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Zusammenhänge: Mögliche Determinanten der Medienkritikfä- Medienkritikfä-higkeit

5 Interpretation und Schlussfolgerungen

5.2 Zusammenhänge: Mögliche Determinanten der Medienkritikfä- Medienkritikfä-higkeit

Mit Blick auf die Performanz im MKF-Test und dem Geschlecht zeigt sich, dass die Mäd-chen der Stichprobe gegenüber den Jungen einen signifikanten Leistungsvorsprung besit-zen, also anscheinend eine höhere MKF aufweisen und somit eher in der Lage sind, Me-dienprodukte und -inhalte kritisch-bewusst zu analysieren, zu interpretieren und zu be-werten. Dieses Ergebnis stellt sich analog zu den Befunden der ICILS 2013 dar (vgl.

2.2.5), in denen sichtbar wird, dass v.a. männliche Jugendliche, die eine nicht-gymnasiale Schulform besuchen und aus sozial benachteiligten Milieus stammen, zu der Schüler-gruppe zählen, die besorgniserregend niedrige computer- und informationsbezogene Kompetenzen aufweist. Für die Jugendlichen der untersuchten Stichprobe scheint folg-lich das Geschlecht eine mögfolg-liche Determinante der MKF darzustellen, d.h. Voraussagen über das MKF-Niveau möglich zu machen. Jedoch ist zu bedenken, dass sich die

geschlechtsspezifischen Disparitäten in der Stichprobe möglicherweise nicht (nur) auf eine tatsächlich schlechtere MKF der männlichen Probanden zurückführen lässt, sondern auf eine – wie in Kapitel 3.4 erwähnte – stärker ausgeprägte Demotivation bzw. geringere Sorgfalt bei der Bearbeitung des Tests oder ggf. auf andere (unbekannte) Faktoren.

In Bezug auf den Zusammenhang zwischen der MKF und der Familiensprache der Ju-gendlichen zeigt sich zwar ein Unterschied in den durchschnittlichen Punktwerten der Schüler, die zu Hause überwiegend Deutsch sprechen und den Schülern, die zu Hause überwiegend eine andere Sprache sprechen. Jedoch ist dieser Unterschied mit 0,17 Punk-ten zugunsPunk-ten der Schüler, die zu Hause überwiegend eine andere Sprache sprechen, ver-nachlässigbar gering ausgeprägt und nicht signifikant. Auch bei Ausschluss der Proban-den, die zu Hause eine andere Sprache und Deutsch sprechen, verändert sich dieser Be-fund nur geringfügig. Der ICILS-BeBe-fund, dass Schüler, deren häuslicher Sprachgebrauch überwiegend oder komplett Deutsch ist, höhere computer- und informationsbezogene Kompetenzen besitzen als jene Schüler, die zu Hause nur wenig oder gar kein Deutsch sprechen, lässt sich für die MKF der untersuchten Jugendlichen folglich nicht finden. Die Betrachtung der Familiensprache als Determinante der MKF scheint für die Stichprobe somit zunächst nicht geeignet. Bei dieser Interpretation ist jedoch erneut – ähnlich zur Betrachtung des Zusammenhangs zwischen MKF und Geschlecht – auf diverse ein-schränkende Faktoren hinzuweisen. Neben der Frage, ob die Performanz im Test nicht doch auf Demotivation, kognitive Leistungsfähigkeit oder geringe Lese-/Sprachkompe-tenz hindeutet, kommt bei der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen MKF und Familiensprache die unterschiedliche Größe der beiden verglichenen Gruppen hinzu.

Die Untersuchung des Zusammenhangs der MKF der Jugendlichen und verschiedenen Aspekten des Medienhandelns hat z.T. plausible, z.T. widersprüchliche und nur schwer erklärbare Ergebnisse geliefert. Der Befund, dass ein hoher bzw. niedriger Testwert im Index Information mit einem häufigen bzw. seltenen Lesen von Büchern/E-books korre-liert, erscheint z.B. plausibel. Jedoch lässt dieser Befund keine Aussage darüber zu, ob sich eine hohe Lesekompetenz positiv auf die MKF auswirkt oder eine gut ausgeprägte MKF eventuell zu einem häufigeren Lesen führt. Auch ein dritter Faktor, z.B. die allge-meine kognitive Leistungsfähigkeit, könnte Einfluss auf diesen Zusammenhang haben.

Ebenfalls ist anzumerken, dass – trotz der guten Signifikanz dieser Korrelation – die Mög-lichkeit besteht, dass diese nur zufällig zustande kommt. Hierfür spricht, dass keine sig-nifikanten Korrelationen zwischen dem Testwert in der Informationskategorie und den informationsaffinen Medien-Aktivitäten „Informations- und Nachrichtensendungen

anschauen“ sowie „Zeitung lesen“ existieren, obwohl diese erwartbar wären. Gleiches gilt für die Indizes Unterhaltung und Nutzerkommunikation: Es liegen keine signifikanten Korrelationen zwischen dem in der Kategorie Unterhaltung erreichten Punktwert und un-terhaltungsbezogenen Medien-Aktivitäten vor. Auch ergeben sich keine signifikanten Korrelationen zwischen dem in der Kategorie Nutzerkommunikation erreichten Punktwert und kommunikationsaffinen Medien-Aktivitäten. Hingegen existiert eine Korrelation zwischen dem erreichten Testwert im Index Werbung und der Häufigkeit des Mu-sikhörens. Für die Interpretation dieser signifikanten, aber dennoch zufällig scheinenden Korrelation, wäre die genauere Kenntnis weiterer Aspekte des Nutzungsverhaltens not-wendig. Auch mit Blick darauf, dass sich keine signifikante Korrelation zwischen dem Testwert im Index Werbung und werbebezogenen Aktivitäten abzeichnet.

