Recht und Umsetzung
Wechselbeziehung zwischen TA Luft und BVT am Beispiel der Eisen- und Stahlindustrie
Wolfgang Volkhausen
1. Einleitung ...23
2. Ablauf des Sevilla Prozesses ...24
3. Bewertung des Sevilla Prozesses ...25
4. Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft ...29
4.1. Umsetzungsfristen ...29
4.2. Emissionswerte in Abhängigkeit der angewandten Technik ...29
4.3. Emissionsbandbreiten ...30
5. Fazit ...30
6. Quellen ...31 Die Anforderungen aus den Dokumenten über die beste verfügbare Technik (BVT- Dokumenten) müssen spätestens vier Jahre nach Veröffentlichung der BVT-Schlussfol- gerungen von Anlagenbetreibern eingehalten werden. Mit der Pflicht zur Umsetzung der Schlussfolgerungen, den BVT-M Dokumenten in nationales Recht verliert die TA Luft zumindest im Abschnitt 5.4 zu den besonderen Regelungen für bestimmte Anlagenarten erheblich an Eigenständigkeit. Der Sevilla-Prozess stellt systembedingt nicht immer sicher, dass am Ende des Prozesses ein BVT-Dokument steht, dass allen Qualitätsanforderungen genügt. Da Mängel bei der nationalen Umsetzung nicht mehr korrigierbar sind, ist eine aktive Mitarbeit bereits im Sevilla-Prozess erforderlich.
Ungeachtet dessen sollte die nationale Umsetzung in die TA Luft nach harmonisierten Regeln erfolgen, die der Systematik der BVT-Schlussfolgerungen entsprechen.
1. Einleitung
Mit der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (IED), die im November 2010 veröffentlicht [2] und am 2. Mai 2013 abschließend in deutsches Recht umgesetzt wurde, ist der Prozess der Festlegung des Standes der Technik und von Emissions- grenzwerten neu definiert. Das entscheidende Element zur Festlegung des Standes der Technik sind die Dokumente über die beste verfügbare Technik (BVT-Dokumente), die im so genannten, Sevilla-Prozess erarbeitet werden. Diese Dokumente definieren
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in ihren Schlussfolgerungen, die besten verfügbaren Techniken und enthalten – als Emissionsbandbreiten -assoziierten Emissionswerte, die unter Anwendung der besten verfügbaren Techniken einhaltbar sind. Bei der Umsetzung in das jeweilige nationale Recht dürfen die Grenzwerte in Genehmigungen die oberen Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Damit verlagert sich nahezu vollständig der Prozess der Meinungs- und Entscheidungsfindung in den sog. Sevilla-Prozess und auf die europäische Ebene zu den Kernfragen:
• Was ist Stand der Technik? und:
• Welche Emissionswerte lassen sich unter Anwendung des Standes der Technik realisieren?
Die Anpassung an den Stand der Technik regelt das BImSchG in § 48. Die Umsetzung an den Anlagenbetrieb hinsichtlich Emissionswerte und anderen in den BVT-Schluss- folgerungen genannten, die Luftreinhaltung und die Energieeffizienz betreffenden Anforderungen erfolgt in Deutschland durch die Anpassung der TA Luft.
Die ersten Arbeitsentwürfe zu einer Neufassung der TA Luft liegen seit Mitte 2015 vor. Mit der Umsetzung der Schlussfolgerungen der BVT-Dokumenten in nationales Recht verringern sich für die TA Luft erheblich die Eigenständigkeit und Ausgestal- tungsmöglichkeiten bei den in Abschnitt 5.4 genannten besonderen Regelungen für bestimmte Anlagenarten
Bei einer technischen Verwaltungsvorschrift wie der TA Luft ist die fachliche Expertise von Unternehmen, Verbänden und Behörden essenziell für die Qualität des Doku- mentes. Aus diesem Grunde geht hierbei ein technischer Austausch nach Art. 13 der IED-Richtlinie deutlich über die übliche Anhörung beteiligter Kreise hinaus.
