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In dieser Arbeit wurden drei Themengebiete bearbeitet, wobei der deutliche Schwerpunkt auf den ersten beiden Teilen lag. Diese standen vor dem Hintergrund, neue Inhibitoren der Desoxyhypusinsynthase (DHS) zu identifizieren. Durch Inhibition der DHS sollte eine Hemmung der Replikation von HIV-1 erreicht werden. Der dritte Teil stand vor dem Hintergrund der Carcinogenese durch aromatische Amine. In diesem Abschnitt wurden Arylamin-modifizierte Nucleoside chemisch synthetisiert, nach Einbau in Oligonucleotide untersucht und in entsprechende Triphosphate überführt.

7.1 Neue active-site Inhibitoren der DHS

Die zelleigene DHS dient zur Aktivierung des eukaryotischen Initiationsfaktors 5A, der eine Rolle bei verschiedenen Erkrankungen und Infektionen, unter anderem bei HIV-1, zu spielen scheint (s. S. 11-12). Zur Identifizierung neuer, verbesserter Inhibitoren der DHS wurde in Kooperation mit der Arbeitsgruppe um M. Rarey ein rationaler Ansatz zum Wirkstoffdesign angewandt (s. S. 25-27 und 50-52).

Zunächst wurden, basierend auf der Kristallstruktur der DHS und dem bekannten Inhibitor der DHS, GC7 1, von A. Kolodzik über Struktur-basiertes Wirkstoffdesign 29 virtuelle Hits als potentielle, neue DHS-Inhibitoren der ersten Generation errechnet (s. S. 26). Von diesen waren drei Verbindungen kommerziell erhältlich und zu sieben der ausgewählten Verbindungen wurden effiziente Syntheserouten entwickelt (s. S.

27-45). Die insgesamt 10 neuen, potentiellen DHS-Inhibitoren der ersten Generation 5, 16-20 und 26-29 (s. Abb. 46, S. 45) wurden von der Arbeitsgruppe um J. Hauber eingehenden in vitro Tests hinsichtlich der DHS-Inhibition und der Inhibition der HIV-1 Replikation in Zellkultur unterzogen (s. S. 45-49). Es wurde für 17 und 28 eine Inhibition der DHS festgestellt. In den Tests zur Inhibition der HIV-1 Replikation zeigte nur 17 eine signifikante Aktivität gegen HIV-1 (s. S. 47). Bei 17 (DAPI), das als DNA-Farbstoff in der Biochemie genutzt wird, spielen eventuell hinsichtlich der guten Werte für die HIV-1 Inhibition zusätzlich zur DHS-Inhibition auftretende Wirkmechanismen eine Rolle. Positiv ist, dass alle getesteten Verbindungen bis zu einer Konzentration von 4 µM keine toxischen Effekte auf die Zellen hatten (siehe auch 4.1.4, S. 49).

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Im Folgenden wurde 17 als Hit verwendet, um durch die gewonnen Erkenntnisse das molecular modelling zu optimieren (s. S. 50-52). Zusätzlich zum Struktur-basierten Wirkstoffdesign wurde Fragment-basiertes Design verwendet, um in silico eine zweite Generation neuartiger, potentieller Inhibitoren der DHS zu generieren, deren virtuelle Bindungsaffinitäten zur DHS im Vergleich zu GC7 1 und der ersten Generation potentieller DHS-Inhibitoren deutlich verbessert waren (s. Abb. 54, S. 52).

Aus den neu berechneten Verbindungen wurde 2-(2-Guanidinoethyl)-5-aminomethyl-1H-indol 46 nach synthetischen Gesichtspunkten für die Synthese ausgewählt. Die theoretischen Wechselwirkungen von 46 mit dem aktiven Zentrum der DHS sind in Abb. 94 (S. 93) veranschaulicht.

