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zwischen der Wissenschaft und dem Christenthum herausstellen sollte,

Im Dokument »'^» Theologie und Kirche. (Seite 177-200)

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nicht mehr blp>ß um die Ezistenz des Christenthums, sondern der Re>

ligion und Sittlichkeit überhaupt handelt. Wer darum der Ueber, zeugung lebt und dessen auch wissenschaftlich gewiß geworden ist. daß die Menschheit für ihr Leben der, Religion und fester sittlicher Prin>

cipien bedarf; wem es feststeht, daß das Bedürfniß der Menschheit nach Gemeinschaft mit Gott und nach einer Macht wider die Sünde nicht ungestillt und die Forderung des göttlichen Gesetzes, der Mensch solle wahrhaft gerecht sein, nicht unerfüllt bleiben, auch d« Mensch-heit nicht darauf angelegt sein könne, überall sonst zur GewißMensch-heit fortzuschreiten, aber auf dem religiösen Gebiete sich mit den Trugge-bilden der Phantasie beruhigen und auf dem sittlichen das Gewissen mit Scheingerechtigfeit und äußerlicher Tugend beschwichtigen zu müssen, der wird von vornherein die Möglichkeit eines Widerspruchs zwischen Christenthum und Wissenschaft leugnen, und wo ein solcher Statt zu finden scheint, nach nochmaliger Prüfung, ob sich derselbe vielleicht auf irgend etwas dem Christenthum nicht Wesentliches bezieht, die wissenschaftliche Erweisbarleit der mit dem Christenthum streuenden Lehrsähe und Thatfachen in Abrede stellen. Die Apologetik aber wird den Beweis zu führen haben, daß das vorgeblich Erwiesene keines-Wegs wissenschaftlich feststehe; daß Fehler in der Beweisführung ge, macht worden seien; und sie wird ihrerseits die Gesichtspunkte anzu»

geben haben, von denen aus die Untersuchung auf's Neue aufgenom-men werden muß, wenn sie nicht den Principien der Wissenschaft überhaupt oder einer einzelnen wissenschaftlichen Disciplin, wie etwa denen der Naturwissenschaft, untreu werden und eben deshalb zu Re«

suMen gelangen will, die mit anderweitig gesicherten Thatsachen und Wahrheiten wie die christlichen strebten. Und nachdem sie so Kritik 'geübt an den wissenschaftlichen Systemen, und Denkmeisen und die Methoden zurecht gestellt hat, nach denen die Wissenschaften zu verfahren haben, wird sie ihrerseits den Anfang machen zu dem Nachweise der Uebereinstimmung des Christenthums mit Allem, was schon unzweifelhaft feststeht, und Alles dransetzen, um die Wis-senschaften zu weiteren Forschungen nach ihr« eigne» Methode zu

Aufgabe des Religionsunterrichts in der Gegenwart. 1 6 9 drängen, in der Ueberzeugung, daß jeder wahrhafte Fortschritt de.r Wissenschaft d'ein Christenthum zu gut komme» und die Wahrheit desselben immer Heller ans Licht bringen müsse.

Insbesondere handelt es sich um das Verhältniß der Offenba-rung zur Vernunft und des Wunders zum gesetzmäßigen Cntwicke-lungsgange der Natur und Geschichte. Und hier wird der Nachweis zu führen sein, daß ein Widerspruch zwischen der Offenbarung und der Ver-nunft als solcher nicht bestehe; daß der Widerspruch nur vorhanden ist zwischen dem Christenthum und derjenigen Vernunft, die es unternimmt, religiöse Dinge und sittliche Fragen endgültig zu entscheiden, Posi-tives über Religion und Sittlichkeit, über Gott und Welt in ihrem Verhältniß zu einander und über G»t und Böse auszusage», Dog-men zu bilden, und von ganz bestimmten, aber unerwiesenen Voraus»

