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Untersuchungen zur Entwicklung und Implementierung eines Simulators zur transrektalen sonografischen gynäkologischen Untersuchung des Rindes im Tiermedizinstudium

Silja Brombacher-Steiert

Die Ultraschallbildgebung stellt ein wichtiges diagnostisches Mittel in der Reproduktionsmedizin von Rindern, insbesondere bei der Zyklusbestimmung, Trächtigkeitsdiagnostik, Geschlechtsbestimmung des Fetus und dem Embryotransfer dar. Aufgrund des vielseitigen Einsatzes von Ultraschall als medizinisches Diagnostikum, wird von der EAEVE im Rahmen der Ersttagskompetenzen von tiermedizinischen Absolventen/-innen gefordert, eine einfache bildgebende Untersuchung durchführen zu können. Die Untersuchung der transrektalen gynäkologischen Sonografie des Rindes stellt jedoch eine hochkomplexe Fertigkeit dar, welche nur durch wiederholendes Training hinreichend erlernt werden kann.

Studierende haben meist nicht die Möglichkeit, diese hohe Anzahl an Wiederholungen im Rahmen ihres Studiums an lebenden Tieren durchzuführen.

Ziel des vorliegenden Forschungsprojektes war die Erstellung eines Simulators für die transrektale sonografische gynäkologische Untersuchung des Rindes mit Schwerpunkt der Zyklusbestimmung sowie seine Evaluation hinsichtlich seiner zukünftigen Nutzung in der tiermedizinischen Ausbildung.

Basierend auf dem kommerziell erhältlichen Simulator Breed’n Betsy® wurde aus ultraschallleitenden Materialien der „Ultrasonic Cow Simulator“ zur transrektalen sonografischen gynäkologischen Untersuchung entwickelt. Hierbei wurden der Uterus, die Ovarien mit jeweils einem Gelbkörper bzw. zwei Follikeln, das Lig. latum uteri mit Aa. uterinae, die Vesica urinaria und das Rumen sowohl palpatorisch als auch sonografisch möglichst realitätsnah nachgebildet. Die entwickelten Organe wurden in ein Plexiglasbecken eingelassen, welches zur besseren Leitfähigkeit des Ultraschalls mit destilliertem Wasser gefüllt wurde. Das destillierte Wasser wurde auf Körpertemperatur erwärmt, um so einen noch realitätsnäheren Eindruck bei der Untersuchung des Simulators zu ermöglichen. Bei der Erstellung des Simulators wurde Wert auf die Haltbarkeit der nachgebildeten Organe sowie die einfache Handhabung des Simulators gelegt.

Der Ultrasonic Cow Simulator wurde durch drei Versuchsgruppen unterschiedlichen Wissensstandes in Bezug auf seine palpatorischen und sonografischen Eigenschaften fragebogenbasiert evaluiert. Dabei beurteilten Studierende des 2./3. Semesters im Rahmen ihres landwirtschaftlichen Praktikums auf dem Lehr- und Forschungsgut Ruthe der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover die palpatorischen Eigenschaften des Simulators im Vergleich zu dem kommerziell erhältlichen Simulator Breed’n Betsy®.

Studierende des 9./10. Semesters evaluierten, während ihres zehnwöchigen Zyklus in der Klinik für Rinder der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover im Rahmen ihres

Zusammenfassung

zur transrektalen sonografischen Untersuchung sowie ein Training am Ultrasonic Cow Simulator, während der Kontrollgruppe lediglich die einführende Vorlesung zur Verfügung gestellt wurde. Die Überprüfung am lebenden Tier fand randomisiert und verblindet an Tieren der Klinik für Rinder statt. Die Kühe wurden alle im Vorfeld von erfahrenen Tierärzten/-innen untersucht und es wurden nur Tiere in die Studie mit einbezogen, welche ähnliche Befunde des Uterus (GII S KII) aufwiesen und einen Gelbkörper bzw., wenn keine genügend große Anzahl an Tieren diesen Befund aufwiesen, gut erkennbare Follikel zeigten. Die Studierenden erhielten eine schriftliche Anweisung für die Untersuchung und hatten zehn Minuten Zeit diese durchzuführen.

Gefordert war die palpatorische und sonografische Untersuchung von Uterus und Ovarien mit Funktionskörpern. Erfahrene Tierärzte/-innen der Bestandsbetreuung der Klinik für Rinder verfolgten die sonografische Untersuchung der Studierenden mit Hilfe eines Tablets, auf welches das Ultraschallbild der Untersuchung übertragen wurde und bewerteten die Leistungen der Studierenden mit Hilfe einer objektiv-strukturierten Checkliste.

In einer dritten Studie bewerteten approbierte Tierärzte/-innen aus Kliniken der Stiftung Tierärztlichen Hochschule Hannover sowie weitere praktizierende Tierärzte/-innen den Simulator bezüglich seiner palpatorischen Eigenschaften im Vergleich zum Simulator Breed’n Betsy® sowie seine sonografischen Eigenschaften.

