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Büro Landesumweltanwalt

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Academic year: 2022

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Meranerstr. 5, 6020 Innsbruck, Österreich | http://www.tiroler-umweltanwaltschaft.gv.at Informationen zum rechtswirksamen Einbringen und Datenschutz unter https://www.tirol.gv.at/information

Büro Landesumweltanwalt

Dr.in Carmen Loewit Bezirkshauptmannschaft Imst

Umweltreferat

Stadtplatz 1 6460 Imst

Telefon 0512/508-3498 Fax 0512/508-743495 landesumweltanwalt@tirol.gv.at

UID: ATU36970505

Wohnungseigentum, Tiroler Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H., Innsbruck;

Wohnanlage Mühlleite auf Gp 3112 und 3113, KG Jerzens – naturschutzrechtliche Bewilligung;

BESCHWERDE

Geschäftszahl – bei Antworten bitte angeben

LUA-2-1.1/106/4-2021 (IM-NSCH/B-695/6-2021) Innsbruck, 16.07.2021

Beschwerdeführer: Landesumweltanwalt von Tirol

Meranerstraße 5 6020 Innsbruck

Belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Imst

Mitbeteiligte Parteien: 1. Wohnungseigentum, Tiroler Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H.

Südtiroler Platz 8 6020 Innsbruck 2. Gemeinde Jerzens zH Bgm Karl Raich Außergasse 220 6474 Jerzens

Bescheidbeschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 28.06.2021, Zl IM-NSCH/B-695/6-2021, zugestellt am 05.07.2021, betreffend die naturschutzrechtliche Bewilligung zur Errichtung der Wohnanlage Mühlleite auf den Gp 3112 und Gp 3113, beide KG Jerzens, erhebt der Landesumweltanwalt von Tirol innerhalb offener Frist Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol und stellt die

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Anträge, das Landesverwaltungsgericht Tirol möge

der Beschwerde Folge geben, den angefochtenen Bescheid beheben und stattdessen den Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung abweisen

in eventu

die Angelegenheit gemäß § 28 Abs 3 VwGVG zur Ergänzung des maßgeblichen Sachverhaltes und zur Erlassung eines neuen Bescheids an die Bezirkshauptmannschaft Imst zurückverweisen.

Des Weiteren wird der Antrag gestellt, das Landesverwaltungsgericht möge gemäß § 24 VwGVG eine öffentliche mündliche Verhandlung durchführen.

Begründung

1. Allgemeines:

Eingangs ist anzumerken, dass der Landesumweltanwalt sämtliche Bestrebungen, leistbaren Wohnraum für die Bevölkerung zu schaffen begrüßt – allerdings unter der Prämisse einer durchdachten, die Natur möglichst wenig beeinträchtigenden Standortwahl.

Vor allem der Umstand, dass trotz bereits vorhandenem Bauland weiterhin Grünland in Bauland umgewidmet wird, ist vor dem Hintergrund des massiven Bodenverbrauchs aus Sicht des Landesumweltanwaltes als äußerst problematisch anzusehen.

Werden aus naturkundlicher Sicht sensible Bereiche von einem Projekt berührt, so ist ein ordnungsgemäß durchgeführtes Verfahren unter Miteinbeziehung sämtlicher relevanter Datengrundlagen und einer rechtmäßigen Interessensabwägung unumgänglich. Schließlich profitieren sowohl Mensch als auch Natur von Flächen wie der im gegenständlichen Verfahren bedrohten Feldgehölzgruppe bzw Streuobstwiese.

2. Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit:

Gemäß § 36 Abs 8 TNSchG 2005 kommt dem Landesumweltanwalt in allen naturschutzrechtlichen Verfahren, mit Ausnahme von Verwaltungsstrafverfahren, Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zu. Der Landesumweltanwalt ist weiters berechtigt, zum Schutz jener öffentlichen Interessen, deren Wahrnehmung ihr/ihm gesetzlich aufgetragen ist, gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben.

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Der angefochtene Bescheid wurde dem Landesumweltanwalt am 05.07.2021 auf elektronischem Wege zugestellt und spricht über einen Antrag auf naturschutzrechtliche Bewilligung ab.

Die gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst erhobene Beschwerde ist daher rechtzeitig und zulässig.

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3.1. Antragsgegenstand:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Imst wurde der Wohnungseigentum, Tiroler Gemeinnützige Wohnbaugesellschaft m.b.H., vertreten durch den Geschäftsführer XXXX XXXXXX, Südtiroler Platz 8, 6020 Innsbruck die naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Errichtung der Wohnanlage „Mühlleite“ auf den Gp 3112 und 3113, KG Jerzens erteilt.