setzungen aus die Nothwendigkeit und Möglichkeit der Offenbarung zu leugnen. Es ist daran zu erinnern, daß nach demjenigen, was in den ersten Theilen der Apologetik erwiesen ist, die menschliche Vernunft als solche außer Stande ist, das Wesen der Religion und Sittlichkeit rich-tig zu bestimmen; daß auch die Unfähigkeit des uatürlichen Menschen, die geoffenbarten Wahrheiten zu begreifen, aus seiner Befangenheit in den inthümlichen Vorstellungen der natürlichen Weltanschauung und aus den Vorurtheilen herzuleiten ist, mit denen er an das Chri-stenthum herantritt. Wenn aber die Unfähigkeit der Vernunft des natürlichen Menschen, oie Wahrheit in religiöser und sittlicher Bezie»

hung zu finden oder zu begreifen, nur einer Störung des menschli-chen Wesens, einer Krankheit seines Geistes zugeschrieben werden kann:

so ditnt gerade der Widerspruch, den die Vernunft gegen das Chri-stenthum erhebt, zur Bestätigung der christlichen Lehre, die, wie bekannt, überall uon der Voraussetzung ausgeht, daß die Sünde das normale Verhältniß zwischen Mensch und Gott aufgeho-ben und den Menschen einer seiner wesentlichsten Fähigkeiten, der, die Wahrheit Gottes zu vernehmen, beraubt habe. — Eben in diesem Ge-brechen des menschlichen Wesens ist aber auch die Nothwendigkeit der Offenbarung begründet, sufcm diese sowohl Mittheilung von

Wahr-3he°I°«ifche ZeitschtiN I8?0, Hest u . 12

1 ? n Engelhardt,

hciten ist, die der Mensch selbst nicht zu finden vermag, als auch immer zugleich Geisteswirkung, vermöge welcher der Mensch befähigt wird, die neuen und von Gott mitgetheilten Wahrheiten zu begreifen und in den Zusammenhang seines Lebens und aller seiner Ueberzeugungen und Begriffe aufzunehmen.

Verhält es sich aber also, dann folgt daraus mit zwin-gender Nothwendigkeit, daß ein Begreifen der christlichen Wahrheit und eine Eingliederung derselben in den Zusammenhang allen mensch-lichen Wissens nur dort möglich ist, wo man die »»»wandelnde Wirk-samkeit des göttlichen Geistes am eignen Geiste erfahren hat. Wo das nicht geschehen ist/wird die Vernunft des natürlichen Menschen ihre Denk Arbeit zuletzt mit dem Cingcständniß schließen müssen, daß sie im Wege des reinen Denkens nicht nur die Wahrheit des Christenthums nicht, sondern überhaupt nichts von göttlichen und sittlichen Dingen zu erkennen vermöge und somit genöthigt sei, entweder die Nicht Exi-stenz der himmlischen und sittlichen Welt zu behaupten, oder, um dieser Consrqxcnz und diesem Eingeständnis; ihres Bankcrotts zu cnt-gehen, auf gewisse vor aller wissenschaftlichen Untersuchung feststehende Ueberzeugungen, auf Aussagen des Gotteebcwußtsews und des Gc-Wissens zurückzugreifen. M a g der Philosoph diese, so gut es eben geht, vor der Vernunft zu rechtfertigen suchen oder sie als zwar unbegreiflich, nber doch berechtigt bezeichnen und unvermittelt neben die reinen Vernunft-Wahrheiten hinstellen: in jedem Falle kehrt die Philosophie doch wieder zu den Dogmen der natürlichen Religion, zurück und baut, wie alle Welt von jeher gethan hal, auf den Glauben an Gott, Freiheit und Unsterblichkeit ein religiös-sittliches System auf. dessen philosophische Unlialtbarkcit sie selbst eingesteht, und dessen Schwächen die Religionsgeschichte aufgedeckt hat.

Die Aufgabe dieses Abschnitts der Apologetik wird also in erst«

Stelle die sein, zu beweisen, daß das Chlistcnfhmn nicht mit der Bcr-nunft an sich, sondern nur mit derjmiM VerBcr-nunft in Widerspruch steht, die so unvernünftig ist, entweder Religion und Sittlichkeit über-Haupt zu negiren oder religiös-siltliche Begriffe, die sie sich selbst

zu-Aufgabe des Religionsunterrichts in der Gegenwart. 171, rechtlegt, trotz ihrer Unteilbarkeit zum Maaßstab für das Christen-thum zu inachen; und in zweiter, zu zeigen, daß die Offmba-rung allein im Stande sei, die Unvernunft des natürlichen Menschen in geistlichen Dingen aufzudecken, zu erklären und zu heilen.