Das kommerziell erhältliche 4-Amino-3-iodbenzonitril 50 wies ein geeignetes Substitutionsmuster auf und wurde als Ausgangsverbindung in der entwickelten Syntheseroute verwendet (s. Abb. 57, S. 55). Nach erfolgreichem Aufbau des Indolgerüstes 53b (s. S. 58-63) führte dieser erste Syntheseweg nur bis eine Stufe vor der Zielverbindung, da die Reduktion der Nitrilfunktion des Indols 53b zur Aminomethylgruppe nicht erfolgreich war (s. S. 68f). Daraufhin wurde die Syntheseroute umgestellt (s. Abb. 74, S. 71). Erneut wurde vom 4-Amino-3-iodbenzonitril 50 ausgegangen, welches zuerst mit Boran*THF zu 61 reduziert wurde. Daraufhin wurde das Produkt mit Di-tert-butyldicarbonat zu 62a umgesetzt.

Die in diesem Schritt versuchte gleichzeitige Einführung der N-Boc-Gruppe an der aromatischen Aminogruppe war nicht erfolgreich, jedoch führte die Umsetzung von 62a mit 4-Toluolsulfonsäurechlorid zu 62b zum Durchbruch (s. S. 73-74).

Ausgehend von den Verbindungen 62a und 62b konnte die Zielverbindung 46 nach Optimierung der Synthesen auf zwei verschiedenen Wegen erstmalig erfolgreich dargestellt werden (Syntheseroute 1, s. Abb. 95, S. 94, und Syntheseroute 2, s. Abb.

96, S. 95). Die entwickelten Synthesewege unterschieden sich in der Abfolge der durchgeführten Reaktionsschritte und vor allem in der Möglichkeit, das Indolgerüst einmal mit geschütztem Indolstickstoffatom (Route 1, 7 Stufen, 30-49%

Gesamtausbeute) und andererseits mit freiem Indolstickstoffatom zu synthetisieren (Route 2, 7 Stufen, 14-17% Gesamtausbeute). Zusammengenommen bieten beide Synthesewege jeweils Vorteile und einen effizienten Zugang zu der Verbindungsklasse Aminomethyl- bzw. Guanidinoalkyl-substituierter Indole (siehe auch Kap. 4.3.9, S. 93-96). Die vor allem bei Route 1 hohen Ausbeuten und zuverlässige Reproduzierbarkeit erleichtern die Herstellung größerer Mengen an 46

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bzw. entsprechender Derivate. Die in dieser Arbeit geschaffenen Grundlagen zur Synthese von 46 werden Gegenstand zukünftiger Arbeiten sein, unter anderem um Route 2 hinsichtlich einer besseren Gesamtausbeute zu optimieren und vor allem, um weitere Verbindungen als neuartige Inhibitoren der DHS zu erhalten.

In den biochemischen Tests zeigte sich, dass 46 die DHS dosisabhängig hemmt.

Jedoch war die Substanz nur etwa halb so aktiv wie GC7 1 (s. S. 91). Vergleicht man die Ergebnisse des DHS-Assays mit denen des Tests gegen HIV-1, stellt man eine große Ähnlichkeit fest. Die HIV-1 Replikation wurde ebenfalls durch 46 gehemmt und ungefähr im gleichen Verhältnis geringer als GC7 1 inhibierend wirkte (s. S. 92). Die für die erstmalig synthetisierte Verbindung 46 erhaltenen Testergebnisse sind trotzdem ein sehr erfreuliches Resultat, da eine dosisabhängige Inhibition gefunden wurde und somit durch rationales Wirkstoffdesign ein neuartiger Hit zur Inhibition der DHS und damit HIV-1 identifiziert werden konnte.

7.2 Untersuchung von CNI-1493 Derivaten als DHS-Inhibitoren

Neben den zuvor beschriebenen Arbeiten zur Entwicklung neuer active-site Inhibitoren der DHS wurde sich im zweiten Abschnitt mit CNI-1493 2, einem schon bekannten DHS-Inhibitor, beschäftigt (s. S. 11). Interessant ist, dass 2 zu groß ist, um einerseits durch den schmalen Tunnel zum aktiven Zentrum der DHS zu gelangen und andererseits für die Bindung im aktiven Zentrum selbst (vgl. Abb. 7, S. 10). Die zur Aktivität von 2 benötigten Strukturelemente wurden über die Derivatisierung von CNI-1493 identifiziert. Außerdem sollte die Stabilität von 2 untersucht werden.

