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Strukturreform
Sicherstellung bleibt
D
ie zweite Petersberger Gesprächsrunde zwi- schen Vertretern der Ärz- teschaft, den gesetzlichen Kran- kenkassen und dem Bundesge- sundheitsministerium (vom 22. bis 24. März) zur Vorbereitung der nächsten Stufe zur Strukturreform im Gesundheitswesen brachte zu- mindest in einigen bisher kontro- vers beurteilten Eckpunkten eine (vorläufige) Klärung.Klar ist: Weder das bewährte, gegliederte und international an- erkannte hochstehende Gesund- heitssicherungssystem soll in eine Art Tabula rasa-Politik umge- stülpt werden, noch sollen tragen- de Elemente leichtfertig gekippt werden. So sehr auch „Kämpfer"
vor allem aus dem oppositionellen Lager (SPD, Bündnis 90/Grüne) darauf drängen, den Sicherstel- lungsauftrag den Kassenärztlichen Vereinigungen zu entziehen und die Selbstverwaltung zu entmach- ten, so kristallisierte sich in der März-Runde heraus:
Auch künftig wird es bei ei- nem einheitlichen Leistungskata- log für die ambulante ärztliche Be- handlung im Rahmen der gesetzli- chen Krankenversicherung blei- ben. Dieser müsse zwischen den Vertragspartnern ausgehandelt werden, so die KBV. Krankenkas- sen-Wettbewerb mit unterschiedli- chen Leistungskatalogen könne es in der ambulanten Behandlung nicht geben. Eine Differenzierung in Grundleistungen einerseits und Wahlleistungen andererseits in- nerhalb des Pflichtleistungskata- log für den Bereich der ambulan- ten Behandlung ist weder prakti- kabel noch wissenschaftlich exakt abgrenzbar und durchführbar.
Zwar soll der Leistungskata- log durchforstet und nach Obsole- tem, Unwirtschaftlichem und Kas- senfremdem gefahndet werden.
Doch soll der Pflichtleistungs- Grundkatalog alle medizinisch notwendigen Leistungen im Be- reich der ambulanten Behandlung enthalten. Überschießendes und individuell Wählbares, vor allem medizinisch nicht unbedingt not- wendige Leistungen, sollen in die Verantwortung des einzelnen und in die Autonomie der Kassenver- tragsgestaltung überantwortet werden.
Die Befürchtung, die jetzt an- stehende Reform ginge einseitig zu Lasten der Kranken, sozial Schwachen und Dauerpflegebe- dürftigen, ist ebenso unbegründet wie die ideologisch immer wieder repetierte These von einer drohen- den Zwei-Klassen-Medizin (so der Chef-Sozialpolitiker der SPD, Ru- dolf Dreßler, und die Grünen in ihrem aktualisierten Gesundheits- programm).
Eine Zusicherung für die Ärz- teschaft: Es soll keine Aufsplittung des Sicherstellungsauftrages ge- ben. Auch künftig sollen kollektiv- vertragliche Regelungen zwischen
Ein Leserbrief in der Londo- ner „Times" bringt mich zu dem, was folgt. Da schreibt der Direktor einer Privatschule, er habe soeben vom Verlag der Richtlinien über den Lehrplan für den Religionsun- terricht einen Brief erhalten, der um eine Korrektur bittet. Unter dem Stichwort „Moralische Ent- scheidungen" sei leider eine wich- tige Quelle vergessen worden, und man bitte, diese nachträglich ein-
der Kassenärztlichen Bundesver- einigung beziehungsweise den KVen und den Krankenkassen auf der Grundlage neuer einheitlicher und gemeinsam vereinbarter Lei- stungskataloge geben.
Auch den Gelüsten der Kran- kenhäuser, ihre Zuständigkeit auch für den ambulanten Sektor institutionell zu erweitern, soll ein Riegel vorgeschoben werden. Of- fen ist noch, wie das Verzahnungs- problem vor allem im hochspezia- lisierten Bereich der Versorgung durch dafür qualifizierte Ärzte mit rechtlichen Rahmenbedingungen bewerkstelligt werden kann.
Allein die Ortskrankenkassen haben sich bereits festgelegt, die Krankenhäuser künftig noch stär- ker in die Kosten- und Qualitäts- mangel zu nehmen. Es könne nicht angehen, daß die im stationären Sektor zögerlich eingeleiteten Re- formschritte auf halbem Weg ste- henbleiben. Hier müßten drakoni- sche Maßnahmen zur Disziplinie- rung des „Ausreißers Nummer 1"
Platz greifen. HC
zufügen; nämlich: Exodus XX, 1- 17.
Es handelt sich, wie der Schul- direktor hinzufügt, um die Zehn Gebote (um das auf Deutsch zu zi- tieren: 2. Buch Mose, Kapitel 20, Vers 1-17).
— Ein „Zeichen der Zeit"?
Wären manche vielleicht ganz ein- verstanden damit, daß wir die Zehn Gebote überhaupt „verges- sen"? gb Zehn Ge oote
Leider vergessen
Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 14, 7. April 1995 (1) A-975