Ganz ähnlich wird die Apologetik in Betreff des Wunders vel-fahren und nachweisen müssen, daß das Wunder nicht den Naturzu-sammenhang aufhebe, sondern vielmehr dazu diene, die Störungen, welche die Sünde und die innerhalb des Zusammenhangs der Natur vorhandene Freiheit angerichtet hat, und welche der Mensch aus eige-ner Kraft nicht aufzuheben im Stande ist, zu beseitigen und den normalen Entwicklungsgang der Natur nach allen Seiten hin wie-derherzustellen. Wie die Offenbarung nicht die Vernunft, sondern die Unvernunft aufhebt, so H M das Wunder nicht das Gesetz der Natur, fondern die Unnatur, das Widergesetzliche auf. Wenn die geschöpftiche Freiheit Widernatürliches thun kann, so muß die göttliche Freiheit im Stande sein, Uebernatürliches zur Aufhebung des Widernatürlichen ohne Schädigung der Natur und ihres Gesetzes zu vollbringen. S o gewiß Sünde mit zerstörenden Wirkungen in der Welt vorhanden ist, so gcwH mußte sich die Erlösung, wenn sie über-Haupt geschehen sollte, im Wege einer übernatürlichen Einwirkung Got-tes auf die Welt, das heißt auf wunderbare Weise vollzichn.

Der Widerspruch, den das Wunder von Seiten der Naturwis-enschaft erfährt, hat um so weniger Bedeutung, als er meist im Namen einer Weltanschauung erhoben wird, in welcher der Glaube an die menschliche Freiheit nicht mehr Platz findet, so daß nicht bloß das Wunder, sondern auch die Sünde und endlich auch Religion und Sittlichkeit überhaupt geleugnet werden.

S « gewiß nun diese Weltanschauung mit der Naturwissenschaft als solcher gar nichts zu thmi hat und überhaupt wissenschaftlichen Werth nicht beanspruchen darf, kann auch der in ihrem Namen crho-bene Protest gegen die Möglichkeit und Wirklichkeit des Wunders so lange unberücksichtigt bleibe», bis es den Verttetern dieser Richtung gc-lungen ist, in ihrem System für Religion und Sittlichkeit eine Stelle

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ausfindig zu machen, und der Thatsache der Sünde durch Anerlen-nung derselben gerecht zu werden.

Wo dagegen im Namen der Naturwissenschaft die Möglichkeit.

des Wunders geleugnet, zugleich aber die Lehre der natürlichen Religion festgehalten und dem Menschen die sittliche Freiheit und Verantwortlichkeit zugeschrieben wird, da ist der Widerspruch gegen das Wunder nicht etwa durch die Wissenschaft abgenöthigt, sondern er erklärt sich aus! der oberflächlichen Vorstellung vom Wesen der Sünde, die sich in allen außerchristlichen Lehrsystcmen findet. Wird das Wesen der Sünde so aufgefaßt, daß trotz der Sünde die sittliche Natur des Menschen intakt bleibt und der Mensch nach wie vor die Fähigkeit besitzt, sich selbst durch eigene Weisheit und Kraft zu erlö-sen, so bedarf es eben des göttlichen Cinwirkens oder des Wunders zu seiner Erlösung nicht. Aber el>cn diese Auffassung der Sünde ist falsch, so gewiß als das ganze Lehrsystem der natürlichen Religion als irrthümlich erwiesen ist. So fällt auch der Widerspruch, der von den Anhängern der natürlichen Religion, vorgeblich im Namen der Naturwissenschaft gegen das Wunder erhoben wird, in sich zu-sammen. —

