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Archiv "Virale Hepatitiden" (04.04.1991)

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Abbildung 1: Serologisches Befundmuster der Hepatitis A-Infektion

gegen sie gerichteten Antikörper durch immunologische Testverfah- ren unter Verwendung monoklona- ler Antikörper. So gelingt es heute aufgrund des Nachweises einer Viel- zahl von Markern, die virusinduzier- ten Verlaufsformen der akuten und chronischen Hepatitis zu differenzie- ren und zu klassifizieren (4, 5). Ne- ben der Spezifität der Nachweisme- thoden ist auch die Sensitivität ein wichtiges Beurteilungskriterium, da diese Infektionen bereits durch mini- male Mengen von kontaminiertem Material übertragen werden können.

1.1 Hepatitis A

Der Erreger der Hepatitis A, das Hepatitis-A-Virus (HAV) gehört

als einsträngiges RNS-Virus zu den Picornaviren (6). Als Hinweis für ei- ne abgelaufene Hepatitis A lassen sich im Serum bei Patienten Antikör- per vom IgG-Typ gegen das Hepati- tis-A-Virus (Anti-HAV) mit einem Radio- oder Enzymimmunoassay nachweisen. Eine akute Virus-A-He- patitis kann von einer abgelaufenen Virus-A-Hepatitis durch die Bestim- mung von Antikörpern vom IgM-Typ (IgM-Anti-HAV) abgegrenzt wer- den (Abbildung 1). Chronische HAV- Träger wurden nie beobachtet. Je- doch werden zunehmend im Er- I. Medizinische Klinik und Poliklinik (Direk- tor: Prof. Dr. Dr. Karl-Hermann Meyer zum Büschenfelde), Johannes-Gutenberg-Uni- versität Mainz

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Molekularbiologische Fortschritte haben zu neuen Erkenntnissen bei der genetischen und struktu- rellen Entschlüsselung der Hepa- titisviren geführt, die zunehmend Eingang in die klinische Diagno- stik finden, Im Rahmen einer Übersicht werden der aktuelle Stand der serologischen Diagno- stik und die Bedeutung der Gen- technik, insbesondere der Poly- mera.sekettenreaktion (PCR) dar- gestellt.

Virale Hepatitiden

Neue Entwicklungen in der Diagnostik

Guido Gerken und

Karl-Hermann Meyer zum Büschenfelde

eltweit gehören die viralen Hepatitiden auch heute noch zu den wichtigsten Infektionskrankhei- ten, deren Hauptgefahr — abgesehen von der Hepatitis A — die Entwick- lung einer chronischen Hepatitis mit den Spätfolgen einer Leberzirrhose und deren Komplikation ist (1). Da- neben besteht insbesondere bei den chronischen Hepatitis-B- und -NANB-(C)-Virusträgern ein deut- lich erhöhtes Risiko, an einem pri- mären Leberzellkarzinom zu erkran- ken (2). In den Industriestaaten Nord- und Westeuropas und Nord- amerikas stellen die Virushepatiti- den ein häufiges diagnostisches und differentialdiagnostisches Problem bei bestimmten Risikogruppen und bei der Abklärung erhöhter Trans- aminasen dar. Zu einem medizini- schen Problem werden die viral be- dingten Hepatitiden auch durch die weltweiten Berufs- und Touristik- ströme. Eine exakte Diagnostik ge- winnt auch dadurch an Bedeutung, daß in den letzten Jahren durch die Verwendung von Interferonen erst- mals therapeutische Erfolge bei den chronischen viralen Hepatitiden er- reicht werden konnten (3).

1. Aktueller Stand der serologischen Routinediagnostik

Die moderne Routinediagnostik der Virushepatitis beruht auf dem Nachweis der Virusantigene und der

(2)

4 6 12 Monate

0 2 8 10 12

Hepatitis 1

HBeAg

anti-HBc HBV-DNA

IgM-anti-HBc HBV

4 6

Monate Hepatitis I

HBV-DNA HBeAg

HBsAg

anti-HBc

anti-HBe

IgM-anti-HBc HBV

Abbildungen 2a und b: Serologisches Pro- fil einer akuten (2a, oben) und chroni- schen (2b, unten) Hepatitis B-Infektion

Abbildung 3: Nachweis von präS-kodierten Oberflächenproteinen mit dem Immunoblot-Ver- fahren mit Hilfe präS-kodierter monoklonaler Antikörper

wachsenenalter schwer verlaufen- de, protrahierte, Virus-A-Hepatiti- den infolge der abnehmenden Durch- seuchung beobachtet.

