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Untersuchungen zum Neuritenwachstum von Spinalganglienneuronen unter Einfluss des Botenstoffs Stickstoffmonoxid (NO) und zyklischer Nukleotide

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„Untersuchungen zum Neuritenwachstum von

Spinalganglienneuronen unter Einfluss des Botenstoffs Stickstoffmonoxid (NO) und zyklischer Nukleotide“

INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer DOKTORIN DER VETERINÄRMEDIZIN

(Dr. med. vet.)

durch die Tierärztliche Hochschule Hannover

Vorgelegt von

Katrin Fielitz

aus Hannover

Hannover 2004

(2)

1. Gutachter: Herr Prof. Dr. Gerd Bicker 2. Gutachterin: Frau Dr. Manuela Gernert

Tag der mündlichen Prüfung: 26. Mai 2004

(3)

1 EINLEITUNG 1

2 LITERATURÜBERSICHT 3

2.1 Chemie und Biochemie des NO 3

2.2 Enzymkaskade NO/cGMP 4

2.3 Historischer Überblick: die Entdeckung von NO als Botenstoff 6 2.4 Übersicht patho-/physiologischer NO-Wirkungen 9

2.4.1 Gefäßsystem 9

2.4.2 Immunsystem 10

2.4.3 Nervensystem 12

2.5 Zyklische Nukleotide: cAMP und cGMP 14

2.6 Primärzellkultur 15

2.7 Anatomische Grundlagen der Dorsalwurzelganglien 17 2.8 Zelluläre Mechanismen der Entwicklung des Nervensystems 20 2.9 Entwicklungsregulierte NOS-Expression in Spinalganglien 23 2.10 NO/cGMP - Wirkungen auf das Neuritenwachstum 24 2.11 cAMP-Wirkungen auf das Neuritenwachstum 29

2.12 Zielsetzung 32

3 MATERIAL UND METHODEN 34

3.1 Versuchstiere 34

3.2 Sterilität 34

3.3 Präparation 35

3.4 Visualisierung embryonaler NADPH-Diaphorase

in Spinalganglien 35

3.4.1 Anfertigung von Gefrierschnitten 35

3.4.2 Färbung 36

3.4.3 Dokumentation und Auswertung 36

3.5 Spinalganglien in Zellkultur: Wachstum und NOS-Expression 37

(4)

3.5.4 Phasenkontrastmikroskopie 38

3.5.5 Färbungen 38

3.5.5.1 NADPH-Diaphorasefärbung 38

3.5.5.2 HUC/D Immunhistochemie 39

3.5.5.3 DAPI-Färbung 39

3.5.6 Zelldifferenzierung der heterogenen Zellkultur 39 3.5.7 NADPH-Diaphorasereaktivität in Zellkultur 40 3.6 Versuchsreihen zum Neuritenwachstum 40

3.6.1 Messwertgewinnung 40

3.6.1.1 Versuchsreihe 1: SNP als NO-Donor 41 3.6.1.2 Versuchsreihe 2: Exogene Zugabe zyklischer Nukleotide 43 3.6.1.3 Versuchsreihe 3: Endogene cAMP-Synthese durch

Forskolin 44

3.6.2 Dokumentation und Auswertung 44

3.6.3 Einzelneuritenanalyse unter SNP-Einwirkung 46

3.7 Neuriteninitiation unter NOS-Block 46

3.7.1 Messwertgewinnung 46

3.7.2 Dokumentation und Auswertung 48

3.8 Material 49

3.8.1 Lösungen und Puffer 49

3.8.2 Fixierer 49

3.8.3 Färbelösungen 50

3.8.4 Medien und Beschichtungen 50

3.9 Verzeichnisse der verwendeten Substanzen und Geräte 51 3.9.1 Tabelle1: Substanzen mit Bezugsnachweis 51 3.9.2 Tabelle 2: Antikörper und Farbstoffe mit Bezugsnachweis 52 3.9.3 Tabelle 3: Material mit Typbezeichnung und Bezugsnachweis 52 3.9.4 Tabelle 4: Geräte mit Typbezeichnung und Bezugsnachweis 53

(5)

4.2 Spinalganglien in Primärzellkultur: Zelltypisierung und

NOS-Expression 57

4.3 Beeinflussung des Neuritenwachstums in Zellkultur: 61 4.3.1 Versuchsreihe 1: Neuritenretraktion unter Einfluss des

NO-Donors SNP 61

4.3.2 Versuchsreihe 2: Einflüsse zyklischer Nukleotide auf

die Neuritenlänge 67

4.3.3 Versuchsreihe 3: Neuritenwachstum unter Manipulation

der cAMP/PKA-Kaskade 68

4.4 In vitro Neuritenentwicklung unter NOS-Block 71

5 DISKUSSION 75

5.1 Entwicklungsabhängige NOS-Expression 75 5.2 Exogene NO-Applikation bewirkt Neuritenverkürzung 78 5.3 Beeinflussung axonalen Wachstumsverhaltens

durch zyklische Nukleotide 83

5.4 Neuriteninitiation unter endogener NO-Freisetzung 86

5.5 Abschließende Betrachtung. 88

6 ZUSAMMENFASSUNG 90

7 SUMMARY 91

8 LITERATURVERZEICHNIS 92

9 ANHANG: Tabelle 7: Übersicht der ermittelten Neuritenlängen 102

(6)

% Prozent

> größer

°C Grad Celsius

7NI 7-Nitroindazol

Abb. Abbildung

ADP Adenosindiphosphat

AK Antikörper

ANOVA Varianzanalyse (analysis of variance) Aqua dest. Aqua destillata

ATP Adenosintriphosphat

BDNF brain-derived-neurotropic-factor

BSA bovines Serumalbumin

bzw. beziehungsweise

ca. circa

CaM Calmodulin

cAMP zyklisches Adenosin-3',-5'-monophosphat cGK cGMP-abhängige Proteinkinase

cGMP zyklisches Guanosin-3',-5'-monophosphat

cm² Quadratzentimeter

DAB-Kit Diaminobenzidin-Kit

DAPI 4’,6’-Diamidin-2’-phenylindol-dihydrochlorid

DMSO Dimethylsulfoxide

DNA Desoxyribonukleinsäure (desoxyribonuclein acid) DPIP 2,6-Dichloroindophenol

DREZ Eintrittszone des Dorsalastes (dorsal root entry zone) DRG Dorsalwurzelganglion (dorsal root ganglion)

E x x.Tag Embryogenese

EDRF endothelium-derived-relaxing-factor eNOS endotheliale NO-Synthase

FAD Flavin-Adenin-Dinucleotid

FKS fetales Kälberserum

(7)

h Stunden

I.E. internationale Einheiten iNOS induzierbare NO-Synthase

Kap. Kapitel

kDa Kilodalton

L15 L15 (Leibovitz) - Zellkulturmedium

LTP Langzeitpotenzierung (long term potentiation) MAG Myelin assoziiertes Glycoprotein

g Mikrogramm

mg Milligramm

min Minuten

ml Milliliter

l Mikroliter

mM Millimol

M Mikromol

mm Millimeter

MW Mittelwert

n Anzahl

NAD Nicotinamid-adenin-dinucleotid

NADP NAD-Phosphat

NADPH reduzierte Form des NADP NADPHd NADPH-Diaphorasefärbung NANC non-adrenerg, non-cholinerg

NBT Nitrotetrazoliumblau (nitro blue tetrazolium)

neg. negativ

NGF Nervenwachstumsfaktor (nerve growth factor) NHS Normales Pferdeserum (normal horse serum) nNOS neuronale NO-Synthase

NO Stickstoffmonoxid (nitric oxide)

NOS NO-Synthase

(8)

PFA Paraformaldehyd

pH neg.dekadischer Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration

PKA Proteinkinase A

PKG Proteinkinase G

PNS peripheres Nervensystem

pos. positiv

PTX PBS+TritonX100

RNA Ribonukleinsäure (ribonuclein acid)

RT Raumtemperatur

s Sekunden

S. Seite

S.E.M. standard error of the mean

s.u. siehe unten

sGC lösliche Guanylylzyklase (soluble guanylylzyclase)

SNP Sodum Nitroprusside

Tab. Tabelle

TNL Gesamtneuritenlänge (total neurite lenght) Triton X-100 t-Octylphenoxypolyethoxyethanol

U Einheiten (unit)

u. und

vgl. vergleiche

Z Zellen

z.B. zum Beispiel

z.T. zum Teil

ZNS zentrales Nervensystem

(9)
(10)
(11)

1 Einleitung

Das Nervensystem bildet die Basis für Informationsübertragung und Koordination komplexer Vorgänge innerhalb des Organismus. Einer der essentiellen Vorgänge für die Ausbildung des Nervensystems ist das Auswachsen neuronaler Fortsätze. Diese sind Grundlage für interzelluläre Kontakte und Informationsaustausch über weite Distanzen. Der Ablauf des Neuritenwachstums wird äußerst präzise durch räumlich und zeitlich festgelegte molekulare Signale kontrolliert. Ein Grundverständnis für diese Abläufe und Beeinflussungsmöglichkeiten ist hilfreich für die Entwicklung therapeutischer Strategien im Rahmen neuronaler Erkrankungen.

Eine Reihe von Untersuchungen spricht dafür, dass der Botenstoff Stickstoffmonoxid (NO) und zyklische Nukleotide das Neuritenwachstum beeinflussen.

NO ist ein reaktives Gas das in unterschiedlichen Organsystemen als membranpermeabler Botenstoff von Zelle zu Zelle signalisieren kann. Es übernimmt vielfältige Funktionen in physiologischen und pathophysiologischen Prozessen des Organismus. Im Nervensystem ist es aufgrund seiner Eigenschaften als

„unkonventioneller“ Transmitter bekannt geworden.

NO ist als ein wichtiger Signalstoff im Vertebraten- und Evertebratengehirn in einer Reihe von komplexen Prozessen wie Sehen, Riechen, Lernen und Gedächtnis eingebunden. Hinweise auf eine regulierte Expression von NO-Synthasen (NOS) in der Embryonalentwicklung (WARD et al., 1994; BREDT u. SNYDER, 1994) sind Evidenz für eine Funktion von NO bei der Bildung des Nervensystems. Im Rahmen von Entwicklungsprozessen konnten diverse NO-Wirkungen bereits gezeigt werden (CRAMER et al., 1998; GIBBS u. TRUMAN, 1998; WU et al., 1994; HAASE u.

BICKER, 2003). Welche Rolle Stickstoffmonoxid im Rahmen der Ausprägung neuronaler Fortsätze übernimmt, wird bislang uneinheitlich diskutiert (PEUNOVA u.

ENIKOLOPOV, 1995; RENTERIA u. CONSTANTINE-PATON, 1995; HESS et al., 1993; VAN WAGENEN et al., 1999; VAN WAGENEN u. REHDER, 1999).

