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Archiv "Präleukämie - Myelodysplastisches Syndrom" (29.10.1987)

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Präleukämie

Myelodysplastisches Syndrom

:Die Bedeutung der Nomenklatur für

Prognose, Therapie und Patienten-Information

ficht alle Formen der nicht- lymphatischen (mye- loischen/myelomonozy- tären/Erythroleukämie) können eindeutig als chronische oder als akute Leukämie eingeord- net werden. Bei solchen „atypi- schen" Leukämien handelt es sich einerseits um Verlaufsformen, die bereits zum Zeitpunkt der Erstdia- gnose auf Grund einer signifikanten Blastenpopulation bei hämopoieti- scher Insuffizienz als neoplastische Knochenmarkerkrankung zu erken- nen sind, aber über längere Zeit kei- ne eindeutige Progression zeigen; sie werden als subakute oder subakut verlaufende (11) Leukämie, als

„smoldering" (schwelende) Leuk- ämie (10), wegen der zum Diagnose- zeitpunkt häufig unter 50 Prozent liegenden Blastenzahl auch als

„oligoblastische" Leukämie be- zeichnet, gelegentlich auch unter die sogenannten Philadelphia-Chromo- som-negativen chronischen myelo- ischen Leukämien (9) eingeordnet.

Die Diagnose dieser langsam pro- gredienten Leukämieformen berei- tet bei korrekter Herstellung und fachkundiger Auswertung von Knochenmarkaspirationspräparaten keine Schwierigkeiten. Eine Aus- nahme bilden Formen mit megaka- ryozytärer Differenzierung der leuk- ämischen Blasten, die meist mit aus- geprägter Knochenmarkfibrose ein- hergehen und nur mit Hilfe der Kno- chenmarkhistologie und Immunhi- stologie zu erkennen sind (14).

Problematisch und kontrovers ist bei diesen Verlaufsformen nur die Fra- ge, ob, zu welchem Zeitpunkt und mit welcher Intensität zytostatisch behandelt werden soll.

Hermann Heimpel

Atypische Verlaufsformen und auch Vorstadien der akuten myeloischen Leuk- ämie kommen vor allem bei älteren Menschen und als Zweitneoplasien nach einer intensiven Radio-/

Chemotherapie vor und gewinnen zunehmend an Bedeutung. Der Autor spricht sich dafür aus, die bisher meist verwende- te Bezeichnung „Präleuk- ämie" durch die internatio- nal akzeptierte und defi- nierte Bezeichnung des

„myelodysplastischen Syn- droms" zu ersetzen.

Probleme der Diagnose und der Nomenklatur

Erheblich größere Probleme der diagnostischen und prognostischen Beurteilung ergeben sich dagegen bei Patienten, bei denen ohne er- kennbare äußere Ursache und ohne zugrundeliegende Primärerkran- kung (zum Beispiel chronische Le- bererkrankung, Hypersplenismus, Abteilung für Innere Medizin III (Direktor:

Professor Dr. med. Heimann Heimpel) im Zentrum für Innere Medizin, Klinikum der Universität Ulm

Vitamin-B-12- oder Folsäureman- gel) eine Pan- oder Bicytopenie auf- fällt und bei denen die zytologische und histologische Knochenmarkdia- gnostik weder die für die aplastische Anämie (= Panmyelopathie) typi- sche Hypoplasie noch eine signifi- kante Population leukämischer Bla- sten erkennen läßt. Man sieht im Knochenmark vielmehr unterschied- liche Formen der Zellreifungsstö- rung, die eine oder mehrere Zellrei- hen betreffen können, bei insgesamt meist erhöhter Zelldichte. Die An- zahl der auch im normalen Kno- chenmarkpräparat vorhandenen, nicht sicher einzuordnenden my- eloblasten- oder promonozytenähn- lichen mononukleären Zellen ist bei einem Teil der Patienten erhöht, al- lerdings nicht so stark, daß eine ein- deutige Entscheidung getroffen wer- den kann, ob es sich um reaktive oder um neoplastische Veränderun- gen handelt. Oft kann in dieser Pha- se keine sichere Diagnose gestellt werden; insbesondere wird die Fra- ge, ob es sich um eine beginnende, (noch) oligoblastische Leukämie handelt, von verschiedenen Diagno- stikern unterschiedlich beantwortet.

