Faiez J. Aoun, Fawzl Ma'lüf et son oeuvre. Paris 1939.
199 S.
In seinen mannigfachen Bemühungen um die Verbreitung
der Kenntnis von der arabischen Literatur der Gegenwart
hatte sich G. Kampffmeyer auch mehrfach mit der syrisch-
hbanesischen Dichterfamihe al-Ma'lüf beschäftigt (s. beson¬
ders MSGS Bd. XXXI, 1928, Abt. II, S. 154 fT., wo weitere
Literatur angegeben ist, und MSGS XXXIV, 1931, Abt. II,
S. 158 ff.). Einem Mitghed dieser belcannten und geachteten
Familie, dem begabten, kaum dreißigjährig verstorbenen
Fauzi Ma'lüf hat Faiez J. Aoun eine eingehende und ver¬
ständnisvolle Studie gewidmet.
Gleich vielen andern Angehörigen der Intelligenzschicht
Syriens glaubte auch Fauzi sein Heil in der Emigration suchen
zu müssen. Infolge der Enttäuschungen über die seitens der
Alliierten unerfüllt gebliebenen Versprechungen der Unab¬
hängigkeit entschloß sich der junge Dichter im September
1921 seinen Oheimen nach Brasilien zu folgen. Hier blieb er
zunächst als Kaufmann in dem Handelshause seiner Ver¬
wandten in Säo Paulo, bis er später eine Filiale in Rio grün¬
dete, die er zur Blüte brachte. Aber schon im Januar 1930
erlag er einer Operation. Es war ihm nicht vergönnt, in seiner
geliebten libanesischen Heimat zur letzten Ruhe gebettet zu
werden, wohl aber ehrte ihn die Regierung des Libanon durch
eine nach dem Tode verliehene goldene Medaille und durch
eine Statue, die in einem Garten seiner Geburtsstadt Zahle
errichtet wurde.
In Brasilien wurde Fauzi Ma'lüf bald der Mittelpunkt
eines literarischen Zirkels von Arabern und Ibero-Amerika¬
nern. Unter den letzteren hatte der Dichter viele Bewunderer.
S
Das ergibt sich unter anderem aus der Tatsache, daß sein
Hauptwerk, die Gedichtfolge 'Alä bisät ar-rlh auch in spa¬
nischer und portugiesischer Nachdichtung erschienen ist.
Auch Fauzi hat sich, wie jeder Fremde, der zauberischen
Schönheit brasilianischer Landschaft nicht entziehen können,
Zeugnis dafür legt das Gedicht ab 'Alä SawätV ar-Rio, aber
die Heimat konnte sie ihm nicht ersetzen. Auch als es ihm
in der Fremde gut ging, blieb er seinen Worten in einem
Briefe vom November 1921 treu: ,,0 die schönen Tage, die
ich im Wädi unter dem klaren Himmel des Libanon verbracht
habe. In besseren Zeiten hätte ich niemals ein anderes Land
vorgezogen" (S. 80 des vorliegenden Buches).
Etwa die Hälfte der literarischen Produktion Fauzi's
(s. die Zusammenstellung Aoun's S. 166 ff.) fällt in die brasi¬
lianische Periode, darunter die reifsten Werke. Überblickt
man aber diese Liste, so erkennt man unschwer schon aus der
Stoflwahl die tiefe Verwurzelung Fauzi's im Arabertum. Er
nimmt am politischen und literarischen Geschehen des
Orients regsten Anteil, vgl. etwa: Sulaimän al-Bustäni; al-
Manfalütl; Maqtal as-Sirdär; Fir'aun wa-qabruh u. a. Fauzi
Ma'lüf schwebte als Ziel ein geeintes, nationalbewußtes, auf
seine große historische Vergangenheit stolzes, nicht länger
durch religiöse Anschauungen zerrissenes Arabertum vor.
Freilich diese weiche Persönlichkeit vermag zwar im Mit¬
gefühl mit fremden Leiden zu erglühen, der Sehnsucht ihrer
Seele nach Losgelöstheit von den Bindungen des Körpers
sublimen Ausdruck zu verleihen, eine Führernatur ist sie
nicht, an den harten Realitäten des politischen Lebens muß
sie zerbrechen. Der tiefinnere Pessimismus gegen die mensch¬
liche Zivilisation und ihren Fortschritt veranlaßt Fauzi in
das Reich des Dichters zu flüchten. So ist sein früher Tod
fast symbolhaft zu nennen.
FaIez Aoun erweist sich gleichermaßen als warmherziger
Anhänger wie als gewissenhafter Biograph und sauberer
Interpret. Durch eine geschickte Auswahl aus Fauzi's Ge¬
dichten und eine gut lesbare, dabei treue Übersetzung läßt
er ein plastisches Bild von dem Dichter und seiner Gedanken-
welt vor unseren Augen erstehen. Wohl gelungen sind die
knappe Charakteristik Fauzi's (S. 116) und die Aufhellung
der Ursachen für seinen Pessimismus (S. 132 ff.). Noch einmal
faßt der Biograph seine Meinung über den Menschen Fauzi
in die Worte zusammen (S. 164): „C'est un pessimisme ä
revolution chretienne, une tristesse qui inspire au poete la
bonte. A base intellectuelle, il y a une resultante affective et
sentimentale".
Störend in dem Buche sind die zahlreichen Druckfehler,
die durch die beigegebene Liste keineswegs alle erfaßt werden.
E. Bräunlich
Descriptive Catalog of the Garrett Collection of Arabic Manu¬
scripts in the Princeton University Library by Philip
K. Hitti, Nabih Amin Faris, Butrus 'Abd-al-Malik. Prin¬
ceton Oriental Texts — Volume V. Princeton University
Press 1938. XII, 668, XXIII, or, IV S.