Vielfach ist aber bei vielen Betroffenen noch nicht die Kenntnis gereift, dass der tech- nische Austausch im Sevilla-Prozess sehr frühe und intensiv erfolgen muss.
2. Ablauf des Sevilla Prozesses
Der Sevilla Prozess ist im bereits zitierten Art. 13 der IED-Richtlinie beschrieben und geregelt.
Unter Federführung des das European IPPC Bureau (EIPPCB) in Sevilla wird aus Vertretern der Mitgliedsstaaten, nicht staatlichen Einrichtungen und der Industrie, eine sogenannte Technische Arbeitsgruppe gebildet. Diese hat die Aufgabe und das Ziel, die Grundlagen für das BVT-Merkblatt zu erarbeiten.
Das Sevilla-Büro ernennt einen oder mehrere Autoren, der oder die das BVT-Dokument mithilfe der von der Arbeitsgruppe zur Verfügung gestellten Informationen und Daten insbesondere zu den
• angewandten Techniken zur Minderung von Emissionen,
• den damit verbundenen,
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• Emissionen in die Luft und das Wasser,
• Energieverbräuchen sowie
• Erzeugung von Abfällen und Nebenprodukten
erstellt. Mitgliedstaaten und Industrieverbände melden Referenzanlagen, für die die vorgenannten Informationen und Daten erhoben werden sollen. Hierzu wurde zuletzt in dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen (LCP) ein Fragebogen entwickelt, der die Datenerfassung vereinheitlichen und vereinfachen sollte.
Regelmäßig werden in der Phase der Datenerhebungen von Autoren auch einzelne Referenzanlagen besichtigt.
Auf Basis der Informationen aus der Datenerhebung erstellt das Sevilla-Büro einen ersten Entwurf des BVT-Dokumentes, das auch bereits BVT-Schlussfolgerungen enthalten kann [3].
Die Mitglieder der Technischen Arbeitsgruppe haben daraufhin die Möglichkeit, das Dokument zu kommentieren. Für das BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen wurden z.B. dem Sevilla-Büro etwa 8.000 Kommentare und Änderungswünsche übermittelt.
Der Autor fügt die Kommentare in einem finalen Entwurf (Final Draft) des BVT-Doku- mentes zusammen und terminiert die Abschlusssitzung der Technischen Arbeitsgruppe (final TWG-Meeting). Der finale Entwurf wird gemeinsam mit den in einem separaten Dokument zusammengestellten Entwurf der BVT-Schlussfolgerungen rechtzeitig vor der Abschlusssitzung der Technischen Arbeitsgruppe veröffentlicht.
In der bis zu einer Woche dauernden Abschlusssitzung werden in der Regel ausschließ- lich die BVT-Schlussfolgerungen besprochen. Die Vorschläge des Autors können hier durch die Mitglieder der Arbeitsgruppe noch erheblich verändert werden.
Die Erarbeitung des BVT-Dokumentes ist mit Ende dieser Sitzung innerhalb der TWG abgeschlossen. Es folgt ein Komitologieverfahren (Abstimmung der Mitgliedsstaaten) mit verbindlichen Festlegungen der BVT-Schlussfolgerungen, die dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und innerhalb von vier Jahren national umzusetzen sind.
3. Bewertung des Sevilla Prozesses
Wie bei allen europäischen Gesetzgebungsverfahren ist die Gestaltungsmöglichkeit zu Beginn eines jeden Rechtsetzungsverfahren am größten. Dasselbe gilt im Prinzip auch für die Definition der besten verfügbaren Technik in den BVT-Dokumenten.
Der in vorangegangen Abschnitt beschriebene Ablauf des Prozesses und die Gestal- tungsmöglichkeiten sind in Bild 1 skizziert.
Je früher und intensiver sich Industrie und Ländervertreter gleichermaßen in den Sevilla-Prozess einbringen, umso größer ist die Chance, dass nationale oder technische Besonderheiten berücksichtigt werden.
