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Assessment-Center: der Stein der Weisheit?

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Academic year: 2022

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54 | TRAiNiNG Nr. 3/10

B

ereits 1920 wurden die ersten Assess- ment-Center (AC) durchgeführt, um die Kandidaten ganzheitlich bewerten zu können. Damals hatte es einen militäri- schen Beweggrund: Es sollten potenzielle Führungspersönlichkeiten – in diesem Fall Offiziere – herausgefiltert werden, ohne auf Daten wie sozialen Hintergrund etc.

zu achten. Chancengleichheit und Gerech- tigkeit waren Schlüsselworte. 1927 bereits musste jeder Offizier, der ernannt wurde, an einem »heerespsychologischen Aus- wahlverfahren« teilnehmen.

Seither hat sich einiges getan hinsichtlich Methoden, Objektivierung, Validität etc.

und natürlich verbreitete sich der Einsatzbe- reich. AC sind vor allem im deutschsprachi- gen Raum und in Großbritannien verbrei- tet – in den USA beispielsweise hat es den Beigeschmack, Randgruppen zu diskrimi- nieren und findet daher kaum Verwendung.

Unterschiedliche Zielgruppen

Obwohl AC demnach in unseren Breiten bereits ein alter Hut sind, stellen sie nach wie vor eine Herausforderung dar – bei Weitem nicht nur für die Kandidaten, son- dern auch für das Unternehmen und die

Assessoren. Die Situation ist immer ein wenig unterschiedlich und das AC muss an die spezifische Situation angepasst werden.

Speziell möchte ich auf die unterschiedli- chen Zielgruppen eingehen: interne versus externe Bewerber.

Wird beispielsweise eine Führungsposition besetzt und dafür interne sowie externe Kandidaten zu einem AC gebeten, so sieht man sich zwangsläufig mit zwei unter- schiedlichen Zielgruppen konfrontiert.

Die Internen sind mit dem Unterneh- mensumfeld, der Kultur und oft auch dem relevanten Tätigkeitsbereich ver- traut. Die Assessoren auf der anderen Seite können auf unternehmensinterne Erfahrungswerte zurückgreifen.

Dem gegenüber stehen die externen Be- werber, die über wenig bis kein internes Wissen verfügen und die auch für die As- sessoren meist ein unbeschriebenes Blatt darstellen.

Das AC ist grundsätzlich so anzulegen, dass Chancengleichheit besteht, doch aufgrund der unterschiedlichen Voraus- setzungen dieser Zielgruppen muss man überlegen, ob diese Unterschiede auch im AC Niederschlag finden.

Assessment-Center:

der stein der Weisheit?

Ob Um-, Auf- oder

Neueinstieg, ein Assessment- center muss her, um

zielsicher die spreu vom

Weizen zu trennen. eva

selan geht speziell auf jene

Ac ein, an denen sowohl

interne als auch externe

Bewerber teilnehmen.

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Mag. Charlotte Eblinger (Geschäftsfüh- rung, Eblinger & Partner Personal- und Managementberatung) erläutert: »Exter- ne Bewerber kennen die Assessoren meist nicht. Die Assessoren sind zukünftige Vor- gesetzte, Personalverantwortliche, Ge- schäftsführer, die internen Kandidaten be- kannt sein müssten.

Die Fallstudien sind für interne Bewerber meist besser nachzuvollziehen und nicht rein fiktiv. Auch in Rollenspiele können sich interne Kandidaten meist besser hi- neinversetzen, sind sie doch ihrer Realität entnommen.

Ein AC mit internen Bewerbern kann so aufgebaut sein, dass Angaben und Fallstu- dien viel konkreter und mit echten Zahlen hinterlegt sind, da die Gefahr, dass Insider- Wissen das Haus verlässt, nicht gegeben ist.