Unter 2214 Nummern werden die von Mr. Garrett in den
letzten 40 Jahren angekauften und in der Princeton Uni¬
versity aufbewahrten arabischen Handschriften beschrieben,
deren Kernstück die bereits von Houtsma, Catalogue d'une
collection des manuscrits arabes et turques appartenant ä la
Maison J. B. Brill 1889 und von Littmann, A List of Arabic
Ms. in Princeton University Library 1904 kurz beschriebene
Sammlung des Amin al-Madani bildet. Statt die Hand¬
schriften nach einheimischen Literaturgattungen zu ordnen,
ist ein modernes System befolgt: Die Qisas al-Anbiyä' des
Kisä'i stehen unter Folklore (Nr. 728), dasselbe Werk unter
dem Titel Bad' al-Halq dagegen unter Cosmography (Nr. 765);
ein Kommentar zu Gazäli's Aiyuha'l-walad ist gar unter
Education geraten (Nr. 784). Die Bearbeitung läßt manches
zu wünschen übrig; so fehlt z. B. unter Nr. 1338 ,,A recension
of al-Muwatta'" jeder Hinweis darauf, daß die Rezension des
Saibäni vorliegt; andere Hss. und Ausgaben werden ganz
ungleichmäßig angeführt, statt ein für allemal auf Brockel-
Zeitechrift d. DMO Bd. 94 (Keue Folge Bd. 19) 8
mann's gal zu verweisen; die Druckanordnung ist unüber¬
sichtlich. Die Einleitung unterrichtet über die Geschichte
der Sammlung und hebt die nach Ansicht der Bearbeiter be¬
sonders wertvollen Werke hervor. Sie enthält ferner Be¬
merkungen über die in den Handschriften verwandten Papier¬
sorten und das Ergebnis einer Papieranalyse von 49 Hand¬
schriften. Den Beschluß bilden Indices der Verfasser und
Buchtitel. Johann FtJcK, Halle (Saale)
Schaeffer, Claude F.-A. : Director of the French Archaeological
Expedition to Ras Shamra, The Cuneiform Texts of
Ras Shamra Ugarit. XVI, 100 S., 39 Taf., London,
Oxford University Press 1939 (= The Schweich Lectures
of the British Academy 1936). Preis geb. 8 s. 6 d.
Langhe, R. de, Docteur en Theologie, Licencie en Histoire et
Langues Orientales, Les Textes de Ras Shamra-Ugarit
et leurs apports ä VHistoire des Origines Isra¬
elites. 87 S. Bruges, fiditeur Beyaert. Louvain, Biblio¬
theque de l'Universite, Seminaire biblique (= Ephemeri¬
des Theologicae Lovanienses. Tome XVI, 1939, S. 245 bis
327 = Bulletin d'Histoire et d'Exegese de l'Ancien Testa¬
ment, Fasc. 7). Preis 25 fr.
Cl. F.-A. Schaeffer, der verdiente Ausgräber von Ras
Schamra, veröffentlicht hier seine im Januar 1937 vor der
Britischen Akademie gehaltenen Vorträge und gibt ihnen im
Text und vor allem auf den Tafeln ganz vorzügliche Abbil¬
dungen sowie reiche bibliographische Anmerkungen bei.
Ein Überblick über die Geschichte von Ugarit, eine Beschrei¬
bung der dort gefundenen Bibliothek an Keilschrifttexten,
eine Darstellung der dort bezeugten Fruchtbarkeits- und
Totenkulte und Erörterungen über den Inhalt der religiösen
Texte werden in den vier Kapiteln des Buches geboten. Der
Überblick verfolgt die Geschichte der Stadt und ihrer Um¬
gebung von der prähistorischen Zeit über die ersten acht
Jahrhunderte des 2. Jahrtausends v. Chr., die Blüte von
Ugarit, seinen um 1200 v. Chr. eingetretenen Untergang und
die vereinzelten Besiedlungsspuren der dann folgenden drei
Jahrtausende bis zu dem Beginn der Ausgrabungen 1928
oder 1929 n. Chr. und entwirft von den mannigfachen Schick¬
salen der Stätte, vor allem auch von der Buntheit der hier
im Laufe der Zeit ansässig und einflußreich gewordenen
völkischen Elemente, ein sehr anschauliches Bild. Im zweiten
Kapitel wird nach Ausführungen über Niqmed, König von
Ugarit, der hier um 1400 v. Chr. dieKeilschrifttafel-Bibhothek,
wenn nicht begründet, so doch gefördert hat, und über das
auf den meisten Tafeln verwendete keilschriftliche Alphabet
der Inhalt der Texte nichtreligiösen Charakters (Rechnungen,
Listen, Briefe usw.) beschrieben. Bevor sich dann Kap. 4 den
rehgiösen Texten zuwendet, werden in Kap. 3 die — auch
von den Texten vorausgesetzten — Riten des Fruchtbarkeits¬
und Totenkultes an Hand aufgefundener Objekte (Grabbei¬
gaben, Darstellungen der Fruchtbarkeitsgöttin, Anlagen zur
Versorgung der Toten mit Wasser usw.) veranschaulicht.
Hübsch ist dabei die auf S. 54—56 ausgesprocheneVermutung,
das Danaiden-Motiv erkläre sich aus der nicht mehr verstan¬
denen Sitte, mittels bodenloser Gefäße der Erde oder den
Toten Wasser zuzuführen. Das vierte Kapitel schließlich
mit seiner Behandlung der religiösen Texte, die besonders
deren Beziehungen zum Alten Testament nachgeht, bringt
im übrigen eine Darstellung des kanaanäischen Pantheons
von Ugarit und der an seine Glieder anknüpfenden Mythen
sowie eine Nacherzählung der Keret-Legende. Bei dieser
Wiedergabe hebt Schaeffeh die Beziehungen der Erzählung
zur Patriarchen-Geschichte des Alten Testaments hervor,
indem er etwa auf S. 76 feststellt: Der Keret-Text „berichtet
eins der berühmtesten Ereignisse des Alten Testaments, die
Überschwemmung des Negeb durch die Terachiten, deren
Name wohl zu dem Terachs, des Vaters Abrahams, in Be¬
ziehung gesetzt werden darf". Hier, wie in der Ausdeutung
der religiösen Texte überhaupt, folgt Schaeffer im wesent¬
lichen Virolleaud, ihrem Herausgeber und ersten Erklärer,
8 • 8»
und Dussaud, ihrem ersten rehgionshistorischen Interpreten,
schwerlich, wie die gleich folgende Anzeige von de Langhe's
Buch deutlich machen wird, mit Recht.
Will daher auch, wie der Verfasser sich dessen durchaus
bewußt ist, sein Buch nicht ganz ohne Kritik gelesen sein,
so verdient es als eine vom Ausgräber selbst, also dem besten
Sachverständigen, herrührende Einführung in die Ausgra¬
bungen von Ras Schamra und die durch sie erschlossene
neue Welt weite Verbreitung und aufmerksames Studium.
Rühmend gedacht sei zum Schluß noch einmal der Abbil¬
dungen, die zum großen Teil viel besser ausgeführt sind als
ihre Erstveröffentlichungen in der ,, Syria" und so manches
schärfer und klarer erkennen lassen, als es dort möglich ist.