Deskriptiv werden Bezeichnungen wie Panzytopenie, Panzytopenie mit hyperplastischem Knochenmark, refraktäre Anämie oder — bei aus- geprägter Hyperplasie und morpho- logischen Atypien der Erythrobla- sten — Di-Guglielmo-Syndrom ge- braucht. Finden sich die Zeichen ei- ner Eisenverwertungsstörung mit er- höhtem Sideroblastenindex und Ringsideroblasten, so spricht man auch von einer erworbenen sidero- blastischen oder sideroachrestischen Anämie.

Dt. Ärztebl. 84, Heft 44, 29. Oktober 1987 (59) A-2947

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Diagnose Kriterien

Knochenmark Blut

FAB-Klassifikation der myelodysplastischen Syndrome (nach Bennett et al. 1982)

Refraktäre Anämie Blasten < 5% Blasten 1%

Refraktäre An- ämie mit Ringside- roblasten (IASA)

Blasten Ringsidero- blasten

< 5%

> 15%

Blasten 1%

Refraktäre An- ämie

mit Exzeß an Bla- sten (RAEB)

Blasten 5-20% Blasten < 5%

Chronische myelo- monozytäre Leuk- ämie (CMML)

Blasten < 20%

vermehrt Promonozyten

Monozyten > 1 x109/1 Blasten < 5%

RAEB in Transfor- mation

Blasten 21-30%

Auerstäbchen

Blasten ",?- 5%

Krankheitsverlauf bei myelodysplastischem Syndrom

Verlaufsbeobachtungen bei der- artigen diagnostischen Problemfäl- len haben gezeigt, daß bei einem Teil der Patienten nach Monaten oder Jahren myeloische oder myelo- monozytäre Leukämie diagnostiziert werden kann, die dann meist sub- akut, in einigen Fällen ähnlich wie der Blastenschub einer chronischen myeloischen Leukämie, akut pro- gredient verläuft. Die meisten übri- gen Patienten sterben an den Folgen der hämopoetischen Insuffizienz, vor allem an Infektionen, ohne daß eine Leukämie diagnostizierbar wird. Nur bei wenigen bleibt die Panzytopenie asymptomatisch und über viele Jahre stabil; vereinzelt werden Remissionen beobachtet oder doch noch eine der PaRzytope- nie zugrundeliegende Erkrankung diagnostiziert, zum Beispiel eine Knochenmarktuberkulose (13).

Aufgrund derartiger Verlaufs- beobachtungen wurde von Block und Mitarbeitern (2) der Begriff der

„preleukemic acute human leuke- mia" eingeführt. Wir haben 1972 die Bezeichnung „Präleukämie an Hand eigener Beobachtungen ge- braucht und in dieser Zeitschrift dar- über berichtet (4, 5). Dabei haben wir darauf hingewiesen, daß die

„Verdachtsdiagnose Präleukämie nur retrospektiv nach Auftreten ei- ner manifesten leukämischen Phase bestätigt werden" kann. In den fol- genden Jahren erschien auch im deutschen Schrifttum eine Reihe von Arbeiten über die Präleukämie.

Die süddeutsche Hämoblastose- gruppe konnte in einer 1974 begon- nenen, 1979 veröffentlichten pro- spektiven kooperativen Studie (6) zeigen, daß Präleukämien in etwa 50 Prozent der Fälle innerhalb von zwei Jahren in eine eindeutig diagnosti- zierbare Leukämie übergehen.

Gleichzeitig konnten hämatologi- sche Parameter identifiziert werden, die bereits im Stadium der Präleuk- ämie als prognostische Faktoren für den späteren Übergang in eine Leukämie verwendet werden kön- nen; dazu gehört das Vorhandensein

von mehr als 5 Prozent atypischer . mononukleärer Zellen im Knochen- mark, die Beteiligung aller drei my- eloischen Zellreihen und der Nach- weis von Chromosomenaberratio- nen ähnlich wie bei akuten nichtlym- phatischen Leukämien.