Selbstverständlich wird die Aufgabe, die dem dritten Theil der Apologetik zufällt: die Universalität oder Gemeingültigleit des stenthums nachzuweisen und den Beweis zu führen, daß das Chri-stenthum mit Allem, was in dem religiös-sittlichen Leben der Mensch»

heit wahr und berechtigt ist, und mit allen Wahrheiten, die durch die Wissenschaft erwiesen sind, übereinstimme, nnd daß es für die Aus-gestaltung des religiös sittlichen Lebens ebenso unentbehrlich sei, wie für die Erreichung der Ziele, die den Wissenschaften gesteckt sind, — immer nur annähernd, gelöst werden. Aber des Weges, auf welchem die Lösung auch dieser Aufgabe erreicht werden muß, kann die Apo-logetik yewiß weiden und von seiner Richtigkeit kann sie jeden Chri-sten überzeugen.

Wollte man aber einwenden, die Apologetik in der Gestalt, in der wir sie behandelt wissen wollen, erweise die Wahrheit des

Chri-Aufgabe des Religionsunterlichts in der Gegenwart. 1 7 3 stenlhüms immer nur gegenüber der natürlichen religiös sittlichen Welt-anschauung und unter der Voraussetzung, daß überhaupt Religion und Sittlichkeit innerhalb des menschlichen Lebens ein EMenzrecht hätten und verwirklicht werden müßten, während es doch Denkweisen gebe, welche indirekt oder gradezu die Möglichkeit von Religion und Sittlichkeit leugneten, nämlich die pantheistische und materialistische:

so ist diese Bemerkung in Betreff der Voraussetzungen, uon denen die Apologetik ausgeht, vollkommen richtig. Sie seht voraus, daß Rcli-gion und Sittlichkeit zum Wesen der Menschheit gehören. Aber sie beweist auch die Richtigkeit dieser Voraussetzung aus der Geschichte und wird den Systemen, welche Religion und Sittlichkeit aus dem menschlichen Leben bannen wollen, die Stelle in der Reihe aller menschlichen Lehrsysteme anweisen, die ihnen gebührt. Sie wird den Beweis führen, daß das Vorhandensein des Pantheismus und des Materialismus die relative Gleichartigkeit der außer.christlichen Denk-weisen in religiös.sittlicher Beziehung doch nicht aufhebt. Weil aber diese Richtungen in der That von dem abweichen, was alle übrigen mensch-lichen Systeme im Einklänge mit dem christmensch-lichen festhalten, wird der Christ bei der Auseinandersetzung mit dem Pantheismus und Materia-lismus auf die Mithülfe der Vertreter der natürlichen Religion rech-nen und beim Kampfe gegen diese Gedankengebilde ihrer Unterstützung gewiß sein können.

M i t dem Erweise der Einzigartigkeit des Christenthums seinem Inhalt und seinem Ursprünge nach gegenüber der Gleichartigkeit aller anderen Religionen und religiös sittlichen Systeme, seiner Widerspruchs-losiglcit und Unveränderlichkeit gegenüber den in sich widerspruchsvol-len natürlichen Lehren, und endlich seiner Universalität und Ucbercin-stimmung mit allem echt Menschlichen gegenüber der in jeder Beziehung fühlbarenUnzureichenheitallerübrigcnSysteme, ist dieAufgabe deiApolo-getik erschöpft und für den. der an das Christenthum glaubt, sein göttlicher Charakter und Ursprung und die Berechtigung seines An-spruchs, als absolute Religion zu gelten, wissenschaftlich dargeihan.

Und eines Weiteren bedarf es nicht. Dem Nicht-Christen ist durch

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die Apologetik nichts erwiesen, als die Nichtigkeit der natürlichen Re>

ligion und Sittlichkeit und die Einzigartigkeit und Widerspruchslosigkeit des Christenthums »nd seine Fähigkeit, sich mit Allem in Ein-klang zu sehen, was wirklich als Wahrheit feststeht. Das genügt aber nicht, »m den Glauben an das Christenthum zu wecken. Del Glaube nimmt anderswo seinen Ursprung: keine Wissenschaft, auch die Apologetik nicht, kann ihn in's Dasein rufen. Er ist Sache der Gesinnung, des Willens »nd eine Frucht der Lebenserfahrung. Das gilt von jedem Glauben, insbesondere vom christlichen. Die Apolo-gctik hat es ja auch nicht mit Erwecüing des Glaubens, sondern mit der Kritik der religiös-sittlichcn Weltanschauungen zu thun und diese auf ihr Verhältniß zu einander »»d zur Wahrheit zu prüfen.