Die zweite der beiden oben genannten Arbeiten rührt von
R. DB Langhk, einem jüngeren theologischen Orientalisten
her, der den Löwener Professoren Coppens und Ryckmans
und den Professoren des Päpstlichen Bibelinstituts zu Dank
verpflichtet ist und jetzt in Löwen Muße zur Weiterarbeit
an den Ras-Schamra-Texten hat. Im Unterschied von
Schakffkr's Buch sieht dk Langhk's Abhandlung ganz von
den unbeschrifteten Fundgegenständen ab und beschränkt
sich, wie es ja auch ihr Titel zum Ausdruck bringt, auf die
Texte, vornehmlich die in dem keilschriftlichen Alphabet
geschriebenen. Was er da zu sagen hat, bietet er in zwei
Hauptabschnitten dar, indem er zunächst von den Ras-
Schamra-Texten überhaupt, sodann von ihren Beziehungen
zur israelitischen Geschichte handelt, wobei hier insbesondere
das Keret-Epos gewürdigt und ausgewertet wird. Überall
weist sich der Verfasser als gut unterrichtet und zu selbstän¬
digem Urteil befähigt aus, ein Eindruck den auch ein paar
kleine Versehen — S. 64 wird W. M. (so statt M. W. I) Müllkr's
Ausführungen auf S. 148 seines Buches „Asien und Europa"
mehr entnommen als sie enthalten; S. 68 wird fälschlich das
Adama von Jos. 3,16 dem von 19, 33 gleichgesetzt; S. 84 will
der Verfasser, sicher mit Unrecht, aus Deut. 34,1 und 2. Sam.
24,6 auf einen im Ostjordanland gelegenen Ort Dan schheßen,
während hier in Wahrheit das bekannte Dan an der Jordan-
quelle gemeint ist, u. a. — nicht zu beeinträchtigen vermögen.
Hervorhebung verdient etwa aus dem ersten Hauptteil die
klare Gegenüberstellung der beiden Götterfamilien: El,
Asirat, 'Astar auf der einen und Dagon, 'Astarte, Ba'al auf
der anderen Seite (S. 33—36) sowie die S. 34, Anm. 90 ge¬
gebene Aufzählung der für die Identität von Al'ijan und
Ba'al sprechenden Argumente samt der dabei ausgesprochenen
Vermutung, daß das nur ein einziges Mal vorkommende
Al'ijan ben-Ba'al, das Al'ijan als Sohn Ba'als auszuweisen
scheint und oft so verstanden wird, vielmehr als „Der sehr
mächtige Sohn (nämlich des Dagon), Ba'al" zu deuten sei.
Anzuerkennen ist es auch, daß sich de Langhe um eine selb¬
ständige, von der üblichen abweichende Ansetzung der hier
in Betracht kommenden Tafeln, nämlich ihre Hinaufdatierung
ins 15. oder 16. Jahrhundert v. Chr., bemüht. Freilich wird
er damit schwerlich recht behalten, da inzwischen seinem
Hauptargument, der Gleichsetzung des im Kolophon einiger
Tafeln genannten ugaritischen Königs Niqmed mit NiqmedaS,
dem Absender des Briefes an Ibira, der Boden entzogen ist.
Denn einerseits steht es nach einer von Virolleaud der
Pariser Academic des Inscriptions am 30. Juni 1939 gemachten
Mitteilung über Funde neuer Ras-Schamra-Texte, von der
E. F. Weidner im Archiv für Orientforschung 13, 1939, S. 88
einen Auszug gibt, jetzt fest, daß Niqmed von Ugarit ein
Zeitgenosse und Vasall des in der ersten Hälfte des 14. Jahr¬
hunderts V. Chr. regierenden hethitischen Großkönigs Suppilu¬
liuma war, und anderseits machen, wie S. Smith in seinem
„Preliminary Account of the Tablets from Atchana" (The
Antiquaries Journal 19, 1939, S. 38—48) überzeugend dar¬
gelegt hat, einige der 1937 und 1938 in Teil Atschana, dem
antiken Alalah, gefundenen Tafeln es deutlich, daß der Ab¬
sender des Briefes an Ibira Niqmepa geheißen hat und in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts v. Chr. König von
Alalah gewesen ist.
Aus dem zweiten Hauptteil verdient Anerkennung zu¬
nächst die auf S. 48 gegebene Charakterisierung des Keret-
Epos, die Virolleaud's wie Dussaud's Auffassung entschieden
ablehnt und zwar nicht ganz neu ist, aber in dieser klaren
Formulierung doch einen wesentlichen Fortschritt darstellt:
,,Wir glauben, daß es sich um ein Liebesabenteuer des
Königs von Ngb, Kärit oder Köret, handelt, nämlich um
seine Heirat. Ein entzückendes Mädchen, das El, der höchste
Gott, für Krt bestimmt hat, muß durch schweren Kampf in
der Hauptstadt ihres Vaters, des Pbl, Königs in den beiden
Udmu, gewonnen werden. Der Held empfängt zunächst im
Traum eine Schau der kommenden Ereignisse und macht sich,
gestärkt durch die göttlichen Versprechungen, dann an die
Ausführung der empfangenen Aufträge." Darüber hinaus
dürfte DE Langhe auch darin recht behalten, daß im Keret-
Epos weder Terach, der Vater Abrahams, noch die israeli¬
tischen Stämme Sebulon und Ascher bezeugt sind, daß — wie
schon andere gezeigt haben — die betreffenden Worte viel¬
mehr überhaupt keine Namen darstellen, sondern Appellativa
oder Verba sind. Weiter bin ich, wie in dem Aufsatz ,,Zum
geographischen Horizont der Ras-Schamra-Texte" näher
dargelegt ist, geneigt, den Schauplatz des Geschehens nicht
mit Virolleaud und Dussaud im Süden von Juda und in
Edom, sondern mit de Langhe weiter nördlich zu suchen.
