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Archiv "Extrazelluläre Adenin-Nukleotide im Blut: Herkunft, Stoffwechsel und Funktion" (22.03.1990)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Extrazelluläre

Adenin-Nukleotide im Blut

Herkunft,

Stoffwechsel und Funktion

Jürgen Lüthje

Mit dem Nukleotid Adenosintriphosphat (ATP) wird meist der Begriff

„energiereiche Verbindung" assoziiert. In der Tat ist das Wissen über Adeninnukleotide als essentielle Komponenten des Energiestoffwech- sels in der Zelle weit verbreitet. Nur wenigen ist jedoch bekannt, daß ATP sowie andere Adeninnukleotide auch außerhalb der Zelle, im Ex- trazellulärraum, vielfältige Funktionen ausüben. Im Blut sind sie an der Regulation des Gefäßtonus, der Hämostase sowie an der Modulation der Immunfunktion beteiligt.

Nukleotide spielen nach zuneh- menden Erkenntnissen nicht nur eine wesentliche Rolle beim Auf- bau der die genetische Informa- tion vermittelnden Watson-Crick- Spirale, sondern auch als Blut- transportierte Mediatoren, ganz besonders für die Interaktionen zwischen Blutplättchen und Ge- fäßwand. Wir bringen dazu eine Übersicht aus der Feder eines be- sonderen Kenners. Rudolf Gross

D

ie grundlegende Be-

deutung von Adenin- nukleotiden wie ATP und ADP für den Energiestoffwechsel in der Zelle ist allgemein bekannt. Die Möglichkeit, daß Nukleotide auch im Extrazellulärraum eine Rolle spielen könnten, wurde lange Zeit für sehr unwahrscheinlich gehalten. Warum sollte eine Zelle ihr kostbares, ener- giereiches ATP außerhalb der Zelle vergeuden? Diese Auffassung wurde gestützt durch das Dogma, daß ATP oder ADP als stark geladene und da- mit äußerst hydrophile Moleküle die Zellmembran nicht passieren und somit die Zelle nicht verlassen kön- nen. Heute ist bekannt, daß Nukleo- tide durchaus auch außerhalb der Zelle vorkommen und dort verschie- dene physiologische Funktionen wahrnehmen.

1.1 Wirkung auf den Gefäßtonus

Erstmals wurde vor 60 Jahren von Drury und Szent-Györgi die va- sodilatatorische und hypotensive Wirkung von extrazellulären Ade- ninnukleotiden beschrieben. Die durch ATP und ADP induzierte Ge- fäßerweiterung ist — ähnlich wie bei Azetylcholin — von einem unversehr- Institut für Biochemie (Lehrstuhl I:

Prof. Dr. med. Walter Kersten), Medizinische Fakultät der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

ten, intakten Endothel abhängig.

Nach Bindung an einen auf dem En- dothel befindlichen Rezeptor produ- ziert die Endothelzelle den soge- nannten „endothelium-derived rela- xing factor", oder kurz EDRF ge- nannt, der dann direkt auf die glatte Muskulatur des Gefäßes erweiternd wirkt (Abbildung 1). Der EDRF wur- de kürzlich als Stickstoffmonoxid (NO) identifiziert (1), was besonders interessant ist im Hinblick auf die lange bekannte, gefäßdilatierende Wirkung von Nitroverbindungen (zum Beispiel Glyzerintrinitrat bei Angina pectoris). ATP und ADP lö- sen in Endothelzellen außerdem die Bildung von Prostazyklin, einer wei- teren gefäßdilatierenden Substanz, aus. Die Abbauprodukte AMP und Adenosin induzieren weder die Bil- dung von EDRF noch von Prosta- zyklin, was die Spezifität der Rezep- toren anzeigt.

Die Rezeptoren, die die Wir- kung von Adeninnukleotiden vermit- teln, werden nach Burnstock als pu- rinerge Rezeptoren oder Purinozep- toren bezeichnet. Sie werden phar- makologisch eingeteilt in P 1-Rezep- toren, die die Effekte von Adenosin und AMP vermitteln, und P 2-Rezep- toren, an die ATP und ADP binden.

Der obige Purinozeptor auf dem En- dothel ist also ein P 2-Rezeptor (2).

