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Zusammenfassung und Fragestellungen im aktuellen Regulatorischen Rahmen

3 REGULATORISCHE FRAGESTELLUNGEN BEI SPEICHEREINSATZ DURCH NETZBETREIBER

3.5 Zusammenfassung und Fragestellungen im aktuellen Regulatorischen Rahmen

Der netzdienliche Einsatz dezentraler Speicher durch den Netzbetreiber weist aus regulatorischer Sicht einige Gemeinsamkeiten mit konventionellem Netzausbau und den „traditionellen“ Aufgaben eines Netzbetreibers auf. So können verschiedene Aspekte von Investitionen in und den Betrieb von netzeigenen Speichern regulatorisch lediglich als der Einsatz eines anderen Netzbetriebsmittels bewertet werden (Speicher anstelle von Kabeln, Freileitungen und Transformatoren). In diesem Sinne unterscheidet sich ein Teil der mit dem Speichereinsatz verbundenen regulatorischen Fragestellungen nicht von grundsätzlichen Fragestellungen innerhalb des allgemeinen Regulierungsmodells. Eine Anpassung der aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen in der Schweiz erscheint hier nur insoweit notwendig, als dass auch der bestehende regulatorische Rahmen für konventionellen Netzausbau als nicht hinreichend zur Sicherstellung von Kosteneffizienz angesehen wird.61 Dies umfasst bspw. die Beurteilung der Notwendigkeit für die Errichtung eines Speichers und die Bewertung von dessen Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu alternativen Massnahmen (wie bspw. (intelligentem) Netzausbau, Abregelung oder Demand Response). Die regulatorische Bewertung und Überprüfung der Investitions- und Betriebskosten von Speichern sollte somit über die allgemeine regulatorische Kostenprüfung erfolgen sofern diese hinreichende Effizienzanreize setzt. Dies ist derzeit nicht zwingend der Fall, siehe auch [8, 31 und 32]. Ist eine Anpassung der allgemeinen regulatorischen Kostenprüfung in der Schweiz (wie bspw. der Übergang zu einer umfassenden Kostenprüfung im Rahmen eines Anreizregulierungsmodells) nicht umsetzbar oder gewünscht, könnte als zweitbeste Lösung auch eine ergänzende spezifische Kostenprüfung für Speicherkosten erwogen werden (insbesondere dann, wenn netzdienliche Speicher nur in geringer Anzahl bei wenigen Netzbetreibern an eingesetzt würden vgl. Abschnitt 4.2).

60 Dies gilt zumindest dann, wenn eine bevorzugte Behandlung von verbundenen Unternehmen bei der Kontrahierung von Flexibilität ausgeschlossen werden kann

61 Derartige Anpassungen sind jedoch nicht Gegenstand dieser Studie und werden daher im Folgenden nicht weiter adressiert.

Stromspeicher und insbesondere netzdienliche Speicher werden in den aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen nicht definiert. Zudem werden Speicher in der geltenden Stromversorgungs- und Energiegesetzgebung in der Schweiz, sowie Festlegungen der ElCom, auch nicht explizit als Netzbetriebsmittel / -anlage genannt (dies gilt auch für die Branchendokumente, wie z. B. die KRSV).

Insgesamt ist aufgrund fehlender regulatorische Vorgaben in der Schweiz so derzeit unbeantwortet,

• ob ein Einsatz netzeigener dezentraler Speicher in der Schweiz im Verteilnetz möglich oder auszuschliessen ist,

• ob die Errichtung und der Einsatz netzdienlicher Speicher als Netzkosten angelastet werden könnten, und

• wenn dies zulässig wäre, mit welchen regulatorischen Nutzungsdauer die Speicheranlagen in die regulatorische Kostenbasis eingehen würden.

Hierzu sollten entsprechende regulatorische Festlegungen getroffen und Erweiterungen bzw. Anpassungen der Branchendokumente vorgenommen werden.

Der netzdienliche Einsatz von Stromspeichern durch Netzbetreiber unterscheidet sich durch die notwendigerweise mit der Ein- und Ausspeicherung verbundenen Markttransaktionen jedoch auch signifikant von konventionellem Netzausbau. Dadurch, dass der Netzbetreiber über den Einsatz von Speichern Netz- und Marktaktivitäten verbindet, stellen sich unterschiedliche Fragen für den Einsatz netzeigener Speicher, die regulatorisch zu beantworten sind.

