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Teil 2 (Mobilfunksysteme): Kap. 7

14 Positionierung und Navigation

14.4 Netzwerkgestützte Positionsbestimmung

Aufbau eines Systems zur Positionsbestimmung erfordert erhebliche Investitionen. Ansatz zur Kostenreduzierung: Nutzung eines vorhandenen drahtlosen Netzwerks. Zellulare Netzwerke (Mobilfunk, Bündelfunk, Satellitentelefonie) gut geeignet, da durch die Funkzelle schon eine grobe Positionsbestimmung möglich ist. Zusätzlich erlauben Laufzeitmessung (TOA) oder Winkelmessung (AOA) eine genauere Eingrenzung der Position. Exemplarisch zwei Systeme vorgestellt, die ein vorhandenes drahtloses Netz zur Positionsbestimmung nutzen:

Mobile Positioning System (Basis: GSM - Global System for Mobile Communications), Nibble System (Basis: WLAN - Wireless LAN).

14.4.2 Positionierung auf Basis GSM Lokalisierung in GSM

Einteilung des Versorgungsbereichs in GSM-Zellen ermöglicht bereits eine einfache Positi-onsbestimmung innerhalb des GSM-Netzwerks. GSM-Netz weiss, welches Mobiltelefon in welcher Zelle gerade eingebucht ist. Ein Teilnehmer, der den Zuständigkeitsbereich eines

153 VLR (Visitors Location Register) betritt, wird von diesem erfasst. Die entsprechende Informa-tion wird dann an das zentrale HLR (Home LocaInforma-tion Register) weitergegeben, wo sie abrufbar ist. Prinzipiell bereits Dienste anbietbar, um mobile Teilnehmer zellengenau orten zu können.

Der mobile Teilnehmer kann auch selbst auf ortsbezogene Daten zugreifen. Über sog. Cell Broadcast Channels (CBCH) können in jeder Zelle ortsspezifische Daten ausgestrahlt wer-den, die jedes Mobiltelefon empfangen und anzeigen kann. z.B. kann über die CBCHs in je-der Zelle je-der Ort je-der nächsten Notrufstationen, Hotels oje-der Krankenhäuser verbreitet werden.

Mobile Positioning System (MPS)

Auflösung der Position bis auf eine Zelle ist für viele Anwendungen zu ungenau. Zellengröße variiert von unter 100 m in Ballungszentren bis zu 35 km auf dem Land.

System MPS (Mobile Positioning System) von Ericsson: ermöglicht genauere Positionsbe-stimmung auch in großen Zellen. MPS arbeitet mit Standard-GSM-Systemen zusammen und benötigt zur Installation nur minimale Änderungen an der Kommunikationsinfrastruktur. Mo-bile Endgeräte müssen modifiziert werden. Fakt wichtig, da kostenintensive Änderungen der Endgeräte für Kunden nicht akzeptabel. Positionsbestimmung mit MPS kann optional durch GPS aufgewertet werden, ist jedoch keine zwingende Voraussetzung.

Anwendungsszenarien mit MPS:

Ortsabhängige Daten: Mobiler Teilnehmer kann (genauer als mit Standard-GSM) ortsabhän-gige Daten abfragen, z.B. den Standort des nächstgelegenen Restaurants.

Überwachung des Standorts des mobilen Endgeräts von außen: GSM-Endgerät kann in ein Fahrzeug eingebaut werden. Standort des Fahrzeugs kann nach Diebstahl ermittelt werden.

Standortbestimmung auch nutzbar, um Rettungs- oder Reparaturdienste bei Unfall zu lotsen.

Ressourcenmanagement: Überblick für Transportunternehmen über Positionen der verfügba-ren Fahrzeuge, z.B. ein Taxi-Unternehmen kann die Position aller Taxis abfragen.

Navigation: Routenplanung in Fahrzeugen könnte auf Basis der Positionsdaten einen optima-len Weg zu einem Ziel berechnen und den benutzen Weg ständig überwachen.

Verfahren von MPS zur Positionsbestimmung mit GSM:

Abbildung 14.14: Verfahren im Mobile Positioning System (MPS) Cell Global Identity (CGI):

Nutzt die Identifikation einer Zelle, um Position des mobilen Teilnehmers grob zu ermitteln.

Methode ungenau. Nur verwendet, wenn feinere Verfahren nicht einsetzbar sind. Häufig ver-fügen Basisstationen über mehrere Antennen, die jeweils einen bestimmten Winkelbereich der Funkzelle erfassen. Falls Basisstation weitergibt, über welche Antenne ein Mobilfunkteil-nehmer erfasst wurde, kann Position bis auf einen Kreissektor genau ermittelt werden.

Timing Advance (TA):

154 Basisstation und mobile Endgeräte verwenden zur Kommunikation bestimmte Zeitschlitze.

Da Timing sehr exakt sein muss, wird Signallaufzeit zwischen Endgerät und Basisstation be-rücksichtigt. Gesteuert durch Verfahren GSM Timing Advance sendet ein mobiles Endgerät einen Burst früher, wenn es weiter von Basisstation entfernt ist. Damit erreicht ein Burst die Basisstation immer exakt innerhalb eines Zeitschlitzes. Position innerhalb einer Zelle so noch genauer bestimmbar. Entfernung zur Basisstation wird in Schritten von ca. 550 m gemessen.

