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Archiv "Hyperkinetische Kinder - Möglichkeiten und Grenzen einer medikamentösen Behandlung" (16.09.1983)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin ÜBERSICHTSAUFSATZ

Hyperkinetische Kinder -

Möglichkeiten und Grenzen einer medikamentösen Behandlung

Gunter Groß-Selbeck

Aus dem Kinderneurologischen Zentrum

(Chefarzt: Privatdozent Dr. med. Gunter Groß-Selbeck) der Kliniken der Landeshauptstadt Düsseldorf

Über die Therapie des hyperkineti- schen Syndroms gibt es seit über drei Jahrzehnten eine kaum mehr übersehbare Fülle von Publikatio- nen, vor allem im anglo-amerikani- schen Schrifttum. Im Vordergrund der Betrachtungen steht dabei die Frage nach dem Stellenwert einer medikamentösen Behandlung.

Neben den Neuroleptika und den Antidepressiva sind es vor allem Psychostimulantien, insbesondere Amphetamine und Methylphenidat (Ritalin®), selten auch Pemoline (Tradon®), denen eine positive Wirkung auf das Verhalten hyper- kinetischer Kinder zugeschrieben wird und die mit den geringsten Nebenwirkungen einhergehen sol- len. Diese Pharmaka sind in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr ähnlich und durch eine sym- pathomimetische Wirkung ge- kennzeichnet (6)*). Ihr Wirkungs- mechanismus ist bisher nicht be- kannt. Der Gebrauch von Stimu- lantien hatte Ende der 60er Jahre in den USA und Kanada ein sol- ches Ausmaß angenommen, daß sich sogar die politische Öffent- lichkeit mit diesem Thema be- faßte.

Da nach anfänglicher Zurückhal- tung in letzter Zeit auch hierzulan- de vermehrt und nicht immer mit genügender Kritik der Einsatz von Psychostimulantien in der Thera- pie des hyperkinetischen Syn- droms empfohlen wird (13, 14), scheint der Versuch einer kriti- schen Stellungnahme gerechtfer-

tigt. Es soll daher in diesem Bei- trag besonders auf die medika- mentöse Behandlung mit Stimu- lantien eingegangen werden.

Die Angaben in der Literatur über eine günstige Wirkung bzw. den Erfolg einer StirrlUiantientherapie bei hyperkinetischen Kindern wei- chen erheblich voneinander ab (3, Tabelle 1 ). Die meisten kontrollier- ten Studien liegen für Methylphe- nidat vor; die klinische Erfahrung mit diesem Medikament ist inzwi- schen sehr viel umfangreicher als mit Amphetaminen. Pemoline ist nur in wenigen Untersuchungen erprobt worden (9, 11 ). Insgesamt wird bei etwa 75 bis 80 Prozent der mit Methylphenidat bzw. Amphet- aminen behandelten Patienten ei- ne positive Verhaltensänderung beschrieben, die vor allem in einer Reduzierung der übermäßigen motorischen Aktivität, einer Ab- nahme der Impulsivität und in ei- ner verbesserten Aufmerksamkeit gesehen wird (2, 5, 17, 18, 21, 24, 32, 36). Diese Erfolgszahlen beru- hen in der Regel auf einer Beurtei- lung durch Eltern und/oder Lehrer, selten auf objektiven Daten. Nur vereinzelt sind sie durch Untersu- chungen von vergleichbaren Kon- trollgruppen abgesichert. Zugege- benermaßen ist die Objektivierung des Erfolgs einer medikamentö- sen Behandlung auch nicht ein- fach und immer mit großem Zeit- aufwand verbunden. Wie schwie- rig eine objektive Beurteilung ist, zeigt die Tatsache, daß auch

Etwa drei Prozent aller Schul- kinder weisen ein hyperkine- tisches Syndrom auf, dessen

Kernsymptome Hyperaktivi- tät, Impulsivität, Aufmerksam-

keitsstörung und gesteigerte

Erregbarkeit sind. Hyperkine- tische Kinder bedürfen eines umfassenden therapeutischen Regimes. Hierbei kann beige- zieltem Einsatz eine medika- mentöse Behandlung mit Psy- chostimulantien hilfreich sein.

durch die Gabe von Plazebos in bis zu 54 Prozent der Fälle eine Besserung erzielt werden konnte (20, Tabelle 1 ).