1.2 Hepatitis B

Das Hepatitis-B-Virus (HBV) gehört zur Gruppe der Hepadna-Vi- ren. Das HBV-Genom und die Gen- abschnitte, die für die unterschiedli- chen Hepatitis-B-Antigene kodie- ren, sind ebenso wie der Aufbau und die Struktur kompletter Hepatitis-B- Viren bekannt (7, 8). Hochempfind- liche Radio- oder Enzymimmunoas- says stehen auf der Basis monoklo- naler Antikörper für die Bestim- mung von HBsAg, HBeAg, Anti- HBs, Anti HBe und Anti HBc im Se- rum zur Verfügung und ermöglichen eine umfassende serologische Dia- gnostik der unterschiedlichen akuten und chronischen Verlaufsformen der Hepatitis B (Abbildung 2).

Darüber hinaus steht zum Nach- weis einer akuten oder kürzlich ab- gelaufenen Hepatitis B ein Test zur Bestimmung von IgM-Anti-HBc zur

Verfügung (9, 10). Dieser Test kann in besonderen Fällen mit fehlendem Nachweis von HBsAg der einzige Marker einer akuten Hepatitis B sein.

Der direkte Nachweis der HBV- DNS im Serum als empfindlichster Marker der Virusreplikation ist nun ebenfalls mit molekularbiologischen Methoden möglich. Beim sogenann- ten „Dot-Blot-Verfahren" wird zu- nächst die Virus-DNS im Patienten-

serum freigesetzt, anschließend auf einer Nitrozellulose- oder Nylon- membran immobilisiert, denaturiert und dann mit einer markierten HBV-DNS-Sonde hybridisiert (11).

Dieses Verfahren steht allerdings routinemäßig nur speziell ausgerü- steten Laboratorien zur Verfügung.

Der einfachere und routinemäßig durchführbare Flüssigphasen-Mole- kularhybridisierungstest (Abbot Ge- nostics) verwendet nach Freisetzung

und Denaturierung der HBV-DNS im Serum zur Hybridisierung eine mit Jod markierte HBV-DNS-Son- de. Das entstandene HBV-spezifi- sche Hybrid wird über eine Säule eluiert und im Gamma-Zähler quan- titativ gemessen. Die Sensitivität bei- der molekularer Hybridisierungsme- thoden ist vergleichbar und erreicht eine Nachweisgrenze von zirka 1 pg HBV-DNS/ml Serum.

In den letzten Jahren konnten als neue Marker für die Hülle des HBV die präS-kodierten Oberflä- chenproteine identifiziert werden, denen eine Rolle bei der Aufnahme des HBV in die Leberzelle zuge- schrieben wird, und die Träger wich- tiger Epitope für die B- und T- zellvermittelte Immunantwort dar- stellen. Diese hat somit eine ent- scheidende Funktion bei der Virus- elimination spielen (13, 14).

Die diagnostischen Verfahren zum Nachweis der präS-kodierten Hüllproteine basieren auf dem Ein- satz von Immunoassays oder des Im- munoblottings unter Verwendung präS-spezifischer monoklonaler An- tikörper (Abbildung 3) (15).

A-1174 (50) Dt. Ärztebl. 88, Heft 14, 4. April 1991

(3)

Hepatitis

anti-HBc I HDV-RNA I

HBV-DNA 1 HBeAg

10 12

IgM-anti-Delta

Monate HBV

HDV

Hepatitis

HDV RNA HBV-DNA

HBeAg

HBsAg IgM-anti-Delta

HDV

anti-Delta

anti-HBe

6 8 12

Monate

100 ng - 10 ng - 1 ng - 100 pg - 10 pg - 1 pg - 100 fg - 10 fg - 1 fg - 100 attog

HBsAg HBV-DNA HBV-DNA

RIA Dot Blot PCR

®\/®\ C)

CDi CD ®

C)

O

HBV-Partikel

Abbildung 5: Unter- schiedliche Nach- weisempfindlichkeit verschiedener HBV- spezifischer Marker- systeme: HBsAg (RIA), molekulare Hybridisierung zum HBV-DNS-Nachweis (Dot Blot) und Poly- merase-Kettenreak- tion (PCR) Die Expression der PräS-Antige-

ne läuft im allgemeinen parallel mit der Virusreplikation, kann aber auch davon unabhängig sein. So konnten wir ebenso wie andere Autoren die PräS-Proteine selbst bei asympto- matischen, sogenannten „gesunden"

HBsAg-Trägern finden (16, 17).