Die Bewertung von lange bekannten Kolle- gen ist schwerer, Vorurteile können auftre- ten. Die Schulung der Assessoren, das Legen des Hauptaugenmerks auf vorher vereinbar- te Parameter und die Unvoreingenommen- heit sind wichtige Erfolgskriterien für ein in- ternes AC. Ein externer Assessor als ›objek- tiver‹ Teilnehmer ist hier anzuraten.«

Mag. Barbara Mühlwerth (Beraterin, 5p Consulting GmbH) bestätigt: »Grundsätz- lich ist es bei internen Bewerbern weniger wichtig, die Passung zum Unternehmen zu berücksichtigen. Dafür ist es hier sinn- voll, andere personaldiagnostische Ergeb- nisse, beispielsweise aus dem Performance Management, aus 360°-Feedbacks oder der Einschätzung der Führungskräfte mit einzubeziehen. Daher muss man sich bei einem AC mit internen Bewerbern ledig- lich auf jene Komponenten konzentrieren, die nicht durch interne vertrauenswürdige Quellen zu erheben sind. Liegt zu einem internen Kandidaten bereits das Ergebnis eines 360°-Feedbacks vor, muss z. B. die Kooperationsfähigkeit zu Kollegen nicht notwendigerweise erhoben werden. Durch derartige Synergien wird das AC gestrafft.

Um authentische Handlungen der internen Bewerber erheben zu können, muss auch die Distanz der internen Assessoren und Rollenspieler zu den Mitarbeitern gegeben sein. In kleineren Unternehmen ist dies si- cherlich schwierig und kann durch einen höheren Anteil externer Assessoren abge- federt werden.«

Mag. (FH) Peter Rieder (Recruiting & Per- sonalentwicklung, Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien) beschreitet einen anderen Weg:

»Wenn man ein transparentes Verfahren will, macht man keinen Unterschied zwi- schen internen und externen Bewerbern.

Wir sind bei der Besetzung von Führungs- positionen zu sogenannten Hearings über- gegangen. Alle Kandidaten – interne wie externe – bekommen eine Angabe zum Vorbereiten (Präsentation über ihr Füh- rungsverhalten, spezifische Führungssitu- ationen, …). Beim Hearing starten wir mit einer spontanen Selbstvorstellung, danach kommt die vorbereitete Präsentation und dann vorbereitete Fragen durch uns. Damit haben alle Kandidaten die gleiche Angabe und die gleiche Zeit zur Vorbereitung. Das macht das Verfahren für uns transparent.

So schalten wir auch den internen Vorteil aus. Wir haben so bereits Führungskräfte der 2. Ebene besetzt.«

Nicht zu unterschätzen sind die »Nachwir- kungen« von AC: Da nur ein Kandidat die Stelle erhalten wird, kann es zu Spannun-

gen kommen – wie immer wenn sich meh- rere Personen für eine Stelle bewerben.

Besonderes Augenmerk ist auch auf das Feedback zu legen – gerade wenn es sich um interne Mitarbeiter handelt, die im Un- ternehmen verbleiben und mit der »Nie- derlage« vor sich, den Kollegen und den Vorgesetzten zurechtkommen müssen. Es geht um wertschätzendes – ehrlich ge- meintes (!) – Feedback, das das AC und dessen Ergebnisse eher als persönliche Ent- wicklungschance darstellt.

Praktische Beispiele

AC leben von praktischen Übungen. Frage an die Experten:

Welche Methoden wenden Sie gerne in AC an? Geben Sie bitte praktische Beispiele und erklären Sie, warum gerade diese für Sie re- levant sind.

Peter Rieder

Charlotte Eblinger Daniela Schlick

www.trinergy.at

Prof.Dr.Dr. Gerhard Roth

bei Trinergy in Wien

TRINERGY

INTERNATIONAL

EUROPAS No.1 für COACHING & NLP PRÄSENTIERT

„Veränderung - Möglichkeiten und Grenzen aus der Sicht der Hirnforschung“

Freitag, 21. Mai 2010 / 19 Uhr

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Dr. Karl Piswanger (Geschäftsführer, Dr.

Pendl & Dr. Piswanger GmbH): »Folgen- den Übungsmix sehen wir als relevant:

Rollenspiele: Ein gut ausgebildeter Rol- lenpartner kann die beobachtbaren Ver- haltensweisen, die zur Entscheidung beitragen, exzellent herausarbeiten. Be- sonders geeignet für interne Auswahl- prozesse, Verkauf und Führung.

