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Auswirkungen auf Netznutzungsentgelte

2 ANWENDUNGSFÄLLE UND WIRTSCHAFTLICHE BEWERTUNG DEZENTRALER SPEICHER

2.4 Auswirkungen netzdienlicher Speicher auf vorgelagerten höheren Netzebenen

2.4.1 Auswirkungen auf Netznutzungsentgelte

Speichersysteme eines VNB können, alternativ zu einer marktorientierten Zusatzanwendung, auch zur Reduktion der Netznutzungsentgelte (NNE) gegenüber dem überlagerten VNB bzw. ÜNB genutzt werden.

Zur Quantifizierung des technischen Potentials dieser Anwendung wird analysiert, wie sich die in Abschnitt 2.2 dimensionierten Speicher dazu nutzen lassen, den Leistungs- und Arbeitsbezug der jeweiligen Verteilnetze gegenüber der überlagerten Netzebene zu reduzieren und dadurch vorgelagerte Netzentgelte zu vermeiden. Dafür wird ein NNE-optimierte Betriebsweise der Speichersysteme bestimmt, bei dem neben dem netzorientierten Betrieb zusätzlich eine Reduktion des Spitzenbezugs, sowie der von der überlagerten Netzebene entnommenen Arbeit durchgeführt wird. Die Teilnahme an Energie- oder Regelleistungsmärkten wird in dieser Untersuchung hingegen nicht betrachtet.

Die folgenden Berechnungen zeigen auf, in welchem Umfang durch den Speichereinsatz auf der Spannungsebene auf der der Speicher eingesetzt wird, vorgelagert Netzentgelte vermieden werden, wenn die eingespeicherte Energie im Speichernetz verbraucht wird und so weniger Strom von der vorgelagerten Netzebene bezogen wird. Da die auf den einzelnen Spannungsebenen von den Schweizer Netzbetreibern erhobenen NNE nicht in ihrer Gesamtheit veröffentlich werden, werden zur Bestimmung der durch diesen Speicherbetriebsmodus ermöglichte Reduktion der NNE die zuvor ermittelten, durchschnittlichen Netzentgelte der 10 grössten Netzbetreiber für die Mittelspannung genutzt. Im Folgenden wird zudem vereinfachend der zuvor beschriebene Mengeneffekt auf die Netzentgelte (vermiedene Netzentgelte führen zu höheren Arbeits- und Leistungspreisen der höheren vorgelagerten Netzebene) nicht berücksichtigt.

Das Ergebnis dieser vereinfachten Berechnungen ist in Abbildung 2-14 dargestellt. Hierbei zeigt sich, dass die Einsparungen vor allem von der Netzebene abhängen. In der Niederspannung sind potentiell grosse Einsparungen von bis zu ca. 80 % der vorgelagerten Netzentgelte möglich, während die aus der Hoch- in die Mittelspannung gewälzten NNE potentiell um maximal 33 % reduziert werden können. Ursache hierfür ist, dass Niederspannungsnetze aufgrund der geringeren Zahl von Netzkunden eine geringere mittlere Auslastung aufweisen. Die Reduktion des Spitzenbezugs eines NS-Netzes kann somit auch bei vergleichsweise geringer Speicherkapazität erreicht werden. In MS-Netzen sind aufgrund der grösseren Vermischungseffekte zeitlich länger andauernde Lastspitzen zu kompensieren. Dies gelingt nur mit vergleichsweise hoher Speicherkapazität.

Naturgemäss können hohe Einsparungen somit nur durch grosse Speichersysteme (und somit hoher PV-Belastungen) erbracht werden. Die spezifischen Verteilungswirkungen vermiedener Netzentgelte in der überlagerten Netzebene sind stark von der individuellen Versorgungsaufgabe des überlagerten Netzes, der Verteilung von Last und Einspeisung in den nachgelagerten Netzen und den spezifischen Entgelten der einzelnen Netzbetreiber abhängig und können daher im Rahmen dieser Untersuchung nur exemplarisch abgeschätzt werden. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass die Verwendung derartig genutzter Speichersysteme eine Anpassung der Netztarifstruktur der überlagerten Netzbetreiber nach sich ziehen wird. In diesem Fall ist mit einer entsprechenden Minderung der erwarteten Erlöse zur rechnen.

