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KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN ARBEITSDOKUMENT DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

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KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 18.12.2001 SEK(2001 1696

ARBEITSDOKUMENT DER KOMMISSIONSDIENSTSTELLEN

Ökosystem-Ansatz im Fischereimanagement (EAFM): Chancen und Prioritäten für eine internationale Zusammenarbeit

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Ökosystem-Ansatz im Fischereimanagement (EAFM): Chancen und Prioritäten für eine internationale Zusammenarbeit

Zusammenfassung

Diese Unterlage enthält Hintergrundinformationen über die Entwicklung im Bereich des Ökosystem-Ansatzes im Fischereimanagement in der EU. Es folgen Überlegungen zu der Frage, wie der Ökosystem-Ansatz zu verstehen und kurzfristig umzusetzen ist, sowie Optionen für künftige Entwicklungen.Sie diente als Beitrag zu der laufenden internationalen Debatte über den Ökosystem-Ansatz, deren jüngste Manifestation die FAO Konferenz über verantwortungsvolle Fischerei und marines Ökosystem war, die vom 1.-4. Oktober in Reykjavik stattfand.

1. EINLEITUNG

Der Ökosystem-Ansatz im Fischereimanagement1 (nachstehend EAFM) sollte im allgemeinen Kontext der nachhaltigen Entwicklung gesehen werden. Im Anschluss an Rio 1992 haben die Europäische Union und die einzelnen Mitgliedstaaten die Umweltbelange in zahlreiche andere Politikbereiche einbezogen. Der Europäische Rat von Helsinki hat die Kommission im Dezember 1999 aufgefordert, "einen Vorschlag für eine langfristige Strategie auszuarbeiten, wie die verschiedenen Politiken im Sinne einer wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigen Entwicklung aufeinander abzustimmen sind". Im Mai 2001 reagiert die Kommission auf diese Aufforderung mit der Mitteilung "Ein nachhaltiges Europa für eine bessere Welt: Eine Strategie der Europäischen Union für nachhaltige Entwicklung". Diese Mitteilung umfasst eine Reihe weit reichender Empfehlungen für zahlreiche Politikbereiche der EU. Im Bereich der Fischerei nennt die Kommission die Überkapazitäten und die vom Zusammenbruch gefährdeten Fischbestände in europäischen Gewässern als die wichtigsten Gefahren für eine nachhaltige Entwicklung. Es wird hervorgehoben, dass "die Gemeinsame Fischereipolitik die nachhaltige Fischwirtschaft in der EU und auf internationaler Ebene fördern und gleichzeitig der europäischen Fischwirtschaft auf lange Sicht das Überleben sichern und die Ökosysteme des Meeres schützen sollte"; außerdem sollte

"das Fischereimanagement verbessert werden, um den Rückgang der Bestände umzukehren und eine nachhaltige Fischerei und gesunde Ökosysteme des Meeres sowohl in der EU als auch weltweit zu gewährleisten".

Zur Erreichung der Ziele für die Fischerei, die in der Strategie der Kommission für eine nachhaltige Entwicklung vorgegeben sind, ist eine Änderung der derzeitigen Verhaltensweisen erforderlich. Politiker, Fischereimanager und Fischer müssen sich der Auswirkungen ihrer Aktionen auf das marine Ökosystem bewusst sein und entsprechend handeln. Auch Politiker und Akteure in anderen Sektoren wie Schiffbau, Baggerarbeiten, Sand- und Kiesgewinnung,

1 Für die Zwecke dieser Unterlage gilt die Definition in Abschnitt 3.2.8 FAO Fischereiatlas: Die Grundsätze des Ökosystem-Ansatzes im Fischereimanagement bilden eine Erweiterung der herkömmlichen Grundsätze für die Entwicklung einer nachhaltigen Fischerei, bei der das Ökosystem als Ganzes berücksichtig werden muss. Ziel ist es, trotz der Schwankungen, Unsicherheiten und natürlichen Veränderungen des Ökosystems dafür zu sorgen, dass die aquatischen Ökosysteme auf Dauer zum Nutzen der gegenwärtigen und künftigen Generationen Nahrungsmittel, Einkommen und Beschäftigungsmöglichkeiten sowie generell einen wesentlichen Beitrag zum Leben und Lebensunterhalt liefern.

