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Verfahren zum Nachweis von gentechnisch veränderten Mikroorganismen

4.2 Bewertung der Leistungsfähigkeit und Praktikabilität des vorgestellten Nachweisverfahrens

4.2.2 Zuverlässigkeit der Ergebnisse

Zur Bewertung der Zuverlässigkeit eines Nachweisverfahrens ist eine Betrachtung sinnvoll, die nach falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen differenziert. Generell ist festzustellen, daß das Nachweisverfahren in beiden Modellsystemen zu falsch positiven und zu falsch

negativen Einzelergebnissen geführt hat, daß diese Einzelergebnisse aber das Gesamtergebnis der Untersuchung nur unerheblich beeinflußten. Es konnte bei allen untersuchten Stämmen

eindeutig ein Nachweis der gentechnischen Veränderung des jeweiligen Stamms geführt werden.

Unter einem falsch positiven Teilergebnis soll hier verstanden werden, daß das Verfahren zur Anreicherung eines DNA-Fragments führt, das sich nach der Sequenzierung nicht eindeutig als Fremd-Genfragment bestimmen läßt. Im Fall der Untersuchungen bei L. sake kam dies lediglich einmal vor (Fragment L. sake ATP-560), solange der Wildtyp-Stamm 23K als Referenz benutzt wurde. Es ist eher unwahrscheinlich, daß dieses Fragment ein Spezifikum des Stamms L. sake ATP ist, da dieser ja durch Genmanipulation aus dem Wirtsstamm 23K hervorgegangen ist und die Genome daher bis auf die eingefügten Zusatzgene absolut identisch sein sollten. Daß es sich um einen Teil des gentechnischen Konstrukts handelt, über das keine Sequenzdaten vorliegen, ist auch nahezu auszuschließen, da sowohl das Gen atp, als auch der Großteil des

Transformationsvektors bekannt bzw. in einer Datenbank vorhanden sind und da kein analoges Fragment bei den RDA-Experimenten mit den Stämmen L. sake CLP und PTS auftauchte.

Angesichts der guten Reproduzierbarkeit dieser Experimente ist nicht auszuschließen, daß es sich um einen Sequenzabschnitt aus dem Genom von L. sake ATP handelte, der zwar im Genom von L. sake 23K vorhanden ist, durch die RDA aber nicht wirkungsvoll subtrahiert wurde. Die

Ursache hierfür könnte in der Ausbildung von Sekundärstrukturen in Folge längerer, einander komplementärer Sequenzabschnitte innerhalb dieses DNA-Fragments bestehen, die beim Vorgang der Subtraktiven Hybridisierung die Anlagerung eines Moleküls der Driver-DNA verhinderten. Wahrscheinlich beruht dieses falsch positive Signal aber auf einem methodischen Problem. Die durch die RDA angereicherten DNA-Fragmente wurden vor der Sequenzierung kloniert. Möglicherweise wurde hierbei ein „falsches“ DNA-Fragment, eines, das aus dem unspezifischen Hintergrund der Suppression-PCR stammt (s. Abb. 3.2), in den Vektor pZErO ligiert und dadurch ein „falscher“ Klon zur Sequenzierung ausgewählt. Die starke Anreicherung spezifischer Tester-DNA-Fragmente durch die RDA gewährleistet nicht, daß nach der Reinigung eines solchen Fragments über eine Gelelektrophorese keine unspezifischen DNA-Fragmente mehr vorhanden sind. Eine Aufreinigung über eine 2D-PAGE verbessert das Verhältnis spezifischer zu unspezifischer DNA-Fragmente bereits deutlich. Nach Erfahrungen in der AG Prof. Hildebrandt kann man aber erst nach einer weiteren Aufreinigung über eine

Gelelektrophorese mit einem an GC-reiche DNA-Motive bindenden Farbstoff („HA-Red“) davon ausgehen, daß sämtliche Hintergrund-Moleküle entfernt werden. Ohne dieses

(aufwendige) Reinigungs-Verfahren ist daher stets mit falsch positiven Signalen zu rechnen, wenn auch mit einer niedrigen statistischen Wahrscheinlichkeit.

Im Fall des Modellsystems P. nalgiovense war die Anzahl falsch positiver Teilergebnisse wesentlich höher, als bei L. sake. Hierbei ist allerdings zu bedenken, daß die Sequenzen der zwei Plasmide, mit denen der Wirtsstamm BFE 66 transformiert wurde, in den Datenbanken nicht komplett für die Alignments zur Verfügung standen. Es muß daher völlig offen bleiben, ob die

DNA-Fragmente, deren Herkunft in Tab. 3.3 als unbekannt gekennzeichnet ist, den fremden

genetischen Elementen, einschließlich der Transformationsvektoren, oder dem (großteils nicht bekannten) Genom von P. nalgiovense BFE 19 bzw. BFE 20 entstammten. Sollte letzteres der Fall gewesen sein, wäre dies wie bei L. sake durch das methodische Problem der versehentlichen Sequenzierung eines DNA-Fragments aus dem unspezifischen Hintergrund der unzureichend aufgereinigten Banden bzw. 2D-Spots zu erklären. Viel wahrscheinlicher ist aber, daß es sich bei den angereicherten DNA-Fragmenten um unbekannte Abschnitte der Transformationsvektoren handelte.

