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Archiv "Grundfragen der Psychosomatik" (10.09.1986)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

KONGRESS-BERICHT

V

om 23. bis 25. Mai 1986 fand in V Würzburg ein interdisziplinä- res Symposium über Grundfragen der Psychosomatik statt, auf dem Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen aus verschiede- nen Ländern, darunter auch den USA, über neuere Erkenntnisse aus dem Bereich der psychosoma- tischen Grundlagenforschung be- richteten. Es wurden Problemstel- lungen über die Psychosomatik aus wissenschaftstheoretischer, philosophischer, medizinischer, computerwissenschaftlicher und anthropologischer Perspektive untersucht. Organisiert und gelei- tet wurde die finanziell durch die deutsche Forschungsgemein- schaft geförderte Tagung von Herrn Dr. med. K.-E. Bühler, Di- plom-Psychologe, Privatdozent für Psychotherapie und Psychoso- matik am Institut für Psychothera- pie und Medizinische Psychologie der Universität Würzburg.

Einigkeit bestand unter den Vor- tragenden, daß teils überkomme- ne, teils nicht weiter bedachte Vor- aussetzungen einen Fortschritt auf diesem wichtigen Gebiet der Medizin verhindern, was zu dem noch weithin üblichen Streit um den Einfluß von seelischen und körperlichen Faktoren am Zustan- dekommen von Krankheiten führt.

Einigkeit bestand auch darin, daß psychische Aspekte irreduzibel für den Menschen sind, das heißt daß sie nicht sinnvoll auf andere Fak- toren zurückgeführt werden kön- nen. Unterschiedliche Auffassun- gen unter den Teilnehmern aus Medizin, Psychologie, Wissen- schaftstheorie, Philosophie und Computerwissenschaften gab es jedoch hinsichtlich des jeweiligen Stellenwertes psychischer im Ver- gleich zu physischen Gegeben- heiten. Für die praktische Psycho- somatik erbrachte die Tagung das Ergebnis, daß nur eine differen-

zierte Einteilung der psychosoma- tischen Erkrankungen den kom- plexen Verhältnissen gerecht wer- den kann. Ausgangspunkt und Grundlage bildete der nicht be- zweifelte Tatbestand, daß gewisse psychische Gegebenheiten sich in bestimmter Weise körperlich aus- drücken, wodurch physische Pro- zesse zu Körperzeichen werden.

Solche primären psychosomati- schen Erkrankungn äußern sich vorwiegend als funktionale und psychovegetative Störungen, wie zum Beispiel funktionelle Läh- mungen, bestimmte Formen des Tic, Hyperventilation (Hyperventi- lationstetanie) oder Erytropho- bien. Übergänge zu Organerkran- kungen sind dann möglich, wenn sich aus der reversiblen Funktions- störung meist vermittels einer irre- versiblen Funktionsstörung eine Organstörung entwickelt. Hier sei- en nur die häufig vorkommenden Kreislauf- beziehungsweise Gefäß- erkrankungen genannt: zum Bei- spiel des Herzens und der Nieren, bei „blasser" oder „roter" Hyper- tonie, die zunächst meist als labile Form auftritt und erst später in ei- ne stabile Hypertonie übergeht.

Sekundär werden psychosomati- sche Erkrankungen dann genannt, wenn es für die seelischen Tatbe- stände keinen primären körper- lichen Ausdruck gibt, wie im ge- nannten Beispiel die sichtbare Ge- fäßreaktion, sich aber ein Kausal- zusammenhang zu körperlichen Prozessen herstellen läßt, die allei- ne für sich (direkte Form), zum Beispiel Schwächung der Immun- abwehr, oder in Verbindung mit nichtkörperlichen Faktoren (indi- rekte Form), zum Beispiel Mikro- ben bei der psychogenen Angina (V. v. Weizsäcker) die Erkrankung hervorrufen. Ferner müssen re- flexive Formen unterschieden werden, bei denen psychogene Körperstörungen auf die psychi-

sche Verfassung zurückwirken, wie dies beispielsweise bei der so-

matisierten beziehungsweise vita- lisierten Depression und beim Er- schöpfungssyndrom oder der Er- schöpfungsdepression der Fall ist.

Daneben gibt es noch viele Varian- ten von somatopsychischen Ver- änderungen, bei denen primär ei- ne Organstörung zu psychischen Folgewirkungen führt.

Eine Vielzahl von Befunden aus der Grundlagenforschung, über die der Neurophysiologe Profes- sor Linke aus Bonn berichtete, stützen diese Unterscheidung. Als Konsequenz daraus muß mehr als bisher eine qualifizierte Differen- zialtherapie der einzelnen psycho- somatischen Störungen erfolgen bis hin zu Kombinationen von so- mato-, physio- und psychothera- peutischen Verfahren, was aber nicht zu einer Ausweitung, son- dern sogar zu einer Reduktion der erforderlichen Kosten führen wird, sicherlich kein überflüssiges Ar- gument in einer Zeit der ange- spannten Finanzen.

Allgemeinen Anklang fand auch die Ausstellung des Würzburger Künstlers Bernd Cibis, der bereits früher zentralen Fragen der Medi- zin einen künstlerischen Ausdruck verlieh, mit seinen neuesten Colla- gen und Objektinstallationen zum Thema „Mensch(-)Maschine". Da- bei wurde die Kunst nicht als eine ersetzbare Verzierung empfun- den, sondern als ein Charakteristi- kum des Menschen und seines Wirkens, das die Grenzen der ma- schinellen Ersetzbarkeit und Si- mulation aufzeigen will.

Die Erträge des Symposiums sol- len durch Publikation auch einer breiteren Öffentlichkeit zugäng- lich gemacht werden.

Privatdozent Dr. med.

Karl-Ernst Bühler

Institut für Psychotherapie und medizinische Psychologie der Universität Würzburg Klinikstraße 3

8700 Würzburg

Grundfragen der Psychosomatik

Kurzbericht über ein Interdisziplinäres Symposium in Würzburg

2440 (40) Heft 37 vom 10. September 1986 83. Jahrgang Ausgabe A

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