Voraussetzung hierfür ist es, das menschliche Wohlergehen und den Schutz des Ökosystems sicherzustellen. Dafür müssen die Strukturen, Prozesse und Wechselwirkungen innerhalb des Ökosystems durch nachhaltige Bewirtschaftung geschützt werden. Möglich ist dies nur, wenn eine Reihe häufig widersprüchlicher Ziele berücksichtigt wird, wobei der erforderliche Konsens wohl nur über eine gerechte Verteilung der Nutzen zu erreichen ist.

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Exploration und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen, Tourismus, umweltbelastende Gewerbe an Land usw. müssen sich ähnlich verhalten. Das langfristige Idealziel besteht darin, dass die Ressourcen im vollen Bewusstsein der Wechselbeziehungen zwischen natürlichen und vom Menschen verursachten Belastungen und dem Meeresökosystem genutzt werden; die politischen Entscheidungsträger sind jedoch noch weit davon entfernt, über die erforderlichen Kenntnisse und Strukturen zu verfügen. Deshalb muss jeder Sektor seine eigene Antwort auf die Herausforderung der nachhaltigen Entwicklung finden, wobei eine stärkere Zusammenarbeit mit verwandten Sektoren anzustreben ist.

Bestandsabschätzungen und Regulierung nach Arten sowie die Weiterentwicklung von langfristigen Strategien bilden auch weiterhin die Grundlagen des EAFM. Das ist nur zu verständlich: Konsumfische entsprechen der Verbrauchernachfrage und werden deshalb von den Fischern gefangen. Das Problem des derzeitigen Ansatzes besteht darin, dass die Bestimmungen nicht vorschriftsmäßig angewandt wurden; Beweis hierfür ist der Zusammenbruch der Bestände.

Auch die indirekten Auswirkungen der Fischereitätigkeiten auf das marine Ökosystem wurden nicht ausreichend berücksichtigt.

2. FORDERUNG NACH EAFM IN POLITISCHEN TEXTEN

(1) Im Rahmen der Einbeziehung von Umweltschutzerfordernissen in die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) gemäß Artikel 6 des Vertrages hat die Europäische Kommission im März 2001 eine Mitteilung über eine Strategie zur Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes in die Gemeinsame Fischereipolitik2 herausgegeben, die sich ausdrücklich auf das EAFM bezieht:

“Ein erster und strategisch überaus wichtiger Schritt könnte darin bestehen, eine Änderung in den Einstellungen herbeizuführen: Jede Bewirtschaftungsmaßnahme sollte unter Berücksichtigung der Tatsache erfolgen, dass sie unter Umständen erhebliche Auswirkungen auf das Meeresökosystem hat, auch wenn die Zusammenhänge im Einzelnen nicht völlig geklärt sind. Dies entspricht oder würde der Annahme eines auf Ökosystemen basierenden Ansatzes im Bereich Fischereimanagement3 entsprechen.

Im April 2001 verabschiedete der Fischereirat Schlussfolgerungen über die Einbeziehung der Erfordernisse des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung in die Gemeinsame Fischereipolitik4 , in denen

“der Rat die Kommission ersucht, den Prozess der Einbeziehung der Belange der Umwelt und der nachhaltigen Entwicklung in die GFP zu überwachen und zu evaluieren. Der Rat bittet den Europäischen Rat, die Kommission zu ersuchen, im Zuge der Überprüfung der GFP konkrete Vorschläge für die Einbeziehung der Belange der Umwelt und der nachhaltigen Entwicklung in die GFP zu unterbreiten, die vorrangige Maßnahmen, wie die Verringerung des Befischungsdrucks und den Einsatz selektiverer Fanggeräte, messbare Ziele, Zeitpläne, den verbesserten Schutz der biologischen Vielfalt der Meere und Fortschritte auf dem Weg zu einer auf dem Ökosystem-Ansatz beruhenden Bewirtschaftung, umfassen.

2 KOM(2001)143

3 Über dieses Thema steht umfangreiche Literatur zur Verfügung. Siehe z.B. Pope, J.G. und Symes D. (2000): “An Ecosystem Based Approach to the Common Fisheries Policy: Defining the Goals”.