Abbildung 2-14: Reduktion der vorgelagerten Netznutzungsentgelte durch einen autarkieorientierten Speicherbetrieb bei heutigen Netztarifstrukturen

Ursache für die grossen Abweichungen zwischen Nieder- und Mittelspannung sind die grossen Unterschiede in Bezug auf die in den Netzen installierte Last. Diese sind in der Niederspannung deutlich homogener über die Stranglängen verteilt, während in der Mittelspannung ein Grossteil der Last direkt am Umspannwerk angeschlossen ist. Diese Lasten haben in den vorhergehenden Analysen nur geringen Einfluss auf die Leitungsbelastung oder das Spannungsniveau des Netzes, verhindern aber eine Rückspeisung des Netzes in die überlagerte Hochspannungsebene. Da eine Reduktion der bezogenen Arbeit aber nur bei zeitnaher Rückspeisung möglich ist, zeigt sich bei Mittelspannungsnetzen nur ein begrenztes Potential zur Reduktion der Netzentgelte. Ohne regelmässige Rückspeisung würde nur die Last geglättet, die bezogene Arbeit würde jedoch gleich bleiben.

Abbildung 2-15: Kostendeckung eines Speichersystems, das die Reduktion von NNE sowie die Vermeidung von Netzausbaumassnahmen (in der NS) kombiniert am Beispiel eines

städtischen Niederspannungsnetzes (Szenario niedrige Speicherkosten)

Abbildung 2-15 zeigt exemplarisch die Kostensituation36 für Speicher in städtischen Niederspannungsnetzen bei günstiger Entwicklung der Speicherkosten (niedrige Speicherkosten). Es wird

36 Da die zwischen den Verteilnetzbetreibern gezahlten Netzentgelte für diese Studie nicht vorliegen, werden für die Bestimmung der vermeidbaren Entgelte die in Kapitel 3.2 ermittelten Netzentgelte verwendet. Da individuelle Speicher jedoch einer anderen Kategorie der Netznutzung zugewiesen sein können als unterlagerte Netzbetreiber, können die real vermeidbaren Kosten abweichen.

0%

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Ve rm ie de ne N et ze nt ge lt e in %

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Kostendeckung Speicher in %

deutlich, dass die Reduktion von Netzentgelten in diesem Fall bei kleinen PV-Überlastungen eine wirtschaftliche Handlungsoption darstellt. Da die so gesparten Netzentgelte (inkl. Abgabe für Systemdienstleistungen, KEV, Abgabe des Gewässerschutzes und ggf. anfallender, Abgaben an das Gemeinwesen) kurzfristig lediglich auf andere Verteilnetze verlagert werden, ist der gesamtökonomsiche Nutzen dieses Anwendungsfalls jedoch strittig.

Zusätzlicher Nutzen von Speichern in überlagerten Netzebenen

Der primäre Nutzen der in dieser Untersuchung analysierten Speichersysteme liegt in der Vermeidung von Netzausbaumassnahmen in der eigenen Netzebene (siehe Abschnitt 2.2). Neben einem netzdienlichen Effekt in der eigenen Netzebene können netzorientierte Speicher jedoch direkt oder indirekt auch zur Vermeidung von Netzengpässen bzw. zur Vermeidung von (zusätzlichen) Netzkapazitäten in überlagerten Netzebenen beitragen. Eine direkte Nutzung für überlagerte Netzebenen setzt dabei eine komplexe, netzebenen-übergreifende Koordination bei Speicherdimensionierung und -einsatz voraus. Ein indirekter Nutzen ergibt sich hingegen, wenn der netzorientierte Einsatz von Speichern die Rückspeisung und damit Netzkapazitäten und Netzkosten auf vorgelagerten Netzebenen reduziert.