Der Begriff der Präleukämie im- plizierte eine pathogenetische Hypo- these, die inzwischen durch zytoge- netische (7) und Markerenzymun- tersuchungen (8) bewiesen werden konnte: Die hämatologischen Ver-

Von französischen Autoren (3, 12) wurde deswegen die deskriptive, die weitere Entwicklung zunächst nicht vorwegnehmende Bezeich- nung des „dysmyelopoetischen Syn- droms" vorgeschlagen. Schließlich einigte sich die Französisch-Ameri- kanisch-Britische Arbeitsgruppe für die Leukämieklassifikation (FAB) 1982 auf den Begriff des „myelodys- plastischen Syndroms" (MDS) (1).

Synonym wird dazu die Bezeichnung

„Myelodysplasie" gebraucht, die im angloamerikanischen Schriftum al-

änderungen wurden als Folge einer klonalen, aber im klinischen Phäno- typ noch nicht neoplastischen Trans- formation auf der Ebene der myelo- poietischen Stammzellen aufgefaßt.

Für die klinische Praxis ergaben sich Probleme aus der Tatsache, daß die Richtigkeit dieser Hypothese nur für einen Teil der betroffenen Patienten zutrifft oder zumindest nur bei ei- nem Teil im späteren Verlauf in Form einer eindeutig diagnostizier- baren Leukämie manifest wird.

lerdings für eine ganz andere Er- krankung, nämlich für bestimmte angeborene Mißbildungen des Neu- ralrohrs seit langer Zeit vorbelegt ist. Diese für den Hämatologen ver- ständliche, mit Erkenntnisfortschrit- ten verbundene Entwicklung hat zu einer nomenklatorischen Vielfalt ge- führt, die dem Nicht-Hämatologen das Verständnis der Literatur und die Einordnung klinischer und mor- phologischer Befundberichte er- schwert. Aufgrund folgender Über- legungen scheint es mir angebracht

Subklassifikation des

myelodysplastischen Syndroms durch die FAB

A-2950 (62) Dt. Ärztebl. 84, Heft 44, 29. Oktober 1987

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1

zu sein, den 1972 von uns in die deutsche Nomenklatur eingeführten Begriff der Präleukämie durch den Begriff des myelodysplastischen Syndroms (MDS) zu ersetzen:

1. Die Bezeichnung beschreibt zu- treffend die immer vorhandenen, wenn auch individuell unterschied- lichen und im Verlauf bei einem Pa- tienten wechselnden quantitativen und qualitativen Anomalien der hä- mopoietischen Vorläuferzellen im Knochenmark und der nichtlympha- tischen Zellen im peripheren Blut.

2. Der Begriff des myelodysplasti- schen Syndroms wird in der FAB- Klassifikation als Oberbegriff für die Subklassifikation der einzelnen Er- scheinungsformen verwendet. Die FAB-Klassifikation ist zum inoffi- ziellen internationalen Standard der morphologischen Einteilung der Leukämien geworden.

3. Man weiß heute, daß eine klo- nale Transformation nicht notwendi- gerweise zu einer Erkrankung mit den klinischen Erscheinungsformen einer Krebserkrankung führen muß.

Ein Beispiel dafür ist die sogenannte monoklonale Gammopathie unge- klärter Bedeutung, die Vorstufe ei- nes Plasmozytoms sein kann, aber häufiger in Form der benignen Para- proteinämie langzeitig ohne klini- sche Bedeutung bleibt.

4. Das zunehmend artikulierte In- formationsbedürfnis des Patienten und die weitgehende Informations- bereitschaft und Informationsver- pflichtung der Ärzte erfordert eine zutreffende Anpassung der Wort- wahl bei einer potentiell, aber kei- neswegs sicher als Leukämie verlau- fenden Erkrankung. Die Diagnose

„Präleukämie" wird von der Mehr- zahl der Patienten trotz aller Erklä- rungen über die Unsicherheit der Verlaufsprognose als Information über das Bestehen einer Krebser- krankung verstanden werden. Dage- gen kann der den meisten Laien zu- nächst nicht verständliche Begriff der Myelodysplasie wahrheitsgemäß und einleuchtend als Störung der Blutzellbildung erklärt werden. Ob

man zusätzlich die Möglichkeit der späteren Entwicklung einer Leuk- ämie anspricht, ist im Einzelfall auf- grund der Prognosefaktoren und der Einstellung des Patienten zu einer vollständigen prognostischen Infor- mation zu entscheiden. Zur Vorsicht bei Stellung der Prognose ist auch auf Grund der Möglichkeit einer an- fänglichen Fehldiagnose zu raten.

