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Archiv "Maßnahmen gegen Abrechnungsbetrug: „Es hat sich viel getan“" (21.02.2003)

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etrügerische Ärzte haben bei uns im System nichts zu suchen.“ Diese Haltung bekräftigte Dr. med. Man- fred Richter-Reichhelm, Erster Vorsit- zender der Kassenärztlichen Bundesver- einigung (KBV),Anfang Februar in Ber- lin. Er betonte, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) energisch gegen Falschabrechner vorgehen. So verwies Richter-Reichhelm auf die Daten zur Abrechnungsprüfung 2001 (siehe Text- kasten). Trotzdem steckten die KVen in einem Dilemma: Sie besäßen nicht alle Daten, um bestimmte Unregelmäßigkei- ten zu erfassen, zum Beispiel Angaben zum Versicherten selbst. Ausschließlich die Krankenkasse wisse zum Beispiel, ob ein Versicherter zum Zeitpunkt des auf der Abrechnung angegebenen Behand- lungsdatums noch gelebt habe.

Damit spielte der KBV-Vorsitzende auf die jüngsten Vorwürfe von Abrech- nungsbetrug in Niedersachsen an (DÄ, Heft 6/2003). Dort hatte die AOK Ärz- ten vorgeworfen, sogar Leistungen an Toten abgerechnet zu haben. Ende Ja- nuar räumte ihre Vorstandsvorsitzende, Christine Lüer, jedoch ein: „Die KV lie- fert die Abrechnungsdaten, aber sie hat keinen Zugriff auf die Mitgliederbe- stände der Krankenkassen.“ Mehr noch: „Wir hätten den Sachverhalt eini- ge Quartale früher aufdecken können.“

Dass Krankenkassen ärztliche Abrech- nungen spät oder gar nicht prüfen, ist ei- ne Folge davon, dass sie den KVen einen Pauschalbetrag für die meisten ärztlichen Leistungen überweisen. „Bei Falschab- rechnungen steigt dieser Betrag nicht, sondern die übrigen Ärzte bekommen weniger aus dem Topf“, erinnerte Rich- ter-Reichhelm. Anders gesagt: Von den Rückzahlungen betrügerischer Ärzte profitieren die Kassen nicht.

Richter-Reichhelm forderte sie gleichwohl auf, enger mit den Prüfgre- mien der Ärzteorganisationen zusam-

menzuarbeiten. Denn auch unter den Bürgern sind nicht nur Unschuldsläm- mer: „Es gibt einen regen Handel und Missbrauch der Versichertenchipkar- ten.“ Deshalb ist zum Beispiel die ille- gale Verwendung der Chipkarte eines Verstorbenen denkbar, ohne dass der Arzt davon Kenntnis hat.

Trotz seines Engagements – die Bemühungen der KVen, Abrechnungs- betrug aufzudecken, werden im jüngsten Bericht der Prüfdienste des Bundes und der Länder als unzureichend kritisiert.

Dessen Ziel war, „den Umsetzungsstand der gesetzlich geregelten Prüfverfahren bundesweit zu erheben“. Geschehen ist dies durch Auswertungen von Daten al- ler KVen aus den Jahren 1997 bis 2001.

Was die sachlich-rechnerische Prüfung anbelangt, so urteilen die Prüfer, dass sie

„in unterschiedlicher Quantität und Qualität“ durchgeführt wird. Eine Folge:

Je nach KV beanstandeten knapp zwölf bis 100 Prozent der abrechnenden Ärzte die Prüfergebnisse. Unterschiedliche Prüfprogramme und -intensitäten führ- ten dem Bericht zufolge zu einer Ungleichbehandlung der Vertragsärzte.

Verwiesen wird aber auch darauf, dass die Kassen aus „Budgetgesichtspunk-

ten“ größtenteils keinen Gebrauch von ihrem Antragsrecht gemacht haben.

Was die Plausibilitätsprüfung anbe- langt, so haben derzeit nur zehn von 23 KVen entsprechende Vereinbarungen mit den Krankenkassen geschlossen.

Gleichwohl führen mehr als zehn derar- tige Prüfungen durch, viele laut Prüfbe- richt sogar in größerem Umfang als ver- einbart. Sanktionen erfolgten aber „mit äußerster Zurückhaltung“. Bei der Be- gutachtung der Wirtschaftlichkeitsprü- fungen kommen die Prüfer zu dem Er- gebnis, dass die Prüfungen nach Durch- schnittswerten „in der Regel von minde- rer Qualität“ waren. Etwa die Hälfte al- ler KVen war gezwungen, mehr als 50 Prozent aller Bescheide abzuändern.

Die Prüfer räumen andererseits ein, dass solche Analysen unter Kosten- Nutzen-Gesichtspunkten in der Regel kaum zu verantworten sind.

Treffer sind dünn gesät

Richtgrößenvereinbarungen wurden überwiegend abgeschlossen, aber nur in acht KVen umgesetzt und in fünf über- prüft. Zufälligkeitsprüfungen nach § 106 SGB V hätten nur zwei KVen vorge- nommen. Eine davon ist die KV Bay- erns. Peter Einhell, Leiter des Kompe- tenzzentrums Gesamtprüfung, verweist darauf, dass man seit längerem geset- zeskonform eine Stichprobe von min- destens zwei Prozent ziehe und die be- troffenen Ärzte überprüfe. „Die Treffer sind systembedingt dünn gesät“, berich- tet Einhell. Abrechnungsbetrügereien würden eher im Rahmen der Plausibi- litätsprüfung aufgedeckt.

Sind die KVen in Sachen Abrech- nungsbetrug also immer noch zu lax?

Dr. med. Andreas Köhler, stellver- tretender KBV-Hauptgeschäftsführer, verweist darauf, dass die KVen in den letzten zwei Jahren nicht untätig waren:

„Es hat sich viel getan.“ Als Beispiel nennt er die gemeinsamen Rahmenbe- dingungen für Plausibilitätsprüfungen (DÄ, Heft 16/2001) und die bundesein- heitliche Verwendung von Zeitprofilen.

Für bestimmte Verfahren wie zum Bei- spiel Zufälligkeitsprüfungen sei man aber auf eine Datenzulieferung durch die Kassen angewiesen. Daran hapert es offenbar immer noch. Sabine Rieser P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 821. Februar 2003 AA449

Maßnahmen gegen Abrechnungsbetrug

„Es hat sich viel getan“

Ein Bericht der Prüfdienste stellt KVen und Kassen ein

schlechtes Zeugnis aus. Doch die Ärzte haben einiges verändert.

Prüfungen 2001

2001 summierte sich die Anzahl der Behand- lungsfälle auf rund 475 Millionen. Die Abrech- nungen dieser Behandlungen durchlaufen alle eine sachlich-rechnerische Prüfung. Ergebnis: Das Punktzahlvolumen reduzierte sich durch Berichti- gungen um circa 1,5 Prozent.

2001 wurden nach Kenntnis der KBV 354 Dis- ziplinarverfahren angestrengt, 51 Verfahren wur- den an Staatsanwaltschaften übergeben. Zurzeit laufen 108 staatsanwaltschaftliche Ermittlungs- verfahren. Die Schadenssumme, die mithilfe von Plausibilitätsprüfungen 2001 in die Honorartöpfe zurückgezahlt wurde, belief sich auf rund 16 Mil- lionen Euro.

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