Der tatsächliche Nutzen für einen spezifischen Netzbetreiber ist stark von den individuellen Kombinationen von Netztopologie und Versorgungsaufgabe (last- oder einspeisedominiert) der beteiligten Netzebenen abhängig. Im Rahmen dieser Untersuchung wird deshalb nur exemplarisch demonstriert, welcher indirekte Nutzen durch unterlagerte Speicher in der Niederspannung entstehen können. Hierzu wird angenommen, dass 30 % der, einem ländlichen Mittelspannungsnetz unterlagerten Niederspannungsnetze zu 130 % mit PV-Anlagen überlastet sind. Für verschiedene Überlastungen des MS-Netzes können nun Netzausbaukosten mit und ohne den Einfluss der Speicher in der Niederspannung bestimmt werden. Die Kostendifferenz der jeweiligen Ausbaumassnahmen stellt den zusätzlichen Nutzen von Speichern der Niederspannung für die Mittelspannung dar.

Eine Massnahme im Netz, die bei einer bestimmten PV-Belastung ohne unterlagerte Speicher im MS-Netz notwendig würde, wird nun erst ab einer höheren PV-Belastung nötig. Sofern die Massnahmenkosten also mit höheren PV-Belastungen steigen, ergibt sich durch die unterlagerten Speicher eine zusätzliche Einsparung in der Mittelspannung. Da die (konventionellen) Netzausbaukosten jedoch i. d. R. nur in wenigen Stufen steigen (da Netzanlagen wie Kabel, Freileitungen oder Transformatoren nur in bestimmten Grössen zur Verfügung stehen), ist es auch möglich, dass kein zusätzlicher Nutzen in der überlagerten Netzebene auftritt. Das Ergebnis der Berechnung ist detailliert in Anhang C (Abbildung C-2) dargestellt.

In Abbildung 2-16 ist der zusätzliche Deckungsbeitrag der Speicher in der Niederspannung durch den zusätzlichen Nutzen in der Mittelspannung dargestellt. Die Abbildung zeigt die Differenz der jeweils günstigsten Handlungsoption des VNB der Mittelspannung mit und ohne Berücksichtigung der Speicher in der Niederspannung. Diese Kostendifferenz ist in Form eines zusätzlichen Deckungsbeitrags auf die Speicherkosten in der Niederspannung bezogen. Das Berechnungsergebnis gliedert sich in drei Bereiche.

Im Bereich 1 werden durch den Speichereinsatz in der Niederspannung Abregelungsmassnahmen (welche die günstigste Massnahme bei geringeren Überlastungen durch PV-Anlagen darstellen) in der Mittelspannung vermieden. Im Bereich 2 (in dem konventioneller bzw. intelligenter Netzausbau die effizienteste Handlungsalternative des Netzausbaus in der MS darstellt) ergeben sich zusätzliche Deckungsbeiträge zunächst daraus, dass Netzausbaumassnahmen erst bei höherer PV-Belastung durchgeführt werden müssen. Da eine Netzausbaumassnahme jedoch auch zusätzliche Kapazität für einen weiteren PV-Ausbau schafft (s.o.), ergibt sich zunächst kein zusätzlicher Nutzen. In Bereich 3 kann jedoch eine zweite Netzausbaustufe vermieden werden, wodurch sich in diesem Bereich erneut ein Nutzen für die MS-Ebene ergibt. Ein besseres Verständnis dieser Effekte ergibt sich bei Betrachtung der Detailergebnisse in Anhang C.

Abbildung 2-16: Zusätzliche Deckungsbeiträge für Speicher in der Niederspannung in Abhängigkeit der PV-Belastung des Mittelspannungsnetzes

Es zeigt sich, dass in günstigen Fällen bis zu 34 % der Speicherkosten durch den zusätzlichen Nutzen in der Mittelspannung erwirtschaftet werden können. Ebenso ist aber auch möglich, dass kein zusätzlicher Nutzen generiert wird. Da die praktische Relevanz dieses Ergebnis jedoch sehr stark von den individuellen