Aber gegen die Begründung und die nähere Ausführung, die
DE Langhe dieser Auffassung gibt, wären doch manche Be¬
denken geltend zu machen. So läßt sich trotz des Vorgangs
von W. F. Albright das Hes. 21, 1—5 genannte Südland
(Negeb) schwerlich anders als vom judäischen Negeb ver¬
stehen, und die Tatsache, daß in I Keret, Z. lOSff. 210ff. erst
die Ankunft in Udmu erwähnt, dann von Städten die Rede ist
und zuletzt (Z. 117) des Königs Stadt, ofTenbar seine Haupt¬
stadt, genannt wird, paßt zu der Auffassung von Udmu als
Landesname ohne Zweifel besser denn zu der — von de Langhe
im Anschluß an Albright und vor allem an R. P. R. de Vaux
vertretenen — als Stadtname. Mit dieser Auffassung von
Udmu aber steht und fällt die von de Langhe, wiederum im
engen Anschluß an de Vaux, vorgenommene genauere An¬
setzung der Residenz des Königs Pebel. Er sucht sie mit
1) Oben S. 59—85.
jenem in der 15 km nordwestlich der Südspitze des Sees von
Tiberias gelegenen Chirbet ed-Dämije, erklärt fünf weitere
in Z. 108—114. 210—217 vorkommende Worte, die wenigstens
zum Teil viel leichter als Appellativa oder Verba zu verstehen
sind, ebenfalls als Namen von Städten und identifiziert sie,
immer de Vaux folgend, mit heutigen Ortsnamen in der
Gegend von Dämije.
So läßt — wie könnte es anders sein 1 — auch de Langhe's
schöne Arbeit deutlich die großen Schwierigkeiten erkennen,
die sich dem Verständnis der Ras-Schamra-Texte in den Weg
stellen. Aber das verdunkelt nicht im mindesten die Tatsache,
daß hier eine treffliche Übersicht über den Stand der Arbeit
an ihnen gegeben und darüber hinaus diese Arbeit auch ein
gut Stück gefördert ist. Otto Eissfeldt, Halle (Saale)
Raymond Weill, Directeur d'Etudes ä l'Ecole des Hautes-
Etudes. Charge de Cours ä la Faculte des Lettres de Paris:
La Phenicie et VAsie Occidentale {Collection Armand
Colin, Section d'Histoire et Sciences economiques). 204 S.
Kl.-S". Librairie Armand Colin, Paris 1939. Preis 15 Fr.,
geb. 17,50 Fr.
Dies Bändchen der — etwa unserer Sammlung Göschen
entsprechenden — Collection Armand Colin, das zunächst für
einen weiteren Leserkreis bestimmt ist, aber auch dem Orien¬
talisten und Althistoriker etwas zu geben vermag, bietet in
vierzehn Kapiteln die um Phönizien als Mittelpunkt grup¬
pierte Geschichte Vorderasiens von 5000 oder 3000 bis
333 V. Chr. dar und fügt als fünfzehntes und letztes Kapitel
einen Überblick über die Geschicke Karthagos vom 6. Jahr¬
hundert bis 270 V. Chr. hinzu. Freilich handelt es sich nicht
eigentlich um eine fortlaufende und allseitige Geschichte
Phöniziens und Vorderasiens, vielmehr um Erörterung be¬
stimmter, im Mittelpunkt der gegenwärtigen wissenschaft¬
lichen Aussprache stehenden Fragen zu dieser Geschichte,
aufgereiht auf einem sonst dünnen Faden geschichtlicher Dar-
Stellung. In den ersten drei Kapiteln ist von der Geographie
Phöniziens sowie von den völkischen Gegebenheiten im
Vorderasien des 3. Jahrtausends v. Chr. die Rede. Das vierte
behandelt ausführlich Fragen der Chronologie, das fünfte und
sechste Ägyptens Verhältnis zu Phönizien während des Alten
und des Mittleren Reichs, mit besonderer Heraushebung von
Bybios. Das siebente geht der Durchdringung Vorderasiens
mit indogermanischen Völkern — Hethitern, Mitanni, Kas¬
siten — von etwa 2000 v. Chr. ab nach, und das achte be¬
schreibt dann Ägyptens Beziehungen zu den Staaten der
Hethiter und Mitanni, während das neunte noch die bis in
den Anfang des 12. Jahrhunderts v. Chr. andauernden Ein¬
brüche der ,, Seevölker" nach Vorderasien in den Bereich der
Betrachtung zieht. Das ziemlich umfangreiche zehnte Kapitel
ist dem phönizischen Alphabet gewidmet. Die Kapitel 11—14
aber lassen sich noch am ehesten als eine fortlaufende ge¬
schichtliche Darstellung bezeichnen; sie verfolgen nämlich
Phöniziens Geschicke in der Periode der Unabhängigkeit
(1200—850), die eine kolonisatorische Expansionspolitik
(1000—600) ermöglichte, in der assyrischen (900—612) und
in der babylonisch-persischen (609—333) Zeit. Aber gerade
die Tatsache, daß hier bestimmte Einzelfragen in sachkun¬
diger und besonnener Art erörtert werden, gibt dem Buche
Wert auch für den Fachgelehrten, indem es ihn manche Dinge
neu und auch wohl richtig zu sehen lehrt, in anderen Fällen
freilich nötigt, der hier vertretenen Auffassung zu wider¬
sprechen. Das erste gilt etwa von dem, was in Kap. 7—9
über die Hethiter, Mitanni und Seevölker und in Kap. 10
über das Alphabet gesagt wird, das zweite aber von der S. 28
bis 30 in Virolleaud's und Dussaud's Nachfolge geschehenen
Auswertung der Ras-Schamra-Texte, von der oben S. 59—85,
lllff. die Rede war. Auffällig ist, daß dem sonst gut unter¬
richteten Verfasser ein paar handgreifliche Versehen unter¬
laufen sind. S. 19 heißt es, daß Nordpalästina, das alte Nord¬
reich, seinen Mittelpunkt in Samaria, dem antiken Sichem,
habe, als ob es sich da nicht um zwei ganz verschiedene
Städte handelte. Nach S. 39 soll Elam ein weites Gebiet von
Hochflächen östlich des Tigris sein. Aber östlich vom unteren
Tigris dehnt sich zunächst eine ziemlich breite Ebene aus,
und Susa, die Hauptstadt von Elam, liegt noch in diesem
Tiefland. S. 86 stellt fest, daß unter dem alten türkischen
Regime in Kleinasien Ausgrabungen nicht möglich gewesen
wären und daß die deutschen Ausgrabungen in Boghazköi
erst nach dem großen Krieg begonnen hätten. In Wahrheit
haben sie bereits 1905 ihren Anfang genommen, sind dann
freilich nach dem Krieg mit doppelter Energie fortgesetzt
worden. Die Wiedergabe von 'ajin durch spiritus lenis, ',
scheint planmäßig geschehen zu sein. Aber wenn S. 170 mit¬
geteilt wird, daß sich unter den ersten der in den Texten von
Ras Schamra entzifferten Worte Baal, b-\aleph)-l, befunden
habe, dann ist die Bezeichnung des zweiten Konsonanten
als aleph statt als 'ajin doch jedenfalls falsch. Indes wollen
diese Ausstellungen den Zweck dieser Zeilen, auf das sonst
leicht zu übersehende Büchlein aufmerksam zu machen, nicht
im mindesten verdunkeln. Otto Eissfeldt, Halle (Saale)
Aus Iran
In Band 19 der ,,Welt des Islams" hatte der Verfasser die¬
ser Zeilen die Genugtuung, das erste Iranisch-Deutsche Wörter¬
buch aus der Feder von Gholam Ali Tarbiat in einer kurzen
Anzeige würdigen zu dürfen, wobei er seine Freude nicht ver¬
hehlen zu sollen meinte, welche einmal die endlich erwachte
Zuwendung zu deutscher Sprache und deutschem Schrifttum
in Iran wie schließlich auch die Ausfüllung einer besonders
von unseren in Iran lebenden Landsleuten schmerzlich emp¬
fundenen Lücke in ihm auslösten. Seitdem ist noch kaum
ein Jahr hier ins Land gegangen, daß der Berichterstatter
nicht bereits von weiteren Neuerscheinungen des iranischen
Büchermarktes erzählen könnte, die sich mit unserer Sprache
und ihrem Schrifttum befassen. Allerdings soll nicht ver¬
schwiegen werden, daß wir erst Ansätze zu einer lebendi¬
geren Entwicklung des geistigen Austausches von Land zu
Land vor uns haben und daß der Zukunft recht eigentlich
alles überlassen bleibt. Diese Ansätze aber sind durchaus
verheißungsvoll.