Eine Immunantwort gegen die PräS-Proteine kann im natürlichen Verlauf der Hepatitis B oft frühzei- tig nachgewiesen werden, wenn eine Viruselimination erfolgt (18). Die Anti-PräS-Antikörper können ent- weder mit Hilfe spezifischer Fusions- proteine oder synthetischer Peptide immunologisch bestimmt werden (19, 20). Aufgrund der aufwendigen Nachweismethoden und der noch nicht völlig geklärten biologischen Bedeutung haben die PräS-/Anti- PräS-Markersysteme noch keinen Eingang in die Routinediagnostik der Hepatitis B gefunden.

1.3 Hepatitis D

Das Hepatitis-Delta-Virus (HDV) besteht aus einer einsträngi-

gen viroid-ähnlichen RNS, einem Hepatitis-Delta-Antigen und der Hülle des Hepatitis-B-Virus (21, 22).

Das Hepatitis-Delta-Virus benötigt für seine Replikation das Hepatitis- B-Virus als Helfervirus. Im klini- schen Verlauf unterscheidet man die gleichzeitige Doppelinfektion mit HBV und HDV ( = Koinfektion)

Abbildungen 4a und b: Serologische Be- funde bei einer Si- multan- (4a, oben) und einer Superinfek- tion (4b, unten) bei Hepatitis Delta

von der Delta-Infektion eines chro- nischen HBsAg-Trägers ( = Superin- fektion) (Abbildung 4a und b). Letz- tere bewirkt oft eine rasch fortschrei- tende Verschlimmerung einer chro- nischen Lebererkrankung mit un- günstiger Prognose. Die Erkennung einer HDV-Infektion beruht auf dem Nachweis von Delta-Antikör-

pern (Anti-HD) im Serum und wird durch die Anwesenheit von HDAg in der Leber immunhistologisch bestä- tigt. Der Nachweis von Anti-Delta- Antikörpern ist mit kommerziell er- hältlichen Radioimmunoassays mög- lich. Persistierend erhöhte Titer von Anti-HD über 1:5000 können als Zeichen einer chronischen Delta-In- fektion gewertet werden. Eine akute Delta-Infektion kann durch Bestim- mung von IgM-Anti-Delta mit Hilfe eines empfindlichen Radioimmuno- assays abgegrenzt werden.

2. Neue molekularbiolo- gische Erkenntnisse für die zukünftige Diagnostik Der direkte Nachweis viraler Nukleinsäuren im Serum und Gewe- be mit Hilfe moderner hochsensiti- ver molekularbiologischer Techni- ken hat zu neuen Erkenntnissen in der Diagnostik und Pathogenese vi- raler Hepatitiden geführt.

2.1 Hepatitis-B-Virus:

Das Vorhandensein von HBV- DNS im Serum gilt als hochempfind-

(4)

1111--- Zyklus 1 Zyklus 2

72°C 1 Min.

94°C 5 Min.

94°C 1 Min.

55°C 55 - C

1 Min 1 Min.

1 2

2 2 1 2 2

Denaturierung Anlagerung Vermehrung 2 2

94°C

r

72°C 1 Min Polymerase-Kettenreaktion (PCR)

Abbildung 6: Sche- matischer Ablauf der Polymerase-Ketten- reaktion (PCR)

Abbildung 7: Nachweis von viralen Gen-Sequenzen aus verschiedenen Genomabschnitten der HBV-DNS nach PCR mittels elektrophoretischer Ruftrennung und anschließender Hybri- disierungsanalyse (Southern Blot)

licher Marker der Virusreplikation (23). Hierbei liegt die Empfindlich- keit der Dot-Blot-Hybridisierung bei einer Nachweisgrenze von 1 pg HBV-DNS im Serum entsprechend etwa 3 x 104 bis 3 x 105 Virusparti- keln (Abbildung 5). Trotz der hohen Sensitivität der Dot-Blot-Hybridisie- rung konnte gezeigt werden, daß HBsAg-positive Seren auch bei feh- lendem Nachweis von HBV-DNS in- fektiös sein können. In jüngster Zeit wurde eine neue Technologie mit höherer Sensitivität zum Nachweis von HBV-DNS entwickelt, nämlich