Voraussetzung für den Beginn der Behandlung hyperkinetischer Kin- der mit Stimulantien ist- nicht zu- letzt auch zur Beurteilung des Therapieverlaufs bzw. des Thera- pieerfolges - die Sicherung der Diagnose mit Hilfe eines entspre- chenden Untersuchungsplans (Ta- belle 2). Die Diagnostik sollte ne- ben einer ausführlichen Ana- mnese und möglichst standardi- sierten Eltern-/Lehrer-Fragebögen (8) sowie einer Verhaltensbeob- achtung

..,.. eine eingehende neurologische Untersuchung beinhalten, bei der vor allem auf sogenannte "soft signs" zu achten ist; ferner eine psychologische Untersuchung mit verschiedenen Leistungstests zur Feststellung der intellektuellen Leistungsfähigkeit und zum Aus- schluß von Teilleistungsstörun- gen, insbesondere von visuellen und/oder akustischen Wahrneh- mungsstörungen.

Wenn auch offensichtlich keine monokausale Beziehung zwi- schen hyperkinetischem Syndrom einerseits und Symptomen einer zerebralen Dysfunktion anderer- seits besteht, so ist es im Hinblick

') D1e 1n Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.

40 Heft 37 vom 16. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Methylphenidat Amphetamin

Autoren Placebo

Zrull et al. (1963)

N 91

gebessert 57%

N 84

gebessert 37%

Knights u. Hinton (1969) 40 73% 40 54%

Rapoport et al. (1971) 16 69% 18 38%

Weiss et al. (1971) 26 94% 26 40%

Conners (1972) 81 96% 81 30%

Schain u. Reynard (1975) Conners u. Taylor (1980)

98 79% 48 8%

60 90% 60 34%

Tabelle 1: Ergebnisse vergleichender Untersuchungen hyperkinetischer Kinder mit Methylphenidat bzw. Amphetamin und Placebos

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Hyperkinetische Kinder

auf therapeutische Überlegungen unabdingbar, eine Leistungsüber- forderung, etwa aufgrund von Stö- rungen im kognitiven Bereich, auszuschließen. Ist doch bekannt, daß sich bei Kindern mit hyperki- netischem Syndrom gehäuft visu- elle Wahrnehmungsstörungen, ei- ne Beeinträchtigung der visuellen und der akustischen Speiche- rungsfähigkeit, vor allem der Kurz- zeitspeicherung visueller und aku- stischer Signale finden. Daneben sind in der Ätiopathogenese des hyperkinetischen Syndroms gene- tische bzw. konstitutionelle Mo- mente sowie frühkindliche emo- tionale und psychoreaktive Stö- rungen, möglicherweise auch so- ziale Faktoren von Bedeutung (35). Es ist anzunehmen, daß das hyperkinetische Syndrom in der Regel multifaktoriell bedingt ist.

Die Ansicht, daß Kinder mit einer zerebralen Dysfunktion besser auf Stimulantien reagieren als Kinder ohne diesbezügliche Symptome, wird in letzter Zeit nicht mehr auf- rechterhalten.

Die wesentlichen Symptome des hyperkinetischen Syndroms sind in Tabelle 3 aufgeführt. Hierzu ge- hören als „Kernsymptome" vor al- lem eine ziellose, dranghafte Hy- peraktivität, eine generelle Impul- sivität, eine hochgradige Aufmerk-

Anamnese standardisierte

Eltern-/Lehrer-Fragebögen Verhaltensbeobachtung neurologische Untersuchung Leistungsdiagnostik

(10, Wahrnehmung u. a.) Persönlichkeitsdiagnostik Tabelle 2: Untersuchungsplan bei Ver- dacht auf hyperkinetisches Syndrom

samkeitsstörung bei in der Regel normaler Begabung sowie eine gesteigerte Erregbarkeit, vielfach auch als „verminderte Frustra- tionstoleranz" bezeichnet.

• Eine Hyperaktivität liegt dann vor, wenn auf verschiedene Reize ein Übermaß an motorischen Re- aktionen erfolgt. Die Habituation solcher Reize ist erschwert, wenn nicht gar unmöglich. Hyperaktivi- tät kann allein als isoliertes Sym- ptom vorkommen, darf dann aber nicht mit dem hyperkinetischen Syndrom gleichgesetzt werden.

• Impulsivität ist das Gegenteil von Reflexivität. Impulsive Kinder

Kernsymptome (D ziellose,

dranghafte Hyperaktivität C) generelle Impulsivität C) hochgradige

Aufmerksamkeitsstörung

® gesteigerte Erregbarkeit (verminderte

Frustrationstoleranz) fakultativ

(meist Folge der o. g.