4 7885/01 PÊCHE 78, ENV 188

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(2) Im Rahmen ihrer Strategie zur Erhaltung der Artenvielfalt veröffentlichte die Kommission im März 2001 einen Aktionsplan zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in der Fischerei5, der bereits einen deutlichen Schritt in Richtung EAFM darstellt. Im Kapitel über wissenschaftliche Gutachten heißt es:

“(...) die Entwicklung hin zu einer ökosystembezogenen Bewirtschaftung kann nur durch bessere integrierte Gutachten befördert werden. Diese Aufgabe können die bestehenden Gutachtergremien am ehesten bewältigen, wobei es auch gilt, den Austausch von Forschungsergebnissen und Informationen zwischen der Fischerei und anderen mit Fragen des Umweltschutzes befassten Disziplinen stärker zu koordinieren."

(3) Im Grünbuch über die Zukunft der Gemeinsamen Fischereipolitik6, das ebenfalls im März 2001 veröffentlicht wurde, wird mehrmals auf den Ökosystem-Ansatz Bezug genommen. Von besonderer Bedeutung dabei ist die Analyse in Abschnitt 3.2 "Umweltaspekte":

“Umweltbelange und Fischereiinteressen müssen vernünftig gegeneinander abgewogen werden. Einerseits lässt sich die Tötung von Arten ohne kommerziellen Wert beim Fischfang nur in erträglichen Grenzen halten, wenn für bestimmte Formen der Fischerei Beschränkungen erlassen werden. Andererseits aber hängt der Fortbestand des Fischereisektors von einem gut funktionierenden Ökosystem und den hierin vorkommenden Arten ab."

In Kapitel 4 "Klarere Ziele für die Zukunft" schlägt die Kommission als erstes Ziel der GFP die "Ausübung einer verantwortlichen und nachhaltigen Fischerei, die gesunde marine Ökosysteme und damit die Erhaltung hochwertiger, vielfältiger und immer wieder nachwachsender Meeresressourcen und Lebensräume garantiert" durch die Gemeinschaft vor.

Kapitel 5 "Künftige GFP: Optionen und Präferenzen" beginnt mit dem Abschnitt

"Verbesserung der Bestandspolitik", wo als Erstes die Annahme eines "mehrjährigen und ökosystemorientierten Managements" geplant ist. Dieser Ansatz sollte sich nicht auf die Bestandserhaltung beschränken, sondern die Grundlage für alle Managementbereiche bilden:

… "Außerdem muss in allen Bereichen des Fischereimanagements, von den Beständen bis hin zum Verbraucher, ein ökosystemorientierter Ansatz verfolgt werden, um zu einer nachhaltigen Nutzung der marinen Ökosysteme beizutragen".

Im Abschnitt über Forschung wird schließlich hervorgehoben, dass "Aufbau und Wechselbeziehung von aquatischen Ökosystemen und ihre Reaktion auf verschiedene Formen fischereilichen Drucks und unterschiedliche Befischungsstrategien noch sehr viel besser erforscht werden" müssen.

(4) Die Gemeinschaft und/oder ihre Mitgliedstaaten sind durch verschiedene internationale Übereinkünfte und Vereinbarungen gebunden, in denen EAFM oder ähnliche Begriffe entweder als geltende Strategie oder als Vorschläge für künftige Maßnahmen genannt werden, z.B. FAO-Verhaltenskodex, OSPAR, Nordseekonferenz, "Baltik 21" sowie andere multilaterale Umweltübereinkommen und Regionale Fischereiorganisationen.

5 KOM(2001)162

6 KOM(2001)135

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3. ANREGUNGEN DER EU ZUM EAFM IN DER FISCHEREI

Ausgehend von den oben genannten Unterlagen will die EU die Begriffe im Zusammenhang mit dem EAFM schrittweise klären und eine Reihe von Grundsätzen, Zielen und Regeln für dessen Umsetzung im Rahmen der GFP festlegen.