die durch Primer gesteuerte enzyma- tische In-vitro-Genamplifikation, auch Polymerase-Kettenreaktion (PCR) genannt (24, 25). Bei dieser Methode werden virale Gensequen- zen mittels einer im Reagenzglas ab- laufenden Kettenreaktion exponen- tiell vermehrt (Abbildung 6). Voraus- setzung ist die biosynthetische Her- stellung von Oligonukleotid-Primern als Starthilfe, die sich spezifisch an komplementäre denaturierte DNS- Sequenzen anlagern. Anschließend wird mittels einer thermostabilen Polymerase, der Taq-Polymerase, die DNS-Neusynthese durchgeführt.

Der in Zyklen ablaufende Ver- vielfältigungsprozeß kann mit Hil- fe programmierbarer Probenhalter- blöcke zum Aufheizen/Kühlen auto- matisiert werden (Thermocycler).

Auf diese Weise gelingt nach 20 bis 40 PCR-Zyklen eine millionen- bis milliardenfache Vervielfältigung der ursprünglich vorhandenen Genom- menge. Dies bedeutet für die HBV- Diagnostik, daß mit der PCR noch etwa ein Femtogramm klonierte HBV-DNS nachgewiesen werden kann, welches etwa 3 x 10 1 bis 3 x 102 HBV-Partikeln entspricht (26).

Mit unterschiedlichen Primer- Paaren aus den verschiedenen Gen- regionen kann das HBV-Genom ab- schnittsweise gezielt amplifiziert werden (Abbildung 7). So gelang es mit Hilfe der PCR-Technologie, eine neue molekularbiologische Charak- terisierung der chronischen HBsAg- Träger vorzunehmen. Eigene Ergeb- nisse zeigten in Übereinstimmung mit der Literatur (25) bei chroni-

scher Hepatitis B, daß bei HBeAg- positiven Patienten in 100 Prozent der Fälle, bei Patienten mit Anti-H- Be in bis zu 80 Prozent der Fälle die Bestimmung der HBV-DNS mittels PCR positiv war. In der Gruppe der asymptomatischen, sogenannten „ge- sunden" HBsAg-Träger mit norma- len Transaminasen und fehlenden histologischen Veränderungen ge- lang es in 57 Prozent der Fälle, HBV-DNS-Sequenzen als Zeichen für eine Persistenz von HBV-Parti- keln nachzuweisen.

Weitere Untersuchungen zeig- ten, daß die PCR auch zum Monito- ring von Virusreplikation bei Patien- ten unter Interferon-Therapie ein- setzbar ist. Insbesondere ein nur vor- übergehendes Ansprechen auf eine antivirale Therapie mit nachfolgen- der Reaktivierung der viralen Multi- plikation läßt sich frühzeitig mit Hil- fe der PCR erfassen (Abbildung 8).

In Zukunft wird die PCR-Tech- nologie auch zu neuen diagnosti- schen Fortschritten beim Nachweis von HBV-DNS in extrahepatischen Geweben sowie bei HBsAg-negati- ven chronischen Hepatitiden und he- patozellulären Karzinomen führen.

Hiermit lassen sich dann atypische Verlaufsformen der Hepatitis B oh- ne serologische Marker von den Non-A-Non-B-Hepatitiden abgren- zen.

Zukünftig wird es auch möglich sein, die Virustranskription mit Hilfe der PCR nachzuweisen. Hierfür wird virale RNS aus Gewebsproben extra- hiert, mit reverser Transkriptase- reaktion in komplementäre DNS (cDNA) umgeschrieben, und dann mit Hilfe der PCR amplifiziert ( = A-1178 (54) Dt. Ärztebl. 88, Heft 14, 4. April 1991

(5)

Abbildung 8: Nachweis von HBV-DNS im Serum mittels PCR bei chronischer Hepatitis B un ter Interferontherapie

reverse PCR). Diese Methoden sind jedoch bisher nur in speziell ausge-

richteten wissenschaftlichen Labora- torien mit hohem zeitlichen, perso- nellen und materiellem Aufwand durchführbar.