Zur Synthese von CNI-1493 2 wurde eine literaturbekannte Syntheseroute angewendet (s. S. 97-101). Das im Rahmen dieser Arbeit synthetisierte CNI-1493 2 wurde daraufhin von der Arbeitsgruppe um R. Hilgenfeld erstmalig mit der DHS co-kristallisiert und zeigte eine mögliche Bindungsstelle auf der Außenfläche der DHS auf.[54] Um eine Struktur-Aktivitäts-Beziehung aufstellen zu können, wurde der Linker zwischen den beiden Kopfgruppen 87 variiert (s. Abb. 102, S. 101). Es konnten dreizehn CNI-Analoga 75-87 über den bekannten, fünfstufigen Syntheseweg erfolgreich dargestellt werden (s. S. 101-103). Nach den von Kooperationspartnern durchgeführten biochemischen Tests dieser CNI-1493 Derivate 75-88 wurde festgestellt (s. S. 103-108), dass mindestens zwei auf irgendeine Weise verknüpfte

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Kopfgruppen für die Aktivität von CNI-1493 2 notwendig waren. Als kürzest-möglicher Linker stellte sich der Oxalyl-Linker heraus (75, s. S. 104). Eine zu lange Alkylkette, wie bei 80 (C14), führte möglicherweise durch entropische Effekte zu einer schlechteren Aktivität. Da die starren CNI-Analoga 75, 85 und 86 eine gute Inhibition zeigten, obwohl sie nicht in der Lage sind, die in der Kristallstruktur gefundene Konformation einzunehmen, ist anzunehmen, dass es noch einen anderen Wirkmechanismus dieser Analoga gibt (s. S. 105). Die Inhibition von HIV-1 in Zellkultur durch die CNI-Analoga 76, 79, 85 und 86 zeigte bis auf eine Ausnahme eine hohe Übereinstimmung in den Aktivitäten der Verbindungen mit den Resultaten des DHS-Assays (s. S. 107f).

Die Tests gegen das Pflanzenpathogen Fusarium graminearum zeigten etwas andere Ergebnisse (s. S. 108-111). Eine Inhibition des Pilzwachstums über eine Hemmung der DHS von F. graminearum war bei den starren CNI-Analoga 75 und 85 und 86 nahezu nicht vorhanden (s. S. 110). Von den getesteten Verbindungen waren vier Verbindungen (76, 78, 83 und 84) so aktiv wie CNI-1493 2 und mit 81 wurde eine Verbindung gefunden, die schon bei 5 µM eine nahezu vollständige Inhibition der DHS des Pflanzenpathogens und damit eine nahezu vollständige Hemmung des Pilzwachstums zeigte.

In einem weiteren Projekt des zweiten Abschnitts wurde eine Methode zur Analyse der Hydrolyse von CNI-1493 2 mit Hilfe der HPLC entwickelt (s. S. 111f). Im Sauren war 2 über mindestens 5 Tage stabil, dagegen wurde im neutralen bis basischen Milieu eine schrittweise Hydrolyse der Iminbindungen zu den entsprechenden Ketonen beobachtet und diese mittels LC-MS verifiziert (s. S. 114f). Je höher die Basizität des Puffers, desto schneller verlief die Hydrolyse. Unterschiedliche Puffer führten bei gleichem pH-Wert zu verschiedenen Halbwertszeiten. Der pH-Wert hatte einen deutlich größeren Einfluss als die Temperatur. Eine Hydrolyse der Amidbindung konnte in keinem Fall beobachtet werden. Durch die Untersuchung der Hydrolyse von 2 im Kristallisationspuffer konnte das von Hilgenfeld et al. in der Kristallstruktur des DHS:CNI-1493 Co-Kristalls[54] gefundene Aminoguanidinfragment mit der Hydrolyse der Iminbindungen von CNI-1493 2 erklärt werden (s. S. 115).

Unterstützend kam hinzu, dass für Aminoguanidin 88 keine DHS-Aktivität gemessen wurde, so dass das im aktiven Zentrum der kristallisierten DHS gefundene 88 ein Artefakt aus der Hydrolyse von CNI-1493 unter den Inkubationsbedingungen war (s.