Das Tor zum großen Schrifttum bildet allenthalben die
Sprache, und so ist es denn besonders zu begrüßen, daß
wir nicht weniger als drei Neuerscheinungen zu verzeichnen
haben, die sich mit unserer deutschen Sprache befassen. Daß
man sich ihr zuallererst zuwandte, war vordringlich nötig.
Vermitteln doch Sprachführer und insbesondere ein Wörter¬
buch nicht allein beiden Teilen das unumgänglich notwendige
Sprachgut des täglichen Lebens, sondern öffnen auch gleich¬
zeitig die verschlossene Pforte, die zu den geistigen Schätzen
im Inneren des Hauses Einlaß gewährt. Wir Deutschen haben
uns diesen Schlüssel frühzeitig geschaffen und durch großen¬
teils hervorragende Übersetzungen und Nachdichtungen per¬
sischer Meisterwerke im vorigen Jahrhundert von unserem
regen Verlangen nach der iranischen Welt Zeugnis abgelegt
Auf iranischer Seite bleibt in dieser Hinsicht künftigem Eifer
Beträchtliches vorbehalten, und wir empfinden lebhaft die
dortige Erwartung mit, die sich noch ungenossenen Freuden
entgegensehnt, wie sie unser Schrifttum in seiner unerschöpf¬
lichen Reichhaltigkeit und Vielseitigkeit zu bieten vermag.
Freilich, ein erster Anfang ist gemacht. Im Jahre 1314/
1935 erschienen beinahe gleichzeitig zwei Meisterwerke
Goethes in persischer Übersetzung, das eine der ,, Werther"
(Göte, SärgozäSt-e Verier. Serkät-e öäp-e Ketäb, Täbriz-Täh-
rän)^), in Worten von Nasru-lläh-e Falsafi, Universitätspro¬
fessor (Ostäd) am DäniSsärä-ye 'Äli in Teheran und Verfasser
wohlbekannter (großenteils im gleichen Verlage erschienener)
1) Rezensent hat darüber in einem längeren persischen Vortrag in
der Universität Teheran auf Einladung des Dekans Dr. Sadiq-e A'tam
Bericht erstatten dürfen (Nof&z-e Trdn där ädäbiyydt ve 'oläin-e Älmdn,
auszugsweise abgedruckt in der Zeitung Irän, Nummern vom 15. und
16. 10. 1.S17 = 5. und 6. 1. 1938).
2) Daneben kenne ich eine noch ältere heute vergriffene Über¬
setzung des ,, Werther" von Mohammäd-e Säfäzäde aus Siyährüd,
1303/1925 in Buchstabensatz ohne Angabe von Verlag oder Druckerei
ans Licht gekommen.
Werke zur Geschichte und Erziehung*). Das andere ist der
„Faust" (Erster Teil) von dem noch jungen Schriftsteller
'Abbäs-e Bäni Sadr {Sähkär-e Göte, Dräm-e Dästdn-e Sägä-
üär-e Fäust, 1790 — 1831. Verlag ÄfSäri), dessen Buch von
der Zeitung Ettelä'ät (Nummer vom 28. 11. 1317 = 17. 2. 1939
S. 5) sehr lobend besprochen und als flüssig zu lesende ein¬
drucksvolle Lektüre bezeichnet wird. Von der Schwierigkeit,
die ganz allgemein einer Übertragung dieser beiden durch
und durch deutsch empfundenen Bücher Goethes im Wege
steht und die auch der Übersetzer des ,, Faust" in seinem
Vorwort ausdrücklich hervorhebt, sei hier schon gar nicht die
Rede. Sie bleibt in jedem Falle bestehen, da auch der beste
Übersetzer dem Geiste gleicht, den er begreift, nicht Goethe.
Doch vermag schon eine einigermaßen getreue Wiedergabe des
deutschen Wortlautes einen Begriff von der gewaltigen Kraft
goethischer Anschauung und Gedanken zu vermitteln. Leider
sind nun aber beide Übersetzungen, wie man leicht erkennt,
nicht aus dem deutschen Urtext, sondern ihrerseits wieder aus
einer französischen Übersetzung hervorgegangen. Wer je¬
mals eine französische Wiedergabe goethischer Dichtungen in
der Hand gehabt hat, weiß, wie sehr allein schon die andere
Sprache die Wiedergabe von ihrem Urbild fernrückt. Zwischen
deutschem und französischem ,, Faust" ist der Unterschied
besonders kraß, da allein schon der äußerst knappe, durch
Kunstregeln gebundene Wortschatz der französischen Sprache
ein volles Ausatmen des dichterischen Geistes unseres ,, Faust"
hindert. Diese Beschränkung gilt indes nicht für das Per-
1) Zu nennen etwa seine ,, Geschichte der Beziehungen Irans und
Europas in der Sefewidenzeit", ,, Grundlagen von Erziehung und Unter¬
richt", „Allgemeine Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert", „Allge¬
meine Geschichte im 17. und 18. Jahrhundert", ,, Geographie der Gro߬
mächte der Welt", ,, Ausführliche Geschichte der Ghaznewiden", „Ge¬
schichtslehrbuch für die erste Stufe der Mittelschulen". Außerdem
stammen Übersetzungen des Franzosen Victor Hugo {Manzüme-ye
Bilärägdn), des Orientalisten Arthur Christensen (Sältänät-e Qobdd
ve Mazdäk) und anderer Schriften aus seiner Feder. Vgl. des weiteren RäSid-e Yäsemt, Ädähiyydt-e Mo'ä?er (1316/1937) S. 81 f.; Äsadu-lläh-e t'zäd GoSäsb, Näme-ye SoJiärwärdn (1316/1937) S. 129f.
