j

|AiAj| ≤

n

[

i=1

Ai

n

X

i=1

|Ai|.

4.3 Fixpunktfreie Permutationen. Wir wollen die Anzahl dn der Per- mutationen aus Sn ohne Fixpunkte (derangements) bestimmen. Für Ai :=

{σ ∈ Sn : σ(i) = i} haben wir AI := T

i∈IAi ∼= Sym({1, . . . , n} \I) für I⊆ {1, . . . , n}, also|AI|= (n− |I|)! nach 2.1. Mit Satz 4.1 folgt

dn=

Sn\

n

[

i=1

Ai

= X

I⊆{1,...,n}

(−1)|I|(n− |I|)!

=

n

X

k=0

(−1)k n

k

(n−k)! =n!

n

X

k=0

(−1)k k!

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