Die folgenden Anregungen sollen einen Beitrag zu internationalen Diskussionen liefern, beginnend mit der Konferenz von Reykjavik:

3.1 Ziele

Mit dem EAFM soll der herkömmliche Ansatz im Fischereimanagement durch umweltbezogene Grundsätze, Ziele und Verfahren als Grundlagen für Managementmaßnahmen ergänzt werden. Dieser Ansatz bezieht sich unmittelbar auf das Fischereimanagement, d.h. die Verwaltung der Fischereiressourcen, Fischereiinteressen und Fangtätigkeiten. Der EAFM ist kein "Ökosystemmanagement", obwohl er erheblich zu dessen Verwirklichung beitragen dürfte. Langfristig sollte erreicht werden, dass die Fangtätigkeiten in einer Weise ablaufen, die mit der nachhaltigen Erhaltung des Gleichgewichts der Meeresökosysteme vereinbar ist.

3.2 Beziehung zum traditionellen Fischereimanagement

Der EAFM ist vor allem kurz- bis mittelfristig nicht dazu bestimmt, das derzeitige Fischereimanagement zu ersetzen, das in erster Linie über Bestandsabschätzungen und Regulierung einzelner Arten erfolgt. Dieses traditionelle Managementsystem muss aus mindestens zwei Gründen beibehalten werden:

– Auf kurze und mittlere Sicht gibt es keine vernünftige Alternative zu diesem Management, das, wenn es vorschriftsmäßig erfolgt, für die nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen unerlässlich ist;

– korrekt angewendet trägt diese Art Management zum langfristigen Ziel des EAFM bei.

Wenn die Abundanz regulierter Arten dauerhaft erhalten werden kann und der Gesamtfischereiaufwand reduziert wird, sollte dies zu einer besseren Ökosystem- Stabilität und geringeren Auswirkungen auf Habitat und Nicht-Zielarten führen.

Deshalb ist der EAFM besser dazu geeignet, auf dem bestehenden Fischereimanagement- Ansatz aufzubauen als ihn zu ersetzen.

3.3 EAFM als Prozess

Seit den frühen neunziger Jahren, in der Vorbereitungsphase und Folge des Erdgipfels von Rio de Janeiro haben sich Wissenschaftler und Manager in Zusammenarbeit mit zwischenstaatlichen Organisationen für ein besseres Verständnis der Begriffe

"Vorsorgeansatz", "Schutz der Artenvielfalt" und "verantwortliche Fischerei" und für die Umsetzung dieser Ziele und Grundsätze in Managementmaßnahmen eingesetzt. Das hat zur Ausarbeitung detaillierter Leitlinien für Managementmaßnahmen, wie z.B. vorsorglichen Bezugswerten, einem Verhaltenskodex und Aktionsplänen, geführt oder zumindest eine solche Ausarbeitung vorbereitet. Was zu Beginn lediglich ein politisches Engagement war, hat sich nach einem langwierigen und komplizierten Prozess in konkreten Maßnahmen niedergeschlagen.

Die Umsetzung des EAFM erfordert, dass Wissenschaftler, Manager und andere Beteiligte die praktischen Voraussetzungen hierfür klären. Diese Arbeiten sind zwar bereits angelaufen, die Konferenz von Reykjavik bietet jedoch die Gelegenheit, eine weiter reichende Anerkennung der Bedeutung des EAFM zu fördern und seine konkrete Umsetzung anzukurbeln.

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Der EAFM bezieht sich auf den "Umweltaspekt" der nachhaltigen Entwicklung. Im Laufe dieses Prozesses müssen sich die Verantwortlichen auch mit den sozialen und wirtschaftlichen Aspekten befassen: Das nötige Gleichgewicht zwischen diesen drei Aspekten herzustellen, wird der schwierigste Teil der Übung sein.

3.4 EAFM als Einstellung

Wichtiger jedoch als die Entscheidung darüber, ob das gewünschte Gleichgewicht zwischen Umwelt-, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren erreicht ist, dürfte es sein, den Prozess überhaupt erst in Gang zu bringen, d.h. den Ökosystem-Ansatz als grundlegende Einstellung zum Fischereimanagement anzunehmen.

Diese ökosystemorientierte Einstellung beginnt mit der Erkenntnis, dass die Folgen der Fischerei weit über ihre Auswirkungen auf kommerziell genutzte Arten hinausgehen. Eine solche Einstellung ist jedoch kein schlichtes Glaubensbekenntnis. Erforderlich ist die Bereitschaft, die Konsequenzen aus dieser neuen Einstellung zu ziehen: Angesichts der weit reichenden Folgen der Managementmaßnahmen müssen die Verhandlungen auch Beteiligte aus anderen Bereichen einbeziehen und nicht nur den Fischereiinteressen Rechnung tragen.