Uplink Time of Arrival (UL-TOA):

Noch bessere Positionsbestimmung möglich, wenn sich ein mobiler Teilnehmer in Reich-weite von mindestens vier Basisstationen befindet. Über eine Laufzeitmessung des Signals vom mobilen Endgerät zu den Basisstationen kann Position auf 50-150 m genau bestimmt werden. Hierbei ähnliche Auswertung wie bei Satellitennavigation durchgeführt.

MPC (Mobile Positioning Center)

Gesamtsystem bezieht GPS-Satelliten ein: dienen den Basisstationen beim UL-TOA-Verfahren für eine exakte Zeitinformation. Damit möglich, die mobilen Endgeräte selbst mit GPS-Empfängern auszustatten. Die aus unterschiedlichen Verfahren ermittelten Entfernungs-daten werden an MPC (Mobile Positioning Center) übermittelt. Hier alle Daten verarbeitet und zwischengespeichert. Über Internet-Anbindung können Positionsdaten von außen zu-greifbar gemacht und abgerufen werden.

Während die Positionsüberwachung für bestimmte Anwendungen gewollt ist, möchten viele mobilen Teilnehmer ihre Positionsdaten nur ungern publizieren. Hierin unterscheidet sich MPS von GPS, bei dem nur der Benutzer Zugriff auf die eigenen Positionsdaten bekommt.

Wenn Positionsdaten über Internet zugreifbar werden sollen, muss Dienstanbieter die Fragen zu Zugriffsschutz, Authentifizierung und Verschlüsselung der Daten klären. MPS erlaubt da-her den Zugriff auf Positionsdaten nur nach einer Authentisierung über ein Kennwort.

Abbildung 14.15: Architektur Mobile Positioning System (MPS) 14.4.3 Positionierung auf Basis WLAN

Microsoft Nibble

Verfahren zur Positionsbestimmung auf Basis vorhandener WLAN-Infrastruktur. Idee proto-typisch durch Microsoft umgesetzt und identisch durch Nibble-System realisiert.

Trainigsphase: Bevor System zur Positionsbestimmung benutzt werden kann, muss es trai-niert werden. Hierzu geht ein Benutzer möglichst flächendeckend über die einzumessende Fläche. An einigen Wegpunkten werden Messungen durchgeführt.

Dabei wird eine Tabelle mit folgendem Inhalt aufgebaut: Koordinaten (x,y) sowie Ausrichtung (d) werden vom Benutzer vorgegeben. Experimente haben ergeben, dass die Ausrichtung zu unter-schiedlichen Ergebnissen führt. Daher sollten Messungen in unterunter-schiedlichen Richtungen durchge-führt werden. Das Koordinatensystem kann beliebig für den jeweiligen Zweck gewählt werden, z.B.

155 kann (x,y)=(0,0) in einer ausgezeichneten Raumecke liegen und die Ausrichtung d=00 wird parallel zu einer ausgezeichneten Wand gewählt.

Signalstärken zu allen installierten WLAN-Basisstationen (SSi) werden vom System automatisch gemessen. Basisstationen können über ihre Netzwerkadresse identifiziert werden. Insbesondere sind sie von anderen WLAN-Sendern, z.B. von anderen mobilen Rechnern, unterscheidbar.

Durch Trainingsphase wird eine Tabelle mit Einträgen aufgebaut. Soll jetzt eine Position be-stimmt werden, führt das System eine Messung der Signalstärken SSi durch. Danach wird Liste nach demjenigen Eintrag durchsucht, der zur Messung am „ähnlichsten“ ist.

Abbildung 14.16: Microsoft Nibble (Positionsmessung auf WLAN-Struktur)

Hierbei verschiedenste Algorithmen einsetzbar. Implementierung von Microsoft durchsucht die Tabelle linear und ermittelt den Datensatz mit dem geringsten euklidischen Abstand zur aktuellen Messung. In einem Experiment über eine Fläche von ca. 43 m x 22 m wurde mit 70 Wegpunkten eine Genauigkeit von 2 - 3 m erzielt.

Nachteile des Verfahrens: Aufwendige Trainingsphase, muss für jeden Bereich durchgeführt werden, in dem später Positionsmessungen stattfinden sollen. Zudem muss Trainingsphase immer erneut durchgeführt werden, wenn sich die Umgebungsbedingungen ändern, z.B. die Position der Basisstationen. Eine Möglichkeit, Trainingsphase zu vermeiden: Tabelle automa-tisch erstellen lassen. Hierzu muss die Umgebung als Modell einem Programm eingegeben werden, das eine Simulation der Signalausbreitung durchführt. In Experimenten lag die Ge-nauigkeit bei diesem Vorgehen bei ca. 4 m.

14.5 Geografische Adressierung