Neben den „gewöhnlichen" Nu-

kleotiden dilatieren auch zwei erst kürzlich entdeckte Dinukleotide, Diadenosintriphosphat (Ap 3A) und Diadenosintetraphosphat (Ap 4A), Dt. Ärztebl. 87, Heft 12, 22. März 1990 (39) A-927

(2)

Rezeptor

EDRF-Bildung

EDRF Guanylat- cyclo-

zyklase GMP

Endothel

P2x- Rezeptor ATP

ADP

Ap4A

Gefäßerweiterung Gefäßverengung Glatte Gefäßmuskulatur

Prostazyklin- Bildung

Ap3A

9

ATP ADP

A

Abbildung 1: Wirkung der Adeninnukleotide auf den Gefäßtonus: ATP und ADP können en- dothelabhängig zu einer Gefäßerweiterung oder bei direkter Wirkung auf die glatte Musku- latur, auch zu einer Verengung führen. Ap 3A und Ap4A wirken ähnlich, allerdings ist es un- klar, über welche Rezeptoren die Effekte vermittelt werden. P2x- und P2,-Rezeptoren sind pharmakologisch charakterisierte Subtypen der P 2-Rezeptoren. EDRF = endothelium- derived relaxing factor.

Ap4 A

OH OH

Abbildung 2: Chemische Struktur der Dinukleotide Ap 3A und Ap4A NH2

0 HO 1-12

° H

0 0 0 0 11 11 11 11

OPOPOPOPOCH 2 1 1

0_ 0_

Q O_

die Gefäße. Die Wirkung des Ap 4A wird über das Endothel vermittelt, während Ap 3A direkt auf die glatte Muskulatur zu wirken scheint. Diese beiden Nukleotide kommen natürli- cherweise in großen Mengen in den dichten Granula (Nukleotidspeicher- organellen) der Blutplättchen vor und werden nach Aktivierung der Plätt- chen ins extrazelluläre Milieu sezer- niert. Man kann sie sich aus jeweils zwei einfachen Nukleotiden zusam- mengesetzt denken (Abbildung 2).

1.2 Wirkung auf Mastzellen

Mastzellen speichern in speziel- len Granula Histamin, das nach Ak- tivierung der Zellen ausgeschüttet wird. Auf diese Weise sind die Zel- len an der Entstehung allergischer Reaktionen beteiligt. Die Aktivie- rung erfolgt häufig durch die Bin- dung bestimmter Antigene (Allerge- ne) an IgE-tragende Zelloberflä- chenrezeptoren. Mastzellen (zum Beispiel der Ratte) werden aber auch durch extrazelluläres ATP akti- viert, was ebenfalls zur Histaminaus- schüttung führt (3). Der die Wirkung vermittelnde Rezeptor ist ein unge- wöhnlicher Purinozeptor, von ihm wird nur das sogenannte ATP 4- er- kannt. ATP' ist die freie, vierfach negativ geladene Form des ATP, die immer zu ein bis zwei Prozent in Lö- sungen von „gewöhnlichem" ATP vorkommt (das wegen der Komple- xierung mit Magnesiumionen nur zwei negative Ladungen trägt und als ATP2- vorliegt).

Interessanterweise führt auch Ap4A zur Histaminsekretion, es be- sitzt auch vier negative Ladungen pro Molekül und scheint an den ATP4--Rezeptor zu binden. Aus den Thrombozyten freigesetztes Ap 4A könnte so an der Modulation allergi- scher Geschehen beteiligt sein.

1.3 Wirkung auf Thrombozyten

Eine seit über 25 Jahren be- kannte Zielzelle für Adeninnukleoti- de im Blut ist der Thrombozyt. Be-

merkenswert ist, daß von allen Nu- kleotiden nur ADP eine Thrombozy- tenaggregation auslöst, was für die ungewöhnlich hohe Spezifität des Rezeptors spricht. Nach Aktivierung werden auf der Oberfläche der

Thrombozyten Fibrinogenrezepto- ren frei (die Glykoproteine II a, die bei der Thrombasthenie Glanz- mann fehlen), die an der Vernetzung der Zellen durch im Plasma vorkom- mendes Fibrinogen beteiligt sind. >

A-928 (40) Dt. Ärztebl. 87, Heft 12, 22. März 1990

(3)

AMP

Ap4A

0

ATP

Ap3A („Pro-Agonist")