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Die sich aktuell in der Überarbeitung befindliche TA Luft zeigt, dass die mit den BVT-Schlussfolgerungen assoziierten Emissionslevel nahezu unverrückbar in das deutsche Regelwerk Eingang finden. Diese Emissionsbandbreiten sind rechtsverbind- lich als Grenzwerte zu übernehmen. Lediglich bei den übrigen Schlussfolgerungen, die im Sprachgebrauch als weiche Schlussfolgerungen bezeichnet werden, besteht ein begrenzter Spielraum bei der Ausgestaltung.
Jedes BVT-Dokument ist nur so gut wie die Qualität der Daten und Informationen, die ein Autor des jeweiligen BVT-Dokumentes erhalten konnte. Dabei hat ein Autor auch stets Kompromisse zwischen Behörden der EU-Mitgliedstaaten, Industrie- und Umweltverbänden zu finden.
Hierzu einige Beispiele zur Kompromissfindung in einem BVT-Dokument:
Anwendung der BVT-Schussfolgerungen
Nach deutschem Verständnis müssten im Prinzip nur die mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte (BATAEL) in den BVT-Schlussfolgerungen beschrieben sein. Weitergehende Anforderungen sind den Anlagengenehmigungen vorbehalten. Viele Mitgliedstaaten erwarten jedoch gerade mit dem BVT-Dokument eine Vorlage für eine Anlagegenehmigung, um Individual- entscheidungen zu vermeiden. Bei diesen Mitgliedstaaten ist das Bestreben groß, möglichst viele Zusatzinformationen in die BVT-Schlussfolgerungen zu integrieren, die nach dem deutschen Verständnis in Nebenbestimmungen geregelt würden. Die Folge ist eine zunehmend hohe Anzahl von BVT-Schlussfolgerungen, die dann wiederum zwingend national umgesetzt werden müssen.
So enthielt das BVT-Dokument zur Eisen- und Stahlerzeugung in 2012 95 Schlussfol- gerungen und das Dokument zu Großfeuerungsanlagen 2015 mehr als 80 Schlussfolge- rungen. Die Vorläuferdokumente enthielten noch etwa halb so viele Schlussfolgerungen.
hohe Gestaltungs-
möglichkeit
Nationales Recht
Nationale Umsetzung Kick-off
Meeting
Erarbeitung BVT- Dokument
Final Draft + BVT-Schluss- folgerungen
geringe Gestaltungs-
möglichkeit
Bild 1: Entwicklung der BVT-Dokumente und Möglichkeiten aus deren Gestaltung
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Qualität von Emissionsdaten Ausschlaggebend für die Umsetzbarkeit der BVT-Schlussfolgerungen sind die in das BVT-Dokument eingegangenen Daten. Bei weit verbreiteten Industrieprozessen können mehrere Hundert Referenzanlagen zu berücksichtigen sein. Aufgrund der Fülle von Informationen werden die Informationen zu den Referenzanlagen, in jüngster Zeit standardisiert, mit einem Fragebogen erhoben.
Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass die Daten sehr leicht ausgewertet werden können.
Schwerer wiegt der Nachtteil dieses Verfahrens: Eine Schlussfolgerung über die durch Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte ist deutlich mehr als der bloße Mittelwert aus einer Anzahl von n Referenzanlagen. Vielmehr ist die Fachkompetenz des Autors gefordert zu erkennen, welche technischen Rahmen- bedingungen den assoziierten Emissionswerten zugrunde liegen. Eben diese, für die Interpretation der Ergebnisse immanent wichtigen Rahmenbedingungen können, be- dingt durch die Struktur der Fragebögen, gar nicht erst in die Datenerhebung eingehen oder spätestens bei einer automatisierten Auswertung verlorengehen.
So wurden bei dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen für die Kraftwerke zur Nutzung von Prozessgasen untere Emissionsbandbreiten für Stickoxide festgelegt, die sich nicht in dieser Form aus der Datenerhebung ableiten ließen. In dem vorliegenden Fall wurden Daten einer einzigen Anlage zugrunde gelegt, die in dem Referenzjahr ein für das Emissionsverhalten nicht repräsentatives Gas eingesetzt hatte. Unter rea- listischen Bedingungen hätte der untere Emissionswert doppelt so hoch sein müssen.