2.2 Hepatitis C-Virus

Durch gentechnologische Ver- fahren gelang es in jüngster Zeit, ei- nen Haupterreger der Hepatitis Non-A-Non-B, das Hepatitis-C-Vi- rus, zu identifizieren (28). Einer amerikanischen Arbeitsgruppe ge- lang es kürzlich, aus dem Serum ei- nes Schimpansen, der einen hohen Infektionstiter besaß, genomische RNS zu extrahieren und mit der re- versen Transkriptasereaktion in eine komplementäre cDNA umzuschrei- ben, in einem System, in dem die cDNAs mit hoher Effizienz in ent- sprechende Proteine umgesetzt wer- den. Es gelang, spezifische Klone zu identifizieren, die mit dem Serum ei-

nes Patienten mit chronischer Non- A-Non-B-Posttransfu sionshep atitis reagierten. Die Basensequenz dieses Genoms zeigte eine große Homolo- gie zur Gruppe der Flavi-Viren.

Hierbei handelt es sich um ein um- hülltes RNS-Virus (Abbildung 9a),

Abbildungen 9a und b: Struktur (9a, links) und genetische Or- ganisation (9b, un- ten) des Hepatitis-C- Virus (HCV)

das einzelsträngig ist, und dessen Genom aus zirka 10 000 Nukleotiden besteht und für Struktur- und Nicht- Strukturproteine kodiert (Abbildung 9b).

Dieses neuentdeckte Virus wird Hepatitis C-Virus genannt. Es ge- lang, einen Enzym- beziehungsweise Radioimmunoassay zum Nachweis von spezifischen Antikörpern gegen dieses HCV-Virus aufzubauen (29).

Hierzu wurde gentechnisch in re- kombinanten Hefeklonen ein vira- les Fusionsprotein aus dem Genom- bereich NS3—NS4 synthetisiert. So- mit werden Antikörper gegen ein vi- rales Nicht-Strukturprotein nachge- wiesen.

Die bisher mit diesem Testsy- stem gewonnenen Ergebnisse zeigen bei 70 bis 92 Prozent der Patienten mit einer Posttransfusions-Hepatitis in Europa, Japan und den USA Anti- körper gegen HCV. Patienten mit sporadischer Non-A-Non-B-Hepati-

Dt. Ärztebl. 88, Heft 14, 4. April 1991 (57) A1181

(6)

Krankheit Virus Virusfamilie Tabelle: Neue Klassifikation der viralen Hepatitiden tis weisen mit diesem Test in bis zu

60 bis 80 Prozent Antikörper gegen HCV auf (30).

Jüngste Untersuchungen aus Spanien und Italien zeigen, daß Pa- tienten mit einem HBsAg-negativen primären Leberzellkarzinom eben- falls zu einem hohen Prozentsatz Antikörper gegen HCV haben (31, 31). Blutspender, die als Überträger des Virus in Frage kommen, sind in den westlichen Industrieländern je nach Region in 0 bis 1,5 Prozent an- ti-HCV-positiv. Bei Risikogruppen, in denen häufig eine Non-A-Non-B- Hepatitis vorkommt, wurden hohe Antikörperprävalenzen gegen HCV nachgewiesen. Hämophile waren in 60 bis 90 Prozent, Drogenabhängige in 50 bis 70 Prozent positiv. Langzeit- verläufe bei Patienten mit chroni- scher Non-A-Non-B-Hepatitis zeig- ten in bis zu 70 bis 90 Prozent posi- tive Anti-HCV-Titer (33, 34). Anti- körper gegen das HCV-Virus wurden erst drei bis sechs Monate nach Er- krankungsbeginn nachweisbar (34).

Die klinische Bedeutung des Anti-HCV-Testes liegt aufgrund des derzeitigen Erkenntnisstandes zum einen im Screening von Blutkonser- ven sowie in der Abklärung des Ver- dachtes auf eine Non-A-Non-B-He- patitis. Die Spezifität dieses Testes wird jedoch dadurch eingeschränkt, daß ein positiver Antikörpernach- weis auch bei kryptogener, alkoholi- scher oder primärer biliärer Zirrhose und bei autoimmuner Hepatitis ge- funden wurde. Somit bleibt die Ent- wicklung neuer Tests, die Antikörper gegen Virusstrukturproteine nach- weisen, abzuwarten, um die Pathoge- nese und Epidemiologie der HCV- Infektion besser zu verstehen.

In Zukunft wird auch der direk- te Nachweis HCV-spezifischer RNS im Serum mit Hilfe der Polymera- senkettenreaktion möglich sein, wie erste Ergebnisse zeigen (35).

