• Keine Ergebnisse gefunden

Auf der roten Liste:der gemeine Landarzt

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Auf der roten Liste:der gemeine Landarzt"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

1 0 9 4 A R S M E D I C I 2 22 0 0 4

G E S U N D H E I T S P O L I T I K P O L I T I Q U E D E L A S A N T É

RI C H A R D ALT O R F E R

Sie sterben langsam aus, und keiner merkt es: die Hausärzte auf dem Land. In einigen Re- gionen schon heute, in andern erst in ein paar Jahren werden es die Patienten merken (und die Politiker): Der jederzeit verfügbare Hausarzt, der erste Ansprechpartner bei Gesund- heitsproblemen jeglicher Art, ist keine Selbstverständlich- keit mehr. Warum? Weil man ihn vergrault, ihm zu viele Steine in den Weg gelegt, ihm sein gutes Einkommen für eine noch bessere Leistung geneidet hat. Aber dann wird es zu spät sein für rasche Korrekturen. Vielleicht ist es heute noch nicht zu spät, diese Entwicklung zu verhindern.

Leider kein fiktives Beispiel Das folgende Erlebnis ist nur halbwegs fiktiv: Aus gesundheitlichen Gründen muss Kollege B. seine Hausarztpraxis, die er als Allgemeinmediziner vor gut 20 Jah- ren eröffnet hat, ziemlich unvermittelt aufgeben. In dem kleinen Dorf ist er der einzige wirkliche Hausarzt. Es gibt dane- ben nur noch einen älteren Kollegen, der sich auf die Betreuung von Kindern spe- zialisiert hat, jedoch nur noch an zwei bis drei Tagen arbeitet und auch nicht mehr am regionalen Notfalldienst teilnimmt. B.

geht also auf die Suche nach einem Nach- folger. Das scheint ihm kein Problem. Man arbeitet zwar sehr viel hier auf dem Land, wo die Leute auch aus den umliegenden Dörfern in die Praxis kommen, man ver- dient aber auch recht gut. Natürlich auch wegen der Selbstdispensation. Sicher, Notfalldienste sind häufig, obschon man sich gut organisiert hat in der Region.

Auch die Sonn- und Feiertagsruhe wird regelmässig von Kranken oder Verunfall- ten gestört. Aber das gehört zum Beruf.

Die Ehefrau arbeitet in der Praxis mit.

Selbstverständlich. Dafür ist man als Dorf- doktor angesehen und kann sich heute, nach 20 Jahren, auch mal einen Stellver- treter für zwei Wochen leisten, die Ruhe- pause in einem eigenen Ferienhaus ver- bringen oder sonstwo schöne Ferien machen. Wenn auch immer noch mit einem etwas schlechten Gewissen den Patienten gegenüber.

Also kein Problem, einen Nachfolger zu finden, der für einen lächerlichen Preis (nur die Einrichtung, Röntgen, Labor usw., alles noch ziemlich neu, ist zu bezahlen, auf einen «Goodwill» will B. sogar ver- zichten) eine gut gehende Praxis überneh- men kann und vom ersten Jahr an «tief- schwarze» Zahlen schreibt? Da kommt B. aber schön auf die Welt. Zwar melden

sich auf die Inserate in der «Ärztezeitung»

mehrere Interessenten, und auch aus dem regionalen Spital rufen ein älterer Assis- tenzarzt und ein Oberarzt an. Als es je- doch an die Details geht, wundert sich B.

Die Frau des einen Kollegen will nicht so weit von der Stadt weg, die Frau des an- dern schreckt davor zurück, als Frau Dok- tor ihren Teil der Aufgaben zu überneh- men. Der eine Kollege ist sich aus der Stadt gewohnt, seine Praxis um 17.30 Uhr zu schliessen und den Rest des Tages – die Wochenenden sowieso – mit seiner Fami- lie zu verbringen. Andere waren eh nur neugierig und stellen auf einmal fest, dass ihnen, wenn sie eine Praxis eröffnen, nie- mand mehr die Pensionskassenbeiträge bezahlt, fünf Wochen Ferien garantiert, den ganzen administrativen Kram ab- nimmt, die Rechnungen stellt und aus dem Spitalpool dann noch ein paar Fran- ken zuschiesst. Und schliesslich: Unter- nehmer? Igitt, das ist ja sogar mit einem Risiko verbunden. Was, wenn ein weiterer Kollege im Nachbardorf eine Praxis eröff- net? Oder noch schlimmer: Was, wenn der Kollege Z. im Nachbardorf seine Praxis altershalber aufgeben muss und seine Pa- tienten auch noch in B.s Praxis strömen?

Dann gibts überhaupt keinen Feierabend mehr.

B. hat dann doch noch einen Kollegen ge- funden. Mit Mühe und Glück. Vielleicht weil die Praxis wirklich gut geführt war und einen überdurchschnittlichen Ertrag abgeworfen hat. Andern Kollegen in der weiteren Umgebung ist’s nicht so gut er- gangen.

Politisch aktiv werden – heute!

In den OSGAM-Informationen weist Rolf Naegeli auf dieses Problem hin, das man- che Politiker und andere Fachleute im Gesundheitswesen noch nicht genügend

Auf der roten Liste:

der gemeine Landarzt

Und was man dagegen unternehmen kann

(2)

A R S M E D I C I 2 22 0 0 4 1 0 9 5

G E S U N D H E I T S P O L I T I K P O L I T I Q U E D E L A S A N T É

zur Kenntnis genommen haben und das sich, wenn’s denn akut wird, nicht von heute auf morgen lösen lässt. Denn Ein- griffe, die auf die Steuerung der Anzahl Ärzte zielen, werden – wie zwar jeder- mann weiss, aber gerne sogleich vergisst – erst mit einer Latenz von mindestens 10 bis 15 Jahren wirksam. Also: Es läuft et- was falsch im Hause Schweiz. Und es wird höchste Zeit, das Thema aufs politische –

und mediale – Tapet zu bringen. Rolf Naegeli, Vorstandsmitlgied der SGAM, schlägt vor, in jedem Kanton aktiv zu wer- den. Gesagt, getan, denn er hat Recht.