Bandbreiten von Emissionswerten in den Schlussfolgerungen Es ist üblich und Wunsch vieler Mitgliedstaaten, die Emissionswerte, die mit der Anwen- dung der besten verfügbaren Technik verbunden sind, als Bandbreiten anzugeben. Diese Bandbreite kann bei Anwendung derselben Technik bis zu einer 10-Potenz betragen.
Diese Bandbreite ist das Ergebnis aller aus der Datenerhebung eingegangenen Emissi- onswerte, die hier in der Regel als Jahresmittelwerte angegeben wurden. In den Schluss- folgerungen wird bei Angabe der Bandbreite nicht differenziert, welche betrieblichen Rahmenbedingungen den Emissionswerten zugrunde liegen.
Fachkompetenz des Autors eines BVT-Dokumentes Es sollte selbstverständlich sein, dass ein Autor für ein BVT-Dokument auch Fachmann auf diesem Gebiet ist. Das BVT-Dokument über Eisen-und Stahl war in 2012 eher ein Glücksfall, der eine Abweichung von der Regel darstellte. Dieser Autor war langjähriger Fachmann auf dem Gebiet der Metallerzeugung. Ein weiterer Vorteil war, dass er aus Deutschland kommend, die Systematik des deutschen Rechtes unwillkürlich mitbrachte.
Tatsächlich ist es nämlich eine Ausnahme, wenn ein Autor eines BVT-Dokumentes aus dem Fachgebiet stammt, für das er das Dokument erstellen soll. Ursachen hierfür sind, dass es offenbar für viele Mitgliedsstaaten schwierig ist, Autoren für ein BVT-Dokument abzustellen. Wenn sich zudem, wie es die Regel ist – die Zeitpläne für die Erstellung von
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Dokumenten verzögern, ist dann nur noch dem Zufall überlassen, welches Dokument gerade zur Bearbeitung ansteht. Es obliegt dann dem persönlichen Engagement eines Autors, sich auch in eine fachfremde Thematik einzuarbeiten.
Die Überarbeitung des BVT-Dokumentes, z.B. für die Weiterverarbeitung von Stahl war erst 2012, dann für 2014 vorgesehen. Es ist nahezu unmöglich, einen Autor, sofern sich jemand für dieses Spezialgebiet findet, für eine solch lange Zeitspanne vorzuhalten. Viel- mehr wird ein gerade verfügbarer Autor diesem BVT-Dokument zugeordnet werden.
Wechsel des Autors eines BVT-Dokumentes
Die Zeitpläne für die Erstellung eines Dokumentes verschieben sich nicht nur regel- mäßig, sie werden zudem noch häufig und zum Teil deutlich überschritten. Das BVT- Dokument über Großfeuerungsanlagen war für 1,5 Jahre angesetzt. Tatsächlich befindet sich das Dokument nun im vierten Jahr seiner Bearbeitung. Mit den üblicherweise befristeten Verträgen von 2 bis 3 Jahren ist eine Bearbeitung innerhalb der üblichen Vertragslaufzeit eines Autors ausgeschlossen.
Bei dem vorgenannten BVT-Dokument fand der erste Autorenwechsel noch vor dem ersten Treffen der Arbeitsgruppe statt. Bis zur Abschlusssitzung waren es insgesamt vier Autorenteams, die dieses BVT-Dokument bearbeitet hatten.
Da – wie zuvor beschrieben – für viele Informationen zum Verständnis der Prozesse und angewandten Techniken die Fragebögen nicht ausreichen, werden häufig mit den Autoren Hintergrundgespräche zu den zur Verfügung gestellten Informationen geführt.
Diese sind gerade dann erforderlich, wenn ein fundiertes Branchenwissen erforderlich ist, um die zur Verfügung gestellten Informationen angemessen bewerten zu können.
Dazu zählen auch Besichtigungen von Anlagen.