Symptome):

> Lern- und Leistungs- störungen

> emotionale Störungen

> dissoziales Verhalten Tabelle 3: Symptome des hyperkineti- schen Syndroms

tun oder äußern ständig etwas, oh- ne vorher die Konsequenzen be- dacht zu haben. Ihr Verhalten wirkt sprunghaft, in der Annähe- rung an andere fehlt ihnen die na- türliche Distanz.

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Die Aufmerksamkeitsstörung ist gekennzeichnet durch eine kur- ze Aufmerksamkeitsspanne, eine schwache Zentrierung der Auf- merksamkeit und die ungenü- gende Fähigkeit zur selektiven Aufmerksamkeit. Hyperkinetische Kinder können allen drei Aspekten der Aufmerksamkeit nicht genü- gen. Sie fangen ständig mit einer neuen Beschäftigung an, ohne die vorher gestellte Aufgabe beendet zu haben. Auf diese Weise geraten sie in ein erhebliches Lern- und Leistungsdefizit. Grundphänomen dieser Störung scheint die Unfä- higkeit zu sein, mit der Zuwen- dung zu relevanten Reizen gleich- zeitig die Reizeingangsschwelle für irrelevante Reize zu erhöhen und Störungen damit weitgehend auszublenden. Durch die geringe- re Selektionsfähigkeit bleiben vie- le Reize gleichbedeutend und Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 37 vom 16. September 1983 43

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Hyperkinetische Kinder

konkurrieren daher miteinander.

Dadurch werden Entscheidungs- konflikte erzeugt, die vielfach zu unverständlichen Reaktionen füh- ren, wie sie für hyperkinetische Kinder typisch sind.

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Eine gesteigerte Erregbarkeit oder verminderte Frustrationstole- ranz schließlich macht es unmög- lich, das für die Umgebung hyper- kinetischer Kinder sehr belasten- de Verhalten zu disziplinieren.

Hinzu kommt die erhöhte lrritier- barkeit, d. h. die starke Verunsi- cherung, die vor allem dadurch entsteht, daß hyperkinetische Kin- der ständig der Kritik ausgesetzt sind. Da ihre Reizschwelle ohne- hin erniedrigt ist, reagieren sie mit verstärkter motorischer Unruhe und zeigen vielfach unangemes- sen heftige Reaktionen, z. B. mas- sive Wutanfälle.

Aus diesen vier Kernsymptomen resultieren die in der Regel vor- handenen Lern- und Leistungsstö- rungen (Tabelle 3). Zwischen der Hyperaktivität, der Impulsivität und der Aufmerksamkeitsstörung des hyperkinetischen Kindes ei- nerseits und Lernschwierigkeiten mit all den daraus resultierenden Nöten andererseits besteht ein na- hezu regelhafter Zusammenhang.

Die Kausalbeziehungen sind je- doch unklar und erschweren häu- fig den gezielten Einsatz therapeu- tischer Maßnahmen, weil in der Regel nicht festzustellen ist, ob die Lernstörung die Unruhe oder die Unruhe die Lernstörung be- dingt. Wahrscheinlich besteht hier eine gegenseitige Abhängigkeit. ln jedem Fall wird dadurch der Schulerfolg gefährdet, und diese Gefährdung wiederum wird zum zentralen Problem der Familie. Die Diagnose "Hyperkinetisches Syndrom" sollte nur dann gestellt werden, wenn mindestens zwei der genannten "Kernsymptome"

vorhanden sind. Man kann davon ausgehen, daß etwa 3 Prozent al- ler Schulkinder ein hyperkineti- sches Syndrom aufweisen, Kna- ben 1 Oma I häufiger als Mädchen.

Medikament Dosierung

Methylphen idat 0,3 -1 ,0 mg/kg Amphetamin 0, 15--ü,5 mg/kg Pemoline 0,5 -2,0 mg/kg Tabelle 4: Dosierung der verschiedenen Stimulantien (19)

[> Zunahme

der Herzfrequenz

[> Anstieg des

systolischen und

diastolischen Blutdrucks

[> Inappetenz, Gewichtsab-

nahme

[> Schlafstörungen

[> Magenbeschwerden

[> Kopfschmerzen

[> dysphorische Reaktionen,

Stimmungslabilität

[> Tic, Dyskinesien

[> psychotische

Symptome

(Halluzinationen u. a.) Tabelle 5: Nebenwirkungen der Stimu- lantientherapie

Im allgemeinen werden Psychosti- mulantien erst ab dem Schulalter verabreicht, da die klinische Sym- ptomatik bei jüngeren Kindern in der Regel als weniger störend empfunden wird und die Wirkung der medikamentösen Behandlung bei hyperkinetischen Vorschulkin- dern offensichtlich weniger effek- tiv ist (7, 10, 28). Die Dosierung muß individuell erfolgen, da die Patienten sehr unterschiedlich auf die Behandlung reagieren. Die Wirksamkeit sowie auch eventuell auftretende Nebenwirkungen wer- den in der Regel schon nach weni- gen Tagen deutlich. Zu beachten ist, daß Störungen der Aufmerk- samkeit meist rascher und schon

mit geringerer Dosis günstig be- einflußt werden als die motorische Unruhe (5, 29).