Fischerei und Aquakultur wirken sich auf die Umwelt aus, werden aber gleichzeitig auch von den Folgen anderer Aktivitäten berührt. Deshalb müssen die politischen Entscheidungsträger auch andere Tätigkeiten beachten, die sich nachteilig auf die Fischereiressourcen und das Meeresökosystem generell auswirken können. In einigen Fällen reicht es nicht, die Auswirkungen der Fischerei auf das Ökosystem zu bekämpfen, um die marine Umwelt zu erhalten oder zu sanieren. Die Auswirkungen von Klimawandel, Umweltverschmutzung, Schifffahrt und auch natürlichen Vorkommnissen wie der giftigen Algenblüte müssen systematisch erkannt und angegangen werden.

Die hierfür nötigen Maßnahmen liegen außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Fischereimanager und fallen nicht unter den EAFM. Wesentlich für die Erhaltung des marinen Ökosystems ist jedoch die Einsicht, dass zugleich mit der Entwicklung des EAFM auch ökosystemorientierte Maßnahmen in anderen Bereichen getroffen werden müssen.

3.5 Operationelle Aspekte

Die Umsetzung des EAFM wird ihre Zeit brauchen. Für einen solchen Ansatz ist eine solide wissenschaftliche Grundlage beruhend auf angemessenen Daten erforderlich, an der es bisher größtenteils mangelt. Die nötige Entwicklung wird langwierig, kompliziert und kostspielig sein. Die vollständige Umsetzung des EAFM kann deshalb nur ein langfristiges Ziel sein, das schrittweise erreicht werden muss.

In diesem Zusammenhang ist es unbedingt erforderlich, die Rolle der regionalen Fischereiorganisationen (RFO) zu stärken, da sie die wichtigsten Akteure bei der Entwicklung von ökosystemorientierten Managementstrategien sind, und ihre Aktionen mit multilateralen Umweltübereinkommen und regionalen Meeresübereinkünften zu koordinieren. Anregungen finden sich im FAO/UNEP-Bericht über ökosystemorientierten Ansatz und Koordinierung zwischen den genannten Einrichtungen.

Die Maßnahmen sind in drei Tätigkeitsbereiche gegliedert (Management, Forschung und internationale Zusammenarbeit) und nach kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen geordnet.

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MASSNAHMEN ZUR UMSETZUNG DES ÖKOSYSTEM-ANSATZES IM FISCHEREIMANAGEMENT (EAFM)

(i) KURZFRISTIGE MASSNAHMEN

MASSNAHME ZIEL

Management Vorsorgliches Ein-Arten-Management für die wichtigsten regulierten Bestände im Rahmen einer mehrjährigen Planung.

Verbesserung des Zustands der wichtigsten Bestände, geringere Auswirkungen auf andere Teile des Ökosystems und somit Beitrag zum EAFM.

Reduzierung von Beifang und Verschwendung, gegebenenfalls mit gezielten Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Arten. Förderung einer vollständigen Nutzung der Fänge.

Beitrag zur Erhaltung von Nicht-Zielarten.

Aufwertung legaler Fänge zur Förderung der selektiven Fischerei.

Einbeziehung der Bestimmungen der FAO- Aktionspläne (FAO-IPOA) für Seevögel, Haifische, Steuerung der Kapazitäten und illegalen, unregulierten und nicht gemeldeten Fischfang (IUU) in die Rechtsvorschriften.

Beitrag zur Erhaltung von Zielarten und Nicht- Zielarten.

Erwägung von Maßnahmen zum Schutz von Gebieten, die für den Schutz von

Lebensräumen und Arten besonders wichtig sind, wobei die Fischereiinteressen angemessen zu berücksichtigen sind.

Verstärkter Schutz für besondere oder empfindliche Habitate.

Operationelle Verbindungen mit anderen Sektoren/Akteuren, die sich auf das marine Ökosystem auswirken.

Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung des Meeresökosystems.

Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die oben genannten Maßnahmen und Überlegungen zum Ökosystem in alle internationalen

Fischereiabkommen aufgenommen werden.