Dieser Aufgabe kommt sie nach, wenn sie nach der Methode verfährt, die ihr bisher vorgezeichnet ward.

Es ist klar, daß, es in der Apologetik, wie wir sie fassen, vor»

zugsweise auf den richtigen Anfang, auf das Fundament ankommt, welches das ganze Gebäude zu tragen bestimmt ist. Alles Gewicht ist auf den Erweis der Einzigartigkeit des Christenthums unter den relativ gleichartigen übrigen religiös-sittüchen Denkweisen zu legen. Ist die Einzigartigkeit des Christenthums und die Gleichartigkeit vller nichtchristlichen Systeme nicht zu erweisen, so ist die ganze Arbeit der Apologetik vergeblich; ist sie erwiesen, so ist für alks Uebrige ein fester Ausgangspunkt gewonnen.

Wirft man daher die Frage auf, in wie weit Aussicht vorhan-den ist, daß die Aufgabe der Apologetik gelöst wervorhan-den tönNr, so ist vorzugsweise ins Auge zu fassen, mit wie großer Wahrscheinlichkeit die erste und grundlegende Frage sich mit Hülfe der Wissenschaft im Sinne des Christenthums werde beantworten lassen.

I n dieser Beziehung dürfen wir behaupten, daß die Arbeiten, welche auf Verwerthung des religionsgcschichtlichen Stoffes für die Zwecke der christlichen, wie der rationalistischen Apologetik unternom-inen worden sind, zu dem Ausspruche berechtigen, es sei bisher un>

b e d i n g t nicht g e l u n g e n , die Gleichartigkeit des Christenthums

Aufgabe des Religionsunterrichts in der Gegenwart 1 7 5 mit allen übrigen religiösen und sittlichen Systemen und den natüi-Ilchen Ursprung der christlichen Religion wissenschaftlich zu beweisen.

Alle Versuche, die in dieser Richtung von Seiten der wissen-schaftlichen Gegner des Christenthums mit einem stauncnsweithen Auf-wand von Gelehrsamkeit angestellt worden sind, sind gescheitert. Das Christenthum ist in der Eigenthümlichkeit seiner Lehren und seinem Ursprünge nach immer noch das Räthsel der Weltgeschichte. Denn bestimme man das Wesen des Christenthums, wie man wolle: im-mer ist es Glaube an den Auferstandenen. Und dieser Glaube, der in seiner centralcn Stellung dem Christenthum durchaus eigenthümlich ist, bleibt seinem Ursprünge nach unerklärlich, su lange nicht zuge-slanden wird, daß Christus von den Todlcn auferstanden ist. und ein Ereigniß Statt gefunden hat, das wunderbarer Natur ist und nur unmittelbar von Gott iu der Geschichte gewirkt sein kann. W i l l man das Wunder überhaupt und darum auch diese Thatsache nicht gelten lassen, so muh man über die Entstehung der christlichen Reli' gion im Dunkeln bleiben und auch darauf verzichten, den Zusammen-hang ihrer Lehren zu begreifen, ^>ann aber auch das Christenthum in seiner Unbegreistichkeit als eine einzigartige Erscheinung unter den Re-ligionen anerkennen.

Es sind namentlich die Werke des verstorbenen Dr, F, von B a u r . die ich im Auge habe, wenn ich behaupte, der Anspruch, die Gleichartigkeit des Christenthums mit den vorchristlichen Religionen zu beweisen und seine Entstehung auf lediglich natürliche Ursachen zurückzuführen, sei vollständig mißglückt. Die Arbeit seines ganzen Lebens hat B a u r darauf verwendet, die Emstehimg des Christen-thums ohne Wunder begreiflich zu machen. Es ist ihm nicht gclun gen. Freilich könnte es ja vielleicht Anderen gelingen, Ader wenn man die Anstrengungen beherzigt, die von einer großen Schwär hcruorra-gender Männer seit bald einem Jahrhundert gemacht worden sind, die Entstehung des Christenthums und seiner heiligen Schriften ohne Wunder und Offenbarung, wissenschaftlich begreiflich zu ma-chen, und wenn man erwägt, daß die von rationalistischen