Zyklische Nukleotide spielen als sogenannte „sekundäre Botenstoffe“ eine zentrale Rolle in der Regulation des Zellstoffwechsels. Sie vermitteln Reaktionen über die

(12)

Aktivierung der Proteinkinasen A bzw. G und anderer Proteine. Neben NO/cGMP (zyklisches Guanosin-3’,-5’-monophosphat) -abhängigen Wirkungen übernimmt auch cAMP (zyklisches Adenosin-3’,-5’-monophosphat) Aufgaben im Rahmen des Neuritenwachstums (JOHNSON et al., 1988; CHIJIWA et al., 1990; NEUMANN et al., 2002).

In dieser Arbeit soll die Reaktivität sensorischer Neuronen aus Spinalganglien auf NO und zyklische Nukleotide untersucht werden. Als Grundlage dienen hierfür histochemische Untersuchungen zur Expression der NOS während der Embyonalentwicklung des Huhns. Zur Beurteilung des Wachstumsverhaltens der Neuriten sollen die sensorischen Neuronen in Kultur gebracht werden. Unter Phasenkontrastoptik können Neuriteninitiation und -wachstum über einen definierten Zeitraum verfolgt werden. Einflüsse des Botenstoffs NO sowie zyklischer Nukleotide sollen über die Zugabe unterschiedlicher Wirkstoffe dieser Signalketten abgeklärt werden.

Einen Überblick über Grundlagen zu den in dieser Arbeit gewählten Methoden gibt der erste Teil der Literaturübersicht. Im zweiten Teil werden bis dato erlangte Forschungsergebnisse zur Expression von NO-Synthase in Spinalganglien sowie den Beeinflussungsmöglichkeiten des Neuritenwachstums erläutert.

(13)

2 Literaturübersicht

2.1 Chemie und Biochemie des NO

Stickstoffmonoxid (NO) ist unter atmosphärischen Bedingungen ein Gas. Dem NO sehr ähnliche Verbindungen sind Distickstoffoxid (N2O) und Stickstoffdioxid (NO2).

Während N2O als „Lachgas“ bekannt ist und vor allem in der Anästhesie eine Rolle spielt, stellt NO2ein aggressives Reizgas dar.

Stickstoffmonoxid kann sowohl als Radikal mit ungepaartem Elektron (NO), als auch als Ion in den Formen NO+und NO-auftreten (GROSS u. WOLIN, 1995; RAND u. LI, 1995). Alle drei Molekülformen zeigen Unterschiede in Eigenschaften und biologischer Reaktivität.

Ein Syntheseenzym für NO - die NO-Synthase (NOS) - wurde im menschlichen und tierischen Körper nachgewiesen. NO fungiert als Transmitter in einer Reihe von unterschiedlichen Organsystemen (vgl. Kap. 2.2). Die Molekülform, die durch NO- Synthase produziert wird, ist noch nicht identifiziert. Es wird aber angenommen, dass es sich um die Form des freien Radikals handelt, da diese ein hochreaktives Molekül darstellt (RAND u. LI, 1995).

Neben der starken Reaktivität besitzt NO weitere entscheidende Eigenschaften, welche ihm auch die Bezeichnung des „unkonventionellen Transmitters“ einbrachten.

Dies sind vor allem seine geringe Größe und elektrische Neutralität. Während klassische Transmitter gerichtet und kontrolliert über synaptische Vesikel abgegeben werden, ermöglichen besondere Löslichkeitseigenschaften dem „unkonventionellen Transmitter“ freie, inter- und intrazelluläre Diffusion. Eingeschränkt wird das Reaktionspotential des NO durch seine kurze Halbwertszeit. Diese beträgt nur einige Sekunden. Das Molekül kann daher nicht, wie viele andere Botenstoffe des Körpers, gespeichert werden, sondern es wird auf Nachfrage produziert. Direkte Bereitstellung und ein schneller Abbau ermöglichen eine präzise Regulation der durch NO beeinflussten Reaktionen (GARTHWAITE u. BOULTON, 1995).

(14)

Die Metabolisierung von NO ist aufgrund seiner kurzen Halbwertszeit enzymunabhänig. Es reagiert mit gelöstem O2und H2O zu einem Gemisch aus Nitrat (NO3-) und Nitrit (NO2-) (GROSS u. WOLIN, 1995). Beide Verbindungen sind biologisch weitestgehend unwirksam und werden vom Körper ausgeschieden. Die Oxidation des Botenstoffs stellt daher einen äußerst wirksamen Metabolisierungsmechanismus dar.

2.2 Enzymkaskade NO/cGMP

NO ist ein sehr kleines (30Da) enzymatisches Produkt. Es wird synthetisiert durch ein Enzym, das zu den größten (ca. 300kDa) und kompliziertesten des Körpers zählt.

NO-Synthasen sind Homodimere, deren Monomere selber jeweils aus zwei Enzymen bestehen, dem Cytochrom und der Cytochromreduktase (KARLSON et al., 1994, S.459). NOS existiert in unterschiedlichen Isoformen. Alle Isoformen katalysieren die gleiche Reaktion und besitzen ähnliche Strukturen und Funktionen. Sie unterscheiden sich aber in ihren Regulationsmechanismen und Lokalisationen. Man unterscheidet daher die neuronale NOS (nNOS/ NOS I) (vgl. Abb. 4 u. 5), die endotheliale NOS (eNOS/ NOS II) (vgl. Abb. 2) sowie die „induzierbare“ NOS (iNOS/

NOS III) (vgl. Abb. 3). Die nach der Lokalisation ihres Erstnachweises benannten Isoformen konnten mittlerweile auch in anderen Zelltypen nachgewiesen werden. So fand man die nNOS auch in Skelettmuskelzellen, neutrophilen Granulozyten, Pankreasinselzellen oder dem Endometrium. Andererseits konnte eNOS auch in Neuronen nachgewiesen werden. Die iNOS kann vermutlich in allen kernhaltigen Zellen nach Stimulation synthetisiert werden (NATHAN u. XIE, 1994; GROSS u.

WOLIN, 1995).

Wie aus Abbildung 1 ersichtlich, wird durch NOS in zwei aufeinanderfolgenden Monooxygenase-Reaktionen L-Arginin zu L-Citrullin oxidiert. Hierbei wird aus einem der Guanidinostickstoffe der Aminosäure L-Arginin unter Verbrauch von Sauerstoff NO frei. Elektronendonor ist die reduzierte Form des Nicotinamid-adenin-dinucleotid- phosphats NADPH. Die Aktivität ist im Falle von eNOS und nNOS Calcium/Calmodulin-abhängig. INOS wird Calcium-unabhängig aktiviert.

(15)

Calmodulin ist als Cofaktor essentiell und wird durch intrazelluläres Calcium aktiviert.

Im zentralen Nervensystem führt die transmitterinduzierte Öffnung von Calcium- Ionenkanälen zu einem Einstrom von Calcium. Dieses bindet an Calmodulin, welches NOS aktiviert. Im peripheren Nervensystem beruht der Ioneneinstrom auf der Aktivierung spannungsabhängiger Ca2+-Kanäle durch Depolarisation der Nervenzelle.

Die hohe Reaktivität des Moleküls NO macht es notwendig, dass seine Synthese streng kontrolliert wird. Die Regulation der NOS-Aktivität ist daher sehr komplex.

Neben der Abhängigkeit von einer Aktivierung durch Calcium benötigt das Enzym die drei Cosubstrate L-Arginin, NADPH und O2. Mit dem Flavin-Adenin-Dinucleotid (FAD), Flavin-Mono-Nucleotid (FMN), Calmodulin (vgl. Abb. 1), Tetrahydrobiopterin und Häm sind außerdem fünf Cofaktoren bzw. prosthetische Gruppen essentiell.

Eine Regulation der Synthese durch Phosphorylierung über Proteinkinase A und C, cGMP-abhängige Proteinkinase und Calcium-Calmodulin Proteinkinase wird ebenfalls diskutiert. Calzineurin, eine Calcium-Calmodulin-abhängige Proteinphosphatase kann diesen Vorgang rückgängig machen. Auch die diskrete Verteilung des Rezeptorproteins lösliche Guanylylzyklase (sGC) reguliert das Ausmaß der NO-Aktivität (BREDT u. SNYDER, 1992; GARTHWAITE u. BOULTON, 1995; BICKER, 1998).

NO dient der intra- (autokrin) wie auch interzellulären (parakrin) Kommunikation. Dies wird ermöglicht durch die Eigenschaft der freien Diffusion. Diffusion ist sowohl innerhalb der Zelle wie auch frei durch die Zellmembran möglich ist. In der Zielzelle kommt es anschließend zur Aktivierung eines Signaltransduktionswegs (BICKER, 2001).

NO bindet bevorzugt an metallhaltigen (vor allem eisenhaltigen) Proteinen. Aufgrund dieser Eigenschaft ist die zytoplasmatische lösliche Guanylatzyklase ein wichtiges Zielenzym von NO in vielen Geweben. Guanylatzyklase ist ein Hämoprotein, d.h. es enthält ein in das Porphyringerüst eingebautes Eisenatom. NO bindet an dieses (vgl.

Abb. 1). Hierdurch kommt es zu einer Aktivierung des Enzyms und Produktion des sekundären Botenstoffs cGMP (GROSS u. WOLIN, 1995). Die cGMP- Phosphodiesterase kontrolliert den cGMP-Spiegel durch einen Abbau zu GMP.

(16)

Abb. 1: Zellulärer Ablauf der NO/cGMP-Signaltransduktionskaskade

Neuronale Aktivität in NO-Donorzellen führt zu einem Calciumeinstrom (Ca2+) in die Zelle. Calcium aktiviert über Calmodulin (CaM) die NO-Synthase (NOS). Die Bildung von NO aus Arginin und O2wird durch diese katalysiert. Die Reaktion ist NADPH-abhängig. Das durch die Donorzelle freigesetzte NO bindet in Zielzellen an die Haemgruppe der löslichen Guanylatzyklase (sGC). Dies führt zu einer Aktivierung des Enzyms und Produktion von zyklischem Guanosin-3’,-5’-monophosphat (cGMP) aus Guanosintriphosphat (GTP). Nach Beeinflussung der Stoffwechselvorgänge in der Zelle wird cGMP durch das Enzym Phosphodiesterase (PDE) zu Guanosinmonophosphat (GMP) abgebaut. (Abbildung modifiziert nach BICKER, 1998)

2.3 Historischer Überblick: die Entdeckung von NO als Botenstoff

Seit Anfang der achtziger Jahre arbeiten Wissenschaftler der unterschiedlichsten Forschungsschwerpunkte an der Erforschung des Botenstoffs Stickstoffmonoxid.

Krebsforscher interessierten sich für die Metabolisierung von Nitraten und Nitriten, da diese eine Quelle für die karzinogen wirkenden Nitrosamine darstellten.

