• Keine Ergebnisse gefunden

Markttag in einer mittelalterlichen Stadt

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Markttag in einer mittelalterlichen Stadt"

Copied!
6
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Marktleben im Mittelalter Datum:

ZIT©

Markttag in einer mittelalterlichen Stadt

Es ist ein kühler Märztag. Mathilde fröstelt. Ausge- rechnet heute, am Tag des Jahrmarktes, muss es so kalt sein – wo sie doch am Abend unbedingt zum Tanz gehen will. Aber jetzt muss sie erst einmal am Stand bleiben und ihre Tonbecher verkaufen. Die 5

Füße tun ihr vom langen Stehen schon weh. Wenn nur endlich der Vater käme, um sie abzulösen.

Schon seit dem Morgengrauen bricht der Strom der Menschen, die in die Stadt kommen, nicht ab. Im Ge- dränge sieht Mathilde von weitem den Franz vom 10

Meierhof, der seinen Käse verkaufen möchte. Er ist ein stattlicher junger Mann geworden. Im vergangenen Herbst hat ihm der Grundherr die Alma zur Frau gege- ben, und Franz hat den Hof übernommen. Mathilde winkt, aber er hat sie nicht gesehen. Na ja, nachher 15

wird er sicher vorbeikommen. Diese vielen Leute! Das ist ein Lärmen und Schreien! In den Lärm mischt sich das Schnattern der Gänse, das Quieken der Schweine, die frei herumlaufen, und nebenan tönt das angsterfüll- te, jämmerliche Wimmern des Mannes, der auf dem 20

Schemel des Baders sitzt und das Maul aufsperrt. Der Ärmste! Mathilde weiß aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft das Zähneziehen ist. Sie jedenfalls hielt es damals kaum aus vor Schmerzen, obwohl ihr der Ba- der eine halbe Flasche Schnaps die Kehle hinunter 25

geleert hatte, bevor er den Backenzahn zog.

„Kauft meine schönen Tonkrüge!“, ruft Mathilde laut, um die Erinnerung schnell loszuwerden. „Fünfzehn Pfennig das Stück!“ Sie muss den Alten am Nachbar- stand übertönen, der mit schriller Stimme seine Waren 30

feilbietet: „Töpferware! Hier kauft man beste Töpfer- ware!“ – „Dorsche! Frische Dorsche!“, ruft Michel, der Fischhändler einige Stände weiter vorne. Frisch?

Bei dem Gestank?! Da ist der Duft an den Ständen der Fernhändler schon angenehmer. Wundersame und 35

eigenartige Dinge gibt es dort zu sehen: leuchtend gelber Safran aus Spanien, teure Stoffe wie Seide, Pelze aus Sibirien, die sich nur die reichen Patrizier leisten können, und sogar Pfeffer, Ingwer und Zimt aus jenen fernen Ländern, in denen die Kreuzfahrer ge- 40

kämpft haben. Man stelle sich das einmal vor – mona- telang sind die Händler unterwegs gewesen!

„Was kosten Eure Becher?“ Die helle Stimme von Fräulein Agnes reißt Mathilde aus ihren Gedanken. Sie ist die schöne Tochter eines angesehenen Patriziers.

45

Ein vornehmes Kleid aus hellblauem Samt mit einem breiten weißen Kragen hat sie an. Ja, ihr Vater, der

vornehme Kaufmann und Ratsherr Ferdinand Schwarz ist reich und ein mächtiger Mann in der Stadt. „Fünf- zehn Pfennige das Stück“, sagt Mathilde rasch. Fräu- 50

lein Agnes zieht mit spitzen Fingern ihr Geld aus der Börse und ordnet an, man solle ihr die Becher bringen, und fügt noch schnippisch hinzu: „Sie sind teuer, Eure Becher!“ Teuer? Mathilde schnaubt wütend. Teuer!

Jedes einzelne Stück ist ein Meisterwerk ihres Vaters!

55

Aber diese reichen Herrschaften halten sich ohnehin für was Besseres.

Plötzlich wird es auf einmal totenstill. Mit finsteren Mienen reiten Graf Betram von Schwalbenfels und sein Gefolge zum Rathaus, um mit dem Bürgermeister 60

und dem Rat zu verhandeln. Graf Betrams Urgroßvater hatte die Stadt gegründet und sie mit ihren Stadtrech- ten ausgestattet. So müssen Bürger wie Mathildes Va- ter, der Bechermacher, beispielsweise keine Abgaben an den gräflichen Stadtherrn bezahlen und haben – im 65

Gegensatz zu Bauern – ihre persönliche Freiheit. Nur andere Bürger dürfen über sie Gericht sitzen. Wegen dieser Vorteile sind in den letzten Jahren viele hörige Landarbeiter in die Stadt geflüchtet, wurden sie doch nach einem Jahr ebenfalls frei, wenn sie ihr Herr nicht 70

vorher zurückholte. Stadtluft macht frei, wie manche sagen.

Dadurch sind viele Arme in die Stadt gekommen, Bett- ler, Taschendiebe, Prostituierte und Spielleute, die gerade an einem Markttag wie heute überall um Almo- 75

sen betteln. Die Stadt hat dadurch aber auch Tagelöh- ner für das Entleeren der Sickergruben und andere unangenehme Arbeiten, aber auch Knechte, Mägde sowie fähige Arbeiter, die überall neue Häuser bauen und neue Geschäfte aufmachen, um den Reichtum der 80

Bürger zu mehren.