2.3 Hepatitis-D-Virus

Wie bereits oben erklärt, ist das Hepatitis-Delta-Virus ein RNS-Vi- rus, das einem Viroid ähnlich ist und der Helferfunktion durch das Hepa- titis-B-Virus bedarf. Die delta-spezi- fischen Kernproteine (HD-Ag) las- sen sich mittels moderner immunolo-

gischer Verfahren, dem Immuno- blot-Verfahren, im Serum nachwei- sen (36). Infolge des hohen labor- technischen Aufwandes hat diese Methodik jedoch bisher noch keinen Eingang in die Diagnostik gefunden.

Mittels molekularer Hybridisie- rungsverfahren, dem Northern Blot- ting, kann die HDV-RNS direkt im Serum nachgewiesen werden (37).

Auch die Polymerasekettenreaktion wurde jüngst erstmals zum Nachweis von HDV-RNS im Serum und Le- bergewebe eingesetzt (38). Jedoch sind diese Untersuchungen derzeit nur in hochspezialisierten wissen- schaftlichen Forschungslaboratorien durchführbar.

2.4 Hepatitis E-Virus

Von der parenteral übertrage- nen Non-A-Non-B-Hepatitis ist eine in Asien, Südamerika und Afrika endemisch vorkommende, enteral übertragene Hepatitis abzugrenzen (39). Diese Erkrankung ist mit einer besonders hohen Letalität von bis zu 20 Prozent bei infizierten Schwange- ren verbunden. Epidemien wurden auf dem indischen Subkontinent, in Afrika und Mittelamerika beobach- tet. Virusähnliche Partikel von 27 bis 34 nm Größe wurden erstmals aus dem Stuhl von Patienten isoliert. Mit Hilfe der Immunhistologie gelang es auch, das Virus-Antigen in der Le- ber infizierter Schimpansen nachzu- weisen.

Zur Zeit wird das Virusgenom molekularbiologisch isoliert, Moniert und sequenziert (40). Bei dem Erre- ger handelt es sich wahrscheinlich um ein Virus aus der Gruppe der Ca- lizi-Viren, für das der Name Hepati- tis-E-Virus (HEV) vorgeschlagen wurde. Testsysteme für die medizini- sche Diagnostik stehen noch nicht zur Verfügung.

Perspektiven

Immunologische und molekular- biologische Fortschritte haben zu ei- ner Neueinteilung der viralen Hepa- titiden mit einer Klassifikation von A bis E geführt (Tabelle). Für die Rou- tinediagnostik der Virushepatitis A, B und D stehen spezifische und sen- sitive immunologische Markersyste- me zur Verfügung. Die Gentechnik ermöglicht durch molekulare Hybri- disierung routinemäßig den direk- ten Nachweis des Virusgenoms bei der Hepatitis B. Durch die Anwen- dung der Polymerase-Kettenreakti- on (PCR) steht die molekularbiolo- gische Diagnostik am Beginn einer neuen diagnostischen Dimension bei der Hepatitis B und D infolge unge- ahnter Nachweisempfindlichkeit.

Ein diagnostischer Durchbruch bei der NANB-Hepatitis ist durch die Isolierung eines cDNS-Klons für ein Posttransfusions-NANB-Hepati- tisgenom gelungen, das als Hepatitis- C-Virus bezeichnet wird. Mit Hil- fe eines Fusionsproteins können nun HCV-Antikörper immunologisch nachgewiesen werden. Als enteral übertragenes NANB-Virus steht das als Hepatitis-E-Virus bezeichnete Agens ebenfalls vor der Aufklärung.

Die Gruppe der NANB-Hepatitiden läßt auch in Zukunft eine Reihe von neuen diagnostischen Erkenntnissen mit Spannung erwarten.

Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. Dr.

Karl-H. Meyer zum Büschenfelde I. Medizinische Klinik und Poliklinik der Universität Mainz

Langenbeckstraße 1 W-6500 Mainz 1 Hepatitis A HAV Picorna-Virus Hepatitis B HBV Hepadna-Virus Hepatitis C HCV Flavi-Virus

früher: Non-A,Non-B-Viren Hepatitis D HDV Viroid-RNA-Virus

Hepatitis E HEV Calizi-Virus

A-1182 (58) Dt. Ärztebl. 88, Heft 14, 4. April 1991

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