Voraus-1 7 6 Engelharbt,

setzungcn geübte Kritik auch nicht annähernd zu Resultaten geführt hat, die sich zu einer der Wirklichkeit entsprechenden oder auch n»r in sich wahrscheinlichen Geschichte der Entstehung des Christenthums zu»

sammcnfassen ließen: so gehört die ganze Kraft des Glaubens an die Unmöglichkeit eines wunderbaren Eingreifens Gottes in die Geschichte dazu, um getrosten Muths immer wieder von vorne die Sisyphus-arbeit einer natürlichen Erklärung des Christenthums zu beginnen.

S o außerordentlich diese Glaubenstieuc ist, und so sehr sie den christlichen Forschern als Muster vorgehalten werden kann, so unbe-grciflich bleibt es doch, daß keiner der Gelehrten, die jeden Splitter christlicher Lehre und Geschichte unter dem Mikroskop in die natürli-chen d. h. in heidnische und jüdische Bestandtheile zu zerlegen bemüht sind, es der Mühe werth erachtet, vor dieser Zergliederung ssch dar-über klar zu werden und Andere dardar-über klar zu machen, was Hei-denthum und was IuHei-denthum und ,Judaismus" sei? Soviel steht doch fest, daß es der Wissenschaft so lange, als sie nur einzelne christliche Glaubens-Lehren mit einzelnen heidnischen und jüdischen Lehren ver>

gleicht, und die sittlichen Anschauungen hier und dort vereinzelt ein-ander gegenüberstellt, nie und nimmer gelingen wird, zu einer Ein-ficht in das Verhältniß des Christenthums zu den vorchristlichen Religionen durchzudringen. Und wenn auch denen, welche im Chri-stenthum um jeden Preis die natürliche Frucht des Heidenthums und Iudenthums sehen und die Unterschiede zwischen den Religionen der-wischen wollen, nicht zugemuthet werden kann, diejenigen Eigenthum-lichkeiten des Christenthums aufzusuchen, die dasselbe wesentlich vom Heidenthum und vom Judaismus unterscheiden; wenn die Feststellung dessen, was das Wesen des Christenthums im Unterschiede vom Hei-denthimi ausmacht, vorzugsweise Sache der christlichen Forscher blei-ben wird: so trifft doch die Rationalisten ohne Ausnahme der Vor-Wurf, daß sie es versäumt haben, das Wesen des Heidenthums und Iudenthums wisseüschaftlich zu bestimmen.

Wo auch immer in größeren kirchengeschichtlichen Werken oder in Special-Untersuchungen und Monographien das Verhältniß zwischen

Aufgabe des Religionsunterrichts in der Gegenwart. 1 7 7 Christenthum und Heidenthum erörtert wird, fehlt es an soliden wis.

senschaftlichen Grundlagen und an nüchterner Kritik, vor allen D i n -gen aber an einer klaren Formulirung der principiellen Differenz zwischen den verschiedenen Weltanschauungen.

Während sich die wichtigsten Untersuchungen der ältesten Kir-chengeschichte gerade auf dem Gebiete bewegen, wo man einer präci-sen Begriffsbestimmung des heidnischen, jüdischen und christlichen We-sens gar nicht entrathen kann, operiren die Forscher mit den Worten

„heidnisch." „jüdisch/ „christlich " so, als wisse Jedermann von selbst, was mit denselben gemeint sei.

W i r d man erst der vergleichenden Religionsgeschichte größere Aufmerksamkeit geschenkt haben, so wird sich die Unmöglichkeit, das Christenthum als natürliches Ergebniß der vorchristlichen

W i r d man erst der vergleichenden Religionsgeschichte größere Aufmerksamkeit geschenkt haben, so wird sich die Unmöglichkeit, das Christenthum als natürliches Ergebniß der vorchristlichen

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