Gruppenarbeiten in nicht vorstrukturier- ten Gruppen: Die Rollenbilder model- lieren sich sehr genau heraus – und man sieht, wie Teilnehmer reagieren, wenn sie sich in für sie unerwünschten Rollen wie- derfinden.

Manuelle Gruppenarbeiten (Turmbau- en oder ähnliche Bastelarbeiten) zeigen, wie sich Teilnehmer in herausfordernden, zielorientierten Gruppensituationen ver- halten.

Gruppendiskussionen sind hervorragend geeignet für Evaluierung von Teamorien- tierung.

Organisationsaufgaben.

Wir verwenden keine Übungen und Spiele, die unnötigen Stress oder unnötige Angst hervorrufen. Diese Art von Übungen hat AC in der Vergangenheit negativ belastet.«

Mag. (FH) Christina Riedl (Geschäftsfüh- rerin, trilog G. Riedl): »Für unsere Poten- zial-Assessments erarbeiten wir zunächst gemeinsam mit dem Auftraggeber Auf- gabenstellungen, die dem Arbeitsalltag entsprechen. Das können je nach Aufga- bengebiet Mitarbeitergespräche, Kunden- gespräche, Firmenpräsentationen, Ange- botspräsentationen oder Verhandlungsge- spräche sein. So können wir erheben, in welchen Bereichen der täglichen Arbeit

Stärken bzw. Defizite vorhanden sind. Die Erkenntnisse daraus dienen als Basis für gezielte Entwicklungsmaßnahmen.«

Daniela Schlick (HR-Expertin, StepStone Österreich): »Wir halten uns an die be- währten Komponenten, die in den meis- ten Unternehmen zum Einsatz kommen, wie z. B. das kompetenzbasierte Interview, Selbsteinschätzung zu Motivation und Führung, Gruppendiskussion (z. B. Mee- ting), Rollenspiel (z. B. Gehaltsgespräch), Präsentationsübung (z. B. Soll/Ist-Ver- gleich), Testverfahren (z. B. Persönlich- keits- oder Intelligenztest), strategische Fallstudien, Postkorbsimulation, Feed- back-Gespräch. Beispiele:

Beim kompetenzbasierten Interview etwa handelt es sich um ein halbstrukturiertes Bewerberinterview, dessen Fragen haupt- sächlich um den Kompetenzbereich krei- sen. Meist dauert dieses Gespräch 30 bis 40 Minuten.

Mitarbeitergespräch: Die Kandidaten erhalten eine Instruktion für ein simu- liertes Mitarbeitergespräch. Bei dieser Übung geht es darum, in die Führungs- rolle zu schlüpfen und in dieser Rolle das Zielgespräch zu führen. Dabei wird beobachtet, wie die Kandidaten an diese Situation herangehen und wie sie diese bewältigen.«

Charlotte Eblinger: »Wir wenden vier Me- thoden an:

1. Selbstpräsentation (mit/ohne Hilfe von Medien)

2. Ausgewählte Fragen zum Alltag der neuen Rolle: Wie haben Sie bisher ge- führt? Welche Visionen haben Sie für die neue Aufgaben? Was waren Ihre Er- folge? Was Ihre Misserfolge? Wie finden Sie Lösungen, wie Strategien? … 3. Fallstudie

4. Rollenspiel (Mitarbeitergespräch, Kritik, Krise …)«

Barbara Mühlwerth: »Grundsätzlich pfle- gen wir einen hermeneutischen Zugang, statt uns auf Scheinobjektivität zu beru- fen. Im Mittelpunkt steht der Versuch der Assessoren, ein gemeinsames Verständnis vom Bewerber, seiner Person, und seiner Passung zur Rolle zu erhalten, statt An- forderungsprofile systematisch abzuar- beiten.