Die geplante Wohnanlage besteht dabei aus drei miteinander verbundenen Wohnhäusern, die jeweils Erdgeschoß sowie drei Obergeschoße umfassen.

3.2. Beschreibung des Projektstandorts aus naturkundlicher Sicht:

Die Maßnahmenfläche befindet sich am südlichen Siedlungsrand der Gemeinde Jerzens, im Übergang zu einer weitgehend traditionellen Kulturlandschaft.

Am oberen Rand stockt eine 10 – 15 m breite und ca 100 m lange Gehölzgruppe. Diese wird von Laubgehölzen wie Hasel, Schlehdorn, Zwetschge, Schwarzer Holunder, Vogelkirsche etc gebildet. Im unteren Bereich der Flurgehölze gehen diese in einen 5 m hohen Strauchbestand dominiert von Hasel, Schlehdorn etc über. Insgesamt handelt es sich um eine Gehölzfläche von 1.130 m2. Unterhalb der Gehölzgruppe liegt eine trockene Mähwiese, welche die geschützte Pflanzenart Kartäusernelke (Anlage 3 TNSchVO 2006) beherbergt.

Im Kartendienst „tiris-maps“ ist die betroffene Gehölzgruppe als „Streuobstwiese“ ausgewiesen.

Über im Projektbereich vorkommende Tierarten konnte seitens der Amtssachverständigen für Naturkunde keine abschließende Aussage getroffen werden, waren doch weder in den Einreichunterlagen noch in TirisMaps zoologische Kartierungen verfügbar. Zudem erfolgte der Lokalaugenschein am 08.02.2021 im Winter bei Schneebedeckung.

Es wird davon ausgegangen, dass die Gehölzgruppe mit darunterliegenden trockenen Mähwiesenbereichen als Habitat für verschiedene Tierarten, insbesondere Vögel (Neuntöter, Goldammer, Wacholderdrossel etc) aber auch Reptilien, Insekten und Kleinsäuger geeignet ist.

Die Gehölzgruppe/Streuobstwiese schafft Strukturreichtum und stellt überdies auch einen Sichtschutz dieses Übergangbereiches dar. Zudem dient sie als Brut- und Rastplatz für Vögel.

Zum Ausgleich des Verlustes der Flurgehölzgruppe bzw Streuobstwiese ist die Anlage eines Streuobstbestandes (360 m2) am Parzellenrand oberhalb des geplanten Wohngebäudes, die Wiederanlage eines standortangepassten Feldgehölzbestandes (700 m2) im Übergangsbereich des Hanges zur Dachfläche, eine Extensivbegrünung (550 m2) der südlichen Dachflächen und eine Vertikalbegrünung des Baukörpers vorgesehen.

3.3. Beeinträchtigungen der Schutzgüter des TNSchG 2005:

Mit der Realisierung des Projektes gehen wie im Folgenden dargestellt teils starke und nachhaltige Beeinträchtigungen der Schutzgüter des TNSchG 2005 einher.

3.3.1. Naturhaushalt:

Die Gehölze haben eine wasserrückhaltende Wirkung, regeln das Kleinklima und bieten Schutz vor Bodenerosionen. Die Amtssachverständige geht daher davon aus, dass ein Verlust der Gehölzgruppe mit starken und nachhaltigen Beeinträchtigungen des Naturhaushaltes verbunden ist.

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3.3.2. Artenreichtum:

Die Feldgehölzgruppe erfüllt als Strukturelement in der Kulturlandschaft und am Siedlungsrand vielfältige ökologische Funktionen für Lebewesen. So dient sie als Wohn- oder Nistplatz, Deckungsort, Nahrungsraum, Wanderkorridor, Vernetzung im Biotopverbund etc.

Im Falle der Realisierung der beantragten Wohnanlage ist von starken und nachhaltigen Beeinträchtigungen der vorkommenden Lebensgemeinschaften von Pflanzen und Tieren auszugehen. Eine abschließende Aussage darüber, welche geschützten Tierarten betroffen sind, lässt sich aufgrund fehlender Erhebungen und der Jahreszeit der Begehung nicht treffen.

3.3.3. Landschaft:

Auch starke Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sind durch die Errichtung der großflächigen, voluminösen Wohnanlage an einem naturnahen Übergangsbereich zwischen Siedlung und Kulturland, auf einem exponierten Standort zu erwarten.

Die Baukörper haben eine Längenausdehnung von 100 m und einer Höhe von rund 15 m. Die Ansicht von Süden lässt die traditionelle Ortsansicht völlig verschwinden.

An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Gemeinde Jerzens Naturparkgemeinde des Naturparks Kaunergrat ist. Das Eindringen derartig großer, ortsuntypischer städtischer Gebäudekomplexe widerspricht dem Status einer Naturparkgemeinde, erwarten sich Besucher von Naturparks doch das Vorfinden traditioneller Ortslandschaften.