Beitrag zum Schutz und zur Erhaltung der Fischerei auf globaler Ebene.

Fortsetzung internationaler Bemühungen zur Erkennung/Benennung von gefährdeten Fischereien im Rahmen der regionalen Fischereiorganisationen (RFO).

Notwendige Maßnahme zur Verbesserung des Zustands der wichtigsten Fischbestände, weniger Auswirkungen auf andere Teile des Ökosystems und somit Beitrag zum EAFM.

Wirksamere Überwachung und Kontrolle. Allgemeiner Beitrag zur verantwortungsvollen und nachhaltigen Fischerei.

Forschung Weitere Verbesserung der wissenschaftlichen Grundlage für vorsorgliche Ein-Arten- Management.

Vervollständigung der erforderlichen Kenntnisse für die Anwendung des Ein-Arten- Managements auf sämtliche Bestände.

Benennung der empfindlichen Nicht-Zielarten und Habitate (die am stärksten von der Fischerei betroffen werden).

Festlegung von Prioritäten für künftige Aktionen.

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Untersuchung der Auswirkungen der Fischerei auf das Meeresökosystem.

Besseres Verständnis für die Folgen der Fischerei.

Entwicklung von Fangmethoden, die die Umwelt weniger belasten, u. a. selektiveres Fanggerät.

Reduzierung der direkten und indirekten Schäden durch die Fangtätigkeiten.

Untersuchung der Auswirkungen anderer natürlicher oder vom Menschen verursachter Belastungen auf die Fischereiressourcen und die Aquakultur.

Besseres Verständnis für die Auswirkungen der Fischerei im Vergleich zu den Auswirkungen anderer Belastungen. Einsicht in die unterschiedliche Bedeutung der verschiedenen Belastungen, die sich auf das Meeresökosystem generell und die Fischerei im Besonderen auswirken.

Entwicklung von Parametern/Indikatoren zur Messung der Gesundheit/Stabilität des Ökosystems. Diese Parameter/Indikatoren sollten auch anderen

Interessengruppen/Beteiligten zur Verfügung gestellt werden. Vorrang sollte dabei den Indikatoren für Artenvielfalt zukommen.

Sobald die Parameter/Indikatoren vorliegen, können sie als Managementinstrument dienen (siehe oben), um die Tendenzen im Bereich Gesundheit/Stabilität des Ökosystems zu überwachen.

Internationale Zusammenarbeit Förderung der Ratifizierung und des

vollständigen Inkrafttretens des FAO- Verhaltenskodex, des Abkommens über gebietsübergreifende Bestände und des Konformitätsabkommens der FAO

Diese Schlüsselelemente liefern den erforderlichen Rahmen des EAFM.

Ausarbeitung eines Konsenspapiers über die Anwendung des EAFM im Bereich der nachhaltigen Entwicklung: Vorlage im Rahmen von Rio + 10 in Südafrika.

Auf diese Weise wird gewährleistet, dass der nachhaltigen Entwicklung der Fischerei ein hoher politischer Stellenwert zukommt.

Anwendung der wichtigsten IPOA-

Bestimmungen Seevögel, Haifische, Kapazität sowie IUU durch verbindliche Empfehlungen im Rahmen der wichtigsten RFO.

Verbesserung der Wirksamkeit dieser Maßnahmen, wenn sie in allen Ländern obligatorisch sind.

Verbindungen zu anderen internationalen Organisationen, die sich mit der nachhaltigen Entwicklung der marinen Ökosysteme befassen (UN, FAO, UNEP, UNDP, UNESCO, WHO, IMO, WTO).

Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der marinen Ökosysteme.

Ausbau der Kapazitäten der RFO. Die RFO sind entscheidende Akteure bei der Umsetzung eines weitreichenden EAFM.

Förderung der Ausarbeitung von einvernehmlichen Leitlinien betreffend den EAFM durch die FAO.

Förderung eines internationalen Ansatzes zur Umsetzung des EAFM.

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(ii) MITTELFRISTIGE MASSNAHMEN

MASSNAHME ZIEL

Management Vorsorgliches Ein-Arten-Management für alle

regulierten Bestände.

Verbesserung des Zustands aller kommerziell genutzten Fischbestände, geringere

Auswirkungen auf andere Teile des

Ökosystems und somit Beitrag zum EAFM.

