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Wir kommen nun zur zweiten, stärkeren These Quines, daß eine einwandfreie Definition von Propositionen nicht möglich ist

Im Dokument Verlag Sprachphilosophie von Kutschera (Seite 98-101)

A. Church hat in [46] vorgeschlagen, diese Paradoxie in Analogie zu der Fregeschen Paradoxie der Identität von Gegenständen

I) Ist Z ein vorbereitender Reiz, der in einem Organismus eine Disposition bewirkt, unter gewissen Bedingungen durch eine

2) Wir kommen nun zur zweiten, stärkeren These Quines, daß eine einwandfreie Definition von Propositionen nicht möglich ist

Eine Mindestanforderung für eine Definition von Propositionen ist die, daß diese Definition ein Kriterium für die Identität von Proposi-tionen enthalten muß. D.h. man müßte ein Kriterium für die Identität von Satzbedeutungen, d.h. für die Synonymität von Sätzen angeben.

Quine behauptet nun, daß sich ein hinreichend scharfer klassifikatori-scher Begriff der Synonymität nicht angeben läßt, nach dem zwei Propositionen entweder synonym sind oder nicht.

Die Behauptung Quines richtet sich nicht nur gegen die realistische Annahme eigenständiger, sprachunabhängiger Propositionen, son-dern auch gegen die Brauchbarkeit der pragmatischen Rekonstruk-tion der Satzbedeutung als Klassen synonymer Sätze, und gegen die wissenschaftliche Verwendbarkeit der Rede von Satzbedeutungen und Synonymie schlechthin.

Zunächst ist nach Quine der umgangssprachliche, vorwissenschaft-liche Begriff der Synonymität als wissenschaftvorwissenschaft-licher Begriff nicht brauchbar, denn dieser Begriff ist sehr unscharf und rechtfertigt nur in sehr einfachen Fällen eine Entscheidung über die Synonymität zweier Sätze. Ferner ist dieser Begriff eher ein komparativer als ein

engen, daß in ihnen eine Fülle weiterer Sätze gelten, die in der realen Welt gelten und die Bedeutung von „b" und ,,F(x)" mitbestimmen. Auch lassen sich solche Klassen möglicher Welten, insbesondere so wie Quine das vor-schlägt, wirklich nicht mehr einfacher bestimmen als Propositionen.

Diese und ähnliche Rekonstruktionsversuche intensionaler Kontexte sind aber recht künstlich, und das gesteht endlich auch Quine zu, wenn er sagt:

"There is, however, another objection to taking linguistic forms as objects of the attributary and propositional attitudes; viz., simply that that course is discouragingly artificial. With this objection I sympathize." ([58], S. 22).

klassifikatorischer Begriff, d.h. die Synonymität, die wir umgangs-sprachlich meinen, ist eher eine Sache des Mehr-oder-Weniger als eine Sache des Entweder-Oder; in der Regel besteht zwischen zwei Sätzen nur eine mehr oder minder große Bedeutungsähnlichkeit, keine strenge Bedeutungsgleichheit.15

Und endlich gilt eine Synonymität im vorwissenschaftlichen Sinn immer nur für gewisse Kontexte und unter gewissen Voraussetzungen, nicht aber schlechthin. Der vorwissenschaftliche Begriff ist also, insbe-sondere als komparativer Begriff, zur Definition von Propositionen nicht geeignet, denn Propositionen sind entweder identisch oder nicht

— aber nicht mehr oder weniger identisch.16 Ja, der vorwissenschaft-liche Begriff ist als komparativer Begriff nicht einmal als Grundlage für die Einführung eines klassifikatorischen wissenschaftlichen Begriffs durch eine präzisierende Explikation brauchbar. Der wissen-schaftliche Begriff müßte also ganz neu definiert werden.

Schon in [51] hat Quine aber hervorgehoben, daß es keine allge-meine Definition von „synonym" gibt. Wenn man z.B. „ G ( A , B ) " defi-nieren würde durch „A = B ist analytisch wahr", so wäre das zirkulär.

Denn die analytischen Sätze sind eben als diejenigen Sätze bestimmt, die logisch wahr sind oder aber aus logisch wahren Sätzen durch Ersetzung von Ausdrücken durch synonyme andere hervorgehen.17

Definiert man aber ,,G(A,B)" durch „ A und B sind definitorisch äquivalent",1 8 so ist das zu eng, jedenfalls für natürliche Spra-chen, in denen ja explizite definitorische Festsetzungen fehlen,19 in

15 Gegen einen solchen komparativen Begriff der Synonymität hat Quine nichts einzuwenden. Vgl. [60], S. 203. - Einen komparativen Begriff der Synonymität nimmt auch N. Goodman in [49] und [52] an.

16 Vgl. dazu Quine [60], S. 203.

17 Diese Definition der analytischen Sätze ist freilich zu eng, wie der Satz

„Wenn a Vater von b ist, so ist b nicht Vater von a" zeigt, den man üb-licherweise wohl als analytisch ansprechen würde. Deswegen definiert Carnap analytische Sätze allgemeiner durch Rückgriff auf Bedeutungs-postulate. Vgl. dazu auch Stegmüller [69], S. 61.

18 Als definitorisch äquivalent bezeichnet man zwei Ausdrücke, die durch Ersetzung definierter Terme durch die entsprechenden definierenden Terme (oder umgekehrt) aus einander hervorgehen.