S. 104).

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7.3 Aromatische Amine als DNA-Addukte

Im dritten Teil dieser Arbeit wurden drei verschiedene Projekte durchgeführt:

Zunächst wurden erste Versuche, einen synthetischen Zugang zu den C5-Arylamin-Addukten des 2‘-dCs zu entwickeln, durchgeführt (s. Abb. 112, S. 119). Dazu wurden als Erstes C5-halogenierte-2’dC- 103a und 103b und -2‘-dU-Verbindungen 110a und 110b erfolgreich dargestellt (s. S. 119-123). Die C-N-Kreuzkupplungen der oben beschriebenen C-5-halogenierten Nucleoside unter den etablierten Kupplungsbedingungen zu 102 waren nicht erfolgreich. Darüber hinaus wurden sowohl die Basen und der Ligand als auch die Reaktionszeit variiert (s. S. 123f). Das Kreuzkupplungsprodukt 102 bzw. 109 konnte jedoch in keinem Fall erhalten werden, so dass in zukünftigen Arbeiten weitere Optimierungen der Kupplungsbedingungen durchgeführt oder alternative Wege zur Darstellung von 102 gefunden werden sollten. Hierbei könnte die Verwendung eines anderen Palladium-Katalysators ein Ansatzpunkt sein.

Im zweiten Projekt des dritten Teils wurden aufbauend auf bereits durchgeführten Arbeiten vier N2-Arylamin-modifizierte Phosphoramidite von 2‘-Desoxyguanosin, 10a-10d, über eine siebenstufige Syntheseroute erfolgreich dargestellt (s. S. 126-129 und S. 132-134). Es wurde versucht, zur etablierten Buchwald-Hartwig-Kreuzkupplungsreaktion eine Alternative zu finden. Dafür wurden zunächst zwei C-2-Tris(dimethylamino)phosphonium-hexafluorophosphatsalze 127 und 128 zur Erprobung dargestellt (s. S. 129-131). Zur anschließenden nucleophilen, aromatischen Substitution durch das entsprechende Hydrazin wurden verschiedene Basen und Reaktionsbedingungen erprobt. Jedoch führten die Versuche nur in einem Fall zum Produkt (s. S. 131). Mit n-BuLi konnte das Produkt 11a in einer Ausbeute von 2% isoliert werden. Nach der erfolgreichen Synthese der vier Phosphoramidite 10a-10d wurden diese mit Hilfe der chemischen DNA-Synthese an der siebten Position in die Oligonucleotide 138-141 der NarI-Sequenz eingebaut (s.

S. 134f). Die erfolgreich dargestellten Oligonucleotide 138 und 140 wurden hinsichtlich ihrer Eigenschaften mit den mismatch-Oligonucleotiden 142-145 sowie den Oligonucleotiden der C8-Arylamin-Addukten vom 2‘-dG 146-149 verglichen (s.

S. 138-140). Durch Messung der Tm-Werte wurde ein geringerer Einfluss dieser beiden monozyklischen, N2-Arylamin-modifizierten 2‘-dG-Addukte 138 und 140 auf die Stabilität des entsprechenden Doppelstranges festgestellt, als es z. B. bei den

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anderen Addukten am 2‘-dG 146-149 oder den mismatch-Oligonucleotiden 142-145 der Fall war.

Als drittes Projekt dieses Abschnitts konnten erstmalig 5‘-Triphosphate der N2-Arylamin-modifizierten 2‘-dG-Addukte dargestellt werden (s. S. 145-150). Dazu wurde die Anwendung der etablierten cycloSal-Methode nach C. Meier zur Darstellung der 5‘-cycloSal Phosphattriester 153a und 153b erprobt. Durch Verwendung des Saligenylphosphorchloridats 154 konnte eine oxidative Aufarbeitung und damit die Oxidation der Hydrazingruppe weitgehend verhindert werden (s. S. 142-145). Mit der erfolgreichen Darstellung der modifizierten 5‘-Triphosphate 152a und 152b konnte gezeigt werden, dass die in unserer Arbeitsgruppe etablierte Syntheseroute auf die N2-Arylamin-modifizierten 2’dG-Addukte prinzipiell übertragbar ist (s. S. 146-150).

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