Hiermit ergeht also der Aufruf, in den kantonalen Parlamenten auf das kom- mende (manchenorts bereits bestehende) Malaise hinzuweisen, mittels Interpella- tion oder kleiner Anfragen. Das können parlamentarisch tätige Ärzte übernehmen.

Es gibt aber auch Parlamentarier, die sich als Gesundheitspolitiker noch profilieren möchten. Helfen wir ihnen dabei! Oben ein Beispiel, wie eine Interpellation aus- sehen könnte (Beispiel aus dem Kanton

Schaffhausen). ●

Richard Altorfer An den Präsidenten des Kantonsrats

XYZ, 3. September 2004

Interpellation

Ärztemangel und medizinische Grundversorgung

Erstes und wichtigstes und notabene kostengünstigstes Glied im Rahmen der medizinischen Betreuungskette ist die ambulante Grundversorgung, gewährleistet durch die Hausärzte. Dieser Feststellung stimmen zwar alle Verantwortlichen gerne zu, viele po- litische Massnahmen der vergangenen Jahre weisen jedoch in die entgegengesetzte Richtung. Der Beruf des Hausarztes ist auf- grund der Rahmenbedingungen immer weniger attraktiv geworden. Die Gründe hierfür in Stichworten: grosse (zeitliche) Belas- tung, unter anderem durch immer mehr (nicht honorierte) Notfallpräsenz und anspruchsvollere Notfalleinsätze wegen der Verabschiedung der Spezialärzte aus diesem allgemeinen Dienst, mehr Papierkrieg wegen überbordender Administration, Verlust der Selbstdispensation, allgemeiner Imageverlust und Sündenbock-Rolle der praktizierenden Ärzte, verstärkte Konkurrenz zwi- schen Praxen und Spitalambulatorien, erhöhte Ansprüche an Qualitätskontrollen, Fortbildungszertifikate, Fertigkeits- und Fähig- keitsausweise und so weiter sowie ein kaufkraftbereinigter realer Einkommensverlust von rund 40 Prozent in den letzten 15 Jah- ren (zum Teil durch Verweigerung von Tarifanpassungen auch in Zeiten erhöhter Teuerung).

Fazit: Immer weniger junge Ärzte gehen das Risiko ein, unter Inkaufnahme einer grossen Verschuldung eine eigene Praxis aufzu- bauen. Dieser schweizweit feststellbare Trend betrifft in Kürze auch Schaffhausen. Hausarztpraxen auf dem Land können bereits heute kaum mehr an Nachfolger übergeben werden (Beispiele bekannt). Wenn dereinst mehrere ältere Praktiker innerhalb kur- zer Zeit ihre Tätigkeit aufgeben, ist eine medizinische Unterversorgung auf dem Land nicht nur nicht auszuschliessen, sondern ab- sehbar.

Dem Interpellanten ist klar, dass viele Weichen derzeit in Bern falsch gestellt werden (Praxiseröffnungsstopp, Aufhebung des Kon- trahierungszwangs). Ausführende sind in manchen Fällen jedoch die Kantone. Ich frage deshalb den Regierungsrat:

1. Wie beurteilt er die Situation generell?

2. Wie speziell in der Region Schaffhausen?

3. Was gedenkt er gegen den drohenden Ärztemangel zu unternehmen (allenfalls in Absprache mit andern Kantonen)?

4. Wie handhabt er den bundesrätlich verordneten Praxiseröffnungsstopp?

Für eine Stellungnahme bedanke ich mich.

Mit freundlichen Grüssen N.N., Kantonsrat

Auf der roten Liste: der gemeine Landarzt

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Sie werden, da bin ich sehr zuversichtlich, auch in den kommenden Jahren eine starke „Co-Del“ mit nach München bringen, ganz im Geiste von

Wir hören das von Unternehmen, die ihre negativen Erfahrungen in anderen Ländern mit denen in der Türkei vergleichen: Oft sind die Investitionskosten hoch, aber es ist

Eine Verengung der Harnröhre kann aber nicht nur durch eine Prostatahyperplasie bedingt sein, sondern auch auf einer vorange- gangenen Entzündung beruhen.. Erkrankungen wie

lich ein Extremfall, aber eine Unverträglichkeit kann bereits bei kleineren Mengen an Histamin unangenehme Symptome pro­. vozieren, wie Sie unter SL04

Mit den Mineralstoffen Selen, Zink und Kupfer trägt es außerdem zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress bei und unterstützt mit Vitamin C einen normalen

SL05 geht unter derselben Stichwortsu- che sogar so weit, dass CFS oft als Verlegenheitsdiagnose gestellt wird, wenn keine andere Ursache für eine Erschöpfungssymptomatik gefun-

Bei Menschen ohne Hormon- mangel kann der regelmäßige Gebrauch zu Diabetes oder langsamer Veränderung der Körperproportionen führen, da auch beim Erwachsenen ei- nige

Gute Nachricht für Be- troffene: Die für Mallorca- Akne typischen Knötchen bil- den sich nach einiger Zeit in aller Regel von ganz allein wieder zurück!. Andrea Neuen-Biesold,