Begonnen wird die Behandlung immer mit einer niedrigen Mor- gendosis. Da die Wirkung nur we- nige Stunden anhält, ist vielfach eine zweite (niedrigere) Mittags- dosis notwendig. Die Dosierungs- bereiche der verschiedenen Phar- maka sind in Tabelle 4 angegeben.

ln Tabelle 5 sind die Nebenwirkun- gen aufgeführt. Appetitlosigkeit und Schlafstörungen, insbesonde- re Einschlafschwierigkeiten, sind häufig, in der Regel jedoch tempo- rär und dosisabhängig. ln den an- gegebenen Dosierungen und bei entsprechender Überwachung ist auch bei langdauernder Gabe nicht mit wesentlichen Nebenwir- kungen zu rechnen. Das früher be- fürchtete Zurückbleiben des Grö- ßenwachstums konnte in neueren Untersuchungen nicht mehr be- stätigt werden (25). ln seltenen Fällen zwingt das Auftreten von Halluzinationen oder Tics bzw. Dyskinesien zum Absetzen der Medikation. Ein Mißbrauch von Stimulantien konnte bisher nicht nachgewiesen werden (22).

..". Es ist also festzuhalten, daß die medikamentöse Behandlung mit Stimulantien abzulehnen ist, so- lange die Diagnose "Hyperkineti- sches Syndrom" nicht nach den hier dargelegten Kriterien gesi- chert ist. Erst dann kann der Ein- satz von Stimulantien sinnvoll und durchaus hilfreich sein, indem nämlich Hyperaktivität und Impul- sivität gemindert, die Aufmerk- samkeit gesteigert und die Kinder damit weiteren therapeutischen Maßnahmen besser zugänglich werden. Diese positive Wirkung führt jedoch nicht automatisch auch zu einer Leistungssteigerung und zu besserem Lernerfolg (4).

..". Hyperkinetische Kinder bedür- fen einer mehrdimensionalen Be- treuung. Dazu gehört vor allem die regelmäßige Elternberatung mit dem Ziel, einerseits Verständnis zu wecken, andererseits Verhal- 44 Heft 37 vom 16. September 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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Hyperkinetische Kinder

tensstrategien für den täglichen Umgang mit dem Kind zu entwik- keln. Dabei sind Übungen im Sin- ne einfacher Verhaltensdressuren wenig sinnvoll. Eine vermehrte motorische Unruhe wird man nicht durch ständige Aufforderun- gen zum Stillsitzen eindämmen können. Um die Aufmerksamkeit zu verbessern, wird sich ein iso- liertes Training der Aufmerksam- keitsspanne sicher kaum positiv auswirken. Besser ist es, einzelne Arbeitsschritte mit dem Kind zu besprechen und Handlungsabläu- fe schrittweise zu strukturieren. Bei Kindern mit niedriger Frustra- tionstoleranz wird es immer wie- der darauf ankommen, dem Kind eine positive Rückmeldung zu ge- ben und negatives Verhalten -so- weit möglich -zu ignorieren.

~ Die Therapie mit Stimulantien sollte also immer in einen umfas- senden Therapieplan eingebun- den sein, auch wenn dies in der Praxis häufig nur schwer durch- führbar ist.

Die wenigen bisher vorliegenden Langzeitstudien haben gezeigt, daß eine Stimulantientherapie al- lein zwar anfänglich die motori- sche Unruhe und Aufmerksam- keitsstörung günstig beeinflussen kann; sie ist jedoch nicht in der Lage, eine andauernde Minderung der Schwierigkeiten im kognitiven Bereich und eine langfristige Ver- haltensänderung zu bewirken (15, 16, 33). Eine Besserung der Lang- zeitprognose des hyperkineti- schen Kindes wird am ehesten von einer kombinierten Behandlung zu erwarten sein (25, 26, 30). Literatur beim Sonderdruck (über Verfasser)

Anschrift des Verfassers:

Privatdozent Dr. med. Gunter Groß-Selbeck Chefarzt des Kinder- neurologischen Zentrums Kliniken der Landeshauptstadt Krankenhaus Gerresheim Gräulinger Straße 120 4000 Düsseldorf 12

Mitogen-Stimulierbarkeit von zirkulierenden

Lymphozyten

unter H

2

-Biocker-Therapie

Dem H2-Biocker Cimetidin werden immunstimulatorische Eigen- schaften zugeschrieben. Untersu- chungen mit verschiedenen In-vi- tra-Modellen haben gezeigt, daß Cimetidin die Proliferation menschlicher Lymphozyten auf Mitogene und Antigene verstärken kann. Mit Ranitidin steht seit kur- zer Zeit ein zweiter selektiver H2-

Biocker zur Verfügung.

Ob eine Behandlung mit Cimetidin und Ranitidin die Funktion zirku- lierender T-Lymphozyten verän- dern kann, wurde an 33 Patienten mit endoskopisch nachgewiese- nem Ulkus duodeni geprüft. Die Patienten erhielten in Doppel- blind-Anordnung 800 mg Cimeti- din oder 320 mg Ranitidin tgl. über 4 Wochen. Beide Patientenkollek- tive waren hinsichtlich Alter, Ge- schlecht, Dauer der Ulkuserkran- kung und Rauchgewohnheiten miteinander vergleichbar. Vor Be- handlungsbeginn, nach 14 und 28 Tagen wurden Lymphozyten aus dem peripheren Blut isoliert und gegenüber verschiedenen Mitoge- nen, wie z. B. Phythämagglutinin und Conkanavalin A getestet.

Die Zahl der Leukozyten und Lym- phozyten im peripheren Blut blieb unter einer 28tägigen Therapie mit Cimetidin und Ranitidin unverän- dert. Dagegen stieg bereits nach 14tägiger Behandlung mit Cimeti- din der Anteil der mit den ver- schiedenen Mitogenen stimulier- baren Lymphozyten um mehr als 10 Prozent an. Hingegen ließen sich unter Ranitidin derartige Ver- änderungen an zirkulierenden Lymphozyten nicht nachweisen. Die Ergebnisse zeigen, daß unter Cimetidin, nicht jedoch unter Ra- nitidin, der Anteil der mitogen-sti- mulierbaren Lymphozyten im peri- pheren Blut zunimmt. Der immun- stimulatorische Effekt von Cimeti-

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin FÜR SIE GELESEN

din dürfte daher nicht über klassi- sche H2-Rezeptoren an der Ober- fläche der Lymphozyten vermittelt

sein. mn

Peden, N. R.; Robertson, A. J.; Boyd. E. J_ S., et al.: Mitogen stimu lation of peripheral blood lymphocytes of duodenal ulcer patients du ring treatment with cimetidine and ranitidine, GUT 23 (1982) 398-403

Arzneimitteltherapie bei Epilepsie

Ist die Entscheidung zur Behand- lung eines Epileptikers einmal ge- troffen, ist die Beachtung grundle- gender Kenntnisse über Vor- und Nachteile der Behandlung, toxi- sche Effekte, die Pharmakakinetik und die mit jedem Krampfmittel einhergehenden Wechselwirkun- gen unerläßlich.

Die Bestimmung der Serumkon- zentration und die Anwendung in der therapeutischen Breite sollten es jedoch ermöglichen, ein Dosie- rungsschema zu finden, das die Konvulsionen ohne unnötige toxi- sche Effekte adäquat bekämpft.

Spezielle Überlegungen sind bei der Wahl der Antikonvulsiva in der Schwangerschaft, bei Fieber- krämpfen und beim Status epilep- ticus nötig. Die genaue Diagnose der Anfallsart, die Wahl der opti- malen Medikation, die Überwa- chung der Serumkonzentrationen und die regelmäßige Kontrolle des Patienten maxtmteren dessen Chance, wieder ein normales Le- ben zu führen. Gute Kenntnisse der Pharmakakinetik erleichtern die optimale Anwendung einer mi- nimalen Anzahl von Antikonvul- siva.

Ein Absetzen der Medikation ist nach 4 bis 5 anfallsfreien Jahren möglich; bei mehr als 30 Prozent- so die Autoren - treten danach jedoch erneut Anfälle auf. Dpe

Rosenbloom, D.; Upton, A. R. M.: Drug treat- ment of epilepsy: a review, Canadian Medical Association J. 128 (1983) 261-270, Dr. Adrian R. M. Upton, Division of neurology, McMaster University, Hamilton, Ont. L8N 3Z5, Kanada

Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 37 vom 16. September 1983 47

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