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Predigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis über 1. Mose 4,1-16a (Kain und Abel)

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Academic year: 2022

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Predigt zum 13. Sonntag nach Trinitatis über 1. Mose 4,1-16a (Kain und Abel)

- von Pfarrerin Angelika Hagena -

Liebe Gemeinde,

frisch aus dem Paradies vertrieben, nimmt das Unheil seinen Lauf. Die Geschichte der Menschheit jenseits von Eden beginnt nicht nur mit einem Mord, sondern sogar einem Brudermord aus niederen Motiven: Missgunst und Neid. Und als wäre der erste Fluch mit der Vertreibung aus dem Paradies nicht schon genug, wird erneut der Mensch, den Gott gerade erst geschaffen hat, verflucht, denn er hat seinen Bruder getötet.

Der heutige Predigttext, die altbekannte Geschichte von Kain und Abel erinnert mahnend daran, wie empfindlich und gefährdet seit jeher die dünne Schicht Zivilisation ist. Aller Fortschritt hat daran nichts ändern können: Vielleicht perfider die Mittel: Töten mit

Drohnen und Ausbeutung der Armen mit Cum-Ex Geschäften, Spekulation mit Weizen und dem Brot der Ärmsten, Ausbeutung und Zerstörung der Natur auf Kosten indigener Völker.

Die Sünde lauert an der Tür, so heißt es anschaulich im heutigen Predigttext. Ich lese ihn im Ganzen, 1. Mose 4,1-16a:

Kain und Abel

1 Und der Mensch erkannte Eva, seine Frau, und sie wurde schwanger und gebar Kain, und sie sprach: Ich habe einen Sohn bekommen mit Hilfe des HERRN.

2 Und sie gebar wieder, Abel, seinen Bruder. Abel wurde Schafhirt, und Kain wurde Ackerbauer.

3 Nach geraumer Zeit aber brachte Kain dem HERRN von den Früchten des Ackers ein Opfer dar.

4 Und auch Abel brachte ein Opfer dar von den Erstlingen seiner Schafe und von ihrem Fett. Und der HERR sah auf Abel und sein Opfer,

5 aber auf Kain und sein Opfer sah er nicht. Da wurde Kain sehr zornig, und sein Blick senkte sich.

6 Der HERR aber sprach zu Kain: Warum bist du zornig, und warum ist dein Blick gesenkt?

7 Ist es nicht so: Wenn du gut handelst, kannst du frei aufblicken. Wenn du aber nicht gut handelst, lauert die Sünde an der Tür, und nach dir steht ihre Begier, du aber sollst Herr werden über sie.

8 Darauf redete Kain mit seinem Bruder Abel. Und als sie auf dem Feld waren, erhob sich Kain gegen seinen Bruder Abel und schlug ihn tot.

9 Da sprach der HERR zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er sprach: Ich weiß es nicht. Bin ich denn der Hüter meines Bruders?

10 Er aber sprach: Was hast du getan! Horch, das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden.

11 Und nun - verflucht bist du, verbannt vom Ackerboden, der seinen Mund aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen.

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12 Wenn du den Ackerboden bebaust, soll er dir fortan keinen Ertrag mehr geben. Rastlos und heimatlos sollst du auf Erden sein.

13 Da sprach Kain zum HERRN: Meine Strafe ist zu groß, als dass ich sie tragen könnte.

14 Sieh, du hast mich heute vom Ackerboden vertrieben, und vor dir muss ich mich verbergen. Rastlos und heimatlos muss ich sein auf Erden, und jeder, der mich trifft, kann mich erschlagen.

15 Der HERR aber sprach zu ihm: Fürwahr, wer immer Kain erschlägt, soll siebenfach der Rache verfallen. Und der HERR versah Kain mit einem Zeichen, damit ihn nicht erschlage, wer auf ihn träfe.

16 So ging Kain weg vom HERRN, und er ließ sich nieder im Lande Nod, östlich von Eden.

Liebe Gemeinde,

ich glaube, die allererste Frage, die der Text aufwirft, ist die: Warum macht Gott das? Das Unheil beginnt doch mit einer Ungerechtigkeit Gottes: Kain, der Ackerbauer hat sogar zuerst die Idee, Gott ein Opfer zu bringen von den Früchten seines Feldes. Abel, der Schafhirt, zieht nach und opfert von die Schafen seiner Herde. Während Kain noch auf Gottes Antwort wartet, sieht er, wie Gott Abels Opfer annimmt. Wütend wird Kain, und wir können seine Wut völlig verstehen. Sie erinnert an das Neue Testament, an die Wut der Tagelöhner, als sie sehen, dass der Herr jedem einen Denar gibt, egal wie viele Stunden sie am Ende des Tages geschuftet haben. Aber Kain bekommt nicht nur zu wenig

Anerkennung. Er bekommt gar keine Anerkennung für sein Opfer. Warum denn nicht?

