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Teil 2 (Mobilfunksysteme): Kap. 7

7 Funkübertragung (Funkwellen und Funkkanäle)

7.3 Technische Systemaspekte (Auswahl)

7.3.1 Zuteilung der Funkkanäle

Zur besseren Ausnutzung der Kapazität eines Übertragungsmediums gibt es verschiedene Methoden, um mehrere Verbindungen gleichzeitig im Multiplex zu übertragen. Multiplexver-fahren ist ein Algorithmus, der die Mehrfachnutzung der Übertragungskapazität eines Medi-ums erlaubt. Bei Funksystemen i.w. folgende Multiplexverfahren angewandt (oft kombiniert):

- Frequency Division Multiplexing (FDM, Frequenzmultiplex), - Time Division Multiplexing (TDM, Zeitmultiplex),

- Code Division Multiplexing (CDM, Codemultiplex), - Space Division Multiplexing (SDM, Raummultiplex),

Neben diesen Multiplexverfahren gibt es Zugriffsverfahren zu den jeweiligen Frequenz-, Zeit- Code- und Raumkanälen:

- Frequency Division Multiple Access (FDMA) - Time Division Multiple Access (TDMA)

- Code Division Multiple Access (CDMA) - Space Division Multiple Access (SDMA)

Die Zugriffsverfahren sind als Schicht-2-Protokolle (OSI-Referenzmodell) spezifiziert.

Frequenzmultiplex (FDM)

Beim Frequenzmultiplex-Verfahren wird das für das Funksystem zur Verfügung stehende Spektrum in mehrere Frequenzbänder unterteilt, die gleichzeitig genutzt werden können.

Abbildung 7.12: Frequenzmultiplexverfahren FDM

Jedes Frequenzband wird als physikalischer Kanal gesehen, der jeweils zwei oder mehr Stati-onen exklusiv zur Kommunikation zugewiesen wird. Jede Station kann mit der vollen verfüg-baren Übertragungsrate des Frequenzbandes senden bzw. empfangen. Eine Einteilung des Frequenzspektrums in Frequenzbänder wird erreicht, indem man unterschiedliche Trägerfre-quenzen mit den jeweils zu übertragenden Nachrichten moduliert.

Empfangsseitig erfolgt die Trennung der Signale durch entsprechende Filterung. Da reale Filter nur eine endliche Flankensteilheit aufweisen, sind Schutzbänder (Guard Band) nötig, um Interfrequenzen (Übersprechen) zu vermeiden. Deshalb ist die vollständige Nutzung des zur Verfügung stehenden Frequenzbandes nicht möglich. Anwendung des Frequenzmultiplex-Verfahrens bei Mobilfunksystemen der 1. und 2. Generation (z.B. C-, D- und E-Netz) oder Bündelfunksystemen.

Zeitmultiplex (TDM)

Die Kapazität eines FDM-Kanals ist u.U. größer, als für eine Kommunikationsbeziehung be-nötigt. Man kann dann den Frequenzkanal periodisch abwechselnd mehreren Kommunikati-onsbeziehungen zuteilen.

18 Diese Idee liegt dem Zeitmultiplex-Verfahren zu Grunde, bei dem ein Funkkanal in seiner gesamten Bandbreite genutzt wird, aber in Zeitschlitze (Slots) unterteilt wird, die dann jeder Station periodisch für die Dauer der Verbindung fest zugewiesen werden.

Abbildung 7.13: Zeitmultiplexverfahren TDM

In einem Slot kann die übertragende Station eine bestimmte Anzahl Datenbits unterbringen.

Die Folge der durch eine Station genutzten Slots bildet einen Zeitkanal.