Enzymatische Freisetzung von ADP durch ein Plasmaenzym

Keine direkte Beeinflussung durch Adeninnukleotide

Ap3A AMP Schwache Antagonisten

Collagen Thrombin Adrenalin Serotonin Starke

Antagonisten

()im>

tl„

'1C2ia(2

Thrombozytenaggregation ADP

Abbildung 3: Wirkung der Adeninnukleotide auf die Thrombozytenaggregation: ADP stimu- liert als einziges Nukleotid die Thrombozytenaggregation. Die anderen Nukleotide sind mehr oder weniger starke Inhibitoren der ADP-induzierten Aggregation, nicht aber der durch andere Stimuli ausgelösten Aggregation. Ap 3A ist ein „Pro-Agonist", das heißt durch enzymatische Spaltung kann aus dem Dinukleotid das plättchenwirksame ADP entstehen

Hypoxie Herz- und Skelettmuskel ATP ADP

AMP Arbeit

THROMBIN

Endothelzelle mit

C) A .../.11r

eZ?E:2 a

Thrombozyten- Aggregation

Freisetzung der Granulainhalte

Abbildung 4: Herkunft extrazellulärer Adeninnukleotide im Blut Die anderen Adeninnukleotide

wirken als kompetitive Antagonisten der ADP-induzierten Thrombozy- tenaggregation (Abbildung 3). Ap4A hat sich auch in vivo als antithrombo- tisch wirksam erwiesen. Die Infusion dieses Dinukleotids senkte signifi- kant das Auftreten von Thrombosen bei Versuchen an Kaninchen (4).

Ap3A wirkt als Auslöser der Thrombozytenaggregation (5). Die- ser Effekt ist absolut abhängig von der Gegenwart eines Plasmaenzyms, das Ap3A in AMP und das plättchen- wirksame ADP zerlegt. Aus dem Di- nukleotid mit leicht inhibitorischer Wirkung wird ein wirksames Mono- nukleotid freigesetzt. Dieser Vor- gang erinnert an die Aktivierung von Blutgerinnungsfaktoren oder Ver- dauungsenzymen, die als Proenzyme oder Zymogene synthetisiert werden und erst durch eine proteolytische Spaltung in ihre wirksame Form überführt werden. Analog läßt sich Ap3A als inaktive Vorstufe von ADP auffassen, es ist somit ein „Proago- nist".

1.4 Wirkung auf Immunzellen

Extrazelluläre Adeninnukleoti- de beeinflussen auch die Funktion von Zellen des Immunsystems. Ne- ben den geschilderten Wirkungen auf die Mastzellen konnte gezeigt werden, daß die durch Makrophagen

2. Herkunft der

Adeninnukleotide im Blut (Abbildung 4)

Prinzipiell ist jede Zelle als eine potentielle Quelle von Nukleotiden anzusehen. ATP und ADP kommen in allen Zellen in etwa millimolaren Konzentrationen vor. Kommt es zum Zelluntergang — etwa durch Hämoly- se von Erythrozyten oder Gewebs- trauma nach Unfällen —, wird das Blut mit diesen Substanzen über- schwemmt. Selbst nach über 1000fa- cher Verdünnung durch den Blut- strom liegen die Konzentrationen immer noch im mikromolaren Be- reich; diese sind ausreichend, um ei- ne Reihe der oben dargestellten Ef- fekte auszulösen. Auch unter weni- ger dramatischen Bedingungen kann es zum Austritt intrazellulärer Ad- eninnukleotide in den Extrazellulär- raum kommen. So scheinen die Ery- throzyten dauernd geringe Mengen ADP und ATP (neben anderen nie- dermolekularen Substanzen) zu

„verlieren", wahrscheinlich bedingt durch reversible, durch Scherkräfte ausgelöste Zellverformungen bei der Passage durch enge Gefäße.

vermittelte Zytotoxizität gegenüber menschlichen Tumorzellen durch ex- trazelluläres ATP gehemmt wurde, in ähnlicher Weise wurde die Aktivi- tät menschlicher natürlicher Killer- zellen sowie die durch Granulozyten vermittelte Zytotoxizität verhindert (6). Dagegen wird die Adhäsivität menschlicher neutrophiler Granulo- zyten durch extrazelluläre Adenin- nukleotide stimuliert.