Gott macht irgendwie nicht mit bei unserer Vorstellung von Gerechtigkeit, er lässt sich nicht vor unseren Karren spannen. Die Ersten werden die Letzten sein und die Ersten die Letzten. Schon immer hat dies Menschen in der Bibel verwirrt: Der Prediger seufzt vor sich hin: „Da ist ein Gerechter, der geht zugrunde in seiner Gerechtigkeit, und da ist ein

Gottloser, der lebt lange in seiner Bosheit.“ Und Hiob schüttet voll Wut sein ganz

persönliches Elend vor Gott und seinen Freunden aus und gerät in tiefe Glaubenszweifel.

Zu einem erwachsenen Glauben gehört, sich dieser Frage zu stellen: Was empfinden wir als gerecht und wie beschreibt die Bibel Gottes Gerechtigkeit? Eins ist jedenfalls klar: Mit Gott gemeinsam leiden auch wir heute vielfältig unter der Ungerechtigkeit, die nach wie vor auf der Erde herrscht. Ein einziger Blick in die Nachrichten macht klar, was für ganz

unterschiedliche Startchancen Kinder haben, je nachdem wo auf dieser Welt sie groß werden. Wie bitter die einen selbst um Brot und Wasser kämpfen und die anderen nicht mehr wissen, wohin mit den riesigen Spielzeugmengen im Kinderzimmer.

Jenseits von Eden lauert nicht nur harte Feldarbeit und die Mühsal der Geburt, jenseits von Eden lauert auch die Auseinandersetzung mit der Ungerechtigkeit auf Erden. Gott schenkt, was wir brauchen. Auch Kain muss ja nicht hungern. Auch für ihn ist jenseits von Eden gesorgt und selbst als er zum Brudermörder wird, sorgt Gott noch für ihn, indem er ihn mit dem Kainsmal davor schützt, selbst Opfer eines Rachemordes zu werden. Gott gibt, ja er gibt genug, dass alle satt werden, aber für die gerechte Verteilung müssen wir nun jenseits

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von Eden selbst sorgen. Wenn wir am Jüngsten Tag einst Gott mit Hiob fragen: Warum hast du das zugelassen? werden wir vielleicht nur das Echo hören: Warum hast du das

zugelassen? Da liegt das meiste wohl an uns, wenn es um die Gerechtigkeit auf Erden geht.

Trotzdem bleibt diese Frage: Wie kann es sein, dass Gott seine Zuwendung so ungerecht aufteilt zwischen Kain und Abel? Ich glaube, jeder Mensch erlebt Phasen der Zuwendung Gottes, aber auch Phasen der Gottesferne, mal sind wir Kain mit seinem Opfer und mal sind wir Abel mit seinem Opfer.

Und wieder ist es an uns, ob wir auf diese zumindest phasenweise ungleiche Zuwendung Gottes mit Neid und Hass oder mit Ausgleich reagieren. Die Liebe Gottes, die wir selbst erfahren auf der Sonnenseite des Lebens, auch die gehört ja nicht uns allein, sondern sie wird gebraucht für die, die gerade auf der Schattenseite des Lebens sitzen. Jenseits von Eden erscheint mir die Welt und unser Miteinander manchmal wie ein großes Puzzle.

Eigentlich geht es auf, jeder und jede hätte genug von allem: Die einen haben Trost zu geben, die anderen Heilung, wieder andere können abgeben von ihrem Reichtum, die Zweifelnden könnten durch den festen Glauben der anderen bewahrt bleiben und die Sterbenden in Liebe begleitet werden von den die noch mitten im Leben stehen. Diese Welt könnte eigentlich die beste aller Welten sein. Ein dickes Handbuch, wie es gelingen könnte, liegt ja auf unserem Altar.

Doch da kommt der Mensch ins Spiel. Eifersüchtig und missgünstig betritt er gleich am Anfang die immer noch beste aller Welten. Da freut sich der Kain nicht mit dem Abel, dass es bei ihm geklappt hat, was er eigentlich vorgehabt hatte. Und der Abel läuft nicht

tröstend zu Kain: „Kain, war eine schöne Idee, Gott so Dank zu sagen mit einem Opfer. Lass uns doch gemeinsam das darbringen, was wir haben und uns gemeinsam darüber freuen.