Regulatorische Fragestellungen

Wie wird mit den zusätzlichen Anreizen für Quersubventionen (zwischen Netz und wettbewerblichen Geschäftsbereichen) und mit Möglichkeiten zur Diskriminierung von konkurrierenden Unternehmen beim Einsatz von netzeigenen Speichern umgegangen, wenn der VNB Teil eines vertikal integrierten Unternehmens ist? Zudem stellen sich Fragen hinsichtlich der Effizienz und des Diskriminierungspotentials bei der Bewirtschaftung des Speichers, sowie der regulatorischen Handhabung der dabei eingesetzten Speicherenergie. Des Weiteren ist regulatorisch zu klären, wie Gegenmassnahmen oder Ausgleichsgeschäfte abgerechnet bzw. wem sie angelastet werden sollten, die im übergeordneten Stromsystem zur Behebung der mit der Einspeicherung verbundenen Energieungleichgewichte während des Engpasses notwendig werden. Diese Fragestellungen sind in den aktuellen regulatorischen Rahmenbedingungen der Schweiz derzeit noch unbeantwortet. Regulatorische Festlegungen sind entsprechend hinsichtlich der Verfahren bei der Beschaffung und Vermarktung von Speicherenergie, sowie der Allokation von Kosten und Erlösen von Speichern zu treffen. Mögliche Optionen hierzu werden in den Abschnitten 4.3 und 4.4 analysiert und bewertet.

Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass für die Schweiz die Einführung eines Flexibilitätsmodells beabsichtigt ist. Kern dieses Modells ist es, dem Netzbetreiber die Kontrahierung und Aktivierung von Flexibilität von Dritten (Demand Response, Einspeisemanagement oder Speicher) zur Vermeidung kritischer Netzzustände zu ermöglichen. Damit steht das Flexibilitätsmodell potentiell in direkter Konkurrenz zu dem im Rahmen dieser Studie diskutierten netzdienlichen Einsatz von dezentralen Speichern im Eigentum eines Netzbetreibers, da beide zur Vermeidung von konventionellem Netzausbau eingesetzt werden können. Auf der anderen Seite sind lokale Netzengpasssituationen denkbar, bei denen Flexibilität nicht in hinreichendem Umfang bzw. nur zu deutlich höheren Kosten als bei einem Einsatz netzeigener Speicher zur Verfügung steht, so dass ein ergänzender Einsatz netzdienlicher Speicher vorteilhaft sein könnte. Um Komplementaritäten zwischen dem Flexibilitätsmodell und dem Einsatz netzeigener Speicher zu ermöglichen und ineffiziente Substitutionen zu vermeiden, ist es essentiell,

regulatorische Vorgaben zum Einsatz bzw. der Einsatzreihenfolge alternativer Massnahmen zu treffen (vgl.

Abschnitt 4.1).

4 OPTIONEN FÜR DIE REGULIERUNG DEZENTRALER SPEICHER IM EIGENTUM DES NETZBETREIBERS

Um Kosteneffizienz sicherzustellen und Quersubventionen und diskriminierendes Verhalten des Netzbetreibers beim Einsatz dezentraler netzeigener Speicher zu begrenzen, sind in verschiedenen Bereichen regulatorische Festlegungen zu treffen. Diese lassen sich anhand des Vorgehens bzw. der Entscheidungen des Netzbetreibers im zeitlichen Verlauf eines Engpasses strukturieren (vgl. Abbildung 4-1).