In handlungsorientierten Rollenübungen erheben wir zunächst die Ziele des Be- werbers, wie er die Situation konstruiert Assessment-center im Bildungscontrolling

(von Christina Riedl, trilog)

Die Frage: »Ist Bildung messbar?« beschäftigt Wissenschaft und Wirtschaft nun schon seit geraumer Zeit. Diese Frage wird oft mit pauschalen Aussagen wie »Man nehme aussagekräftige Instrumente, die einen Steuerungsprozess zulassen und setze diese an den richtigen Stellen ein« beantwortet. Die Experten in Sachen Organisations- und Personalentwicklung von trilog haben es sich darum zum Ziel gemacht, ein praxis- orientiertes System zu entwickeln, das das Potenzial und den Bildungserfolg von be- stehenden und zukünftigen Mitarbeitern bis auf die Verhaltensebene messbar macht.

Der Unterschied zu herkömmlichen Assessment-Centern ist vor allem die Anwen- dung vor und nach einer Ausbildungsreihe, um Fortschritte messbar zu machen. Das System, das in Zusammenarbeit mit der FH Wr. Neustadt entwickelt wird, misst das Potenzial und den Fortschritt der Mitarbeiter auf den Ebenen soziale Kompetenz, Füh- rungsverhalten, Know-how, systematisches Denken und Handeln sowie Selbstrefle- xionsfähigkeit. Über eine neuartige Verknüpfung von Verhaltensbeobachtungen und einem eigens entwickelten IT-System können die Potenziale und die Fortschritte auf diesen Ebenen erfasst werden. Mithilfe dieses Systems können Unternehmen, neben der Unterstützung in der Personalauswahl, ihre Bildungsmaßnahmen gezielt steuern und den Bildungserfolg einer Maßnahme messbar machen. Personalabteilungen kön- nen ihr Budget in Ausbildungen investieren, die nachweisliche Erfolge bringen.

Das vom Land Niederösterreich unterstützte Projekt wird Ende 2010 fertiggestellt wer- den. Am 23. September können Sie im Rahmen der Personal Austria das System erst- mals in Aktion erleben.

Karl Piswanger

Barbara Mühlwerth Christina Riedl

bezahlter Text

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und die Wirkung des beobachtbaren Ver- haltens. Zusätzlich werden sein Rollenver- ständnis und seine Absichten reflektiert.

Durch das Einbeziehen des Feedbacks des Rollenspielers wird die subjektive und emotionale Wirkung des Teilnehmers be- rücksichtigt, die das Ergebnis wesentlich beeinflusst. Beispielsweise kann eine Füh- rungskraft die von einem eher negativen Menschenbild geprägt ist, der Meinung sein, in einem Führungs-Coachingge- spräch wertschätzend und vertrauensvoll gehandelt zu haben. Hinsichtlich der Wir- kung auf sein Gegenüber kann das Ergeb- nis (für den AC-Kandidaten) aber oft über- raschend ausfallen.

In einer Selbstreflexion gegen Ende des ACs, gestützt durch Feedback und Poten- zialanalysen, präsentiert sich der Bewerber mit seinen Stärken und Schwächen, seinen Lernzielen und Maßnahmenvorschlägen zu deren Erreichung. Im Rahmen dieser Selbstreflexion lässt sich erkennen, wie ein Teilnehmer das Feedback, das er während des ACs erhalten hat, integriert und wie in- tensiv und konkret er sich letztlich mit sei- nen Stärken und Entwicklungsfeldern aus- einandersetzt.«

Peter Rieder: »Wir veranstalten AC vor al- lem für junge Kundenbetreuer, also Schul- und Universitätsabsolventen, die sich als Kundenbetreuer beworben haben. Dem- entsprechend sind immer eine Selbst- präsentation dabei, ein Verkaufsgespräch und eine Diskussion – entweder aktuel- le Themen oder Raiffeisen. Allerdings verzichten wir auf die allgemein belieb- ten Stressübungen, da wir den Wert dar- in nicht erkennen. Wichtig ist für uns, in diesen AC vor allem festzustellen, welche Leidenschaft die Kandidaten für das Kun- dengeschäft haben. Das ist das Wesent- lichste. Fachlich ist uns bewusst, dass die jungen Leute das Bankgeschäft noch nicht kennen und können.«

Validität

Im Grunde ist – bei all diesen Methoden – die Frage: Wie valide ist das Ergebnis?