Bilanzierungstudien erbrachten Hinweise, dass der Körper eine größere Menge

(17)

dieser Stickstoffverbindungen ausscheidet, als über die Nahrung aufgenommen werden. In Folge dessen musste die Quelle dieser Verbindungen gefunden werden.

Versuche an Ratten bewiesen schnell, dass die Mikroben der Darmflora nicht die einzige Quelle der Stickstoffverbindungen sein konnten. Im Krankheitszustand, z.B.

bei Entzündungsprozessen oder unter Endotoxin-Einwirkung, erhöhte sich die Menge ausgeschiedenen Nitrats und Nitrits sogar noch. Der Verdacht, dass es sich bei der Nitrat-/Nitritquelle um Teile des Immunsystems handelte, konnte 1995 durch Bilanzierungsstudien an Mäusen mit Makrophagendefizienz bestätigt werden.

Gleichzeitig konnte gezeigt werden, dass Makrophagen unter Endotoxineinfluß zur Bildung von Nitrat und Nitrit stimuliert werden. Dies erklärt, weshalb die Bilanzierungsdifferenzen der Mäuse mit Makrophagendefekt deutlich geringer ausfielen. Zwei Jahre später gelang es, dass chemisch labile NO als primäres Syntheseprodukt dieser Zellen nachzuweisen. Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass das Stickstoffatom des NO aus einem der Guanidinostickstoffe der Aminosäure L-Arginin stammt (vgl. hierzu Abb. 3) (FÖRSTERMANN, 1994;

STAHNKE, 1998).

Unabhängig davon hatten Furchgott und Zawadzki (FURCHGOTT u. ZAWADZKI, 1980) Anfang der achtziger Jahre entdeckt, dass eine Relaxation der Blutgefäße durch Acetylcholin nicht möglich war, wenn das Endothel vorher entfernt worden war.

Der Effekt war reversibel, wenn den glatten Muskelzellen endotheliale Zellen wieder zugegeben wurden. Es wurde also vermutet, dass es sich bei der Relaxation um die Reaktion auf einen Transmitter handelte, der im Endothel bereitgestellt wird. Damit hatte das unbekannte Molekül einen ersten Namen: „endothelium-derived-relaxing- factor“ (EDRF), unter dem es auch heute noch vielfach in der Literatur zu finden ist (vgl. hierzu Abb. 2) (FÖRSTERMANN, 1994; BICKER, 2001).

Da sich EDRF als äußerst instabil und schwer zu isolieren erwies, war man auf Hinweise angewiesen. Seit über hundert Jahren ist Nitroglycerin etabliertes Therapeutikum von Angina pectoris. Sein aktiver Metabolit, der später als NO identifiziert wurde, führt zu Vasodilatation. Er wies somit Eigenschaften auf, die denen des EDRF sehr ähnlich waren.

(18)

Ende der siebziger Jahre wurde beschrieben, dass NO die lösliche Guanylatzyklase stimuliert (KATSUKI et al., 1977). Die Erhöhung des intrazellulären cGMP-Spiegels vermittelt die Relaxation der Gefäßmuskulatur. Auch EDRF erwies sich als Aktivator der sGC. Parallelen in den Eigenschaften von EDRF und NO wurden somit immer deutlicher. Die Arbeitsgruppe von Salvador Moncada kam schließlich zu dem Schluss, dass EDRF wahrscheinlich mit NO identisch ist (PALMER et al., 1987).

Unabhängig davon hatten in den siebziger Jahren Hirnforscher entdeckt, dass verschiedene Neurotransmitter im Gehirn zu Arginin-abhängigen Anstiegen der cGMP-Konzentration in Hirnzellen führten. Garthwaite und Kollegen kamen Ende der achtziger Jahre zu der Erkenntnis, dass Kulturen neonataler Cerebellumneuronen einen Stoff produzieren, dessen Wirkung auf die Gefäßspannung dem NO-Effekt sehr ähnlich ist (GARTHWAITE et al., 1988). Diese NO-Produktion aus L-Arginin konnte bald direkt demonstriert werden. Es wurde klar, dass auch Neuronen im Gehirn NO bilden können und durch unterschiedliche Faktoren dazu angeregt werden (vgl. hierzu Abb. 4) (FÖRSTERMANN, 1994; BICKER, 2001 ).

Als Höhepunkte einer steigenden Popularität des Moleküls können vor allem zwei Ereignisse genannt werden: 1992 wurde NO von der Zeitschrift Science zum

„Molekül des Jahres“ gewählt. 1998 erhielten Robert Furchgott, Ferid Murad und Louis Ignarro für die Entdeckung der Bedeutung von NO als zellulärem Signalmolekül den „Nobel-Preis für Physiologie und Medizin“. Die Existenz einer eigens gegründeten Zeitschrift - „Nitric Oxide“ - macht deutlich, wieviel Raum die Erforschung der Funktionen des Stickstoffmonoxids mittlerweile einnimmt.

Bis heute untersuchen zahlreiche Forschergruppen die vielseitigen Wirkungen des NO. Nachgewiesen ist die NO-Produktion diverser Organe in den unterschiedlichsten Lebewesen. Es wird immer deutlicher, dass das Molekül NO in physiologischen und pathologischen Regulationsvorgängen des Körpers eine bedeutende Rolle spielt.

(19)

2.4 Übersicht patho-/physiologischer NO-Wirkungen 2.4.1 Gefäßsystem

Wie bereits deutlich wurde, konnten NO-freisetzende Verbindungen schon sehr früh als therapeutische Mittel im Rahmen der Behandlung von Gefäßerkrankungen – als erstes der Angina pectoris – eingesetzt werden. Diese Wirkung basiert auf der Reaktivität der Gefäßmuskelzellen (und anderer glattmuskulärer Organe) auf den Botenstoff NO nach dessen Freisetzung durch das Gefäßendothel.

Wie in Abbildung 2 verdeutlicht, wird NO in den Endothelzellen durch die calciumabhängige eNOS produziert. Die Aktivierung der eNOS kann durch verschiedene Rezeptoragonisten (Acetylcholin, Peptide, Adenosintriphosphat (ATP) und Adenosindiphosphat (ADP) usw.), aber auch durch die Scherkräfte des fließenden Blutes beeinflusst werden.

Bereitgestelltes NO diffundiert durch die Zellmembranen und aktiviert in den glatten Muskelschichten der Media die sGC. Ein Anstieg der cGMP-Konzentration führt zu vasodilatativer Muskelrelaxation. In das Gefäßlumen abgegeben, führt NO zu einem Anstieg der cGMP-Produktion in den Thrombozyten. Es hemmt so deren Aggregation und Adhäsion an der Gefäßwand. Auch die Adhäsion von Leukozyten am Gefäßendothel sowie Muskelzellproliferation der Media werden gehemmt. Die Produktion von NO im gesunden Organismus erhält also die benötigte Gefäßspannung, wirkt antiadhäsiv und somit antithrombotisch. Es bildet einen effektiven Schutz vor Ischämie und spielt eine bedeutende Rolle in der Schutzfunktion gegen arteriosklerotische Gefäßschäden.

Neben physiologischen Wirkungen auf das Gefäßsystem basieren auch pathologische Zustände auf einer Produktion dieses Botenstoffs. Im Rahmen von Erkrankungen wie dem septischem Schock, Entzündungsprozessen und Reperfusionsverletzungen kann es durch Überproduktion von NO zu toxischen Wirkungen kommen. In arteriosklerotisch veränderten Gefäßen beispielsweise erreicht weniger endotheliales NO die Media der Gefäßwand. Die Gefäße neigen daher zu spontanen Gefäßspasmen, die wiederum die Ursache von Herzanfällen sein können. Überproduktion von NO im Rahmen septischer Schockgeschehen führt

(20)

zu akutem Kreislaufversagen aufgrund massiver Vasodilatation (FÖRSTERMANN, 1994; SCHMIDT u. WALTER, 1994)

Abb. 2: Synthese und Wirkung von NO im Gefäßsystem (modifiziert nach FÖRSTERMANN, 1994)

2.4.2 Immunsystem

Während Neuronen und Endothelzellen permanent NO-Synthase bereithalten, ist dies in Immunzellen nicht der Fall. Wie Abbildung 3 zeigt, wird die iNOS in Zellen des Immunsystems erst dann exprimiert, wenn dort aktivierende Stoffe wie z.B.

Endotoxine und Zytokine wirksam werden (FÖRSTERMANN, 1994). Innerhalb kurzer Zeit ist iNOS dann in der Lage, große Mengen an NO zu produzieren. Ihre Aktivierung ist dabei von Calcium unabhängig.

Große Mengen an NO stellen vor allem einen zelltoxischen Faktor dar (KARLSON et al., 1994, S.459). Die hohe Reaktivität des Moleküls ermöglicht ein effektives Angreifen von Tumorzellen, intrazellulären Bakterien und parasitierenden Protozoen, Pilzen und Würmern durch das Immunsystem. Für diese Zellen lebenswichtige

(21)

Enzyme werden durch NO gehemmt, oder es ruft in der Desoxyribonukleinsäure (DNA) der Zielzellen Mutationen und Strangbrüche hervor (SCHMIDT u. WALTER, 1994).

Normalerweise ist die NO-Zytotoxizität durch das Immunsystem gerichtet.

Entgleisungen der Produktion aber führen zu überhöhten NO-Konzentrationen. Die Zytotoxizitätswirkung des Botenstoffs kann dann auch Krankheitsbilder hervorrufen oder diese negativ beeinflussen. Autoimmun- sowie Immunkomplexerkrankungen gehen mit einer Ansammlung aktivierter Makrophagen in den betroffenen Geweben einher. Das von ihnen in zu hohem Maße synthetisierte NO schädigt gesunde Zellen der Umgebung. Es führt so zu chronischen Entzündungserscheinungen. Als Beispiele können Formen von Gelenkrheumatismus, chronischen Nephritiden und Vaskulitiden genannt werden (FÖRSTERMANN, 1994; STAHNKE, 1998).

Abb. 3: Synthese und Wirkung von NO in Makrophagen (modifiziert nach FÖRSTERMANN, 1994)

(22)

2.4.3 Nervensystem

Entsprechend der neuroanatomischen Einteilung können auch den NO-Wirkungen im Nervensystem zwei Bereiche zugeordnet werden – peripheres (PNS) (vgl. Abb. 4) und zentrales Nervensystem (ZNS) (vgl. Abb. 5). NO übernimmt hier jeweils unterschiedliche Funktionen.

Die meisten glattmuskulären Organe werden neben sympathischen (adrenergen) und parasympatischen (cholinergen) Nerven von sogenannten nicht-adrenergen, nicht-cholinergen Nerven (NANC) innerviert. Ein wesentlicher Neurotransmitter dieser NANC-Nerven ist NO. Die Depolarisation der Nerven führt über Ca2+-Einstrom zur NO-Produktion. Stickstoffmonoxid wirkt, anders als klassische Neurotransmitter, nicht auf einen Rezeptor seiner Zielzelle, sondern es diffundiert frei in die angrenzende glatte Muskulatur. Aktivierung der sGC und dadurch erhöhte cGMP- Spiegel bewirken eine Relaxation der Muskelzellen.