A-930 (42) Dt. Ärztebl. 87, Heft 12, 22. März 1990

(4)

• Granulozyt, -

r--13 LLI

Ekto-AMPase

Ekto-ATPase PP

CD

I C ADP

ATP

AMP Ekto-ADPase

1

1.1

Endothelzelle

1

m

N\ukleosid-

73=g1M111.1 Transporter

Nr.ti Mig \ ED

7r\e3 [:\

ATP ADP AMP ADO

Gefäßwand

Abbildung 5: Stoffwechsel extrazellulärer Adeninnukleotide im Blut: Dargestellt sind ein Ge- fäßlängsschnitt mit einigen Blutzellen sowie die Hauptstoffwechselwege der Nukleotide im Blutgefäß. Die Adeninnukleotide können durch Ektoenzyme auf der Oberfläche von Blutzel- len oder der Gefäßinnenwand und von Plasmaenzymen abgebaut werden. Prinzipiell wer- den die Nukleotide schrittweise bis zum Adenosin dephosphoryliert, das dann über Nukleo- sidtransporter ins Zellinere aufgenommen wird. Schwarze Symbole = Ektoenzyme; P = an- organisches Phosphat; Eingekreiste Zahlen = Plasmaenzyme (1: ATP-Pyrophosphohydro- lase, 2: ATPase, 3: ADPase, 4: 5'-Nukleotidase oder alkalische Phosphatase)

Eine bedeutende Quelle für Adeninnukleotide sind die Thrombo- zyten. Sie speichern ADP und ATP in extrem hohen Konzentrationen (ca.

0,5 M) in speziellen Organellen, den sogenannten dichten Granula („den- se bodies"). Kommt es zur Aktivie- rung der Zellen, zum Beispiel durch freigelegtes Kollagen einer verletzten Gefäßwand oder durch Thrombin, dann setzen die Blutplättchen den In- halt ihrer Granula nach außen frei. In- teressant ist, daß bei der Aktivierung der Gerinnungskaskade entstehendes Thrombin nicht nur aus Blutplätt- chen, sondern auch aus Endothelzel- len ADP und ATP freisetzen kann (Abbildung 4). Die Dinukleotide Ap3A und Ap4A kommen — im Gegen- satz zu den Mononukleotiden — aus- schließlich in den dichten Granula der Thrombozyten vor, in denen sie in Konzentrationen von etwa 30 mM vor- liegen. Dinukleotide sind also nur nach Aktivierung der Thrombozyten im Extrazellulärraum des Blutes zu erwarten.

3. Inaktivierung

der Nukleotide im Blut Der Organismus muß über ein System verfügen, das die freigesetz- ten, als Signalmoleküle wirkenden Adeninnukleotide wieder inaktiviert.

Um ein Beispiel zu nennen: die Ak- kumulation von ADP im Blut muß verhindert werden, um der Throm- bozytenaggregation und der Entste- hung von Thrombosen entgegenzu- wirken. Die Inaktivierung der Nuk- leotide geschieht durch Verdünnung im Blutstrom und durch enzymati- schen Abbau. Wie Abbildung 5 zeigt, kann der Abbau durch Enzyme im Plasma oder durch zellgebundene Ektoenzyme erfolgen. Letztere be- finden sich auf der Oberfläche aller Blutzellen sowie auch auf Endothel- und glatten Muskelzellen. Die Be- deutung der Ektoenzyme für den Abbau von Adeninnukleotiden ist enorm. Um bei dem obigen Beispiel zu bleiben: plättchenaktives ADP wird in mikromolaren Konzentratio- nen im Vollblut etwa viermal schnel- ler abgebaut als im Plasma des glei- chen Spenders. In vivo ist der Kata- bolismus noch schneller durch die Mitwirkung der Ektoenzyme auf der

Gefäßwand. Die ADPasen auf Blut- und Gefäßwandzellen sowie im Plas- ma sind also ein wichtiges antithrom- botisch wirksames Prinzip (7).

In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, daß aus extrazellulä- rem ATP im Blut kaum plättchenak- tives ADP gebildet wird. Dies wird zum einen durch die hohe Kapazität der Ektoenzyme, die anfallendes ADP sofort zu AMP dephosphory- lieren, bewirkt. Zum anderen bauen Plasmaenzyme ATP kaum zu ADP, sondern direkt durch eine Pyrophos- phohydrolase zu AMP ab.