3.3.4. Erholungswert:

Auch (geringe) Beeinträchtigungen des Schutzgutes Erholungswert sind mit der Umsetzung des Projektes verbunden.

Hinweis:

Hinsichtlich der angeführten starken und nachhaltigen Beeinträchtigungen (3.3.1. – 3.3.3.) ist anzumerken, dass zwar die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen zur Reduktion derselben vorgesehen ist, aus Sicht des Landesumweltanwaltes können die zu erwartenden Verluste dadurch aber keineswegs auf ein vertretbares Maß abgemindert werden. Der derzeit vorhandene, unberührte Lebensraum, der Naturhaushalt und das Landschaftsbild werden in seiner derzeitigen Form nicht wiederherstellbar sein und unwiederbringlich verloren gehen.

Zudem ist in diesem Zusammenhang davon auszugehen, dass sich eine gewisse kompensierende Wirkung der geplanten Maßnahmen erst nach Jahrzehnten einstellen wird und damit der betroffene Lebensraum von geschützten Tier- und Vogelarten trotz Ausgleichsüberlegungen langfristig zerstört wird bzw. nicht in entsprechender Qualität zur Verfügung steht.

3.4. Öffentliche Interessen:

Den Beeinträchtigungen der Schutzgüter des TNSchG 2005 gegenüber steht das öffentliche Interesse an der Realisierung des Projektes, das in der Schaffung von leistbarem Wohnraum gelegen ist.

Im Rahmen des Projektes sollen neben Mietkaufwohnungen auch 12 Wohnungen entstehen, die Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen vor Ort zur Verfügung gestellt werden sowie sechs Wohnungen, die als betreubares Wohnen konzipiert werden.

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4.1. Unzureichende Sachverhaltsermittlung:

Es sind Sachverhaltsermittlungen hinsichtlich der voll entwickelten Vegetation und der (Vogel-)Fauna ausständig. Wie oben ausgeführt, fand die der naturkundlichen Begutachtung zugrundeliegende Begehung bei Schneelage im Februar statt und auch zoologische Kartierungen für den betroffenen Bereich sind nicht verfügbar.

Die Behörde wurde bereits anlässlich des erstinstanzlichen Verfahrens von Seiten des Naturschutzbeauftragten auf diesen Mangel hingewiesen und aufgefordert, eine dementsprechende Befundergänzung zu veranlassen.

Auch seitens der naturkundlichen Amtssachverständigen wurde anlässlich des erstatteten Befundes auf die Unvollständigkeit desselben hingewiesen.

Mangels vollständiger Sachverhaltserhebung konnte die Behörde auch die der Entscheidung zugrunde zu legenden rechtlichen Vorschriften nicht abschließend ermitteln und ist die Entscheidung schon aus diesem Grunde nicht rechtmäßig ergangen.

Bei – aufgrund der Eignung der Gehölzgruppe als Habitat anzunehmenden – Nachweisen des gemäß Anhang I der Vogelschutzrichtlinie geschützten Neuntöters wären etwa die Verbotstatbestände des

§ 6 Abs 3 TNSchVO 2006 bzw § 25 Abs 1 TNSchG 2005 zu prüfen gewesen. Ausdrücklich festgehalten wird, dass von den dort normierten Verboten Ausnahmen gemäß § 7 TNSchVO 2006 lediglich aus den in

§ 25 Abs 3 TNSchG 2005 angeführten Gründen bewilligt werden können.

4.2. Mangelhafte Interessensabwägung:

4.2.1. Unvollständige Erhebung der abwägungsrelevanten Tatsachen:

Der Verwaltungsgerichtshof stellt an eine ordnungsgemäß durchgeführte Interessensabwägung die Anforderungen einer nachvollziehbaren Ermittlung des Sachverhalts und einer nachvollziehbaren Entscheidungsbegründung:

„Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein auf Grund einer Interessenabwägung nach § 27 Abs 2 Z 2 Tir NatSchG 1991 ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen iSd § 1 Abs 1 Tir NatSchG 1991 abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das anderweitige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll“ (Hinweis E 24.11.1994, 94/10/0076, E 26.6.1995, 94/10/0169, und E 23.10.1995, 93/10/0052).

Um eine nachvollziehbare Abwägungsentscheidung überhaupt erst zu ermöglichen, müssen sämtliche abwägungsrelevante Tatsachen und Argumente erhoben und anschließend gewichtet werden.