Sei nicht traurig, freu dich doch mit mir.“

Und aus der besten aller Welten wird die Welt der zu kurz Gekommenen und

Zurückgesetzten, weil der, der hat, den Blick auf die anderen verliert und der, der nicht hat, sich nicht mitfreuen kann. Und das Echo schallt durch alle Familien, Schulstunden und Vereine: Wieso darf der, was ich nicht darf? Wieso hat die, was ich nicht habe?

Was nun?

1. Demut vor Gott und die manchmal auch bittere Einsicht, dass Gott gibt und schenkt, da, wo er will; dass er immer wieder Gnade erweist und wir darauf hoffen dürfen, aber sie niemals einfordern können. Unverfügbar und frei bleibt Gott. So wie er will, ist er gnädig.

Zu niemandes Gott lässt er sich machen.

2. Sich klar machen, was für ein gefährliches Gefühl der Neid ist und was er anrichten kann.

Er kann Menschen innerlich zerfressen und zu furchtbaren Taten treiben. Daher ist es so

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wichtig, um ihn gar nicht erst aufkommen zu lassen, für Gerechtigkeit zu sorgen, so gut wir können. So wie wir Gerechtigkeit von der Bibel her verstehen. Die heißt nicht, jedem und jeder das gleiche, sondern dass alle Menschen Gottes Heil und Heilung erfahren sollen.

Dass jeder das bekommt, was gerade Not tut: materielle oder seelische Unterstützung.

Und dann nicht zulassen, dass der Neid über uns siegt. Wir sind ihm nicht ausgeliefert.

Auch ein Mensch, der in seiner Familie viel Zurücksetzung erlebt hat, kann doch in einem anderen Umfeld die Anerkennung, die wir alle brauchen zum Leben, noch finden.

3. Einüben in Dankbarkeit

Ja, das Gras wächst immer grüner in Nachbars Garten und der Tisch dort scheint reichlicher gedeckt. Wie gebannt starrt Kain auf Abels Altar und was dort geschieht. Er greift zum Mikroskop des Neides, immer weiter verbeißt er sich in die Ungerechtigkeit dieser Situation, in die Ungerechtigkeit dieses einen mikroskopischen Moments, bis er ganz und gar verbittert. Immer mehr schnürt es ihm die Kehle zu, immer enger wird der Raum um ihn, bis er ganz die Kontrolle verliert.

Aber läge da nicht auch ein Teleskop auf seinem Altar? Damit sähe Kain so vieles, was Gott auch dem Kain schon geschenkt hat - die reiche Ernte auf seinem Feld - und ihm gewiss auch noch schenken wird: nicht jetzt und hier, aber ganz bestimmt, selbst im Fallen noch wird Gott da sein. Auch noch, als die Sünde nicht nur vor der Tür lauert, sondern sich längst den Weg in Kains Herz gebahnt hat. Gott ist immer noch da, will Kain führen in die Weite der Liebe, des Gönnen-Könnens, in die Weite des Herzens, des sich Mitfreuens mit seinem Bruder, in die Offenheit für Gottes Möglichkeiten: Kain, senke nicht deinen Blick, sondern hebe ihn. Du musst nicht neidisch sein, weil ich so gütig bin zu deinem Bruder. So wie es Gott zu den Arbeitern im Weinberg sagt, die sich beklagen. Während sich Kain krampfhaft an sein Mikroskop klammert, will Gott ihm doch das Teleskop reichen, seine Füße wieder stellen auf den weiten Raum der Liebe Gottes. Amen.

Fürbitten Guter Gott,

zu oft fließt unsere Lebensenergie in kleinlichen Streit und wir verlieren den Blick fürs große Ganze.

So reich hast du uns in unserem Leben beschenkt

und doch lauert Neid und Missgunst auch vor unserer Tür.

Darum bitten wir dich:

Mach weit, dankbar und froh unser Herz, öffne es immer wieder neu für deine Liebe, dass auch wir zu Schenkenden werden.

Führe uns nicht in Versuchung.

Aus dem hilflosen Kreisen um uns selbst führe uns zurück in die Weite deiner Möglichkeiten.

Lass uns wissen, dass du da bist, wenn wir dich nicht mehr spüren können.

Lass uns eintreten für Gerechtigkeit auf Erden,

dass alle Menschen erfahren können, wie gut du es mit uns meinst.

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5 Hilf uns bei diesem großen Puzzlespiel des Lebens, dass wir Gaben so teilen, dass es für alle reicht.

Wir bitten dich für die verzweifelten Menschen in Afghanistan, für die zahllosen Opfer von Krieg und Gewalt auf dieser Welt.

Sei du bei ihnen und tröste sie.

In der Stille bringen wir die Menschen vor dich, an die wir heute besonders denken:

Stille

Vater unser….

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