Der Zusammenhang zwischen dem Testwert im Index Information und der subjektiv ein-geschätzten Wichtigkeit von Medien ist einleuchtend, die Gerichtetheit des Zusammen-hangs wird jedoch nicht ersichtlich. Es ist sowohl vorstellbar, dass sich eine gut ausge-bildete MKF in Bezug auf mediale Informationsangebote positiv auf die den Medien zu-geschriebene Bedeutung auswirkt als auch, dass eine hoch eingeschätzte Wichtigkeit der Medien im eigenen Alltag dazu führt, sich verstärkt mit informationsbezogenen Medien auseinanderzusetzen – was wiederum die MKF stärkt. Allerdings findet sich dieser Zu-sammenhang nicht in den anderen Indizes wieder, was trotz des guten Signifikanzwertes ggf. auf eine Zufälligkeit dieser Korrelation hindeutet.

Gleiches gilt für den Zusammenhang zwischen einem hohen bzw. niedrigen Punktwert im Gesamttest und häufigen bzw. seltenen Gesprächen mit der Familie über Berichte in Tageszeitungen bzw. auf Online-Nachrichtenseiten. Im Sinne der Anschlusskommunika-tion ist es schlüssig, dass sich häufige Gespräche über informaAnschlusskommunika-tionsbezogene Medien po-sitiv auf die MKF auswirken bzw. umgekehrt, eine gute MKF zu häufigeren Gesprächen über informationsbezogene Medien führt. Es wäre jedoch anzunehmen, dass dieser Zu-sammenhang im Index Information ebenfalls auftritt. Dies trifft jedoch nicht zu. Stattdes-sen zeigen sich Zusammenhänge zwischen einem hohen bzw. niedrigen Punktwert im Index Unterhaltung und häufigen bzw. seltenen Gesprächen mit Freunden über Fernseh-sendungen und Internetseiten sowie häufigen bzw. seltenen Gesprächen mit der Familie über Berichte in Tageszeitungen bzw. auf Online-Nachrichtenseiten. Es scheint zwar na-heliegend, dass ein häufiger Austausch über unterhaltungs- und informationsbezogene Medieninhalte mutmaßlich zu einer allgemein guten Kritikfähigkeit führt, jedoch kann z.B. kein Zusammenhang mit den Indizes Information, Werbung und

Nutzer-kommunikation nachgewiesen werden. Dies deutet eventuell auf eine zufällig zustande gekommen Korrelation hin. Im Übrigen kann die Richtung der gefundenen Zusammen-hänge nur angenommen werden, ist jedoch nicht klar bestimmbar.

In Bezug auf die gefundenen Zusammenhänge zwischen der MKF und deren Teilfähig-keiten und verschiedenen Aspekten des Medienhandels ist somit generell festzuhalten, dass sie vermutlich vorrangig auf die Besonderheiten der Untersuchung und der Stich-probe zurückzuführen sind und ihnen demnach nur sehr beschränkt Gültigkeit zugespro-chen werden kann. Zunächst ist bei der Interpretation der gefundenen ungerichteten Kor-relationen zu beachten, dass eine Deutung im Sinne eines ursächlichen Zusammenhangs auf Basis der durchgeführten Analysen nur sehr eingeschränkt möglich ist. Hier wären tiefergehende Analysen notwendig, die aufgrund der geringen Stichprobengröße als nicht mehr sinnvoll durchführbar erschienen. Daneben wurden die Medien-Aktivitäten im Fra-gebogen zu undifferenziert erhoben (vgl. 3.4), sodass die gefundenen Korrelationen nur bedingt interpretiert werden können. Beispielsweise haben nahezu alle Jugendlichen der Stichprobe angegeben, dass Handy/Smartphone täglich zu nutzen. Wie in Kapitel 2.2.3.1 dargestellt, sind aufgrund der Medienkonvergenz die Nutzungsformen des Smartphones jedoch stark ausdifferenziert. Gleiches gilt z.B. für das Surfen im Internet. Dieses Spek-trum wurde nicht erfasst, sodass im Rahmen der vorgenommenen Zusammenhangsunter-suchungen in Bezug auf die erfassten Medien-Aktivitäten keine konkreten Aussagen über den Unterschied zwischen Quantität und Qualität der Mediennutzung getroffen werden können. Weiterführende, vertiefende Analysen und eine erneute Datenerhebung unter Be-seitigung erkannter Limitationen wären geboten, um fundierte Feststellungen hinsichtlich der Zusammenhänge zwischen MKF und Medienhandeln treffen zu können.

Zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen der MKF und dem Geschlecht, der Fa-miliensprache und verschiedenen Aspekten des Medienhandelns in der untersuchten Stichprobe ist abschließend somit festzuhalten, dass diese nur bedingt als Determinanten der MKF herangezogenen werden können und dabei diverse einschränkende Faktoren zu beachten sind, die sich aus den Spezifika der Untersuchung und der Stichprobe ergeben.

Trotz der Limitationen der durchgeführten Untersuchungen ist es in Ansätzen dennoch realisierbar, die interpretierten Ergebnisse auf die Möglichkeiten für Theorie und Praxis der empirischen Medienkompetenzforschung und die praktische Förderung von Medien-kompetenz zu übertragen.