Abb. 4: Signalübertragung durch NO im PNS (modifiziert nach FÖRSTERMANN, 1994)

(23)

Die aktivitätsmodulatorische Funktion des NO im Bereich der Muskelzellen spielt in der Regulation vieler Körperfunktionen eine große Rolle. Physiologische Gastrointestinalmotorik ist NO/NANC-gesteuert, da durch peristaltische Relaxation der Darmwand ein gerichteter Transport der Nahrung gewährleistet wird. NOS- haltige NANC-Nervenfasern innervieren das Gefäßsystem und beeinflussen den Tonus der Blutgefäße (FÖRSTERMANN, 1994; RAND u. LI, 1995).

Ein Beispiel für therapeutische Beeinflussung der NO/cGMP-Kaskade ist das Medikament Sildenafil. Auch die Schwellkörper des Penis sind von einem Netzwerk NOS-haltiger Nervenfasern durchzogen. NO-vermittelte Vasodilatation gewährleistet den Zustand der Erektion (KARLSON et al., 1994, S.459). Basierend auf diesem Wissen brachte daher die Firma Pfizer vor einigen Jahren ein Therapeutikum gegen erektile Impotenz auf den Markt. Sildenafil (Viagra®) ist ein PDE (Phosphodiesterase)-Hemmer und verhindert dadurch den Abbau des über NO/sGC bereitgestellten cGMPs. Die als Nebenwirkungen des Medikaments diskutierten Dysregulationszustände des Herzkreislaufsystems lassen sich über die Potenzierung der genannten physiologischen NO-Wirkung am Gefäßsystem erklären (vgl. Kap.

2.4.1).

Auch im zentralen Nervensystem übernimmt NO Funktionen. Neurotransmitter wie beispielsweise L-Glutamat werden von den Nervenendigungen einiger präsynaptischer Nervenzellen freigesetzt. Der Neurotransmitter bindet an seinen Rezeptor (im Falle von Glutamat der N-Methyl-D-Aspartat (NMDA) -Rezeptor). Dies führt zu einem Calciumeinstrom in die postsynaptische Zelle. Die NOS produziert den Botenstoff NO. Dieser kann aufgrund seiner chemischen Eigenschaften frei durch die Zellmembran diffundieren und auf umliegende Zellen wirken. Je nach Zelltyp werden hierdurch unterschiedliche Reaktionen ermöglicht.

Die physiologischen Funktionen des gebildeten NO im Gehirn sind noch nicht geklärt. Beteiligung an Prozessen wie Synaptogenese, synaptischer Plastizität, Langzeitpotenzierung und Lernen werden diskutiert (SCHMIDT u. WALTER, 1994).

Als retrograder Botenstoff können diese Vorgänge von NO unterschiedlich beeinflusst werden (vgl. Abb. 5). Im Rahmen der Etablierung korrekter synaptischer Verbindungen und synaptischer Plastizität diffundiert NO entgegen seiner

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Ausgangsrichtung vom Produktionsort zur präsynaptischen Zelle. Je nach Hirnregion kann daraufhin mehr oder weniger Neurotransmitter freigesetzt werden. Über längere Zeiträume stärkt oder schwächt dies die Signalübertragung oder stellt einen Mechanismus der Synapsenetablierung dar. Eine Retraktion falschgeleiteter Projektionen durch die Vermittlung von NO ist ebenfalls vorstellbar (SCHMIDT u.

WALTER, 1994; GARTHWAITE u. BOULTON, 1995).

Abb. 5: Mögliche Wirkungsweise von NO im ZNS (modifiziert nach FÖRSTERMANN, 1994)

2.5 Zyklische Nukleotide: cAMP und cGMP

Nukleotide sind Phosphorsäureester der Nukleoside. Die Veresterung kann in 3’- und 5’-Stellung der Pentose erfolgen. Sie sind Bausteine der Nukleinsäuren.

Phosphorylierungen führen zu Mono-, Di- und Triphosphatverbindungen. Einige Nukleosidtriphosphate dienen in verschiedenen Stoffwechselreaktionen als energieliefernde Komponenten oder als Überträger von Phosphatresten. Die

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Monophosphate cAMP und cGMP dienen als „second messenger“ extrazellulären Signalen als intrazelluläre Botenstoffe (KARLSON et al., 1994).

Wie im vorhergehenden Abschnitt bereits dargestellt, führt eine Aktivierung der löslichen Guanylatzyklase durch den Botenstoff NO zu einem Anstieg intrazellulärer cGMP-Konzentrationen (vgl. Abb. 1 u. 9). Zyklisches AMP dagegen wird durch Adenylatzyklase aus ATP gebildet (vgl. Abb. 10). Der Abbau der zyklischen Nukleotide erfolgt über eine Hydrolyse durch spezifische Phosphodiesterasen zu azyklischen Nukleotidformen (KARLSON et al., 1994, S. 338).

Beide Nukleotide spielen als sogenannte sekundäre Botenstoffe eine zentrale Rolle in der Regulation des Zellstoffwechsels. Sie vermitteln über Interaktionen die Aktivität sekundärer Effektorenzyme. Hierzu zählen vor allem Proteinkinasen. Über eine Aktivierung dieser Enzyme werden Proteine der Zelle phosphoryliert und so biologische Wirkungen in der Zelle ausgelöst. Zum Reaktionsspektrum des cGMP zählen außerdem Phosphodiesterasen, Cyclooxygenasen und die cADP-Ribose.

Phosphodiesterasen übernehmen den Abbau zyklischer Nukleotide. Durch Hemmung oder Aktivierung dieser Enzyme kann cGMP die eigenen Konzentrationen, oder aber die des cAMP beeinflussen. Die Aktivierung der Cyclooxygenasen führt zur Synthese von Prostaglandinen, Thromboxanen und Prostazyclin. Die zyklische ADP-Ribose mobilisiert, aktiviert durch cGMP, Calcium aus internen Speichern. Änderungen der Ionenkonzentrationen können außerdem durch Modulation von Ionenkanälen zustande kommen (SCHMIDT u. WALTER, 1994; GARTHWAITE u. BOULTON, 1995).

2.6 Primärzellkultur

Die Wirkungsmechanismen zellulärer Abläufe lassen sich sowohl in vivo als auch in vitro untersuchen. In vivo-Untersuchungen bieten den Vorteil einer direkten Übertragbarkeit der Ergebnisse auf natürliche Abläufe im Organismus. Komplexe Versuchsdurchführungen sowie ethische Aspekte sprechen in vielen Fällen gegen die Durchführung von Versuchen im lebenden Organismus, solange zur Gewinnung aussagekräftiger Ergebnisse Alternativen vorhanden sind. Für

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Versuchsanordnungen, in denen Reaktionen lebender Zellen untersucht werden sollen, bietet sich die Möglichkeit derin vitro-Zellkultur.

Die Kultur von Zellen aus Wirbeltieren gewinnt in Biologie, Medizin und Biotechnologie zunehmend an Bedeutung. Sie findet Anwendung in den Bereichen der Grundlagenforschung, der Medizin und der produktionsorientierten Biotechnologie. Neben dem steigenden Bedarf an monoklonalen Antikörpern, rekombinanten Proteinen oder Wachstumsfaktoren etablieren sich mit dem „tissue engineering“ in vitro-Systeme mit Zellen und Geweben zur Untersuchung organspezifischer Funktionen. Diese können als Ersatz zum Tierversuch genutzt werden.

Neben den Permanentzelllinien, die ihren Ursprung zumeist aus schnell proliferierenden Tumorzellen genommen haben, gibt es die Möglichkeit zur Erstellung von Primärzellkulturen. Diese Zellen werden frisch aus dem Organismus gewonnen und in Kultur gebracht. Aus diesem Grund entsprechen sie in Aktivität und Funktion stärker als passagierte Permanentzelllinien dem in vivo-Zelltyp.

Untersuchungen an Primärzellkulturen erlauben daher eher eine Übertragung der Versuchsergebnisse auf die Zellpopulation in vivo. Auch Vergleiche mit Versuchsaufbauten anderer Arbeitsgruppen sind hier unabhängig von Passageanzahl und Kulturdauer möglich (MORGAN u. DARLING, 1994). Zur Erstellung von Primärzellkulturen ist die Gewinnung embryonaler Versuchtiere notwendig. Unter den Wirbeltieren stellt das Huhn, neben Ratte und Maus, eines der häufig genutzten Versuchstiere dar. Es bietet als Versuchtier Vorteile gegenüber Mammaliern. Aufgrund der Eiablage machen Haltung und Gewinnung der Embryonen keine Beeinflussung des adulten Muttertieres notwendig und sind somit tierschutzrechtlich weniger bedenklich.

Spinalganglien wurden als Zellpopulation für neurologische Versuche etabliert. Sie bieten den Vorteil einer relativ einheitlichen Zellpopulation sensorischer Neuronen.

Ihre Reaktionsweisen im Bereich des Neuritenwachstums sind aufgrund ihrer anatomischen Besonderheiten (vgl. Kap. 2.7) von Interesse. Primärzellkulturen aus Spinalganglien bieten sich daher auf der Suche nach Beeinflussungsmöglichkeiten

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des neuronalen Wachstums an. Sie wurden daher im Rahmen dieser Arbeit als Versuchszellpopulation genutzt.

2.7 Anatomische Grundlagen der Dorsalwurzelganglien

Das Rückenmark ist Teil des ZNS. Es hat eine zylindrische Struktur und verläuft im Wirbelkanal vom Foramen magma bis zur Höhe der Lumbalwirbel. Es führt auf- und absteigende Faserbündel, die die Peripherie mit dem Gehirn verbinden. Die peripheren Nerven sind dem Rückenmark in Form von rund 30 Spinalnervenpaaren zugeordnet. Sie entspringen in regelmäßigen Abständen dem Rückenmark und verlassen den Wirbelkanal durch die Zwischenwirbellöcher, die Foramina intervertebralia (LIEBMAN, 1993).

Wie aus Abbildung 6 ersichtlich treten die Spinalnerven nicht als einheitliche Nervenstränge mit dem Rückenmark in Verbindung. Sie entspringen stets mit zwei morphologisch selbständigen und funktionell verschiedenen Wurzeln: einer afferente Fasern führenden Dorsalwurzel, der radix dorsalis, und einer aus efferenten Neuronen bestehenden Ventralwurzel, der radix ventralis(NICKEL et al., 1992). Über das Dorsalhorn des Rückenmarks treten die Fasern sensibler aufsteigender Nervenzellen in das Rückenmark ein. Sie werden dort verschaltet und entweder zur Verarbeitung in entsprechende Hirnregionen geleitet oder direkt (im Rahmen eines Reflexbogens) auf efferente Fasern umgeschaltet. Diese efferenten Axone führen über das Ventralhorn motorische Fasern an die Muskulatur des Skelettsystems oder anderer Zielorgane. Ihre Zellkerne sind im Verband der grauen Substanz zu finden.