Ein Wechsel von Autoren bedeutet nicht nur einen Bruch in der Kontinuität. Vielmehr ist damit auch das Wissen um die branchenspezifischen Detailinformationen verloren.
Ablauf der Abschlusssitzung
Wie bereits beschrieben, werden in der Abschlusssitzung in der Regel ausschließlich die BVT-Schlussfolgerungen besprochen. Weil die BVT-Schlussfolgerungen eigen- ständige Dokumente sind, erfolgen hier die Diskussionen um die mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte, häufig losgelöst von den technischen Beschreibungen im BVT-Dokument. Dies ist umso mehr der Fall, wenn – wie zuvor beschrieben – durch unzureichende Datenerhebung in den Fragebögen Hintergrundinformationen nicht vorliegen oder durch die beschriebenen Autoren- wechsel verlorengegangen sind.
Gewichtiger ist, wenn in einer Abschlusssitzung die Diskussion um BAT-AEL bewusst von technischen Hintergründen abgekoppelt kann zu Schlussfolgerungen führen, die mit der eingesetzten Technik nicht umsetzbar sind. So wurden in dem BVT-Dokument über Großfeuerungsanlagen in dem BAT-AEL für Quecksilber beschlossen, die sich so aus der Datenerhebung nicht ableiten lassen und für die es in Europa auch keine
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Referenzanlagen existierten. In demselben Kapitel BVT-Dokument wurden für Pro- zessgase aus der Eisen- und Stahlerzeugung Entstickungstechniken als beste verfügbare Technik anerkannt, die in dem Sektor gar nicht zum Einsatz kommen.
4. Umsetzung der BVT-Schlussfolgerungen in die TA Luft 4.1. Umsetzungsfristen
Gemäß Art. 21 IED-Richtlinie sind die in den BVT-Dokumenten genannten Schluss- folgerungen innerhalb von vier Jahren nach der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt national umzusetzen.
Wenn die Umsetzung über die bloße Anpassung neuer Grenzwerte hinausgeht und weitergehende Maßnahmen oder neue Konzepte zur Emissionsminderung zur Ein- haltung der neuen Anforderungen erforderlich sind, ist eine Übergangsfrist von vier Jahren völlig unzureichend.
Wenn z.B. aufgrund von Schlussfolgerungen Nachrüstungen oder Neubauten größerer Abgasreinigungseinrichtungen erforderlich werden, ist hierfür in der Regel ein Zeit- bedarf für Planung, Genehmigung und Errichtung neuer Anlagen zu berücksichtigen, der die gesetzliche Umsetzungsfrist von vier Jahren deutlich übersteigt.
Der deutsche Gesetzgeber behält sich vor, bei der Anpassung an den Stand der Tech- nik weitergehende Anforderungen zu stellen. Der zeitliche Engpass wird somit noch verschärft, wenn auf nationaler Ebene ein weiteres Jahr für die Prüfung verwand wird, oder ob sich der Stand der Technik weiterentwickelt hat [1].
4.2. Emissionswerte in Abhängigkeit der angewandten Technik
Zwischen den BVT-Schlussfolgerungen und dem Stand der Technik besteht ein erheb- licher systematischer Unterschied:
• Die BVT-Dokumente beschreiben vorrangig Techniken. In den Schlussfolgerun- gen wird abgeleitet, welche mit der Anwendung der besten verfügbaren Technik assoziierten Emissionswerte erreichbar sind.
Häufig werden in den BVT-Schlussfolgerungen mehr als nur eine Technik beschrieben.
Jede einzelne Technik steht hier dabei in der Regel gleichrangig nebeneinander und enthält einzelne und voneinander unabhängige BAT-AEL.
• Die TA Luft enthält in der Regel für jeden Schadstoff in dem anlagenspezifischen Teil nur einen Emissionswert, ohne dass damit Techniken zu dessen Einhaltung verbunden sind.
Das Konzept der TA Luft ist technikunabhängig; die Festlegung von Emissionswerten erfolgt aus dem Prinzip der Vorsorge.