In einigen Anwendungen ist eine feste Zuweisung der Zeitschlitze („synchron“) an Stationen und die damit verbundene ständige Belegung des Übertragungsmediums nachteilig, wenn große Übertragungspausen auftreten ~> deshalb Zeitschlitze den einzelnen Benutzern nach Bedarf zentral oder dezentral zugewiesen („asynchron“). TDM-Verfahren erfordert für den Zugang zum Übertragungsmedium einen Multiplexer bzw. empfangsseitig einen Demultiple-xer, die zueinander genau synchron arbeiten müssen, damit die übertragenen Nachrichten den richtigen Zeitkanälen zugeordnet werden. Ähnlich wie beim FDM-Verfahren muss auch in TDM-Systemen eine Schutzzeit (Guard Time), jetzt zwischen den einzelnen Slots, vorgese-hen werden, um Synchronisationsfehler und Signallaufzeitunterschiede und damit Interferen-zen der Signale zu vermeiden. Diese Schutzzeit verhindert die Realisierung beliebig kurzer Zeitschlitze und reduziert somit die theoretisch mögliche Kapazitätsausnutzung.

TDM ist zwar frequenzökonomischer als FDM, erfordert aber eine sehr genaue Synchro-nisation der beteiligten Parteien und deshalb höheren Aufwand als FDM. Alle digital über-tragenden MFN 2G wenden neben dem FDM- auch das TDM-Verfahren an.

Codemultiplex (CDM)

Kennzeichnend für dieses Verfahren ist die Übertragung eines schmalbandigen Funksignals in einem breiten Frequenzspektrum, wobei das schmalbandige Signal durch eine geeignete Co-diervorschrift auf ein breitbandiges Signal abgebildet wird (sog. Codespreizung). Jedem Nut-zer des Funkkommunikationssystems wird jeweils eine geeignete Codiervorschrift zugewie-sen, durch die das zu übertragende Signalspektrum auf ein Vielfaches seiner Originalband-breite gespreizt wird. Die so erhaltenen Signale werden dann von den Sendern zeitgleich im gleichen Frequenzband übertragen.

Abbildung 7.14: Codemultiplexverfahren CDM

19 Die von den Sendern verwendeten Codiervorschriften müssen so gewählt werden, dass die Interferenzen bei den Empfängern trotz zeitgleicher Übertragung minimal bleiben. Die An-wendung eines orthogonalen Pseudo Noise (PN) Code zur Trägermodulation der zu übertra-genden Informationen erfüllt diese Bedingung. Der Empfänger, der die Codiervorschrift des Senders kennen muss, sucht das breitbandige Signal nach dem Bitmuster der PN-Sequenz des Senders ab. Durch Bildung der Autokorrelationsfunktion (AKF) kann sich der Empfänger auf den Codekanal des Senders synchronisieren und das Signal auf seine Originalbandbreite re-duzieren. Die jeweiligen Signale der anderen Sender, deren Codes mit der ausgewählten PN-Folge nicht übereinstimmen, werden nicht auf die Originalbreite zurück transformiert und tragen somit nur zum Rauschpegel des empfangenen Signals bei.

Bei einer bestimmten Anzahl von Codekanälen auf dem selben Frequenzkanal kann das Sig-nal-zu-Rausch Verhältnis (Signal to Noise Ratio, SNR) den zum Empfang mit dem Korrelator erforderlichen Wert unterschreiten. Somit ist auch beim CDM-Verfahren die Anzahl der Teil-nehmer begrenzt, die denselben Kanal benutzen können. Zur Realisierung der spektralen Spreizung eines Signals werden in der Praxis i.w. zwei Verfahren angewandt: Direct Sequen-ce (DS) und Frequency Hopping (FH).

Ein Vorteil des CDM-Verfahrens ist, dass durch die Codierung die Teilnehmerdaten vertrau-lich bleiben und deshalb ein kryptographisches Verfahren zum Schutz der übertragenen Daten u.U. entfallen kann. Systeme in denen CDM angewandt wird (z.B. IS-95, UMTS Phase 2), sind störsicherer als FDM- und TDM-Systeme. Dies gilt sowohl für atmosphärische als auch für gezielte Störung der Kommunikation.