Abbildung 4-1: Regulatorische Fragestellungen des Einsatzes netzeigener Speicher im Zeitablauf62

Wenn der Netzbetreiber an einem bestimmten Netzabschnitt erstmalig einen Netzengpass erwartet, so trifft er eine Entscheidung ob er diesen über eine Investition in Netzausbau, das Flexibilitätsmodell oder eigene Speicher beheben kann und will. Zeichnet sich der Netzengpass dann für einen konkreten Zeitpunkt an einem spezifischen Netzabschnitt ab – und hat der Netzbetreiber zuvor an diesem Netzabschnitt in einen eigenen Speicher investiert und in seinem gesamten Netz ein Flexibilitätsmodell eingeführt – so hat der Netzbetreiber abermals einen Entscheidungsspielraum, ob er diesen Engpass über einen eigenen Speicher oder im Rahmen des Flexibilitätsmodells vermeiden will. In Abhängigkeit der Entflechtungsvorgaben, der regulatorischen Kostenprüfung und der jeweiligen Vergütung hat der Netzbetreiber – wie im vorherigen Kapitel 3 beschrieben – potentiell Anreize eigene Speicher Alternativmassnahmen vorzuziehen. Entsprechend sollten für den Netzbetreiber regulatorische Vorgaben zur Auswahl (bzw. zur Einsatzreihenfolge) alternativer Massnahmen festgelegt werden.63 Mögliche Optionen hierzu werden in Abschnitt 4.1 erläutert und bewertet.

Sowohl bei der Entscheidung für eine Investition in einen Speicher, sowie für dessen Einsatz, als auch beim Betrieb und der Bewirtschaftung des Speichers ist die Effizienz der damit verbundenen Kosten regulatorisch zu bewerten und zu überprüfen. Dies kann theoretisch über eine ex-ante Überprüfung und Genehmigung jedes einzelnen Schrittes für jeden Einzelfall durch die Regulierungsbehörde erfolgen. Wie im vorherigen Kapitel erläutert, ist eine Bewertung der Kosteneffizienz von Speichern durch die Regulierungsbehörde im Rahmen der allgemeinen regulatorischen Kostenprüfung (unter anderem mit Blick auf die administrativen Kosten und die Technologieneutralität) jedoch als vorteilhaft anzusehen. Die regulatorische Bewertung der einzelnen Entscheidungsschritte erfolgt dann durch den Netzbetreiber im

62 Quelle: DNV GL

63 Es sei denn, Ineffizienzen können bereits über eine effektive allgemeine regulatorische Kostenprüfung ausgeschlossen werden.

Hinblick auf die (erwartete) Bewertung durch die Regulierungsbehörde im Rahmen der allgemeinen Kostenprüfung. Lediglich für den Fall, dass eine Anpassung der regulatorischen Kostenprüfung in der Schweiz derzeit nicht umsetzbar ist und netzdienliche Speicher nur in geringer Anzahl bei wenigen Netzbetreibern eingesetzt werden, könnte als zweitbeste Lösung auch eine ergänzende spezifische Kostenprüfung für Speicherkosten erwogen werden. Mögliche Ansätze zur Bewertung der Kosten von Investitionen in netzeigene Speicher werden in Abschnitt 4.2 vorgestellt und bewertet.

Hat sich der Netzbetreiber für den Einsatz eines eigenen Speichers entschieden, so bestehen für den Netzbetreiber grundsätzlich verschiedene Optionen die zur Engpassvermeidung notwendige Energie ein- und auszuspeichern bzw. zu erwerben und zu vermarkten. Unterschiedliche Optionen sind zudem bei der bilanziellen Behandlung der mit der Ein- und Ausspeicherung verbundenen Gegengeschäfte denkbar. Hier sind regulatorische Optionen zu entwickeln, über welche Verfahren und zu welchen Preisen der Netzbetreiber Speicherenergie beschaffen und vermarkten kann. Über wettbewerbliche bzw.

marktorientierte Verfahren können zudem zusätzliche Anreize für die Kosteneffizienz bei der Bewirtschaftung netzeigener Speicher gesetzt werden. Abschnitt 4.3 diskutiert und bewertet die regulatorischen Optionen bei der Speicherbewirtschaftung.