Paarweises und später komplexeres Management bei Zielarten (d.h.

Hering/Kabeljau) und Ziel/Nicht-Zielarten (d.h. Lodde/Seevögel).

Schrittweise Einführung einfacher

ökologischer Beziehungen, um die Wirkungen anderer Faktoren als der Fischerei für das Management mariner Arten zu berücksichtigen.

Einführung vorsorglicher Bezugswerte für gefährdete Arten.

Schutz und Erhaltung von gefährdeten Arten.

Verwendung integrierter Indikatoren für die Gesundheit des Ökosystems in Zusammenarbeit mit anderen Interessengruppen und Beteiligten. Vorrangig

sollte es sich dabei um Indikatoren für die Artenvielfalt handeln.

Auf diese Weise wird eine Analyse der Gesundheit des Ökosystems mit Hilfe objektiver, messbarer Parameter ermöglicht.

Entwicklung marktbezogener Maßnahmen. Solche Maßnahmen bieten positive Anreize für die Umsetzung des EAFM und können zur Eindämmung der IUU-Fischerei beitragen.

Forschung Untersuchung der wichtigsten Interaktionen zwischen Zielarten und zwischen Ziel- und Nicht-Zielarten.

So können Beziehungen zwischen zwei (und später mehr) Arten beim Management berücksichtigt werden.

Untersuchung des Zustands empfindlicher Arten und der Auswirkung der Fischerei auf diesen Zustand.

Beurteilung der derzeitigen Auswirkungen der Fischerei auf empfindliche Arten.

Entwicklung von wirksameren (billigeren) Methoden für Bestandsabschätzung und Probenahmeprogramme.

Versteht sich von selbst.

Internationale Zusammenarbeit Bemühung um die Vereinbarung von

integrierten, internationalen Indikatoren für die Gesundheit des Ökosystems im Rahmen internationaler Einrichtungen.

Zwischen mehreren Ländern abgestimmter Ansatz im Bereich der Ökosysteme.

Abgrenzung internationaler Meeresgebiete, in denen Umweltschutzmaßnahmen gelten.

Habitatschutz in internationalen Gewässern.

Förderung multilateraler markt- und handelsbezogener Maßnahmen (WTO- kompatibel) im Rahmen der RFO als Unterstützung für Maßnahmen zur Einführung des EAFM.

Durchsetzung der vereinbarten Maßnahmen auf internationaler Ebene.

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(iii) LANGFRISTIGE MASSNAHMEN

MASSNAHME ZIEL

Management Entwicklung und Vereinbarung vorsorglicher Bezugswerte für Ökosysteme zur Anwendung des EAFM.

Eckpunkte für Managemententscheidungen.

Sanierung beschädigter mariner Ökosysteme. Möglichst weit reichende Wiederherstellung des allgemeinen Gleichgewichts der Ökosysteme.

Forschung Entwicklung von bio-ökonomischen Modellen zur Beurteilung der besten wirtschaftlichen/sozialen Nutzung des marinen Ökosystems.

Förderung einer optimalen wirtschaftlichen/sozialen Nutzung gesunder

Ökosysteme als Anreiz, sie zu erhalten.

Internationale Zusammenarbeit Durchsetzung des EAFM als

Managementmethode in regionalen Fischereiorganisationen.

Ausdehnung des EAFM auf alle Fischereinationen.

Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Sanierung beschädigter mariner Ökosysteme.

Lösung von finanziellen und technischen Schwierigkeiten in Entwicklungsländern.

4. DIE ZUKUNFT

4.1 Entwicklung des EAFM in der EU

Wie oben bereits dargelegt, ist die Einführung eines umfassenden, ökosystem- orientierten Managements ein langfristiges Ziel, das durch schrittweise Änderungen und Verbesserungen der bestehenden Managementmethoden erreicht werden kann. Noch fehlen den politischen Entscheidungsträgern die erforderlichen Erkenntnisse, um das marine Ökosystem und die Fischerei, die Teil dieses Ökosystems ist, nachhaltig zu bewirtschaften. Sie müssen Informationen zusammenstellen und Forschungsarbeiten fördern, um die grundlegenden Kenntnisse zu verbessern, wobei jedoch eingesehen werden muss, dass das Bild niemals vollständig sein wird. Der Vorsorge-Ansatz nach Artikel 174 Absatz 2 EG-Vertrag, zu dem vor kurzem zwei Mitteilungen der Kommission erschienen78, sollte im Fischereimanagement Anwendung finden.