Die Bedeutung des MDS für die klinische Praxis hat in neuer Zeit deswegen zugenommen, weil es sich vornehmlich um eine Erkrankung älterer Menschen handelt und weil MDS besonders häufig die erste Ma- nifestation einer sekundären Leuk- ämie nach kurativer Radio/Che- motherapie oder adjuvanter Chemo- therapie einer malignen Primärer- krankung ist. Eine Subklassifika- tion des myelodysplastischen Syn- droms ist, abgesehen von den Impli- kationen für die klinische Forschung und die Korrelation klinischer Phä- notypen mit Ergebnissen der klini- schen Grundlagenforschung, in Hin- sicht auf die Präzisierung der indivi- duellen Prognose, vor allem aber für therapeutische Entscheidungen wichtig. Die FAB-Klassifikation (Tabelle) ist nicht durchweg befrie- digend, derzeit aber als einzige all- gemein verbindliche Klassifikation notwendig. Die Grenze zu den ein- gangs beschriebenen subakuten Ver- laufsformen der nichtlymphatischen Leukämie bleibt allerdings unscharf;

beispielsweise wird die Mehrzahl der deutschen Hämatologen Patienten mit einer Blastenzahl von über 20 Prozent (RAEB-T) der FAB-Klassi- fikation als (noch) oligoblastische Leukämie bezeichnen. Gerade bei diesen Patienten ist eine engmaschi- ge fachhämatologische Überwa- chung zu fordern, um bei Progres- sion gegebenenfalls frühzeitig mit ei- ner potentiell kurativen intensiven Leukämietherapie zu beginnen.

Die in Klammern gesetzten Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis beim Sonderdruck, zu beziehen über den Ver- fasser.

Anschrift des Verfassers:

Professor Dr. med.

Hermann Heimpel

Abteilung für Innere Medizin III Steinhövelstraße 9, 7900 Ulm

HIV-Übertragung durch Insekten unwahrscheinlich

Im Western Palm Beach County (WPBC), Florida, entspricht die AIDS-Häufigkeit der von Manhat- tan oder San Franzisko (zum Ver- gleich die folgenden Inzidenzen:

WPBC: 295/100 000,

USA insgesamt: 10,8/100 000, Manhattan: 270/100 000, San Franzisko: 316/100 000).

Obwohl als HIV-Übertragungs- wege i. v. Drogenabhängigkeit und heterosexuelle Übertragung in die- ser Gegend eine größere Rolle als anderswo spielen, wurde aufgrund des relativ hohen Anteils von AIDS- Fällen mit „unbekanntem Risiko"

(38 Prozent gegenüber 5,1 Prozent in den gesamten USA) von Tropen- medizinern eine HIV-Übertragung von Arthropoden für möglich gehal- ten.

Neuere epidemiologische Daten lassen diese Annahme jedoch als un- wahrscheinlich erscheinen. Im Juli 1987 entschied das Center of Dis- ease Control, daß Haitianer und kürzlich aus Zentralafrika eingewan- derte Personen in die Kategorie möglicher heterosexueller HIV- Übertragung aufzunehmen seien.

Damit reduzierte sich der Anteil mit unbekanntem Risiko in WPBC von 38 auf 16,5 Prozent (in den USA, insgesamt von 5,1 auf 3,0 Prozent).

Ein wesentliches Argument ge- gen die HIV-Übertragung durch In- sekten ergab sich jedoch erst aus der Untersuchung von Blutproben von 959 Einwohnern der Gegend im Bel- le Glade: Bei 3,1 Prozent fanden sich HIV-Antikörper. Die höchste Rate (8,9 Prozent) betraf die 18- bis 29jährigen, während keines der Kin- der unter 11 Jahre und keine Person über 60 Jahre HIV-Antikörper hatte (obwohl die doch auch von Insekten gestochen wurden).

Außerdem ergab sich keine Korrelation zwischen HIV-Infektion und Infektion mit Arboviren, wel- che typischerweise durch Insekten übertragen werden. Lng

AIDS-Forschung 5, 1987; 249-250

Dt. Ärztebl. 84, Heft 44, 29. Oktober 1987 (65) A-2953

Referenzen

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