Nach dem Einsatz eines netzeigenen Speichers stellt sich zudem die regulatorische Frage, wie die Kosten und Erlöse eines kombinierten netzdienlichen und marktorientierten Einsatzes einer Speicheranlage zu allokieren sind. Dies umfasst insbesondere die Frage, in welchem Umfang bzw. über welche Schlüssel Kosten und Erlöse des Speichers dem regulierten Netzgeschäft und wettbewerblichen Geschäftsbereichen zugeordnet werden sollten. Über die Kostenallokation wird auch adressiert in welchem Umfang Speicherkosten in der regulatorischen Kostenbasis anerkannt werden. Könnte eine ineffiziente Allokation von Kosten und Erlösen aus dem netzdienlichen und marktorientierten Speichereinsatz über eine effektive allgemeine regulatorische Kostenprüfung ausgeschlossen werden, so wären keine expliziten regulatorischen Vorgaben zur Allokation zu treffen. Die Wahl einer sachgerechten und effizienten Allokation von Kosten und Erlösen wäre dann ausschliesslich Aufgabe des Netzbetreibers. Informationsasymmetrien zwischen Netzbetreibern und Regulierungsbehörde, sowie die gegenwärtig geringe Tiefe der regulatorischen Kostenprüfung in der Schweiz, sprechen jedoch dafür, explizite Vorgaben zur Allokation von Kosten und Erlösen eines Netzbetreibers zu treffen. Regulatorische Optionen zur Allokation von Kosten und Erlösen im Zusammenhang mit netzeigenen Speichern, werden in Abschnitt 4.4 erörtert und bewertet.

Bei der Diskussion und Bewertung der im Folgenden präsentierten regulatorischen Optionen liegt der Fokus auf dezentralen Speicheranlagen im Eigentum des VNB, welche sowohl netzdienlich als auch marktorientiert eingesetzt werden. Wo relevant, wird zudem darauf eingegangen, wie sich das jeweilige regulatorische Modell bei einem ausschliesslich netzdienlichen Einsatz vereinfachen würde. Gemäss Fokus der Studie werden zudem regulatorische Optionen für das Verteilnetz analysiert; wo relevant wird eine Übertragbarkeit der Ergebnisse auf das Übertragungsnetz erörtert. Regulatorische Optionen für den netzdienlichen Einsatz von Speichern im Eigentum von Dritten oder mit dem VNB verbundenen Abteilungen eines EVU sind nicht Gegenstand dieser Studie, da eine Kontrahierung von entsprechenden Speicherkapazitäten im Rahmen des Flexibilitätsmodells erfolgen soll. Hierzu wurden in [4], [5] und [6]

bereits entsprechende Ansätze skizziert. Bei den hier diskutierten regulatorischen Ansätzen beschränkt sich der Einbezug von Dritten daher lediglich auf eine mögliche Übertragung der Beschaffung bzw.

Veräusserung von Speicherenergie.

Die regulatorischen Optionen sollen zudem die spezifische Situation in der Schweiz aufgreifen, wie sie sich heute und in 2025 darstellt. So ist das gegenwärtige Umfeld durch hohe Preise für Primärregelleistung und relativ wenig Netzengpässe gekennzeichnet. Entsprechend sind mit einem marktorientierten Einsatz von Speichern signifikante Gewinne möglich, während der netzdienliche Einsatz i. d. R. vor allem mit Kosten verbunden sein dürfte. Für 2025 sind nicht nur geringere Speicherkosten und Preise für

Primärregelleistung, sondern auch potentiell eine Zunahme an Netzengpasssituationen im Verteilnetz zu erwarten. Ebenso sind bei den Empfehlungen für regulatorische Optionen die grosse Anzahl an VNB in der Schweiz sowie die begrenzten Ressourcen der ElCom zu berücksichtigen. Entsprechend sind Vorschläge mit signifikanten zusätzlichen administrativen Aufwänden für die ElCom für die Schweiz nicht praktikabel.

Die Analyse der Vor- und Nachteile der einzelnen Optionen sowie eines Gesamtkonzepts zur Regulierung von netzeigenen dezentralen Stromspeichern erfolgt hierbei jeweils anhand der folgenden Bewertungskriterien (Abbildung 4-2). Aufgrund der spezifischen Fragestellungen in einzelnen Bereichen sind jedoch nicht alle Bewertungskriterien für jede einzelne Option relevant.

Abbildung 4-2: Bewertungskriterien für unterschiedliche Optionen zur Regulierung von netzeigenen Speichern

4.1 Vorgaben zur Einsatzreihenfolge verschiedener