Vorkurs Mathematik im Wintersemester 2019/2020
Dr. Regula Krapf Lösungen Übungsblatt 2
Aufgabe 1. Verneinen Sie die folgenden Redewendungen und Sprichwörter:
(a) Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
(b) Marmor, Stein und Eisen bricht, aber Omas Plätzchen nicht!
(c) Für jeden Topf gibt es einen passenden Deckel.
(d) Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt, wie es ist.
(e) Wer nichts wird, wird Wirt.
Lösung.
(a) Alles, was glänzt, ist Gold.
(b) Marmor, Stein oder Eisen bricht nicht, oder Omas Plätzchen brechen.
(c) Es gibt einen Topf, für den es keinen passenden Deckel gibt.
(d) Der Hahn kräht auf dem Mist, aber das Wetter ändert sich nicht und es bleibt nicht, wie es ist.
(e) Es gibt jemanden, der nichts wird, aber nicht Wirt wird.
Aufgabe 2. Sei L(x, y) die Aussageform „xliebty“. Übersetzen Sie die folgenden Aussagen in die natürliche Sprache.
(a) ∀x∀y:L(y, x) (b) ∃x∀y:¬L(x, y)
(c) ∃x∃y:L(x, y)∧L(y, x) (d) ∀x∃y:L(x, y)∧ ¬L(y, x)
(e) ∀x:L(x, x)∧ ∀y: (y,x⇒ ¬L(x, y)) Lösung.
(a) Jeder liebt jeden.
(b) Es gibt jemanden, der niemanden liebt.
(c) Es gibt zwei Personen, die sich gegenseitig lieben.
(d) Jeder liebt jemanden, der ihn nicht liebt. (“Jeder ist in eine Person unglücklich verliebt.”) (e) Jeder liebt sich selbst und sonst niemanden.
Aufgabe 3. Drücken Sie die folgenden Sätze mit Hilfe der logischen Symbole aus und überle- gen Sie, ob die Sätze wahr oder falsch sind.
(a) Die Gleichungx2+x+ 1 = 0 ist lösbar in den reellen Zahlen.
(b) Für jede natürliche Zahl gibt es eine größere Primzahl.1 (c) Jede ganze Zahl ist entweder gerade oder ungerade.
(d) Die Menge (0,1) hat ein größtes Element.2
1Die Menge aller Primzahlen wird üblicherweise mitPbezeichnet.
2(0,1) :={x∈R|0< x <1}ist die Menge aller reellen Zahlenxmit 0< x <1.)
2
Lösung.
(a) ∃x∈R:x2+x+ 1 = 0. Dies ist eine falsche Aussage, da fürp=q= 1 gilt p
2
2
−q=14−1 =−3
4<0 (pq-Formel).
(b) ∀n∈N∃p∈P:p > n. Dies ist eine wahre Aussage, da es unendlich viele Primzahlen gibt (wird am Dienstag in der Vorlesung bewiesen).
(c) ∀n∈Z∃k∈Z: (n= 2k∨n= 2k+ 1); äquivalent und damit auch korrekt ist∀n∈Z: (∃k∈ Z:n= 2k)∨(∃k∈Z:n= 2k+ 1). Offensichtlich wahr.
(d) ∃x ∈ (0,1) ∀y ∈ (0,1) : y ≤ x. Dies ist eine falsche Aussage, denn falls x ∈ (0,1), so gilt x < 1+x2 <1 und 1+x2 ∈(0,1).
Aufgabe 4. Zeigen Sie, dass die beiden Aussagen
(1) (∀x:E(x))∨(∀x:F(x)) und (2) ∀x: (E(x)∨F(x)).
nicht dasselbe ausdrücken, indem Sie AussageformenE(x) undF(x) angeben, für die (1) und (2) nicht äquivalent sind. Wie sieht es aus, wenn man den Allquantor∀durch den Existenzquantor
∃ersetzt?
Lösung. Wir setzenE(x) als „x ist eine gerade Zahl“ undF(x) als „x ist eine ungerade Zahl“.
Dann ist die Aussage (∀x:E(x))∨(∀x:F(x)) die Aussage „(entweder) jede Zahl ist gerade oder jede Zahl ist ungerade“. Das ist offensichtlich falsch.
Die Aussage∀x(E(x)∨F(x)) bedeutet dann „jede Zahl ist gerade oder ungerade“. Dies ist offen- sichtlich wahr.
Wenn man∀durch∃ersetzt, so sind die beiden Aussagen logisch äquivalent.