Aufgrund der unvollständigen Sachverhaltserhebung (Fauna, Vogelfauna, voll entwickelte Vegetation), blieben im gegenständlichen Verfahren womöglich abwägungsrelevante Tatsachen außer Acht gelassen, konnten demnach auch einer Gewichtung und Abwägung nicht zugeführt werden.

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4.2.2. Fehlerhafte Rechtsansicht bezüglich des Bedeutungsinhalts der "zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses":

Die belangte Behörde führt die Interessensabwägung im angefochtenen Bescheid – vermutlich aufgrund des Nachweises der nach Anlage 3 der TNSchVO 2006 geschützten Kartäusernelke – auf Basis des

§ 23 Abs 5 lit c TNSchG 2005 durch.

Nach der erwähnten Bestimmung "können Ausnahmen von den Verboten (…) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt" bewilligt werden.

Die Behörde führt hinsichtlich der Qualifikation der „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ aus, dass darunter nicht eine besondere Qualifikation, sondern ein „Allgemeininteresse“ zu verstehen sei und stützt diese Ansicht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH 16.02.2012, C182/10 Rz 76 f), auf das auch das Landesverwaltungsgericht anlässlich seines Erkenntnisses vom 16.06.2016, Zl LVwG-2015/44/1078-12 verwiesen habe.

Zum einen geht die oben aufgestellte Behauptung aus dem Urteil des EuGHs aus Sicht des Landesumweltanwaltes keineswegs hervor. Bei dessen Durchsicht fällt lediglich auf, dass das Nomen

„Allgemeininteresse“ als Synonym für „öffentliche Interessen“ verwendet wird.

Es heißt dort: „Das Interesse, das im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Habitatrichtlinie die Verwirklichung eines Plans oder Projekts rechtfertigen kann, muss zugleich ‚öffentlich‘ und ‚überwiegend‘ sein, d. h., es muss so wichtig sein, dass es gegen das mit der Habitatrichtlinie verfolgte Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen abgewogen werden kann. Bauarbeiten im Hinblick auf die Ansiedlung oder Erweiterung eines Unternehmens erfüllen diese Voraussetzungen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen.“

Nach diesen Ausführungen scheint – aus Sicht des Landesumweltanwaltes – auch der EuGH von einem besonders qualifizierten öffentlichen Interesse auszugehen – jedenfalls ist damit evident, dass diese Entscheidung nicht geeignet ist, die Rechtsauffassung der Behörde zu unterstreichen.

Zum anderen hat auch das Landesverwaltungsgericht Tirol im Rahmen seiner Judikatur mehrfach ausführlich dargelegt, dass unter den „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“

durchaus ein besonders qualifiziertes öffentliches Interesse zu verstehen ist [siehe etwa LVwG 22.11.2019, LVwG-2019/37/0547-25, RS 3: „Mit den „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“

im Sinne des § 23 Abs 5 lit c TNSchG 2005 ist nicht das Vorliegen von Sachzwängen gemeint, denen niemand ausweichen kann, sondern ein besonders qualifiziertes öffentliches Interesse. Aus der Systematik der abgestuften Beurteilungsmaßstäbe des § 29 Abs 1 und 2 TNSchG 2005 und dem klaren Wortlaut ergibt sich zudem, dass der Gesetzgeber in § 23 Abs 5 lit c TNSchG 2005 mit den „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ strengere Anforderungen an die Interessenabwägung formuliert als in § 29 Abs 2 TNSchG 2005 mit den „langfristigen öffentlichen Interessen“].

4.2.3. Fehlende Alternativenprüfung

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt, seien die im Rahmen einer Alternativenprüfung geprüften Varianten auszuschließen gewesen, da diese die Anforderungen eines sozialen Wohnbaus und die Vorgaben der Gemeinde Jerzens zur Wahrung der öffentlichen Interessen nicht erfüllt hätten. Ein anderer Projektstandort in der Gemeinde Jerzens komme derzeit nicht in Betracht.

Diese Argumentation kann seitens des Umweltanwaltes nicht nachvollzogen werden – dies vor allem vor dem Hintergrund, dass im Gemeindegebiet von Jerzens Baulandreserven (46.730 m2) bestehen.

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so dass die Gehölzgruppe/Streuobstwiese bestehen bleiben kann.

5. Fazit:

Nach Ansicht des Landesumweltanwaltes hat die erstinstanzliche Behörde es im Wesentlichen verabsäumt

 den entscheidungsrelevanten Sachverhalt hinreichend zu ermitteln

 die zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses richtig, nämlich als besonders qualifiziertes öffentliches Interesse zu werten

 eine echte Alternativenprüfung durchzuführen und werden daher oben angeführte Anträge gestellt.

Mit freundlichen Grüßen, der Landesumweltanwalt-Stellvertreter

Mag. Walter Tschon

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