sische, und so schwer es hält, gewisse abendländisch-deutsche
Vorstellungen und Gegebenheiten der Tragödie durch ge¬
schickte Übersetzung in das entsprechende östliche Gewand
umzukleiden, so reiche Mittel hat anderseits die persische
Sprache zur Hand, um gerade die tiefsten Gedanken einer
metaphysischen Natur in der ihr eigenen Sprache der Mystik
volltönig wiedererklingen zu lassen. So hoffen wir denn, daß,
wie auch unseren ersten tastenden Versuchen der Wiedergabe
persischer Dichtungen, den beiden wohlgedruckten Büchern
der verdienstvollen Verfasser bald noch treffendere — un¬
gekürzte — Übertragungen folgen werden, die sich der
Krücken einer französischen Zwischenübersetzung entschlagen
und, einmal mündig geworden, sich ganz dem freien Fluge
goethischen Geistes hingeben können, ohne den Blick auf
nicht immer ungetrübte Quellen französischer literargeschicht-
licher Darstellung heften zu müssen.
Diese Möglichkeit, der deutschen Sprache in ihren kost¬
barsten Formungen allmählich selbständig gegenübertreten
zu dürfen, ist mit dem neuen Deutsch-Persischen Taschen¬
wörterbuch, enthaltend ca. 16000 Wörter und Redensarten,
von Gholam Ali Tarbiat (Teheran 1317/1938, Serkät-e
ödp-e Rängin), den Iraniern von heute einen guten
Schritt näher gekommen. Das Verdienst, das sich damit der
umsichtige, durch sein Iranisch-Deutsches Wörterbuch (Far¬
hange Tarbiat, Teheran 1315/1937) bereits bestens empfohlene
Verfasser erworben hat, ist in der Tat kaum hoch genug an¬
zuschlagen. Wie er selbst in seinem Vorwort betont, kam es
ihm wesenthch darauf an, seinem Lande, das unter der plan¬
vollen Leitung seines großen Herrschers Resa Schah Päh-
läwi die volle innere Unabhängigkeit zu derlei Studien
wiedergewonnen hat, damit einen Dienst zu leisten. Das ist
Gholam Ali Tarbiat im besten Sinne gelungen. Denn es
werden nach diesem Buche Tausende junger Iranier greifen,
die sich sei es mit deutschem Wesen und Schrifttum, sei es
mit den Leistungen unserer Gewerbe und Technik vertraut
zu machen wünschen, und es wird der gewählte Bildungsweg
ihnen seinen Erfolg nicht vorenthalten.
Mit dieser Arbeit hat der Verfasser aber nicht nur seinen
Landsleuten das Beste geboten, sondern auch uns zu tiefstem
Danke verpflichtet: die Beifügung sorgfältiger Aussprache¬
bezeichnung der persisch geschriebenen Wörter, die nach
deutscher Weise vorgenommen ist, zeigt, daß er auch die in
Iran weilenden deutschen Kaufleute, Techniker und Lehrer,
,,die Verlangen nach der Erlernung der süßen persischen
Zunge tragen" (Vorwort S. 1), nicht vergessen hat. Damit
hat er wohl den Herzenswunsch unzähliger Volksgenossen
getroffen, die Beruf und Neigung an Iran ketten und die
nunmehr an Gholam Ali Tarbiats Wörterbüchern einen
sicheren Führer und Geleiter finden.
Äußerlich stellt sich Tarbiats Arbeit als sauber gedrucktes
Werkchen in griffigem Taschenformat dar, wesentlich hand¬
licher als der ein Jahr zuvor erschienene Farhange Tarbiat,
das persisch-deutsche Gegenstück, welches allerdings auch
bedeutend umfassender ist. Seinem Inhalt nach bietet das
Büchlein eine vervollkommnete Ausgabe jenes Deutsch-Per¬
sisch-Französischen Wörterbuches von Mirza Reza Khan
Tarbiat, das in zweiter Auflage 1344/1926 in Berlin (Verlag
Äjtäb) erschienen ist'). Gholam Ali Tarbiat hat diese Arbeit
seines Vorgängers und Bruders, welche in allem Wesentlichen
dem deutschen Sprachschatz eines sogenannten Liliput-
wörterbuches Deutsch-Französisch folgte, einer gründlichen
Durchsicht und Verbesserung unterzogen, viele Worte neu
hinzugefügt, andere — was man insbesondere bei den deut¬
schen Artikeln bedauern mag — herausgestrichen und den
durch Wegfall der früher mitgeführten französischen Über¬
setzung gewonnenen Raum mit der lateinischen Umschrift
der persischen Wiedergaben ausgefüllt. An der sonst ganz auf
den deutschen Benutzer zugeschnittenen Umschrift stört
1) Das genaue Jahr des Erscheinens dieser Auflage vermag ich
nicht mit Sicherheit anzugeben, da der Außenumschlag auf der persi¬
schen Seite die Jahreszahlen 1928/1306, auf der deutschen Seite 1927/
1306 enthält. Die von beiden Daten abweichende obige Angabe befindet sich auf dem inneren (persischen) Titelblatt. Der Name des Verfassers
erscheint auf dem Außenumschlag als Tarbiat, innen hingegen als
Tarbiet.
lediglich die Wiedergabe von | durch das französische dj
statt dsch, welches seinerseits wenig glücklich das seltenere
persische i zu ersetzen hat, und die Diphthong-Umschreibung
ej für äi und englisch ow für qu. Im übrigen fehlen eben doch
leider — und das liegt an der Art der Anlage — nach wie vor
auch recht wichtige und geläufige Wörter mit ihren persischen
Entsprechungen (selbst die Artikel ,, Persien" und ,, Iran" sind
ausgelassen!), von Wendungen und Redensarten ganz ab¬
gesehen. Über das Taschenwörterbuch hinaus bleibt daher in
jedem Falle ein eigentliches Lexikon von mindestens der
gleichen Ausführlichkeit, wie sie den englischen und franzö¬
sischen Wörterbüchern von Soläimän-e Hayim und Sa'td-e
Najist eignet, Aufgabe der Zukunft. Auch von den mancherlei
Irrtümern und Versehen des Büchleins sei nicht geschwiegen.