Kriterien der Validität können in drei Ar- ten geteilt werden:

Die Konstruktvalidität ist hoch, wenn die Übungen jene Fähigkeiten erfassen, die gemessen werden sollen.

Die inhaltliche Validität (auch Reprä- sentationsgültigkeit) ist hoch, wenn die Übungen eine repräsentative Stichprobe der tatsächlichen (Arbeits-)Inhalte dar- stellt.

Die prognostische Validität (auch prädik- tive Validität und Vorhersagegültigkeit) ist hoch, wenn die Ergebnisse des AC in empirisch nachweisbarer Beziehung ste- hen zum tatsächlichen – späteren – be- ruflichen Erfolg.

Soweit die Theorie.

Die Praxis kann nur dann sinnvoll sein, wenn sie diese Theorie berücksichtigt!

Charlotte Eblinger sagt entschieden: »Ein AC ist die valideste Methode in der Perso- nalauswahl. Indem wir altes bzw. vorhan- denes Verhalten sichtbar machen, können wir auf zukünftiges Verhalten schließen.

Im Vergleich zum Interview kann man im AC durch Rollenspiele und Fallstudien evaluieren, ob die vorher getätigten Aussa- gen auch der Realität entsprechen, ob ein Kandidat die theoretischen Angaben über sich auch in der Praxis lebt. Viele Kandida- ten beschreiben sich und ihre Qualifikatio-

Zielgruppengerechte Vorträge & Workshops Wer ist die Zielgruppe?

SIE sind es:

Personalisten &

Personaldienstleister HR-Netzwerk-Treffen

Kooperationspartner:

HR-Netzwerk-Treffen

Ort: 1030 Wien

Teilnahme kostenfrei

Anmeldung: anmeldung@hrcircle.at, www.hrcircle.at

Die nächsten Termine in Linz:

26. Mai HR-Circle macht Station in Linz!

14.00 Vorträge zum Thema „Entlastung“

in Wien:

27. Mai DI Marian Dermota 18.00 (MD Consult Dermota)

„Ich muss Sie kündigen“ – wie gehen beide Seiten damit um?

weitere Termine: www.hrcircle.at

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nen nicht so, wie sie der Realität entspre- chen, sondern eher so, wie sie sich selbst sehen wollen.

Im AC sind darüber hinaus meist mehre- re Beobachter anwesend, die ihre Eindrü- cke danach vergleichen. Ein AC dauert im Normalfall länger als ein Interview, was den Eindruck vertieft, ein AC folgt einem strukturierten Gesprächsfaden sowie vor- bereiteten Cases, sodass die Vergleichbar- keit der Kandidaten oft besser gegeben ist als im klassischen Interview.«

Christina Riedl meint hingegen: »AC ha- ben ihre Schwächen, wenn es darum geht, bestimmte psychologische Konstrukte ab- zuprüfen, sie stellen aber dennoch eines der validesten Verfahren dar. Für den Pra- xisalltag können durchaus vernünftige Schlüsse daraus gezogen werden. Mit unse- ren AC messen wir meist spezifische Ver- haltens- und Arbeitsweisen aus dem Be- rufsalltag, somit sind sie schwer mit psy- chologischen Konstrukten vergleichbar.

Um eine hohe Durchgängigkeit und Kon- stanz in den Ergebnissen erreichen zu können, achten wir besonders auf zwei Faktoren: Die Assessoren sind vor allem in ihrer Wahrnehmungs- und Feedback- fähigkeit gut ausgebildet. Darüber hinaus achten wir darauf, dass Assessoren einem Unternehmen über einige Zeit beständig zur Verfügung stehen. Sie kennen einer- seits die Besonderheiten und Bedürfnis- se des Kunden gut, haben aber dennoch die ›Außenbrille‹. Die Beobachtungskri- terien werden mit klar und differenziert ausformulierten Items hinterlegt, um die Ergebnisse konstant und die Interpreta- tion möglichst gering zu halten. Weiters achten wir darauf, dass die Aufgabenstel- lungen in AC an die ›echten‹ Arbeitsab- läufe und Situationen im Unternehmen angepasst sind und die Realität so gut wie möglich simulieren.«

Wie sich ein Bewerber künftig tatsächlich verhält, hängt neben den Kompetenzen im Wesentlichen davon ab, ob er sie einbringen

will und aufgrund der vorhandenen Rah- menbedingungen auch kann. Mag. Bar- bara Mühlwerth: »Im Rahmen klassischer AC wird lediglich das Können erhoben und dann auf zukünftiges Verhalten geschlossen.