Im Gegensatz dazu liegen die Zellkörper der afferenten Fasern nicht in der grauen Substanz. Ihre Somata sind in einem dem Rückenmark vorgeschalteten Ganglion, dem Dorsalwurzelganglion (Ganglion spinale), lokalisiert (LIEBMAN, 1993; NICKEL et al., 1992). Die Fortsätze der Spinalganglienneuronen wachsen T-förmig aus dem Soma. Sie werden daher als pseudounipolar bezeichnet - ein axonaler Fortsatz liegt im Bereich des peripheren Nerven, der zweite zieht über die Dorsalwurzel in das Rückenmark (LEONHARD, 1990, S.290).

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Das Ganglion spinale ist bedeckt von einer Aussackung der Rückenmarkshäute.

Diese bilden um das Ganglion eine kollagenfaserreiche Kapsel, welche distal in das Perineurium des Spinalnerven übergeht und zahlreiche Blutgefäße führt (LEONHARD, 1990, S.289).

Abb. 6: Anatomie im Bereich der Spinalnerven und ihre Verschaltungen

Sensible Fasern (gelb/orange/rot) ziehen von ihrem Ort der Reizaufnahme (Oberflächenorgane, Skelettmuskulatur, innere Organe) zum Rückenmark. Ihre Zellkörper liegen dabei im Dorsalwurzelganglion, die Fasern enden im Dorsalhorn der grauen Substanz des Rückenmarks. Hier tritt das erste Neuron in synaptischen Kontakt mit Interneuronen (schwarz). Einige kreuzen in der Commissura alba zur kontralateralen Seite des Rückemarks und ziehen dort in Richtung Hirn (willkürliche Verschaltung). Spezielle Zweige der sensiblen Axone treten im Dorsalhorn in synaptischen Kontakt mit Interneuronen (schwarz), die weiter zum Ventralhorn ziehen. Direkter synaptischer Kontakt mit Motoneuronen, deren Axone über das Ventralhorn zur quergestreifen (blau) Muskulatur ziehen, führt zur unwillkürlichen motorischen Antwort, dem Reflex. Ebenfalls direkter synaptischer Kontakt anderer Motoneuronen (grün) und Umschaltung im Bereich der Paravertebralganglien (lila) ermöglichen unwillkürliche motorische Antwort im Bereich der Muskulatur innerer Organe. Deutlich wird der axonale Kontakt der pseudounipolaren Spinalganglienneuronen zum ZNS wie auch zum PNS.

(modifiziert nach Gary Ritchison; Quelle: http://www.biology.eku.edu/RITCHISO/301notes2b.html)

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Sinnesreize müssen über das Reizleitungssystem der afferenten Fasern erfasst und verarbeitet werden. Zur Reizaufnahme der Oberflächen- und Tiefensensibilität sind hierfür eine ganze Reihe von unterschiedlichsten Rezeptoren vorhanden. Diese können entweder in Kontakt mit dem Dendrit des ersten afferenten Neurons stehen, oder direkt an dessen Ende lokalisiert sein. Hierzu zählen unter anderem Rezeptoren zur Aufnahme der Tast- und Druck- (markhaltige Fasern), Berührungs-, Schmerz- und Temperaturempfindung (schwach ummarkte bis marklose Fasern). Sie sind vor allem in der Haut sowie den Schleimhäuten der inneren Organe und den Gelenkkapseln lokalisiert. Propriozeptoren informieren im Rahmen der Tiefensensiblität über Lage und Bewegungen des Körpers und lösen Reflexe aus.

Sie liegen in Muskeln, Sehnen und deren Bindegewebshüllen. Da es sich bei all diesen Zellen um der Definition nach afferente sensible Nervenzellen handelt, ziehen ihre axonalen Zellfortsätze über die Dorsalwurzeln in das Rückenmark, während die Zellkörper im Spinalganglion lokalisiert sind (LEONHARD, 1990; LIEBMAN, 1993).

In histologischen Schnitten der Spinalganglien fällt die unterschiedliche Größe der Zellkörper auf (LEONHARD, 1990, S.289). Größere Zellkörper werden myelinisierten Axonen und einer Mechanozeption zugeschrieben, während kleinere Zelldurchmesser leicht- bis unmyelinisierte Axone abgeben. Ihnen fallen Aufgaben der Nozizeption zu (THIPPESWAMY u. MORRIS, 2002). Neben Neuronen sind Satellitenzellen in Spinalganglien enthalten. Diese Gliazellen formen eine dünne Kapsel um die Ganglienzellkörper. Dadurch können sie die extrazelluläre Umgebung der Neuronen regulieren und mit diesen in Interaktion treten.

Wie deutlich wird, sind Spinalganglien-Neuronen spezialisierte Zellen. In Zellkultur bieten sie die Vorteile einer rein sensorischen Neuronenpopulation. Aufgrund ihrer Kontakte zu ZNS wie PNS sind sie außerdem als Versuchszellpopulation zur Erforschung neuronalen Wachstums und Regenerationsverhaltens interessant.

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2.8 Zelluläre Mechanismen der Entwicklung des Nervensystems

Die Entwicklung des Nervensystems ist das Ergebnis eines entwicklungsbiologischen Ablaufes, der die Vorgänge Proliferation, Migration, Differenzierung, Neuriteninitiation und Wachstum, Navigation, Zielerkennung, Synapsenbildung und Zelltod einschließt. Er wird äußerst präzise durch räumlich und zeitlich festgelegte molekulare Signale kontrolliert und ist Grundlage für die Ausbildung des Netzwerks Nervensystem.

Im Falle der Spinalganglien entstammen die Vorläuferzellen der Neuralleiste. Sie migrieren im Verlaufe der Embryonalentwicklung an ihren Platz lateral des zukünftigen Rückenmarks. Sie teilen sich dabei und differenzieren zu Neuronen, Glia und andere Zelltypen. Ihr endgültiger Differenzierungszustand ist entscheidend abhängig von dieser Wanderung und wird durch Wechselwirkungen mit dem umgebenden Milieu beeinflusst. Leitstrukturen in Form von Gerüstzellen (vor allem Glia) sind Grundlage einer zielgenauen Migration und unterstützen das gerichtete Auswachsen neuronaler Fortsätze.

Die zurückgelegte Wegstrecke jedes einzelnen Fortsatzes spiegelt eine Folge von Navigationsentscheidungen wieder. Diese werden getroffen von der Leitstruktur des Neuriten, dem Wachstumskegel (DICKSON, 2002). Wachstumskegel werden an der Spitze aller auswachsenden Neuriten ausgebildet, zeigen amöboide Bewegungen und nehmen unterschiedliche Formen an (KATER et al., 1988). Ihnen gemein sind fadenförmige Ausläufer, die Filopodien. Sie sind aktiv beweglich und durch Kontakte zur Oberfläche in der Lage, ihre nähere Umgebung abzutasten. Durch die filopodialen Kontakte mit molekularen Signalstoffen der Umgebung wird die Bewegungsrichtung des Wachstumskegels beeinflusst (KATER u. REHDER, 1995;

DICKSON, 2002). Bei Fortbewegung des Wachstumskegels kommt es zur stetigen Verlängerung und Stabilisierung des Neuriten durch Elemente des Zytoskeletts. Da Calcium offenbar die Motilität des Wachstumskegels beeinflusst, wird angenommen, dass viele der molekularen Leitsignale durch Änderung der intrazellulären Calcium-

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Konzentration auf das Verhalten der Wachstumskegel einwirken (KATER et al., 1988; KATER u. REHDER, 1995).

Die zur Wegfindung genutzten molekularen Wegweiser können in zwei Klassen geteilt werden. Man unterscheidet fixe und diffusible Leitsignale. Moleküle, die auf der Zelloberfläche oder in der extrazellulären Matrix gebunden sind, stellen fixe Leitsignale dar. Sie haben abstoßende oder anziehende Wirkung und wirken nur auf kurze Distanz, da ihr Einfluss kontaktabhängig ist. Diffusible Leitsignale dagegen werden von Zielzellen abgegeben und können dadurch über größere Distanzen wirken. Auch sie haben anziehende oder abstoßende Wirkung (GOODMAN, 1990;

DICKSON, 2002).

Als Beispiele für Substrat-gebundene und diffundierende molekulare Führungswegweiser können unter anderem Netrine, Slits, Laminine, Semaphorine, Ephrine und MAG (Myelin-assoziiertes Glycoprotein) genannt werden. Die Wirkung dieser nieder- oder höhermolekularen Proteine werden über spezifische Rezeptoren vermittelt (GOODMAN, 1990; DICKSON, 2002). Ein bestimmtes Leitprotein ist dabei nicht entweder anziehend oder abstoßend, sondern übernimmt multifunktionale Aufgaben. Dieser Vorgang lässt sich über eine De- und Resensibilisierung der Zellen auf diese Stoffe erklären und ist vor allem in Bereichen sinnvoll, in denen axonale Fortsätze z.B. eine Mittellinie kreuzen. Während die Neuriten erst auf diese zuwachsen müssen, sind nachfolgend abstoßende Signale notwendig, um ein Entfernen von der Mittellinie möglich zu machen. Beispiele hierfür sind unter anderem das chiasma opticum oder kommissurale Neuronen im Bereich des ZNS (GOODMAN, 1990; TESSIER-LAVIGNE u. GOODMAN, 1996; DICKSON, 2002).

Axonales Wachstum ist also charakterisiert durch mindestens zwei Arten von Verhalten: einfaches lineares Wachstum entlang sogenannter „highways“, unterbrochen von komplexen Entscheidungsvorgängen an Abzweigungspunkten (TESSIER-LAVIGNE u. GOODMAN, 1996).

Nach Erreichen des Zielfeldes werden Wachstumskegel in Synapsen umgeformt. Im Verlaufe der Synaptogenese erkennt der Wachstumskegel, dass er sein Ziel erreicht hat. Umbauprozesse des Zytoskeletts und der Membranen führen zu Eigenschaften

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prä- (bzw. post-) synaptischer Endigungen. Hierzu zählen vor allem die Sekretion synaptischer Vesikel und die Induktion verschiedenster Rezeptorstrukturen. Einer Überproduktion wird im folgenden durch gezielte Elimination überzähliger oder falschgeleiteter Synapsen begegnet. Dies garantiert eine ausreichende und korrekte Verknüpfung. Der Wiederabbau von Synapsen, kompletten neuronalen Fortsätzen oder terminalen Endverzweigungen und ganzen Zellgruppen ist ein wichtiger Vorgang der Entwicklung des Nervensystems. Ganze Projektionsbahnen im embryonalen ZNS werden transient angelegt und später wieder abgebaut.