Sie alle einzeln anzugeben, soweit sie auf den ersten Blick
erkannt werden konnten, würde indessen zu weit führen.
Viele wird der Verfasser bei einer weiteren Beschäftigung mit
deutscher Sprache und deutschem Schrifttum selbst richtig¬
stellen können. Wir greifen hier nur heraus die Übersetzungen
von ,, Kinderei" durch hälät-e bäöägi (S. 356), ,, Knechtschaft"
durch nqukärt (S. 361), ,, Kompanie" durch gordän (= ,, Ba¬
taillon") statt gorühän (S. 364), ,, kriegen" durch gäng kärdän,
(S. 370), ,, kümmern" durch gäm hordän (S. 372) usf. oder die
Verweise ,, kostspielig s. kostbar" (S. 367), ,, Parole s. Ehren¬
wort" (S. 433) usw., von vielen sonstigen Ungenauigkeiten,
Schiefheiten und wesentlichen Auslassungen nicht zu reden.
Kann man auch auf so kleinem Raum billigerweise die ebenso
notwendigen wie schwierigen Angaben überpräpositionale Kon¬
struktionen bei Zeitwörtern nicht erwarten, so dürfen doch
anderseits anstelle von Umschreibungen und Begriffserklärun¬
gen wenigstens die wirklichen Wiedergaben des deutschen
Wurtes durch die betreffenden persischen Ausdrücke erwartet
werden, jedenfalls überall dort, wo es irgend angeht. Daß dies
oft nicht geschieht, ist übrigens ein allgemeiner Übelstand
bei persischen Lexikographen, der sich zum Beispiel ge¬
rade in der Wiedergabe lautmalender Wörter auswirkt,
an denen das Persische wahrlich kaum minder reich
ist als das Deutsche. Übersetzungen wie sedä kärdän für
„knallen" (S. 361) oder Sekästän für „knacken" (ebenda)
oder gar an sich zutreffende Begriffsbestimmungen wie sedä
kärdän-e loulä-ye blrougän ve ämsäl-e än für „knarren"
(ebenda) möchten in der bald zu hoffenden Neuauflage un¬
bedingt durch die für den Iranier selbst unschwer auffind¬
baren entsprechenden persischen Ausdrücke ohne Scheu vor
deren mitunter unliterarischem Charakter ersetzt werden.
Wenn man sich freilich vor Augen hält, zu welchen Irrtümern
selbst ein kleines Wörterbuch Gelegenheit gibt, so wird man
alle diese Fehler verzeihen. Es sind die unausbleiblichen
Kinderkrankheiten, die ein neues Unternehmen durchmachen
muß, das gänzlich aller wesentlichen Hilfsmittel und Vor¬
arbeiten entbehrt.
Unter diesem Gesichtspunkt ist nun auch Der neue
deutsch-iranische Selbstunterricht von M. Sepahbodi*) zu
betrachten, der in persischer Sprache die Iranier ins Deutsche
einführen will. Die Lehrweise des Büchleins bleibt freilich,
wie auf so wenigen Seiten bei verhältnismäßig großem Druck
kaum anders zu erwarten, in der grammatischen Führung
ziemlich simpel. So halte ich zwar dafür, daß das Buch ein
brauchbares Hilfsmittel neben dem lebendigen Sprachunter¬
richt ist, den der Umgang mit Deutschen darstellt, daß es
aber schwerlich jemanden ohne diese Voraussetzung gründ-
1) Diesen Titel meint jedenfalls die grammatisch und satztechnisch vollkommen verunglückte erste Seite des Buches, auf deren Wiedergabe
wir hier verzichten, persisch: ffodämüz-e jädtd-e Älmäni be Färsi,
Mohlt-e ta'llf-e M. Sepähbodi. Verlag Morävvej, Teheran. 116 S. Preis 5 Rial (etwa 0,75 RM.). — Die Bezeichnung „iranisch" für die heu¬
tige Schriftsprache Irans, die nicht nur Sepähbodi, sondern auch Tar- biät in seinem Farhange Tarbiat sowie neuerdings wieder der sogleich
zu nennende Oberst Davallü Nezämi im Titel seines Büchleins ver¬
wenden, stellt eine zu Mißverständnissen Anlaß gebende Übertreibung dar, die um so weniger gerechtfertigt scheint, als nicht zuletzt unter dem
Einflüsse A. Christensens auch der amtliche Sprachgebrauch in Iran
zur Bezeichnung färsi , .persisch" zurückgekehrt ist. Tarbiat spricht daher in seinem neuen Deutseh-Persischen Taschenwörterbuche auch ganz richtig wieder von der ,, süßen persischen Sprache" (zähdn-e Sirtn-e färsi, oben S. 4).
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lieh ins Deutsche einzuführen vermag. Die leider wie immer
recht zahlreichen und zum Teil sehr störenden Druckfehler
sowie auch nicht seltene grammatische Versehen ließen sich
unseres Erachtens bei besserer Durchsicht leicht vermeiden.
So begegnet — um nur ein Beispiel herauszugreifen — das
Wort „Schloß" durch tückischen Zufall nur auf einigen
Seiten richtig (S. 55,60: Schlosz), sonst als Schosz oder
Rchlosz (zweimal S. 61; S. 110). Auf Seite 95 erscheint das
Zeitwort „begleiten" versehentlich stark, auf S. 101 das Zeit¬
wort „empfehlen" schwach abgewandelt, andere Versehen
ähnlicher Art nicht gerechnet. S. 89 sind die Worte eines
längeren Satzes stark durcheinander geraten. S. 108 muß es
statt „jene schöner Garten" natürhch ,, jener schöne Garten"
heißen usf. Auch der persische Text hält sich nicht frei von
Versehen; so ist z. B. S. 116 das Wort bähär durch zämistän
zu ersetzen u. a. m. Gelegenthch hat man den Eindruck, daß
der im Buche enthaltene Stoff bereits vor dem Weltkriege
zusammengestellt ist, so wenn vom ,, Schloß bewohnenden
Kaiser" (S. 61, 62) die Rede ist, vom ,, berühmten deutschen
Dichter Heine" (S. III) oder die Frage: „Sprechen viele
Österreicher deutsch?" mit einem „Nein, viele sprechen
böhmisch und ungarisch" beantwortet wird (S. 91). Es ist
betrüblich, daß der fleißige imd fähige Verfasser seine nütz¬
liche Arbeit nicht vorher einem Deutschen zur Durchsicht
vorgelegt hat. Das eingehendste Studium ersetzt nicht, was
einem anderen die Muttersprache ist, und es wäre unbegrün¬
deter Stolz, insoweit auf die Mitwirkung eines Fremden zu
verzichten. Hoffen wir, daß der Verfasser sich dieser Einsicht
nicht verschließt, wenn er uns in Bälde sein 20000 Wörter
umfassendes Deutsch-Persisches Wörterbuch schenken wird,
das er zu unserer Freude in mehreren Anzeigen des Verlages
3/oräü«e^-Teheran bereits versprochen hat.