Für uns sind vier Komponenten relevant:

Was kann der Bewerber?

Welche Potenziale hat er (also zu entwi- ckelnde Kompetenzen)?

Welche Einstellungen und Motive hat der Bewerber?

Wie fügt sich der Bewerber in die Orga- nisation ein? – Also die Frage nach der Passung zum Unternehmen und seiner Kultur.

Um diese Komponenten zuverlässig zu er- heben, berücksichtigen wir bei AC Folgen- Im Vorfeld erheben wir für die Position er-des:

folgskritische konkrete Situationen (Wor- auf kommt es wirklich an?), statt Anforde- rungslisten, die oft nur messen, was leicht messbar ist aber nicht

das, was relevant ist.

Durch diese Metho- de erhalten wir nicht nur eine hohe Rele-

vanz der beobachteten Handlungen son- dern auch hohe Passung an die Realität des Unternehmens.

Statt Verhalten erheben wir Handlungen mit ihrer Absicht, ihren Zielen und ihrer Wirkung und reflektieren Rollenverständ-

nis und Orientierungen des Bewerbers.

Die Integration biografischer Interviews und gebenchmarkter Potenzialanalysen si- chert zusätzlich Informationen über Moti- vation, Einstellungen, Werte und persön- lichen Rahmen des Bewerbers und damit letztlich die Passung zum Unternehmen.«

Gut gemachte AC sind im Grunde hochva- lide Verfahren, da sie unterschiedliche Me- thoden vereinen, die sich gegenseitig stüt- zen und die Unschärfen minimieren. Lei- der werden oft die Hausübungen, die im Vorfeld eines AC zu erledigen sind, nicht oder nur ungenügend gemacht: die Frage nach dem »Was soll gemessen werden?«

und dem »Wie erheben wir diese Items bestmöglich?« Einfach ein Set von Übun- gen zu verwenden, die in der Vergangen- heit gut funktionierten, führt nicht auto- matisch dazu, das zu messen, was gemes- sen werden soll. Hilfreich sind natürlich auch Beobachter, die darauf geschult sind, das zu erkennen, worauf sie achten und was sie bewerten sollen.

Folglich stellt sich die Frage: Wer eignet sich als Assessor (interne oder externe As- sessoren) und wie sollen Assessoren-Aus- bildungen aufgebaut sein?

Interne versus externe Assessoren

»Firmeninterne Beobachter sind immer beizuziehen!«, ist Daniela Schlick über- zeugt, denn es schafft bei ihnen einen Mehrwert: »Sie profitieren von einem AC, denn sie haben die Möglichkeit, ihre Be- obachtungs- und Be- urteilungskompeten- zen zu trainieren und ihre Sensibilität für zwischenmenschli- che Belange zu steigern. Das Verfahren op- timiert Fähigkeiten, die im Führungsalltag gefragt sind. Selbstverständlich müssen sich vor allem neue Beobachter vor dem AC einem Beobachtertraining unterzie- hen.«

Karl Piswanger bestätigt: »Da AC heut- zutage sehr intensiv für interne PE-Maß- nahmen eingesetzt werden, empfiehlt sich immer ein Mix aus externen und internen Assessoren, die beide sehr gut ausgebildet sind und die Kriterien exakt kennen. In- terne Assessoren hinzuzuziehen ist an sich schon ein guter PE-Prozess, da die inter- nen Assessoren lernen, feinfühliger auf Menschen zu reagieren, mit ihnen umzu- gehen, und diese zu führen.«

Mit einem Mix beider, können viele Vor- teile genutzt werden. Falsch wäre es aller- dings, irgendwelche Führungskräfte als Assessoren einzusetzen, ohne sie entspre-

chend auf diese Rolle vorzubereiten.

