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Archiv "Transplantationen: Konzepte gegen den Organmangel" (22.12.2008)

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A2738 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 105⏐⏐Heft 51–52⏐⏐22. Dezember 2008

P O L I T I K

M

ikail* ist verzweifelt. Mit seinen 32 Jahren ist er kaum mehr in der Lage, seinen Lebensun- terhalt zu verdienen. Tag und Nacht peinigen ihn starke Schmerzen. Hin- zu kommt diese andauernde, bleier- ne Müdigkeit. Dabei war Mikail vor sechs Jahren noch kerngesund – bis zu dem Tag, an dem er sich eine Nie- re entfernen ließ, um sein Gehalt aufzubessern. Für die Entnahme des Organs zahlten ihm Händler umge- rechnet rund 2 000 Euro.

Für Mikail war das viel Geld.

Denn die ehemalige Sowjetrepublik Moldawien zählt zu den ärmsten Ländern Europas. Das durch- schnittliche Monatseinkom- men von knapp 50 Euro reicht kaum aus, um eine Familie zu ernähren. Die Verzweiflung treibt zahlrei- che Einwohner in die Hände skrupelloser Organhändler, die zwi- schen 3 000 und 10 000 US-Dollar für ein Organ bezahlen. Über die gesundheitlichen Risiken der meist ohne medizinische Nachsorge durch- geführten Organentnahmen erfah- ren die Betroffenen in der Regel nichts. So war es auch bei Mikail.

Dass er mit der Spende seine Ge- sundheit ruinieren könnte, war ihm nicht bewusst. Nur einen Tag nach der Operation versteckten ihn die Händler in der Wohnung des Arz- tes, der die Transplantation vor- genommen hatte. Von dort aus schickten sie den frisch Operierten ohne weitere medizinische Versor- gung und obwohl er über „uner- trägliche Schmerzen“ klagte, kurze Zeit später mit einem öffentlichen Bus nach Hause.

Wie viele Moldawier eine Niere oder Teile ihrer Leber spenden, um sich etwas dazuzuverdienen, weiß niemand. Bekannt ist lediglich, dass vor allem Patienten aus Israel, Arabien, aber auch Westeuropa für den Handel bezahlen. Die Vermitt-

ler, die den Großteil des Geldes ein- streichen, sind Teil organisierter Netzwerke.

Nach einem Bericht des Europa- rats in Straßburg findet innerhalb der Europäischen Union (EU) ein regel- mäßiger Handel mit Organen in Estland, Bulgarien, Rumänien und Tschechien statt. Hinzu kommen ille- gale Spenden aus Moldawien, Maze- donien und Bosnien. Drehscheibe des Transplantationstourismus ist die Türkei. Selbst wohlmeinende Ärzte sind nicht davor gefeit, Teil der illega- len Geschäfte zu werden. Einer, dem dies passiert ist, ist Ferdinand Mühl-

bacher*, Transplantationschirurg am Wiener Universitätsklinikum. Per Zufall erfuhr der Arzt fünf Jahre nach einer von ihm vorgenommenen Nie- rentransplantation, dass der Spender, der sich als Neffe des aus Israel stam- menden Empfängers ausgegeben hatte, mit diesem überhaupt nicht verwandt, sondern von Organhänd- lern vermittelt worden war. Die Ver- mittler hatten den Mann derart gut auf das Gespräch mit der Klinik vor- bereitet, dass diese den Betrug nicht rechtzeitig erkannte.

Die Europäische Union sucht derweil nach Strategien, um den Organhandel künftig effektiver zu bekämpfen. Anfang Dezember schlug EU-Gesundheitskommissa- rin Androulla Vassiliou ein Maßnah- menbündel vor, mit dem Organ- transplantationen innerhalb der EU sicherer werden sollen. Hauptursa- che für den Organhandel ist nach Ansicht der Kommissarin der gra- vierende Mangel an Organspenden.

Auf eine Million Einwohner kom- men EU-weit im Schnitt gerade mal

16 Spender. 56 000 EU-Bürger stünden derzeit auf einer Warteliste für ein Spenderorgan, sagte die Kommissarin.

Zur Lösung des EU-weiten Or- ganmangels könnte nach Auffas- sung der Kommission unter ande- rem ein europäischer Organspende- ausweis beitragen. Mithilfe des Dokuments, so die Hoffnung, ließe sich leichter ermitteln, wer bereit ist, nach seinem Tod ein Organ zu spenden und wer nicht. Laut Aus- kunft der Behörde macht die zuneh- mende Mobilität der Europäer eine eindeutige Identifizierung von Or-

ganspendern zudem dringend erfor- derlich. Auch sollten die EU-Länder nach den Plänen der Kommission beim Kampf gegen den Organ- handel enger zusammenarbeiten.

Europaabgeordnete wie der Christ- demokrat Peter Liese sehen hin- gegen vor allem die Kommission in der Pflicht. Sie verlangen von der Behörde, die europäische Polizei- dienststelle Europol damit zu beauf- tragen, den Organhandel in Europa endlich systematisch zu untersu- chen und zu verfolgen.

Dass es zudem auch effektive Mittel gibt, den Organmangel legal zu beheben, zeigt das Beispiel Spanien, das mit 36 Spendern je eine Million Einwohner die höchs- te Spenderrate Europas aufweist.

Hauptgrund für den Erfolg sei, dass sämtliche klinischen Einrichtungen in Spanien über einen eigenen Transplantationsbeauftragten ver- fügten, berichtet Rafael Matesanz*

von der spanischen Transplantati- onsvereinigung ONT. n Petra Spielberg

TRANSPLANTATIONEN

Konzepte gegen den Organmangel

Skrupellose Organhändler profitieren vom Mangel an Spenderorganen in Europa.

Auch Ärzte sind nicht davor gefeit, Teil der illegalen Machenschaften zu werden.

*Die dargestellten Beispiele sind dem Dokumentarfilm

„Kidney on Ice“

von Anja Dahlhoff (Dänemark) und Alina Radu (Moldawien) entnommen.

Über die gesundheitlichen Risiken der meist ohne

medizinische Nachsorge durchgeführten Organentnahmen

erfahren die Betroffenen in der Regel nichts.

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