AMP wird zu Adenosin abge- baut, das Adenosin wird dann aus dem Extrazellulärraum des Blutes über Nukleosidtransporter ins Zell- innere der Blut- und Gefäßwandzel- len aufgenommen (Abbildung 5).

Ap3A und Ap4A werden — im Gegensatz zu den Mononukleotiden

— hauptsächlich von Plasmaenzymen metabolisiert. Ektoenzyme auf Blut- oder Gefäßwandzellen spielen eine geringere Rolle. Ihr träger Stoff- wechsel ist ein Hinweis darauf, daß die Dinukleotide relativ langlebige Signale sind.

4. Minisch-chemische Relevanz der Dinukleotide Die Dinukleotide Ap 3A und Ap4A könnten praktische Anwen- dung finden für die klinisch-chemi- sche Diagnose sogenannter Throm- bozytenspeicherdefekte. Bei diesen angeborenen und, viel häufiger, er- worbenen Defekten fehlen entweder die dichten Granula in den Plättchen oder, wenn vorhanden, besteht eine Störung der Freisetzung ihrer In- haltsstoffe (zum Beispiel nach Ein- nahme von Aspirin®). Diese Störun- gen sind, solange sie allein auftreten, relativ harmlos, es kommt lediglich zu einer milden Blutungsneigung; in Kombination mit anderen Blutungs- übeln können sie jedoch bedeutsam werden. Ihre Diagnose beruht auf dem Nachweis einer verringerten oder fehlenden ADP- oder ATP- Konzentration in den dichten Gra- nula. Da alle Blutzellen große Men- gen dieser Nukleotide enthalten, las- sen sich diese Analysen nur nach Iso- lierung und Waschen der Blutplätt- chen durchführen. Meist wird auch noch eine Stimulation mit Thrombin Dt. Ärztebl. 87, Heft 12, 22. März 1990 (45) A-931

(5)

durchgeführt, um zwischen den Nu- kleotiden in den Granula, die durch Thrombin freigesetzt werden, und dem zytosolischen Anteil (wird nicht sezerniert) zu differenzieren.

Dieses aufwendige Verfahren läßt sich mit Hilfe der Dinukleotide stark vereinfachen. Ihre Bedeutung für die Diagnostik liegt darin, daß sie ausschließlich in den dichten Granu- la der Plättchen vorkommen. Sie sind weder im Zytosol der Plättchen noch in anderen Blutzellen nach- weisbar. Dies erlaubt es, die Diagno- se eines Thrombozytenspeicherde- fektes mit Hilfe nur eines Arbeits- schrittes zu stellen: der Bestimmung von Ap3A oder Ap4A in einer nicht weiter zu behandelnden Vollblutpro- be. Es soll noch angefügt werden, daß auch die Differenzierung zwi- schen Speicher- und Freisetzungsde- fekten mit dieser Methode sehr leicht möglich ist.

Literatur

I. Palmer, R. M. J.; Ferrige, A. G.; Moncada, S.: Nitric oxide release accounts for the bio- logical activity of endothelium-derived rela- xing factor, Nature 327 (1987) 524-526 2. Burnstock. G.; Brown, C. M.: An introduc-

tion to purinergic receptors, In: Burnstock, G. (ed.) Purinergic Receptors. Chapman and Hall, London and New York 1981, pp.

1-45

3. Gomperts, B. D.: Manipulation of the cyto- solic composition of mast cells: a study of early events in stimulus-secretion coupling, In: Dean, R. T.; Stahl, P. (eds.) Secretory Processes. Butterworths London 1984, pp.