Als Möglichkeiten des Abbaus überzähliger Verbindungsstrukturen angesehen werden die Retraktion der Neuriten bei Erhalt des Neurons oder die Apoptose der gesamten Zelle. Der „entwicklungsbedingte Zelltod“ kommt sowohl im ZNS wie auch im peripheren Nervensystem vor und kann bis zu 75% einzelner Neuronenpopulationen betreffen (CARR u. SIMPSON, 1978; HAMBURGER et al., 1981). Der Tod der Zellen kann dabei durch intrinsische Faktoren oder aber Zell-Zell- Interaktionen vermittelt werden. Zu diesen zählt vor allem der entwicklungsbedingte Zelltod von Neuronen im Konkurrenzkampf um die Innervierung von Zielfeldern.

Dieser Vorgang basiert unter anderem auf einem Wettbewerb der Zellen um neurotrophe Faktoren des peripheren Zielgewebes („neurotrophe Hypothese“) (HAMBURGER et al., 1981).

Das sich entwickelnde Nervensystem ist also eine besonders plastische Struktur.

Diese Plastizität basiert auf einem Gleichgewicht von Neurogenese und Apoptose, Neuritenwachstum und –retraktion, Auf- und Abbau neuronaler Projektionen. Es ist eine wichtige Erkenntnis, dass viele der Vorgänge, die während der Entwicklung ablaufen, im adulten Lebewesen weiter wirksam sind. Dies ist unter normalen wie regenerativen Verhältnissen der Fall. Genaue Kenntnis der Abläufe und ihrer Beeinflussungsmöglichkeiten erhöhen das Verständnis für pathophysiologische Vorgänge.

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2.9 Entwicklungsregulierte NOS-Expression in Spinalganglien

Die Expression der NO-Synthase wurde in neuronalen Organsystemen diverser Tiere nachgewiesen. Sie ist sowohl im embryonalen wie auch im adulten Tier vorhanden und zeigt entwicklungsabhängige Veränderungen. Dies wird als Evidenz für eine Funktion von NO im Nervensystem gewertet.

In Evertebraten konnten Enzyme der NO-Kaskade während der neuronalen Embryonalentwicklung in diversen Spezies nachgewiesen werden. Hierzu zählen beispielsweise die Heuschrecke, Drosophila und die Honigbiene (TRUMAN et al., 1996; GIBBS u. TRUMAN, 1998; WILDEMANN u. BICKER, 1999; SEIDEL u.

BICKER, 2000; BICKER 2001; HAASE u. BICKER, 2003).

Auch in Vertebraten erwiesen sich neuronale Systeme als Expressionsort für NOS.

Embyonales und postnatales Hirngewebe (BREDT u. SNYDER, 1994) sowie das embryonale Rückenmark (WETTS et al., 1995) zeigen NADPH-Diaphorase (NADPHd) -Reaktivität. Auch im olfaktorischen Epithel der Ratte (BREDT u.

SNYDER, 1994; SCHMACHTENBERG et al., 2001) und dem visuellen System von Huhn und Frettchen spielt NO eine Rolle (IENTILE et al., 1996; CRAMER et al., 1998). Hinweise auf NOS-Expression bestehen außerdem in embryonalen und adulten Dorsalwurzelganglien sowie anderen sensorischen Ganglien von Huhn und Ratte (WETTS u. VAUGHN, 1993; BREDT u. SNYDER, 1994; WARD et al., 1994).

Spinalganglien wurden auf ihre NOS-Expression vor allem an Huhn und Ratte untersucht. Es fallen dabei zwei unterschiedliche Ausprägungsmuster auf. Während der Embryonalentwicklung wird NO-Synthase bei Huhn und Ratte in allen Neuronen der Spinalganglien exprimiert. Hierfür wurden Embryonalstadien des Huhnes im Alter von E10 (WARD et al., 1994) sowie Ratten der Altersstufe E12 bis E15 untersucht (WETTS u. VAUGHN, 1993; BREDT u. SNYDER, 1994). Die Neuronen dieser Alterstufen erwiesen sich insgesamt NADPH-Diaphorase-positiv, während nicht- neuronale Zellen keine Reaktivität zeigten.

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In Spinalganglien adulten Ratten dagegen werden NO-Synthase-positive Neuronen in der relativ geringen Dichte von weniger als 5% gefunden (BREDT u. SNYDER, 1994).

Ein ähnliches Bild lässt sich in den Spinalganglien adulter Hühner nachweisen. Auch hier zeigen sich nur rund 3% der Neuronen deutlich NOS-positiv, ca. 9% zeigen eine schwache NOS-Färbung. Der Rest der Neuronen ist nicht NADPHd-gefärbt (WARD et al., 1994).

Es kommt also im Verlaufe der Embryonalentwicklung der Spinalganglien zu einer Abnahme der NADPHd-Reaktivität. Die zeitliche Dynamik ist für die Ratte spezieller untersucht. Während in der Alterstufe E12 die Neuronen von Ratten-Spinalganglien noch zu 100% anfärbbar sind, halbiert sich die Anzahl NOS-positiver Neuronen bis E15. Drei Tage postnatum (P3) sind nur noch 20% der Zellen, im adulten Stadium 1% NADPHd-positiv. Die verbleibende NOS-Reaktivität beschränkt sich dabei auf die Population kleiner Ganglienzellen (BREDT u. SNYDER, 1994).

Einer ähnlichen zeitlichen Dynamik unterliegen weitere Teile des sich entwickelnden Nervensystems. Hinweise auf eine transiente NOS-Expression konnten in anderen sensorischen Neuronen, der cerebralen Corticalplatte sowie im olfaktorischen Epithel gefunden werden (BREDT u. SNYDER, 1994). Eine hohe NOS-Expression während der Embryonalentwicklung wird dabei als Evidenz für eine Funktion von NO in diesem Zeitraum gewertet. Die Expression verschwindet vielfach postnatum.

NOS-Expressionsmuster in Spinalganglien des Huhnes sind bis dato nur lückenhaft untersucht. Parallelen zu den Ergebnissen in der Ratte werden als Hinweis für einen ähnlichen Expressionsverlauf gewertet. Diese Hypothese soll im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersucht werden.

2.10 NO/cGMP - Wirkungen auf das Neuritenwachstum

Wie in Kapitel 2.8 dargestellt, ist die Entwicklung des Nervensystems das Ergebnis einer Reihe zellulärer Prozesse. Als Einflussfaktoren wurden bereits eine ganze Reihe von Stoffen ermittelt. NO und zyklische Nukleotide gehören dazu.

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Ein neuer Aspekt der zellulären Kommunikation während der Bildung des Nervensystems ist die Beteiligung des Botenstoffs NO. Die beschriebene dynamische Regulation der NOS während der Entwicklung und Regeneration des Nervensystems hat, wie bereits erwähnt, zu der Annahme geführt, dass NO- Funktionen in Entwicklungsprozessen eine Rolle spielen. Unterschiedlichste Aufgaben des NO sind während dieser Vorgänge denkbar und wurden in den letzten Jahren verstärkt untersucht.

Stickstoffmonoxid übernimmt Aufgaben im Rahmen neuronaler Differenzierung (PEUNOVA u. ENIKOLOPOV, 1995) und Zellmigration (HAASE u. BICKER, 2003).

Neuriteninitiation (PEUNOVA u. ENIKOLOPOV, 1995) und Neuritenwachstum (HINDLEY et al., 1997; VAN WAGENEN u. REHDER, 1999; VAN WAGENEN et al., 1999; RIALAS et al., 2000; TRIMM u. REHDER, 2004) sind ebenfalls NO-abhängig.

Die Ausbildung neuronaler Synapsen (GIBBS u. TRUMAN, 1998) und synaptische Plastizität (GALLY et al., 1990; O’DELL, 1991; ARANCIO et al., 1996) werden durch den Botenstoff beeinflusst. Eine neuroprotektive Wirkung wird ebenfalls diskutiert (THIPPESWAMY u. MORRIS, 1997; THIPPESWAMY u. MORRIS, 2002).

In der vorliegenden Arbeit soll die Wirkung von NO auf das Neuritenwachstum untersucht werden. Regulationsmechanismen sind vor allem in Bezug auf die Regeneration neuronaler Läsionen von großem Interesse.

Seit einigen Jahren gibt es Hinweise, dass NO zu einem Kollaps der Wachstumskegel und einer Retraktion der Neuriten führt (HESS et al., 1993;

RENTERIA u. CONSTANTINE-PATON, 1995; ERNST et al., 2000; HE et al., 2003).

Die Wirkung an Zellkulturen aus Spinalganglienneuronen der Ratte ist mit Hilfe des NO-Donors SIN-1 untersucht worden (HESS et al., 1993). Kollapsaktivität wurde dann an Kaulquappenneuronen des optischen Nervs mit weiteren NO-Donoren bestätigt (RENTERIA u. CONSTANTINE-PATON, 1995). Als Reaktion auf alle untersuchten NO-Donoren (SNP, SNOC, SNAP) konnte ein Kollaps des Wachstumskegels innerhalb weniger Minuten festgestellt werden. Dies führte auch zu einer Reduzierung der Neuritenlänge. Der Effekt erwies sich als reversibel und nicht cGMP-abhängig. Er resultiert also nicht aus einer Aktivierung der löslichen Guanylatzyklase, einem der wichtigesten Zielenzyme des NO (vgl. Abb. 1). Auch

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Neuronen aus Spinalganglien reagieren auf die Gabe von NO (SIN-1, NOC-5, NOC- 7). Quantitative Neuritenanalyse ergab die Retraktion eines Großteils der Neuriten (ERNST et al., 2000; HE et al., 2002).

Diese Ergebnisse weisen auf eine Neuritenretraktion unter NO-Einwirkung hin.

Vorstellbar wäre eine solche Funktion im Rahmen der Verfeinerung und Eliminierung neuronaler Projektionen.

Neben einer Verkürzung von Neuriten durch den Botenstoff NO weisen andere Arbeitsgruppen gegenteilige Wirkungen nach. Da viele der entdeckten NO-Effekte während des Zeitraums von Weg- und Zielfindung auftreten, und hierbei der Wachstumskegel als hochsensibles Leitorgan eine wichtige Rolle spielt, gingen van Wagenen und Reeder einer anderen Hypothese in Bezug auf NO-Wirkung nach (VAN WAGENEN u. REHDER, 1999, VAN WAGENEN et al., 1999). Sie untersuchten die direkte Wirkung auf den Wachstumskegel und nutzen hierfür identifizierte B5 Neuronen der Schnecke Helisoma trivolvis. Diese zeigen unter NO eine schnelle und transiente Verlängerung der Filopodien an der Spitze des Wachstumskegels, während sich gleichzeitig die Gesamtzahl der Filopodien verringert (VAN WAGENEN u. REHDER, 1999). Diese Effekte basieren auf verschiedenen Veränderungen in der filopodialen Dynamik. Es zeigt sich eine Zunahme in Anzahl und Motilität sich verlängernder Filopodien, während eine geringere Neubildungsrate beobachtet werden kann (VAN WAGENEN et al., 1999).