In beiden untersuchten Modellsystemen ist es mit dem durchgeführten Nachweisverfahren nicht gelungen, die eingebrachten fremden genetischen Elemente vollständig zu identifizieren. Dies soll hier unter dem Aspekt falsch negativer Teilergebnisse diskutiert werden. Im Modell L. sake ist es gelungen, die Gene clp und pts beim jeweiligen Stamm zu identifizieren und einen Teil des

Vektors sowie das Gen emr bei allen drei GVO-Stämmen zu identifizieren. Nicht gelungen ist die Identifikation des Gens atp im Stamm L. sake ATP. Dies läßt sich dadurch erklären, daß die Art L. sake, also auch der Wirtsstamm 23 K über die Gene atp, clp und pts verfügt (Leloup et al., 1997).

Zur Transformation wurden Homologe eines anderen Milchsäurebakteriums eingesetzt. Beim Gen atp ist der Grad an Übereinstimmung vermutlich so hoch, daß das Fremdgen atp durch das Homologe atp Gen des Stamms 23 K subtrahiert wurde, im Fall der Gene clp und pts reichte die Übereinstimmung zur Subtraktion nicht aus, die Fragmente konnten angereichert werden.

Mehrere mögliche Antworten gibt es auf die Frage, warum vom (ohne Insert und emr Gen) ca. 3 kb großen Vektor pRV 300 nur ein Fragment von 513 bp angereichert werden konnte.

Möglicherweise wurde der Vektor nur unvollständig in das Genom der Bakterien integriert, bzw.

im Verlauf einiger Generation wieder teilweise daraus entfernt, da auf diesen Sequenzen keinerlei Selektionsdruck gelegen hat. Denkbar ist auch, daß aus der Restriktion mit dem Enzym Rsa 1 überwiegend Fragmente einer ungünstigen Größenordnung über 1000 bp oder unter 100 bp hervorgegangen sind, welche durch die Suppression-PCR nur unzureichend angereichert werden

konnten. Leider liegt keine detaillierte Restriktionskarte des Vektors zur Überprüfung dieser Hypothese vor.

Komplexer stellt sich die Situation im Modellsystem P. nalgiovense dar. Bei beiden untersuchten Stämmen konnte nur ein Teil der transformierten Gene identifiziert werden, Vektorsequenzen konnten lediglich in einem Fall und damit in einem äußerst geringen Ausmaß identifiziert werden.

Bei beiden Transformanten gelang der Nachweis des Markergens amdS und des Fremd-Terminators trpC, beim Stamm BFE 20 außerdem der Nachweis des Markergens lacZ, beim Stamm BFE 19 der Nachweis eines Transformationsvektors. Die zusätzlichen Markergene ampr und argB und der Fremd-Promotor konnten nicht nachgewiesen werden. Die unbefriedigende Ausbeute bei der Identifikation der Vektoren läßt sich damit erklären, daß die Sequenzen beider Vektoren p3SR2 und pKW 100 nicht in Datenbanken abgelegt sind und deshalb eine

Identifikation nur anhand der hohen Übereinstimmung mit der Sequenz verwandter Vektoren, wie im Fall des Fragments BFE 19-3, möglich war. Auch der Verlust von Sequenzen, die keinem Selektionsdruck unterliegen, wird hier eine wichtige Rolle gespielt haben. Dieses Phänomen dürfte für die Nicht-Nachweisbarkeit der zwei Markergene samt Promotor sogar entscheidend gewesen sein. Laut Geisen und Leistner (1989) waren diese Gene zwar stabil genomisch integriert, einer der Autoren bestätigte aber auch (Geisen, pers. Mitteilung 1998), daß eine Integration über viele Generationszeiten nur durch Selektionsdruck sicherzustellen sei, was bei der BFE durch Zugabe von Acetamid zum Nährmedium erreicht wurde, was wiederum die Stabilität des amdS Gens erklärt. Da die Pilze in unserem Labor nur auf Vollmedien gezüchtet wurden, ist ein Verlust einzelner Marker, auch je nach Stamm in unterschiedlichem Maße, durchaus plausibel.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß die Betrachtung falsch positiver und falsch negativer Einzelergebnisse den Schluß zuläßt, daß der Erfolg eines Nachweises von fremden genetischen Elementen in Mikroorganismen bei diesem Verfahren wesentlich von der Stabilität der

Integration dieser Elemente auch ohne Selektionsdruck und vom Bestand der Datenbanken abhängt, in denen nach ähnlichen Genfragmenten gesucht werden kann. Zur Bewertung der Zuverlässigkeit sei noch einmal darauf hingewiesen, daß mit dem Verfahren in beiden Modellsystemen weitgehend anhand der gleichen Fremd-Genfragmente der Nachweis der gentechnischen Veränderung geführt werden konnte, obwohl unterschiedliche Stämme getestet wurden. Im Fall von L. sake waren bei den drei GVO-Stämmen jeweils drei angereicherte DNA-Fragmente identisch (die DNA-Fragmente von 176, 350 und 513 bp), im Fall von P. nalgiovense waren bei den beiden GVO-Stämmen die DNA-Fragmente BFE 19-2 = BFE 20-10 sowie BFE 19-7 = BFE 20-16. Die mit Gewißheit vorhandenen Fremdgene konnten also in jedem Fall zuverlässig detektiert werden.