19 Die Aussagen über Synonymität in einem Lexikon sind Synonymitäts-behauptungen, nicht Festsetzungen über Synonymität.

denen es aber synonyme Sätze gibt, wie „Fritz ist ein Junggeselle" und

„Fritz ist ein unverheirateter Mann".

N ä h m e man endlich in der Definition der Synonymität Bezug auf Substitutionskriterien, so würde man wieder zu einem Zirkel gelan-gen. Denn wenn man „ G ( A , B ) " definiert durch „ A läßt sich durch B in allen Kontexten (Sätzen) ersetzen, ohne daß diese ihre Bedeutung ändern", so müßte man schon wissen, was die Bedeutung eines Satzes ist, bzw. wann zwei Sätze synonym sind. Das sollte aber gerade erst definiert werden. Definiert man aber „ G ( A , B ) " durch „ A läßt sich durch B in allen Kontexten ersetzen salva veritate";, so gibt es unter diesen Kontexten entweder auch intensionale Kontexte wie „ A ist mit B analytisch äquivalent" — dann ist man nicht klüger als zuvor2 0 oder aber man beschränkt die Kontexte auf extensionale Sätze — dann ist das Kriterium zu weit, und wäre durch die Forderung salva analyti-citate statt salva veritate zu verschärfen.

Nun könnte man natürlich „analytisch" als Grundbegriff ansehen, d.h. auf eine Definition dieses Begriffs verzichten und mit seiner Hilfe

„synonym" definieren. Für Quine ist aber auch der Begriff des analy-tischen Satzes, wie wir im nächsten Abschnitt noch sehen werden, überaus problematisch, so daß dies Vorgehen für ihn ausscheidet.

Die angeführten Argumente Quines gegen die Annahme eines, ins-besondere für die Definition der Propositionen hinreichend scharfen Begriffs der Synonymität sind nun aber nicht stichhaltig. Zunächst läßt sich auch mit einem komparativen Begriff ,x und y sind unterein-ander weniger oder gleich bedeutungsähnlich wie u und v' ein klassifi-katorischer Begriff der Synonymität definieren: x und y sind syno-nym: = x und x sind weniger oder gleich bedeutungsähnlich wie x und y. Lexika, Wörterbücher und die Kriterien, an denen wir die Korrekt-heit von Ubersetzungen messen, sprechen ferner dagegen, daß der vorwissenschaftliche Synonymitätsbegriff so unscharf ist, daß er für Bedeutungsanalysen gänzlich unbrauchbar wäre. Und wenn auch eine Synonymität immer nur für bestimmte Kontexte bestehen würde und

20 Dieses Beispiel ist allerdings unglücklich gewählt, da im Satz „A ist mit B analytisch äquivalent" die Sätze A und B nicht gebraucht, sondern nur erwähnt werden. Die Sätze A und B selbst kommen nur in solchen Aus-sagen wie „Es ist notwendig, daß A = B" in intensionalen Kontexten vor.

so eine Satzbedeutung immer nur für gewisse Kontexte festgelegt wäre, so wäre das kein ernstes Hindernis dafür, Propositionen durch Abstraktion auf der Grundlage des umgangssprachlichen Synonymi-tätsbegriffes zu definieren, da Quine selbst bemerkt, daß jeder sprach-liche Ausdruck nur in bestimmten Kontexten eine bestimmte Bedeu-tung hat.21

Es ist also aufgrund der Argumente Quines nicht gerechtfertigt anzunehmen, daß der vorwissenschaftliche Synonymiebegriff keine Grundlage für eine wissenschaftliche Explikation dieses Begriffes bil-det, wie sie ja auch in der Sprachwissenschaft vorgenommen wird.

Natürlich hat der Begriff, wie alle empirischen Begriffe, einen gewissen Vagheitshorizont und ist nicht absolut scharf erklärt, er mag sogar, mehr noch als viele andere empirische Begriffe, zusätzlicher Abgrenzungen bedürfen, aber es ist nicht einzusehen, warum solche Abgrenzungen nicht möglich sein sollten und warum der Begriff nicht praktisch gut funktionieren sollte. Man verzichtet ja auch nicht deswegen auf die Rede von biologischen Species oder von juristischen Tatbestandsmerkmalen, weil sich diese vielleicht nicht in allen Fällen mit letzter Klarheit bestimmen lassen.

Entscheidender ist aber der folgende Einwand: Carnap hat, wie wir im Abschnitt 2.1.5 sahen, in [56] bereits eine Methode zur Definition von Intensionen und Bedeutungen in einem extensionalen Begriffs-netz, d.h. mit Begriffen wie ,Gegenstand', ,Funktion' und ,Klasse', aufgewiesen und auf der Grundlage dieses Ansatzes ist in den letzten Jahren eine intensionale Semantik entwickelt worden, die der exten-sionalen Semantik nach Tarski, die auch Quine als gesunde Disziplin anerkennt, nicht an Präzision nachsteht und die insbesondere nur mit solchen Begriffen arbeitet, die auch Quine selbst verwendet. Durch diese Entwicklung ist Quines Kritik an der Theorie der Bedeutungen heute weitgehend überholt.2 2

3) Das dritte Argument Quines gegen die Annahme von

Im Dokument Verlag Sprachphilosophie von Kutschera (Seite 98-101)