Vorhandene Filopodien der Wachstumskegelspitze zeigen also erhöhte Aktivität und damit verstärkte Kontaktaufnahme zur Umgebung. Die Verarbeitung exogener Leitsignale wird damit ermöglicht. Die filopodiale Reaktion der B5-Neuronen wird durch die lösliche Guanylatzyklase vermittelt und ist somit cGMP-abhängig (VAN WAGENEN u. REHDER, 1999).

Neben erhöhter Aktivität von Filopodien und Wachstumskegeln, kann in PC12- Zelllinien sowie Hippocampusneuronen der embryonalen Maus zusätzlich eine Neuritenverlängerung beobachtet werden (HINDLEY et al., 1997; RIALAS et al., 2000). Im Falle der PC-12-Zelllinie kann durch NGF (Nervenwachstumsfaktor)- bzw.

Laminin ausgelöstes verstärktes Wachstumsverhalten beobachtet werden. Wie gezeigt werden konnte, ist dies NO-vermittelt.

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NO kann also nicht nur zu einer Neuritenretraktion, sondern auch zu einem Auswachsen neuronaler Fortsätze führen. Inwieweit es sich bei diesen Beobachtungen um sich widersprechende Literaturdaten handelt, ist bislang unklar.

In der aktuellen Arbeit von TRIMM und REHDER (2004) wird die Hypothese eines konzentrationsabhängigen Verhaltens der Neuronen im Verlauf einer Optimumkurve diskutiert. Diese geht davon aus, dass es sich bei der gemessenen Neuritenretraktion um ein nicht zell-spezifisches Verhalten handelt. Zytotoxizität der gewählten Donoren oder freigesetzter NO-Konzentrationen sind vorstellbar (TRIMM u. REHDER, 2004). Eine vergleichende Betrachtung der in dieser Arbeit diskutierten Literatur stützt diese These. Auch hier wurde der Neuritenkollaps unter vornehmlich höheren Donor-Konzentrationen beobachtet (HESS et al., 1993; RENTERIA u.

CONSTANTINE-PATON, 1995; ERNST et al., 2000; HE et al., 2003), während Wachstum unter niedrigeren Konzentrationen messbar war (HINDLEY et al., 1997).

Verglichen werden können hier allerdings lediglich Donor-Konzentrationen.

Messungen der durch diese freigesetzten NO-Konzentrationen liegen bislang nur für SNP vor (SCHMACHTENBERG u. BACIGALUPO, 2000). Rückschlüsse zur Reaktionsweise der Zellen auf definierte NO-Konzentrationen erweisen sich auch aufgrund der unterschiedlichen genutzten NO-Donoren als schwierig. Auch sollte bedacht werden, dass die Untersuchungen an Zellen unterschiedlicher Versuchstiere und neuronaler Gewebe durchgeführt wurden. Welche Reaktionsweise neuronale Fortsätze auf den Transmitter NO zeigen und von welchen Faktoren sich die Reaktionsweise abhängig zeigt, ist daher bislang offen.

Zur Ausbildung eines neuronalen Fortsatzes ist neben seinem Längenwachstum die Neuriteninitiation notwendig. Es gibt Hinweise, dass auch dieser Vorgang durch NO beeinflussbar ist. In der PC12-Zellinie kann durch NGF-Zugabe eine Differenzierung der Neuronen in der Zellkultur hervorgerufen werden. Dies äußert sich u.a. in einer erhöhten Neuriteninitiationsrate (PEUNOVA u. ENIKOLOPOV, 1995). NGF induziert die Expression von NOS. Wird diese in Zellkultur inhibiert, bewirkt das eine Reduktion der Initiationsrate. Die durch NGF ausgelöste neuronale Differenzierung und Neuriteninitiation in PC12-Zellen ist also NO-vermittelt (PEUNOVA u.

ENIKOLOPOV, 1995).

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Während in den zuvor genannten Versuchen auf die endogene NO-Produktion zurückgegriffen wurde, kann eine erhöhte Initiationsrate auch durch exogene NO- Applikation erreicht werden. Dies konnte sowohl in der PC12-Zelllinie, als auch in Hippocampusneuronen embryonaler Mäuse gezeigt werden. Ein verstärktes Auswachsen ist die Folge (HINDLEY et al., 1997). Geringe Mengen der NO-Donoren SN bzw. SNP führen über einen Inkubationszeitraum von 48h zu einer Verdopplung der Anzahl neuritenpositiver Zellen. Der Vorgang an PC12-Zellen ist dabei sGC/cGMP-abhängig. Auch Laminin-induziertes Neuritenwachstum der PC12- Zellinie ist NO-abhängig. Setzt man die Zellen Laminin aus, ist NO-Produktion zu messen. Diese führt zu erhöhtem Neuritenwachstum, welches durch NOS-Inhibitoren unterbunden werden kann (RIALAS et al., 2000).

In Bezug auf das Neuritenwachstum wurden also bis dato drei unterschiedliche Wirkungsweisen des Botenstoffs NO deutlich:

1) Wachstumskegelkollaps und Neuritenretraktion, so dass NO eine Rolle spielen könnte in der Elimination fälschlich angelegter axonaler Projektionen unter Umgehung des neuronalen Todes,

2) erhöhte filopodiale Aktivität zur Unterstützung der Wegfindungsvorgänge während Entwicklungs- (und Regenerationsprozessen ?) und

3) NO als Differenzierungsfaktor und zur Initiation neuronaler Fortsätze.

Ob und welche der genannten Wirkungsweisen eine physiologische Rolle spielen bleibt weiterhin offen.

In Spinalganglienneuronen des Huhnes führt NO zu Neuritenretraktion (Ernst et al., 2000; He et al., 2002). Zur Verifizierung der Aussage, dass es sich hierbei nicht um eine unspezifische Reaktion auf toxische Nebenprodukte der NO-Donoren handelt, werden im Rahmen dieser Arbeit weiterführende Untersuchungen gemacht. Des weiteren soll geklärt werden, ob NO-abhängige Neuritenretraktion über die Vermittlung von sGC/cGMP zustande kommt.

Die Wirkung von NO auf die Neuriteninitiationsrate ist bislang erst in PC12-Zelllinien und Hippocampusneuronen nachgewiesen. Inwieweit auch die Initiation sensorischer

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Neurite aus Spinalganglienneuronen des Huhnes NO-abhängig ist, wird in dieser Arbeit ebenfalls untersucht.

2.11 cAMP - Wirkungen auf das Neuritenwachstum

Wie bereits dargestellt, spielt cGMP als zyklisches Nukleotid im Rahmen der NO/cGMP-Kaskade eine Rolle in der Beeinflussung des Neuritenwachstums. Auch cAMP kann dieses nachhaltig beeinflussen.

GUNDERSEN und BARRETT(1980) zeigten erstmals, dass Neuronen einer cAMP- Quelle entgegenwachsen. Hierauf basiert das Wissen, dass zyklische Nukleotide das Wachstum neuronaler Fortsätze beeinflussen können. Sie wirken entweder als anziehendes oder abstoßendes Leitsignal (GUNDERSEN u. BARRETT, 1980;

LOHOF et al., 1992). Auch die Änderung einer durch ein anderes Leitsignal vorgegebene Richtung ist möglich - aus anziehender Wirkung wird abstoßende, aus abstoßender wird anziehende (SONG et al., 1997; SONG et al., 1998). Die anziehende Wirkung durch den brain-derived-neurotropic-factor (BDNF) und Acetylcholin kann durch Erhöhung der cAMP-Spiegel im Wachstumskegel oder Proteinkinase A (PKA) -Block in Abstoßung umgewandelt werden (SONG et al., 1997). Im Gegensatz dazu werden Sema-III-induzierte Abstoßung und Neuritenkollaps durch cGMP in Anziehung umgewandelt (SONG et al., 1998). Das Verhältnis von cAMP zu cGMP beeinflusst die Polarität Netrin-1-regulierter axonaler Wegfindung in Xenopus. Während hohe Aktivitäten zu Anziehung führen, bewirken niedrige eine Abstoßung. (NISHIYAMA et al., 2003).

Zyklische Nukleotide spielen also eine bedeutende Rolle in der Navigation der Neuriten durch ihr Umgebungsgewebe. Sie ermöglichen gegensätzliche, situationsadaptierte Reaktionen auf dieselben Führungswegweiser. Die Fähigkeit zu diesem Reaktionswechsel macht es Neuronen beispielsweise möglich, die Mittellinie zu überqueren. Während Netrin-1, produziert durch Zellen an der Basis des sich entwickelnden Rückenmarks, selektiv kommissurale Neuronen in Richtung der

„Grundplatte“ anlockt, werden diese nach Passieren der Mittellinie durch Netrin-1 wieder abgestoßen und wachsen in anteriore Richtung (CARONI, 1998).

(40)

Als Beispiele für Substrat-gebundene und diffundierende molekulare Führungswegweiser wurden bereits Netrine, Slits, Laminine, Semaphorine, Ephrine und MAG (Myelin-assoziiertes Glycoprotein) genannt (vgl. Kap. 2.8). MAG bildet eines der Hindernisse, die im adulten ZNS als regenerationsverhindernde Faktoren gelten. MAG wirkt abstoßend auf auswachsende Neuronen, so dass diesen ein Durchwachsen von Läsionen nicht möglich ist. Auch im peripheren Nervensystem ist MAG vorhanden, jedoch gelingt dem Nervensystem hier eine strukturelle Regeneration (FOURNIER u. STRITTMATTER, 2001). Wie bereits dargestellt, ist in vielen Fällen durch eine Änderung der Konzentration zyklischer Nukleotide eine Modulation der Reaktion auf einen molekularen Signalstoff möglich. Wie herausgefunden wurde, ermöglichen präkonditionierende periphere Läsionen im Rahmen von Versuchsanordnungen regeneratives Wachstum auch im zentralen Nervensystem (LANKFORD et al., 1998; NEUMANN u. WOOLF, 1999; NEUMANN et al., 2002). Wird dem zentralen Ast des Spinalganglions eine Verletzung zugefügt, ist keinerlei Regeneration zu beobachten. Wird dagegen der periphere Ast des Spinalganglions einige Tage vor einer zentralen Läsion verletzt, ist neben peripherer auch die zentrale Regeneration möglich. Dieser Effekt basiert auf einer Steigerung der intrazellulären cAMP-Spiegel (CAI et al., 2001; NEUMANN et al., 2002; QIU et al., 2002). Der regenerationsverhindernde, abstoßende Effekt von MAG wird hierdurch in einen anziehenden umgewandelt (SONG et al., 1998). Dies ermöglicht ein Durchwachsen der Läsion. Eine Erhöhung der cAMP-Konzentration kann im adulten Tier nur noch durch periphere Läsion (LANKFORD et al., 1998; NEUMANN u. WOOLF, 1999; NEUMANN et al., 2002) oder exogene cAMP-Zugabe erreicht werden (NEUMANN et al., 2002).