Kommt Sepahbodis eben besprochene Arbeit nur seinen
Landsleuten zugute, so begrüßen wir des Obersten M. Bagher
Dawallu Nezämi Sprachfuehrer Deutsch, Englisch und Ira¬
nisch fuer Reise, Haus und Schueler (Schiras 1938, Druckerei
Mostafaoi) als ein Büchlein, das auf 182 Seiten im Taschen-
format deutschen und persischen Sprachschatz vermittelt,
der beiden Teilen, unseren Volksgenossen ebenso wie den
Iraniern, in gleicher Weise dienlich ist. Ja, der Deutsche
genießt in diesem Falle sogar noch des Vorzuges, daß ihm
eine freilich halb in deutscher {sch für S, w für v und tsch
für 6), halb in englischer Rechtschreibung (kh statt ch für h,
ow für Ott, dj statt dsch für g) gebotene Umschrift des persi¬
schen Wortlautes über die Schwierigkeiten der ersten Schrift¬
erlernung hinweghilft. Der Verfasser, Oberst und zugleich
Leiter der Heeresschule von Schiras, der sein Werk Seiner
Königlichen Hoheit dem Kronprinzen von Iran hat widmen
dürfen, bietet uns nicht so sehr einen eigenthchen Sprach¬
führer, denn zu diesem Behufe hätte er die Grammatik nicht
gänzlich unberücksichtigt lassen dürfen, sondern eine Samm¬
lung notwendigster Wörter und Redewendungen, die teil¬
weise einem Gesprächsbuch gleicht. Insoweit bildet das Werk¬
chen für den Iranier eine passende Ergänzung zu Sepahbodis
Grammatik und Übungsbuch in Grundzügen enthaltender
Arbeit. Der Deutsche lernt aus diesem ,, Sprachführer" viele
heute geläufige Redewendungen, eine Fülle von Wörtern der
Technik und nicht zuletzt auch schon einige der neuen amt¬
lichen Bezeichnungen 1), welche auf Vorschlag der iranischen
Akademie {Färhängistdn) die Behörden jüngst ihrem Kanzlei¬
betrieb eingegliedert haben. Mit besonderer Liebe und Aus¬
führlichkeit ist die Heeressprache behandelt (S. 95ff.), und
Abschnitte wie Reisen (S. 41 ff.), Rundfunk (S. 83ff.), Kraft¬
wagen (S. llQff.), Photographie (S. 129ff.) sind selbst für den
Kundigen unschätzbar. Doch findet sich auch darüber hinaus
1) Ein vollständiges Verzeichnis bietet jetzt die zweite Auflage der Loyäthd-ye Nou (1317/1938; erste Auflage 1316/1937), herausgegeben
vom Sekretariat der Iranischen Akademie (Druck der Parlaments¬
druckerei). Die Behörden verfügen z. T. über alphabetisch angeordnete
Sonderdrucke, die nicht im Buchhandel erhältlich sind und bei jedem
Buchstaben Seiten für Nachträge offenlassen. Dank besonderer Freund¬
lichkeit liegt mir so das Däftärie-ye väiehd-ye päzirufte Sude där Fär- hängistän-e Irdn vor, welches das Finanzministerium ( Vezärät-e Däräi)
in der doppelten Reihenfolge der alten und neuen Ausdrücke heraus¬
gegeben hat.
ZeiUchrift d. DMO Bd. M (Nene Folge Bd. 1S> 9
auf allen Seiten wertvoller Sprachstoff für den täglichen Um¬
gang, wenngleich viele unnötige Wiederholungen hätten ver¬
mieden werden können. Irrtümer bleiben natürlich nicht aus,
und das leidige Druckfehlerelend beeinträchtigt auch hier
gelegentlich den guten Gesamteindruck. Seltsam berührt an
der Arbeit nur, daß der Verfasser allenthalben, wohl sugge¬
riert durch das unvokalisierte Schriftbild der eigenen Sprache,
die Eääfät in seiner Umschrift ausläßt, auch dort, wo sie selbst
bei flüchtigem Sprechen stets zu hören ist. Auch diesen
Schönheitsfehler kann eine zweite Bearbeitung leicht be¬
seitigen.
Im allgemeinen darf man also feststellen, daß die Neigung
zu deutschen Studien in Iran im Wachsen begriffen ist, wenn¬
gleich die ersten Schritte nicht immer sicher und vor allem
fremde Vermittlungssprachen (Englisch, Französisch) noch
wesentlich ausschlaggebend sind. In besonderem — nicht
immer angenehmen — Maße macht sich dies natürlich in
Schriften geltend, die sich der deutschen Ideenwelt zuwenden,
soweit diese zugleich politisch ist. Unter diesem Gesichts¬
punkte sind schließlich auch die beiden wohlgemeinten
Bücher über den Nationalsozialismus zu beurteilen, die unter
dem Namen Hitlär, Tärgome ve NegäreS-e G. Vähid-e Mäzän-
däräni (1316/1937, Ketäbhäne Märkäzt, Teheran; 135 S.) und
ffäteräl-e Hltlär von Mohsen-e Öehänsüz (1317/1938, Serkät-e
Tääämoni-e 'Elmt; 185 S.) erschienen sind — letzteres eine
zur Buchform erweiterte Artikelreihe aus der Tageszeitung
Irän: Hitlär, Eqtebäs äz kotob ve mägällät-e härige, NegäriS-e
Mohsen-e Öehänsüzt [sie]. Wilhelm Eilers, Isfahan
Eingegangene Bücher
Angezeigt von Wilhelm Printz, Halle, u. a.
American Council of Learned Societies. Bulletin no. 28: May, 1939.
Indie Studies in America. — Washington (907 Fifteenth Str.)
1939. VI, 242 S. 8». $ 0.25.
Der 1919 gegründete, von 20 amerikanischen wissenschaftlichen Vereinigungen gebildete Council hat als Arbeitsgebiet die Förderung