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Grundvoraussetzung zur Umsetzbarkeit der BVT-Schlussfolgerungen ist eine Anpas- sung der Systematiken. Da die Novellierung der TA Luft insbesondere die Anpassung an die BVT zum Ziel hat, sollten zukünftig in der TA Luft entsprechend der Systematik in den BVT- Schlussfolgerungen die Emissionswerte in Abhängigkeit von der ange- wandten Technik festgelegt werden.
Stattdessen ist es bei der Novellierung der TA Luft vorgesehen, die technikabhängigen Emissionswerte aus den BVT-Schlussfolgerungen hierarchisch abgestuft umzusetzen.
Der jeweils niedrigere Emissionswert soll danach für Neuanlagen und der weniger ambitionierte Emissionswert soll für Altanlagen gelten.
Dieser Ansatz verkennt, dass die damit verbundenen Techniken in den BVT-Schluss- folgerungen in der Regel gleichrangig nebeneinander stehen.
Bei der Eisen- und Stahlindustrie führt der vorgenannte Ansatz dazu, dass zumindest für Neuanlagen nur noch Gewebefilter eingesetzt werden dürfen. Tatsächlich aber gibt es weiterhin noch eine Reihe von Anwendungsfällen, bei denen aus technischen Gründen nur Elektrofilter oder Naßentstaubungen eingesetzt werden können. Diese Filtertechniken haben trotz höherer Emissionslevel als Gewebefilter weiterhin ihre technische Begründung. Eine Abstufung als Altanlagen wäre hier nicht sachgerecht.
4.3. Emissionsbandbreiten
Die Emissionsbandbreiten in den BVT-Schlussfolgerungen sind, da sie sich aus Jah- resmittelwerten und ungeachtet der betrieblichen Rahmenbedingungen ergaben, grundsätzlich anders zu bewerten als Grenzwerte, bezogen auf den Tagesmittelwert in der TA Luft.
Um den Unterschied zwischen realen Emissionswerten im Jahresmittel und Grenz- werten im Tagesmittel angemessen zu würdigen, wurde bei der Umsetzung des BVT-Dokuments zur Eisen- und Stahlerzeugung in die TA Luft in der Regel der obere Wert der Bandbreite als Emissionswert nach TA Luft interpretiert.
In einem anderen Fall wurde für den Entwurf der Neufassung der TA Luft für Neuan- lagen der untere Wert der Bandbreite als Emissionswert für Altanlagen und der obere Wert als Emissionswert nach TA Luft für Altanlagen empfohlen.
5. Fazit
Der Sevilla Prozess ist systembedingt mit erheblichen Schwachstellen behaftet.
Bei der Frage, ob die BVT-Schlussfolgerungen in nationales Recht umzusetzen sind, hat der deutsche Verordnungsgeber keinen Ermessenspielraum. Dagegen besteht bei der Frage, wie die Umsetzung erfolgt, durchaus noch Bedarf zu einer Harmonisierung der Anforderungen.
Bei der nationalen Umsetzung muss frühzeitig, d.h. spätestens nach der Abschluss- sitzung der technischen Arbeitsgruppe, Klarheit über zukünftigen Anforderungen aufgrund der Schlussfolgerungen bestehen.
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Unter der Voraussetzung, dass die Schlussfolgerungen eindeutig und zweifelsfrei defi- niert sind, sollten sie 1:1 in das deutsche Rechtssystem übernommen werden. Bei der Übernahme von BVT-Schlussfolgerungen sollte die von der Anwendung einer Technik abhängige Festlegung von Emissionswerten übernommen werden.
Die Umsetzung von BVT-AEL als Grenzwert nach TA Luft ist bislang noch nicht einheitlich. Hier sollte grundsätzlich der obere Wert der Bandbreite der BVT-AEL herangezogen werden.
6. Quellen
[1] § 48 (1a) Satz 2 BImSchG
[2] Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (IVU-Richtlinie)
[3] Suhr, M.: Beteiligungsmöglichkeiten der Industrie im Sevilla-Prozess. Umweltbundesamt, Au- gust 2013
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sonstige Abfälle 0,5 %
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