In den kommenden Monaten wird die Kommission einen Vorschlag zur Revision der Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik vorlegen. Im Einklang mit ihren Vorschlägen für eine nachhaltige Entwicklung ist die Kommission entschlossen, nachhaltiges Fischereimanagement zu gewährleisten. Der Ökosystem-Ansatz im Fischereimanagement wird Teil der Kommissionsvorschläge sein.

7 KOM(2000)1

8 KOM( 2000) 803

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Zusätzlich zu der Revision der grundlegenden Vorschriften will die Kommission später auch Vorschläge zur Änderung der technischen Vorschriften für die Gemeinsame Fischereipolitik vorlegen, um Probleme wie Beifang, Verschwendung und direkte Beschädigung mariner Lebensräume anzugehen.

Angesichts der Tatsache, dass das Meeresökosystem durch eine Reihe natürlicher Phänomene und menschlicher Tätigkeiten belastet wird, sieht die Kommission im Sechsten Umweltaktionsprogramm die Ausarbeitung einer thematischen Strategie zum Schutz der marinen Umwelt vor. Der erste Schritt in diese Richtung wird eine Mitteilung der Kommission im Jahr 2002 über ihre grundlegenden Vorstellungen sein. Allgemeines Ziel der Strategie ist es, trotz der zahlreichen Aktivitäten (z.B. Fischerei, Exploration von Kohlenwasserstoffen, Schiffbau, Baggerarbeiten, Ablagerung, Emissionen aus Luft und Wasser), anderen Belastungen (z.B. Eutrophierung, toxische Algen, Inversion durch exotische Arten, Erderwärmung usw.) und unterschiedlichen Zuständigkeiten (Organisationen der UNO wie UNEP, FAO und IMO, Internationale Übereinkommen über Klimawandel, Artenvielfalt, MARPOL und UNCLOS, Regionale Kommissionen und Konventionen wie BARCELONA, OSPAR und HELCOM) einen integrierten Ansatz zum Schutz der marinen Umwelt sicherzustellen.

Im Rahmen der Richtlinie des Rates 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten und der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen wird sich die Kommission auch weiterhin gemeinsam mit den Mitgliedstaaten um die Erhaltung mariner Lebensräume und empfindlicher Arten bemühen, vor allem durch die Einrichtung des ökologischen Netzes

"NATURA 2000". Diese besonders geschützten Gebiete sind wichtig für bestimmte Lebensräume (z.B. Tiefseeriffe) oder für den Lebenszyklus bestimmter Arten (z.B.

kleine Tümmler). Bei bestimmten empfindlichen Arten müssen diese Schutzmaßnahmen durch weitere Initiativen wie die Reduzierung des Beifangs ergänzt werden.

Beim Abschluss von Fischereiabkommen mit Drittländern wird die Europäische Union sicherstellen, dass die Rücksichtnahme auf Ökosysteme und ihr Schutz in diese Abkommen einbezogen werden.

Was die Forschung betrifft, so wird die EU mit anderen Einrichtrungen an der Zusammenstellung grundlegender Daten und der Weiterentwicklung der Kenntnisse über das marine Ökosystem im Allgemeinen sowie das Funktionieren und die Bewirtschaftung von Fischpopulationen im Besonderen zusammenarbeiten. Außerdem wird sie u.a. gemeinsam mit dem ICES und dem Europäischen Umweltamt Indikatoren für die Fischerei entwickeln. Diese werden Teil integrierter Indikatoren für die marine Umwelt sein.

4.2 EAFM auf internationaler Ebene

Auf internationaler Ebene wird die EU intensiv mit internationalen Organisationen wie FAO, UNEP und IMO zusammenarbeiten, um das Konzept des Ökosystem-Ansatzes im Fischereimanagement zu fördern. Außerdem wird sie proaktiv mit regionalen Organisationen wie OSPAR, HELCOM und im Rahmen der Nordsee-Konferenz darauf hinwirken, das gleiche Ziel zu erreichen.

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