18-37

4. Louie, S.; Kim, B. K.; Zamecnik, P.: Diade- nosine 5 ',5 m-P 1 ,P4-tetraphosphate, a poten- tial antithrombotic agent, Thromb. Res. 49 (1988) 557-565

5. Lüthje, J.; Baringer, J.; Ogilvie, A.: Highly efficient induction of human platelet aggre- gation in heparinized platelet-rich plasma by diadenosine triphosphate (Ap 3A), Thromb. Haemost. 54 (1985) 469-471 6. Cameron, D. J.: Inhibition of neutrophil-

mediated cytotoxicity by exogenous adenosi- ne 5 '-triphosphate, Clin. Immunol. Immu- nopathol. 37 (1985) 230-235

7. Lüthje, J.; Schomburg, A.; Ogilvie, A.: De- monstration of a novel ecto-enzyme on hu-

man erythrocytes, capable of degrading ADP and of inhibiting ADP-induced plate- let aggregation, Eur. J. Biochem. 175 (1988) 285-289

Eine umfassende Literaturübersicht über dieses Gebiet findet der interessierte Leser in den bei- den folgenden Arbeiten:

8. Lüthje, J.: Origin, metabolism and function of extracellular adenine nucleotides in the blood. Klin. Wochenschr. 67 (1989) 317-327 9. Lüthje, J.: Extracellular adenine com-

pounds, red blood cells and haemostasis:

facts and hypotheses. Blut 59 (1989) 367-374

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. habil.

Jürgen Lüthje

Institut für Biochemie Medizinische Fakultät

der Universität Erlangen-Nürnberg Fahrstraße 17 • 8520 Erlangen

Geriatrie-Konsultations-Team ist wirkungslos

Die Auswirkung einer geriatri- schen Konsultation untersuchten die Autoren in einem kontrollierten Kli- nikversuch bei 178 älteren Männern (75 Jahre und älter), die zur medizi- nischen, operativen oder psychiatri- schen (ausgenommen intensivmedi- zinischen) Behandlung in den Kran- kenhaus überwiesen wurden.

Die 88 Patienten der Interven- tionsgruppe wurden multidimensio- nal bewertet durch ein interdis- ziplinäres Geriatrie-Konsultations- Team, das sich aus einem Fakultäts- Geriatriker, einem Geriatrie-Mitar- beiter, einer in Geriatrie ausgebilde- ten Schwester und einem in Geria- trie ausgebildeten Sozialarbeiter zu- sammensetzte. Die Ergebnisse die- ser Bewertung einschließlich der Problemidentifikation und Empfeh- lungen wurden an die behandelnden Ärzte weitergegeben. 90 Kontroll- personen erhielten lediglich die ge- wohnte Versorgung.

Die Intervention- und Kontroll- gruppe war zu Beginn vergleichbar.

Die Hauptvariable des Ergebnisses wurde zum Index für die Unabhän- gigkeit bei Aktivitäten im täglichen Leben (AtL) (Katz). 39 Prozent der gesamten Studienpopulation waren bei Einlieferung funktional unab- hängig, 27 Prozent bedurften Hilfe bei eine bis 3 AtL, 22 Prozent bei vier sechs AtL, und zwölf Prozent waren vollständig abhängig. Viele Patienten blieben unverändert von der Aufnahme bis zur Entlassung:

Interventionsgruppe 38 Prozent, Kontrollgruppe 39 Prozent. In der Interventionsgruppe verbesserten sich 34 Prozent und verschlechterten sich 28 Prozent, in der Kontrollgrup- pe 26 Prozent beziehungsweise 36 Prozent. Obwohl diese Veränderun- gen einen Trend hinsichtlich einer Verbesserung in der Interventions- gruppe reflektierten, waren die Er- gebnisse statistisch nicht signifikant.

So kommen die Autoren zu der Schlußfolgerung, daß ungefähr 60 Prozent der hospitalisierten alten Patienten einen gewissen Grad an

Funktionsschwäche und ein Drittel eine schwere Funktionsschwäche aufweisen. Diese Patienten haben ein Risiko für eine weitere Ver- schlechterung während des Kran- kenhausaufenthaltes. Ein Geriatrie- Konsultations-Team konnte den Grad der funktionalen Verschlechte- rung nicht verändern. Somit sollten — so die Autoren — geriatrische Abtei- lungen oder Konsultations-Teams zusätzlich direkte präventive oder re- storative Leistungen anbieten, wenn eine Verbesserung möglich ist. Lng

McVey, L. J. et al: Effect of a Geriatric Consultation Team on Functional Status of Elderly Hospitalized Patients. Ann. Int.

Med. 110 (1989)

Dr. Harvey Jay Cohen, Veterans Adminis- tration Medical Center, 508 Fulton Street, Durham, NC 27705, USA.

A-932 (46) Dt. Ärztebl. 87, Heft 12, 22. März 1990

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