Grundsätzlich gilt es zu überlegen, ob Per- sonalauswahl nicht generell Führungs- aufgabe ist und nicht ausgelagert werden sollte. Anhand dieser Überlegung scheint es abwegig, ausschließlich auf externe As- sessoren zurück zu greifen. Wenn externe Assessoren eingesetzt werden, sollte immer

auch ein interner hinzugezogen werden.

Info

5p Consulting www.5p-consulting.com

Eblinger & Partner Personal- und Managementberatung www.eblinger.at

Dr. Pendl & Dr. Piswanger www.pendlpiswanger.at

StepStone Österreich www.stepstone.at

trilog G. Riedl www.trilog.at

»Ich halte nichts von

2-tägigen mega-Ac!«

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Assessoren-Ausbildungen

Die Aufgabe, eine Assessoren-Rolle zu übernehmen, ist nicht trivial. Sie erfor- dert gutes Beobachtungsvermögen und viel Fingerspitzengefühl. Dazu sagt Danie- la Schlick: »Beobachter haben die Aufgabe, das Verhalten der Kandidaten im AC zu be- obachten. Sie müssen ihre Wahrnehmun- gen mithilfe eines Beurteilungssystems in Urteile umsetzen. Die Anforderungen an die Beobachter reichen vom richtigen Umgang mit dem Beurteilungssystem bis zur sensiblen Führung des Feedback-Ge- sprächs. Assessoren müssen den Spagat zwischen dem vertrauten Ansprechpart- ner und der Rolle des distanzierten Prü- fers schaffen. Es ist besonders wichtig, alle

›neuen Beobachter‹ zeitgerecht mit dem Inhalt und dem Ablauf der Übungen so- wie mit dem Beurteilungssystem vertraut zu machen. Idealerweise durchlaufen sie die Übungen einmal selbst.« Zusätzlich muss natürlich eine grundlegendere Aus- bildung geboten werden.

Diese beinhaltet laut Karl Piswanger:

»Ziele, Nutzen, Regeln, Inhalte und Ab- läufe von AC

Anforderungsprofile erstellen und ›lesen‹

können

Was ist wie zu beobachten (verbales und nonverbales Verhalten), Rollenbilder, Vorurteile, Beobachtungsfehler

Beschreiben von Verhalten

Grundlagen der Rollenspiele, Fallstudien und Gruppenaktivitäten

Beobachtung und Bewertung; Zuord- nung von Beobachtung und Anforde- rungsmerkmalen

Menschentypen

Umgang mit Konflikt und Stress

Feedback-Gespräche

Durchführen von Probe-Assessments.«

Eine Assessoren-Ausbildung geht auf die Person des Assessors selbst ein – auf des- sen Prägungen, Einstellungen, Werthaltun- gen etc.

Darauf aufbauend kann eine werthaltende Beobachtung entstehen.

Ein interner Assessor muss immer auch die interne »Wertebrille« mitdenken, die meist nützlich ist, andererseits aber den Blick über den berühmten Tellerrand stark einschränkt.

Ein externer Assessor muss sich zwar in die Rahmenbedingungen, Anforderungen etc. des Unternehmens einarbeiten, dafür bringt er den Vorteil mit, nicht betriebs- blind zu sein. Es fällt ihm leichter, eine ge- wisse Objektivität an den Tag zu legen.

Fazit

Ein Schluss-Statement von Peter Rieder:

»Ich denke, dass ein AC einen guten Ge- samtüberblick gibt. Wenn die Übungen passend zur Stelle ausgewählt sind (was oft nicht der Fall ist), dann kann man nach relativ kurzer Zeit einen guten Ein- druck von einem Menschen gewinnen.

Allerdings halten wir nichts von 2-tägigen Mega-AC, da unsere Erfahrung zeigt, dass man nach einem halben Tag kaum mehr neue Aspekte entdeckt. Es gibt aber unse- rer Erfahrung nach Kandidaten, die bei- spielsweise sehr gut präsentieren, aber in anderen Bereichen, z. B. beim Verkaufsge- spräch, schlecht performen. Eine Vielfalt in den Übungen ergibt daher sicherlich Sinn.«

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Referenzen

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