Es ist anzunehmen, dass auch das Wachstum der Spinalganglienneuronen im Rahmen der Embryonalentwicklung auf erhöhten cAMP-Spiegeln basiert. Während der Embryonalentwicklung sind Neuriten in der Lage, zentrales und peripheres Nervengewebe zu passieren. Erhöhte cAMP-Spiegel können in embryonalen Spinalganglienneuronen nachgewiesen werden (WEILL, 1986). Ob diese die Fähigkeit zu ungehemmter Entwicklung vermitteln, ist bislang nicht klar. Mit einem Wechsel um den Geburtszeitraum sinkt die cAMP-Konzentration (CAI et al., 2001).

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Zu diesem Zeitraum wird auch der Wechsel der Zellreaktivität auf den Wachstumshemmer MAG beobachtet. Regenerationsfähigkeit verbleibt lediglich im peripheren Nervensystem (FOURNIER u. STRITTMATTER, 2001). Im adulten Tier ist der für das ZNS zur Überwindung der MAG-Effekte notwendige cAMP-Anstieg dann nur noch unter Versuchbedingungen möglich.

Neben der Überwindung der Effekte inhibitorischer Faktoren ist cAMP für einen weiteren Schlüsselmechanismus regenerativer Vorgänge verantwortlich: Es erhöht die intrinsische Wachstumskapazität der Neuronen. Spinalganglienneuronen aus adulten Ratten, die 1 bis 2 Wochen nach peripherer Läsion gewonnen werden, zeigen in Zellkultur ein deutlich ausgeprägteres Neuritenwachstum (LANKFORD et al., 1998, NEUMANN u. WOOLF, 1999; QIU et al., 2002). Dies manifestiert sich neben dem Neuritenwachstum in früherer Initiation der Neuriten und reduzierter Verzweigungsfrequenz (LANKFORD et al., 1998). Auch diese Effekte basieren auf erhöhten cAMP-Spiegeln. Verstärktes Wachstums kann daher ebenfalls ausgelöst werden durch Zugabe exogener cAMP-Quellen. Dies kann entweder in die Zellkultur selber (JOHNSON et al.,1988; CHIJIWA et al., 1990, QIU et al., 2002; NEUMANN et al., 2002) oder per injectionem in das Spinalganglion in vivo erfolgen (QIU et al., 2002; NEUMANN et al., 2002).

Untersuchungen zu cAMP-Wirkungen des Neuritenwachstums wurden bisher vornehmlich an adulten Ratten unterschiedlicher Altersstufen und der PC12-Zellinie durchgeführt. Ob auch sensorische Neuronen der Spezies Huhn verstärktes Neuritenwachstum unter cAMP zeigen, wird im Rahmen der von mir durchgeführten Neuritenlängenanalyse ermittelt.

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2.12 Zielsetzung

Gesamtziel dieser Arbeit ist es, das Neuritenwachstum von Spinalganglienneuronen des embryonalen Huhnes unter Einfluss des Botenstoffs NO und nachgeschalteter Signaltransduktionswege, die durch zyklische Nukleotide vermittelt werden, zu untersuchen. Dafür geplante Teilschritte sind wie folgt:

Ein histochemischer Marker für das Enzym NOS ist die NADPH-Diaphorase. Für die Untersuchung der Zellen auf NO-Reaktivität ist es notwendig ein Embryonalstadium des Huhnes zu wählen, in dem NOS exprimiert wird. Eine Entwicklungsabhängigkeit der NADPH-Diaphorasereaktion in Spinalganglien konnte in der Ratte bereits gezeigt werden (BREDT u. SNYDER, 1994; WETTS u. VAUGHN, 1993). Hinweise darauf, dass die Spinalganglien des embryonalen Huhnes ähnliche Ausprägungsmuster wie in der Ratte zeigen, liegen vor (WARD et al., 1994). Die Ausprägung der NOS- Expression über den gesamten Embryonalzeitraum des Huhnes soll daher genauer untersucht werden.

Wirkungen der NO/cGMP-Kaskade auf das Neuritenwachstum konnten bereits nachgewiesen werden. Die Ergebnisse präsentieren sich heterogen. Neben Wachstumskegelkollaps und Neuritenretraktion (ERNST et al., 2000; HE et al., 2003;

HESS et al., 1993; RENTERIA u. CONSTANTINE-PATON, 1995; TRIMM u.

REHDER, 2004), konnten auch eine Erhöhung der filopodialen Motilität (VAN WAGENEN u. REHDER, 1999; VAN WAGENEN et al., 1999; TRIMM u. REHDER, 2004) und der Wachstumsrate (HINDLEY et al., 1997; PEUNOVA u. ENIKOLOPOV, 1995) beschrieben werden. Es ist daher beabsichtigt, die NO-Wirkung an embryonalen Spinalganglienneuronen zu untersuchen und mit bereits vorliegenden Ergebnissen zu vergleichen (ERNST et al., 2000; HE et al., 2003). Hierbei soll der NO-Donor SNP verwendet werden. Dieser bietet die Möglichkeit einer Inaktivierung des Stoffes. Die Interpretation der Versuchsergebnisse wird dadurch unabhängiger von Nebenprodukten des Donors. Eventuell NO-vermittelte Wirkungen sollen auf ihre cGMP-Abhängigkeit überprüft werden.

Eine Vielzahl von Untersuchungen spricht für eine Zunahme des Neuritenwachstums unter intrazellulärer cAMP-Erhöhung (JOHNSON et al., 1988; CHIJIWA et al., 1990;

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LOHOF et al., 1992; NEUMANN et al., 2002). Die Untersuchungen wurden dabei bisher vornehmlich an Rückenmark und Spinalganglien embryonaler und adulter Ratten und der PC12-Zellinie ermittelt. Welchen Effekt cAMP auf Spinalganglienneuronen des embryonalen Huhnes hat, soll im Rahmen der von mir durchgeführten Neuritenlängenanalyse ermittelt werden.

Neben dem Vorgang des Neuritenwachstums spielt auch die Neuriteninitiation eine bedeutende Rolle in der Ausprägung neuronaler Fortsätze. In PC12-Zelllinien und Hippocampusneuronen der Maus hat sich neben der Neuritenelongation auch der Vorgang der Neuriteninitiation NO-abhängig gezeigt (PEUNOVA u. ENIKOLOPOV, 1995; HINDLEY et al., 1997). Die Neuriteninitiation in Spinalganglien wird in ihrer Abhängigkeit auf den Botenstoff NO ebenfalls untersucht.

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3 Material und Methoden

Bezugsnachweise der Materialien sowie die Herstellung der Lösungen und Beschichtungen sind den Kapiteln 3.8 sowie 3.9 zu entnehmen.

3.1 Versuchstiere

Zur Gewinnung von Hühnerembryonen der unterschiedlichen Altersstufen wurden befruchtete SPF (spezifisch pathogenfreie) -Eier in den Brutschrank verbracht. Die Bebrütung erfolgte bei 37,7°C, 51%iger Luftfeuchtigkeit und automatischem, täglich zwölfmaligem Wenden.

Die Eier wurden am Tag 1 morgens in den Brutschrank verbracht und zum je nach Alterstufe benötigten Tag x am Vormittag entnommen. Die Bezeichnung der Embryonen zur Verdeutlichung der Alterstufe erfolgt im Weiteren wie in der Literatur üblich als „E x“. Die zur Herstellung der Zellkulturen verwendeten Embryonen im Alter von 13 Bebrütungstagen (E13) entsprachen den Entwicklungsstadien 37 bis 39 nach HAMBURGER und HAMILTON (1951).

3.2 Sterilität

Alle Instrumente zur Präparation sowie die Arbeitsflächen wurden mit 70%igem Ethanol desinfiziert. Die Eier wurden am stumpfen Pol mit Ethanol übergossen und nachfolgend von dort geöffnet.

Bei den verwendeten Kulturschalen sowie Eppendorfgefäßen handelte es sich um steril verpackte Einmalartikel. Alle nicht steril gelieferten Gegenstände wurden autoklaviert bzw. sterilisiert. Das Nährmedium wurde über den Hersteller steril angeliefert, sonstig verwendete Reagenzien vor Gebrauch sterilfiltriert. Für die Messungen genutzten Rasterdeckgläschen wurden in Natriumhypochlorid-Lösung gereinigt, nachfolgend mit Aqua destillata (Aqua dest.) gespült, luftgetrocknet und sterilisiert.

Alle Arbeiten nach Gewinnung der Ganglien fanden unter Sterilbankbedingungen bei laminarem Luftstrom statt.

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3.3 Präparation

Präparation und Aufbereitung der Spinalganglien wurden modifiziert durchgeführt nach SONDEREGGER et al. (1984).

Das verwendete Leibovitz (L15)-Medium enthielt in allen Versuchsschritten 1%

Penicillin/Streptomycin. Zur Erstellung von Zellkulturen wurde nach Abnahme der enzymatischen Dissoziationslösung das verwendete L15 außerdem mit 10% fetalem Kälberserum versetzt.

Die Gewinnung der Embryonen erfolgte durch Eröffnung der Eischale am stumpfen Pol. Nach Öffnung der Eihäute konnte der Embryo der Amnionhülle mit einer Pinzette entnommen werden. Nach Dekapitation der Tiere wurden die Torsi in einer mit Sylgard® beschichteten Kulturschale in Rückenlage fixiert und in der Medianen eröffnet. Die Präparation erfolgte in L15-Medium. Der Eingeweidesack wurde cranial des Herzens ergriffen und durch Zug nach caudal entfernt. Anschließend wurde die Wirbelsäule von umgebendem Gewebe freipräpariert. Die in der Tiefe lateral der Wirbelsäule liegenden Ganglien konnten einzeln gewonnen werden. In einer Petrischale wurden sie von zu- und abgehenden Nervensträngen befreit und in L15 gesammelt.

Für die NADPH-Diaphorasefärbung wurden die Ganglien im Ganzen weiterbehandelt. Zur Erstellung von Zellkulturen schloss sich der Präparation ein Dissoziationsvorgang der Ganglien an (vgl. Kap. 3.5.2).

3.4 Visualisierung embryonaler NADPH-Diaphorase in Spinalganglien

3.4.1 Anfertigung von Gefrierschnitten

Die Durchführung erfolgte in sechs Versuchsreihen mit Ganglien aus jeweils drei bis fünf Embryonen der entsprechenden Alterstufen. Untersucht wurden die Alterstufen E9, E11, E13 sowie E15, in 3 Versuchsreihen auch E7 und E18.

Nach einstündiger Fixation der Ganglien (im Falle der Alterstufe E7 eines Rückenmarksabschnittes) in 4%igem Paraformaldehyd auf Eis wurden diese

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