Aufgabe 5. Beweisen Sie, indem Sie verschiedene Beweismethoden verwenden.
(a) Wenn zwei Zahlena, b∈Zungerade sind, so ista·bungerade.
(b) Fallsabfüra, b∈Zungerade ist, so sindaundbungerade.
(c) Es gibt keine Zahlena, b∈Zmit 4a+ 6b= 11.
(d) Fallsx∈Rmitx≥0 irrational ist, so ist auch√
xirrational.
Lösung.
(a) Seiena, b∈Zungerade. Dann gibt esk, l∈Zmita= 2k+ 1 undb= 2l+ 1. Also gilt a·b= (2k+ 1)·(2l+ 1) = 4kl+ 2k+ 2l+ 1 = 2(2kl+k+l) + 1.
Da 2kl+k+l∈Z, istabungerade.
(b) Wir machen einen Kontrapositionsbeweis. Wir nehmen also an, dassaoderbnicht unge- rade ist, d.h.aist gerade oderbist gerade. Es gibt also 2 Fälle:
1. Fall: aist gerade. Dann gibt es eink∈Zmita= 2k. Somit giltab= 2kb= 2(kb). Also istabgerade.
2. Fall: bist gerade. Dann gibt es eink∈Zmitb= 2k. Somit giltab=a·2k= 2(ak) und damit istabgerade.
In beiden Fällen folgt also, dassabnicht ungerade ist.
3
(c) Wir machen einen Widerspruchsbeweis. Dazu nehmen wir an, dass esa, b ∈ Z gibt mit 4a+ 6b= 11. Also folgt
2(2a+ 3b) = 2·5 + 1.
Diese Zahl ist damit gleichzeitig gerade und ungerade, ein Widerspruch.
(d) Wir machen einen Kontrapositionsbeweis. Seix∈Rmitx≥0, sodass√
xrational ist. Dann gibt esa, b∈Nmitx=ab. Es folgt
x= (
√ x)2=
a b
2
=a2 b2, also ist auchxrational.
Aufgabe 6. Beweisen Sie mit einem Widerspruchsbeweis: Für alle a, b ∈ R mit a, b ≥ 0 gilt a+b≥2
√
ab. Wie muss man den Beweis abändern, sodass ein direkter Beweis entsteht?
Lösung. Widerspruchsbeweis.Wir nehmen an, dassa, b∈Rmita, b≥0, abera+b <2
√
ab. Dann folgt
a2+ 2ab+b2= (a+b)2<4ab
⇒a2−2ab+b2<0,
was aber wegen a2−2ab+b2 = (a−b)2 ≥ 0 ein Widerspruch ist (Quadrate von Zahlen sind immer positiv).
Für den direkten Beweis muss man einfach die Reihenfolge beim Aufschreiben ändern, d.h.
man folgert aus (a−b)2(was offensichtlich wahr ist) die Ungleichunga+b≥2
√
ab: Füra, b∈R mita, b≥0 gilt
a2−2ab2+b= (a−b)2≥0
⇒a2+ 2ab+b2≥4ab
⇒(a+b)2≥(2
√ ab)2
⇒a+b≥2
√ ab.
Aufgabe 7. Zeigen Sie, dass ein gleichschenklig-rechtwinkliges Dreieck keine ganzzahligen Seiten haben kann.
Lösung. Wir machen einen Widerspruchsbeweis und nehmen an, dass∆ABCein gleichschenklig- rechtwinkliges Dreieck mit Seitenlängena, b, c∈Zist, wobeicdie Hypothenuse ist. Da∆ABC gleichschenklig ist, folgta=bund aus dem Satz des Pythagoras folgt
2a2=a2+b2=c2. Damit folgt aber, dass 2 = ca22 und somit
√
2 = ca eine rationale Zahl ist, ein Widerspruch.
Aufgabe 8. Man verteilt 25 Quadrate auf einem karierten Brett der Grösse 25×25, und zwar so, dass sie bezüglich einer Diagonale symmetrisch verteilt sind und keine zwei Quadrate auf- einander liegen. Beweisen Sie durch Widerspruch, dass mindestens eines der Quadrate auf der Diagonalen liegt.
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Lösung. Nehmen wir an, kein Quadrat liege auf der Diagonalen. Dann betrachten wir das erste Quadrat. Wegen der Symmetrie muss auf der anderen Seite der Diagonalen auch ein Quadrat liegen. Somit sind die Quadrate paarweise verteilt. Dies ist aber nicht möglich, da 25 eine ungerade Zahl ist. Also muss ein Quadrat auf der Diagonalen liegen.