Da kommt der Graf schon wieder von seiner Verhand- lung zurück, noch finsterer als vorher. „Diese ver- dammten Pfeffersäcke“, flucht er leise vor sich hin. Ja, die vornehmen Patrizier, die reichen Fernhändler und 85

Adligen mit ihren Pelzmänteln, die im Rat sitzen, las- sen sich nicht mehr einfach so vom Stadtherrn herum- kommandieren. „Wenn das mal keinen Ärger gibt ...“, brummt es plötzlich hinter Mathilde. Sie dreht sich um. Ihr Vater ist gekommen, um sie abzulösen. End- 90

lich kann sie sich für den Tanz hübsch machen. Viel- leicht kommt ja Michael, der nette Steinmetz aus Franken heute Abend vorbei, der so schöne französi- sche Liebeslieder singen kann … Hübsch war er dieser junge Franke!

95

(2)

Marktleben im Mittelalter Datum:

ZIT© ZIT©

Markttag in einer mittelalterlichen Stadt

Aufgabenstellung:

❶ Welche Gesellschaftsgruppen werden erwähnt? Markiere sie im Text!

❷ Was erfahren wir über das Verhältnis von Stadtherrn und Patriziern?

Aufgabenstellung: 

Löst das Kreuzworträtsel!

1

2 3

4

5 6

7

8

9

1. Hauptfigur in der Geschichte 2. Das verkauft das Mädchen

3. Diese Art Fische verkauft der Fischhändler 4. „Zahnarzt“ im Mittelalter

5. Fräulein Agnes Vater ist einer der … 6. Beruf von Michael aus Franken

7. So bezeichnet der Graf Kaufleute und Ratsherrn 8. „ ... macht frei“

9. gelber ... aus Spanien

(3)

Marktleben im Mittelalter Datum:

ZIT©

Markttag in einer mittelalterlichen Stadt

Aufgabenstellung:

❶ Welche Gesellschaftsgruppen werden erwähnt? Markiere sie im Text!

❷ Was erfahren wir über das Verhältnis von Stadtherrn und Patriziern?

Das Verhältnis ist schlecht, denn Graf Maximilian von Colberg ist ein Nachfahre des Stadtgründers und ehemaligen Stadtherrn.

Er verhandelt mit dem Stadtrat, der aus Patriziern besteht.

Aufgabenstellung: 

Löst das Kreuzworträtsel!

1 M A

T 2 3

H T D 4

I O O B

L N R A

5 D B 6 S D

7 P F E F F E R S Ä C K E

A C T H R

8 S T A D T L U F T H E E

R E I

I R N

Z M

I E

E T

9 S A F R A N Z

1. Hauptfigur in der Geschichte 2. Das verkauft das Mädchen

3. Diese Art Fische verkauft der Fischhändler 4. „Zahnarzt“ im Mittelalter

5. Fräulein Agnes Vater ist einer der … 6. Beruf von Michael aus Franken

7. So bezeichnet der Graf Kaufleute und Ratsherrn 8. „ ... macht frei“

9. gelber ... aus Spanien

(4)
(5)

Marktleben im Mittelalter

Auszug aus der Markt- und Gewerbeordnung der Stadt Landshut, 1256

(6)

Marktleben im Mittelalter

HF

TB Datum

Bedeutung des Marktlebens:

 Tausch von Gütern

 Treffpunkt, um Nachrichten auszutauschen

 Einnahmen für die Stadtkasse

 Vorteil für Handwerker, Kaufleute, Gaukler, Bettler, etc.

Regelung des Marktlebens:

Marktrecht: vom Landesherrn verliehene Erlaubnis, ständigen Markt, Wochen- oder Jahrmarkt abzuhalten

Marktordnung: Regelung von Kauf und Verkauf (Preise, Qualität, Strafen bei Verstößen)

Marktfriede: für den Markt und seine Besucher geltendes Recht; Schutz durch Marktherrn (König, Fürst, Graf, Bischof)

Münzrecht: Befugnis, Münzen zu prägen; Regelung des

Geldwesens

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Der Segel-Club Rhe, Hamburg (früher Königsberg) und die Baltische Segler Vereinigung (in der sich die baltendeutschen Segler zusammengeschlossen haben) führen außerdem

Der Täter signalisiert dem Ghos- ting-Opfer durch seine Igno- ranz: „Dich gibt es für mich nicht und ich bin nie da gewe- sen.“ Häufig leiden Ghos- ting-Opfer nicht nur unter dem

Wenn also freitagsabends ir- gendwo ein Computerteil fehlt, dann muss es da hingebracht werden, und wenn Per- sonen zu Abendveranstaltungen gefah- ren werden, dann kommt man auch mal

Die GdP unterstützt Euch also nicht nur während der Dienstzeit, sondern begleitet auch den Wechsel in den Ruhestand und ist selbstverständlich auch danach immer für Euch

FRITSCHE: Es war nicht einfach, jemanden zu finden, der noch dazu darüber reden wollte, weil viele nach dem Krieg beschimpft wurden.. und Menschen wie Waldheim mit ihrer

Auch beim Wechsel oder Absetzen der Anti-Baby-Pille kann dies pas- sieren, bis sich der Hormon- haushalt wieder einpendelt.. Ein großes Thema sind auch die

Eine echte Plage sind vor allem die blutrünstigen Bettwanzen, die sich nachts tü- ckisch über ihre menschlichen Opfer hermachen, um sich an deren Blut zu laben.. Seit diesem

Aus der Community waren Joachim Stein für die Weissenburg, Christoph Michl für den CSD-Verein, Katharina Binder für den LSVD und Marion Römmele für Fetz e.V.. Aktuell gibt