Ein Störsender verfügt in der Regel über keine ausreichende Sendeleistung, um das gesamte Frequenzspektrum zu überdecken und nicht die notwendigen Informationen, um eine be-stimmte zu störende Verbindung detektieren zu können. Ein weiterer Vorteil gegenüber dem TDM-Verfahren ist, dass in CDM-Systemen keine Zeitsynchronisation der verschiedenen Sender erforderlich ist. Sie sind aufgrund des Codes selbstsynchronisierend.

Direct Sequence

Das Direct-Sequence-Verfahren ist eine Spreiztechnik, bei der die zu übertragenden binären Signale mit dem binären Ausgangssignal eines Pseudo-Noise-Generators modulo zwei addiert und anschließend z.B. zur Phasenmodulation des Trägersignals verwendet werden. Das Ver-knüpfen der Datenbits mit der Pseudozufallsbitfolge (Chip Sequence) transformiert das schmalbandige Informationssignal auf die große Bandbreite des PN-Signals und erzeugt so einen sog. Codekanal. Durch die Spreizung mit verschiedenen, orthogonalen Chipsequenzen entstehen ortho-gonale Codekanäle, deren Summensignal Null ist. In der praktischen Realisie-rung wird die Orthogonalität nur näheRealisie-rungsweise erreicht, weil die Chipsequenzen vom glei-chen Pseudo-Noise-Generator durch Vergabe verschiedener Startwerte abgeleitet werden.

Frequency Hopping

Beim Frequenzsprungverfahren (Frequen-cy Hopping) wechseln Sender und Empfänger in schneller Folge synchron die Übertragungsfrequenz. Dabei wird das bereits modulierte In-formationssignal zu dem Signal eines Codegenerators, der einen Frequenzsynthesizer steuert, modulo zwei addiert, wodurch sich eine Ausweitung der originalen Bandbreite auf ein Vielfa-ches ergibt. Der Frequenzsprung erfolgt entweder schnell (viele hops je Informationsbit) oder langsam (ein hop für viele Informationsbits).

Im verfügbaren Frequenzbereich können mehrere Übertragungen gleichzeitig stattfinden, wo-bei Kollision auftreten können, falls zwei oder mehr Sender zufällig gleichzeitig die gleiche Frequenz benutzen. Solche Kollision, die beim Empfänger den Störabstand evtl. unzulässig verkleinern, können bei Anwendung von orthogonalen Codes vermieden werden.

20 Abbildung 7.15: Frequency Hopping (Spreiztechnik)

Raummultiplex (SDM)

Bei Raummultiplex werden die zur Übertragung verwendeten Frequenzen in geeigneten geo-metrischen Abständen erneut verwendet. Man erreicht somit, dass trotz des begrenzten Fre-quenzspektrum theoretisch in einer unendlich ausgedehnten Fläche unendlich viel Verkehr getragen werden kann. Verfahren dadurch ermöglicht, dass die Feldstärke des Funksignals mit wachsendem Ab-stand vom Sender abnimmt. Raummultiplexverfahren nutzt die Ausbrei-tungsdämpfung elektromagnetischer Wellen.