Am vorliegenden Forschungsprojekt nahmen insgesamt 266 Probanden teil. Davon 190 Studierende des 2./3. Semesters (n = 190), 58 Studierende des 9./10. Semesters (n = 58) sowie 18 Tierärzte/-innen (n = 18). In die Berechnung der Ergebnisse flossen nur auswertbare Antworten mit ein. Die Antwort „Ich weiß es nicht“ wurde nicht in die Auswertung mit einbezogen.

Die palpatorischen Eigenschaften des Ultrasonic Cow Simulators wurde von den Versuchsgruppen als „gut“ (2./3. Semester: 94,74 %; 9./10. Semester: 73,33 %;

Tierärzte/-innen: 77,78 %) bewertet. Im Vergleich zur Breed’n Betsy® wurde der Ultrasonic Cow Simulator mit 94,21 % von den Studierenden des 2./3. Semesters sowie 100 % der Tierärzte/-innen als realitätsnäher empfunden. 96,67 % der Studierenden des 9./10. Semesters und 77,78 % der Tierärzte/-innen beurteilten das sonografische Bild des Simulators als gut.

Bei der objektiven Leistungsüberprüfung am lebenden Tier schnitten die Studierenden der Trainingsgruppe ähnlich ab, wie die Kontrollgruppe. Erfahrene Studierende zeigten bessere Leistungen als weniger erfahrene Studierende. Jedoch befanden sich die Leistungen der Studierenden grundsätzlich weit unter dem erwarteten Niveau. Die Einschätzung der Selbstwirksamkeit zu Beginn des Versuches war sowohl in der Trainings- als auch der Kontrollgruppe ähnlich. Nach Abschluss des Versuches verzeichnete die Trainingsgruppe jedoch eine deutlich höhere Selbstwirksamkeit. In Kategorien wie „Ich erkenne den Uterus und die Ovarien eines Rindes auf einem transrektal aufgenommenen Ultraschallbild.“, „Ich traue mir zu, eigenständig eine TSU durchzuführen.“, „Ich kann Befunde am Uterus bei der eigenständig durchgeführten TSU erheben.“ und „Ich kann Befunde an den Ovarien bei der eigenständig durchgeführten TSU erheben.“ wurden signifikante Zusammenhänge (p < 0,05) festgestellt.

Als Verbesserungsvorschläge für den Ultrasonic Cow Simulator wurde von den drei Versuchsgruppen der Einbau der linken Niere (Häufigkeiten: Studierende des 2./3.

Semesters: 55, Studierende 9./10. Semester: 4, Tierärzte/-innen: 8) genannt sowie in der Kategorie „Verbesserte Haptik“ die Simulation von Kot (Häufigkeiten: Studierende des 2./3. Semesters: 21, Studierende 9./10. Semester: 3, Tierärzte/-innen: 0). Es wurde kritisiert, dass der Bewegungsfreiraum des Armes in der Beckenhöhle wenig

(Häufigkeiten: Studierende des 2./3. Semesters: 23, Studierende 9./10. Semester: 9, Tierärzte/-innen: 4).

Alle drei Versuchsgruppen waren der Meinung, dass die Übung am Simulator vor der Untersuchung am lebenden Tier sinnvoll ist (Studierende des 2./3. Semesters:

99,47 %, Studierende 9./10. Semester und Tierärzte/-innen: 100 %). Die Studierenden des 2./3. Semesters sowie des 9./10. Semesters beurteilten das Training am Ultrasonic Cow Simulator in Bezug auf ihren Lernerfolg als hoch bzw. mittelmäßig. Es wünschen sich 90 % der Studierenden des 2./3. Semester, 92,05 % der Studierenden des 9./10. Semesters und 94,44 % der Tierärzte/-innen, dass zukünftig mehr Simulatoren im Themenbereich Rinderreproduktion in der tiermedizinischen Lehre eingesetzt werden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Aufbau des Simulators von allen drei Versuchsgruppen als gut bewertet wurde und der Einsatz des Ultrasonic Cow Simulator in verschiedenen Trainingsmodulen erfolgreich in das tiermedizinische Curriculum integriert werden konnte. Ein einmaliges Training mit dem Ultrasonic Cow Simulator ist nicht ausreichend, um objektiv höhere Erfolge in der transrektalen sonografischen Untersuchung des Rindes zu erzielen. Die Hypothese, dass für diese Untersuchung ein hohes Maß an Erfahrung notwendig ist, konnte bestätigt werden.

Das Training mit dem Ultrasonic Cow Simulator beeinflusst die Selbstwirksamkeit positiv. Wobei nachgewiesen werden konnte, dass eine positive Einschätzung der Selbstwirksamkeit nicht unbedingt bedeutet, dass diese mit der objektiv gezeigten Leistung übereinstimmen muss. Schlussfolgernd kann gesagt werden, dass der Einsatz des Ultrasonic Cow Simulators aus Gründen des Tierschutzes sowie der begrenzten Anzahl an Möglichkeiten diese Untersuchung am lebenden Tier durchzuführen, eine innovative Alternative zum Erlernen und wiederholten Trainieren der transrektalen sonografischen Untersuchung des Rindes darstellt.