Bei einem genügend großen Abstand vom Sender ist das Signal so abgeschwächt, dass die Störungen durch Interferenz bei Wiederverwendung dieser Frequenz durch einen anderen Sender toleriert werden können (Clusterprinzip). Raummultiplex liefert den Grundgedanken der Clusterbildung, mit dessen Hilfe zellulare Systeme eine nur durch Kostenüberlegung ein-geschränkte, sonst praktisch unbegrenzte Verkehrskapazität verfügbar machen. Sektorisierung des Versorgungsbereiches einer Basisstation ist eine weitere zugehörige Maßnahme. Neuer-dings wird diskutiert, durch Phased-Array Antennen elektronisch schwenkbare, stark fokus-sierende Diagramme einzusetzen, wobei von derselben Basisstation verschiedene Antennen-keulen (Spot Beam), die in unterschiedliche Richtungen geschwenkt werden, gleichzeitig den-selben Frequenzkanal nutzen können. Dann läge Raummultiplex in derden-selben Zelle vor und die Kapazität könnte drastisch gesteigert werden. Spot Beam Antennen reduzieren die Ein-fallswinkel beim Empfänger für Signalumwege und reduzieren deshalb die Signalinterferenz, d.h. die Dispersion, und erlauben vereinfachte (leistungsarme) Entzerrer.

Hybride Verfahren

Um eine möglichst gute Ausnutzung des Frequenzspektrums zu erreichen, werden in der Pra-xis meistens hybride Multiplexverfahren angewandt. Dabei werden in einem System eine Kombination von zwei oder mehreren Multiplexverfahren verwendet. Durch Kombination erreicht man, unter Ausnutzung der jeweiligen Vorteile des einzelnen Multiplexverfahrens, einen sehr ökonomischen Einsatz der Funkkanäle.

Anwendungen:

- In den öffentlichen Mobilfunknetzen (MFN 2G, wie GSM, USDC oder PDC) wird z.B.

neben dem zellularen Aufbau (Raummultiplex) sowohl Frequenzmultiplex als auch Zeit-multiplex angewandt.

- In DECT-System wird eine Kombination der Verfahren FDM und TDM eingesetzt.

- Mobilfunknetze 3G verwenden neben Raummultiplex (zellularer Aufbau) das Codemulti-plex in Kombination mit Frequenz- bzw. ZeitmultiCodemulti-plex.

Kanalzuteilung mit CDMA-Technik im zellularen Mobilfunk

CDMA wird seit Anfang der 80er Jahre für Experimente zur drahtlosen Kommunikation in Gebäuden und außerhalb sowie über Satelliten benutzt. Anfang 1991 entstand besonderes Interesse wegen der Ankündigung eines zellularen CDMA-Systems durch QUALCOMM USA (San Diego) mit dem Anspruch besonders großer spektraler Effizienz des Verfahrens für

21 Zellularfunk. Inzwischen liegt ein Telecommunications Industry Association (TIA) Interim Standard 95 (IS-95) vor.

Charakteristika:

- ein Frequenzband für alle Codekanäle,

- viele gleichzeitige digitale Signale im selben Band, - Verwendung (nahezu) orthogonaler Signalsequenzen,

- jede Signalfolge eines Kanals kann im Empfänger, bei Kenntnis der benutzten Codese-quenz detektiert und decodiert werden,

- interferenzlimitiertes System: die Zahl gleichzeitiger Sender ist aufgrund ihrer gegenseiti-gen Störung beim Empfänger begrenzt.

CDMA in Zellularsystemen

Alle Frequenzbänder sind in jeder Zelle nutzbar, im Nachbarschaftsbereich zweier Zellen ist es wegen des resultierenden Störabstandes C / I üblich, gleichzeitig zwei Kanäle (je einen pro BS) zu betreiben. die Leistungsregelung muss schnell sein: 1 kbit/s-Kanal nötig bei IS-95:

jedes übertragene 1-bit bedeutet 1 Leistungsstufe mehr, jedes 0-bit bedeutet 1 Leistungsstufe weniger. Es gibt sehr viele Stufen.

Es gelingt damit, den schnellen Mehrwegeschwund auszuregeln. Sprachübertragung mit vari-abler Bitrate: 1 kbit/s bis ca. 13 kbit/s, je nach Sprachaktivität und gewähltem Sprachcodec, mit zunehmender Verkehrsbelastung sinkt systembedingt die Dienstgüte, z.B. die Sprachqua-lität (Graceful Degradation).

7.3.2 Kanalvergabestrategien