• Keine Ergebnisse gefunden

Im Themenfeld 1 des Expertennetzwerks werden im Schwerpunkt 104 die Risiken von Sturm auf den Ver-kehr und die VerVer-kehrsinfrastruktur untersucht. Da die Küstengebiete und die Nord- und Ostsee vom Wind im besonderen Maße beeinflusst werden, wurden eigene Winduntersuchungen für diese Gebiete gemacht und in diesem Meilensteinbericht zusammengefasst. Dabei wurden die Simulationen von zwei regionalen gekoppelten Ozean-Atmosphäre-Modellen MPI-OM/REMO und NEMO/RCA4 ausgewertet. Insgesamt wurden je acht Simulationen unter den Annahmen des RCP8.5 und RCP4.5 und vier Simulationen für RCP2.6 für den Zeitraum 1961-2100 analysiert.

Bei den Windgeschwindigkeiten wurden vorrangig die möglichen zeitlichen Veränderungen in der Häufig-keit von höheren WindgeschwindigHäufig-keiten untersucht. Hierfür wurden exemplarisch die 98. Perzentile der Häufigkeitsverteilungen von Windgeschwindigkeiten analysiert, da an der Nordsee durchschnittlich in 2 % der Tage Stürme beobachtet werden. Der Vergleich der Windfelder aus den Simulationen der zwei Modelle zeigt, dass das 98. Perzentil der Windgeschwindigkeiten bei MPI- OM/REMO höhere Werte erreichen als bei NEMO/RCA4 und dass bei allen Simulationen die Werte des 98. Perzentils über der nördlichen Nord-see höher sind als über der nördlichen OstNord-see. Dies bedeutet einerseits, dass es in der OstNord-see weniger Stürme gibt als in der Nordsee und andererseits, dass es in den Ergebnissen von NEMO/RCA4 weniger Stürme gibt als bei MPI-OM/REMO.

Bei den meisten Simulationen sind die zeitlichen Änderungen des 98. Perzentils kleiner oder gleich der natürlichen Variabilität, wobei die Änderungen nicht in der ganzen Nord- und Ostsee gleich sind. So beo-bachtet man bei mehreren Simulationen beim Vergleich der fernen Zukunft (2071-2100) mit dem Referenz-zeitraum (1971-2000) eine Abnahme der Windgeschwindigkeiten in der nördlichen Nordsee und eine Zu-nahme in der südlichen Nordsee und der Ostsee, wobei die Art der Änderung hauptsächlich vom antrei-benden Globalmodell abhängt.

Bestimmt man aus den Änderungen des 98. Perzentils die Änderung von Sturmstunden pro Jahr, so liegen die Unterschiede zwischen der fernen Zukunft im Vergleich zum Referenzzeitraum in der nördlichen Nord-see innerhalb der in der Vergangenheit beobachteten natürlichen Schwankungen. In der südlichen NordNord-see und im Ostsee-Gebiet MB findet man bei einer Simulation Zuwächse von rund 168 Sturmstunden pro Jahr auf maximal 316 Stunden pro Jahr.

Vergleicht man die Trends und die Standardabweichungen aus den acht Simulationen unter den Annahmen des RCP4.5 und RCP2.6, so sind bei den meisten Simulationen die Trends nicht signifikant und man findet innerhalb eines Teilgebiets der Nord- und Ostsee sowohl negative als auch positive Änderungen. Für diese beiden RCPs kann man aufgrund der ausgewerteten Simulationen den Schluss ziehen, dass sich das 98.

Perzentil der jährlichen Häufigkeitsverteilung der räumlich gemittelten Windgeschwindigkeit und damit auch die Sturmstunden pro Jahr nicht stärker als die natürliche Schwankungsbreite ändern.

Zur Untersuchung der möglichen zukünftigen Änderungen der Windrichtungen wurden die Mittleren Windrichtungen analysiert. Vergleicht man die Mittleren Windrichtungen von MPI-OM/REMO und NEMO/RCA4, so sind bei NEMO/RCA4 die Windrichtungen über See immer südlicher als bei MPI-OM/REMO. Bei beiden Modellen nimmt die Mittlere Windrichtung über der Nordsee von Nord nach Süd zu, d.h. pro Zeitraum enthalten die Windfelder in der südlichen Nordsee mehr westliche Winde als in der nördlichen Nordsee. Die jährlichen Mittleren Windrichtungen zeigen bei allen Simulationen mit den beiden gekoppelten Modellen eine hohe Variabilität von Jahr zu Jahr. In den Zeitreihen der 30-jährigen Mittleren Windrichtungen findet man dekadische Schwankungen, die zum Teil von linearen Trends überlagert wer-den. In den meisten Simulationen sind diese in der Größenordnung der natürlichen Variabilität. Bei den Simulationen unter den Annahmen des RCP8.5 drehen jedoch in allen vier Nordsee-Gebieten für die ferne Zukunft im Vergleich zum Referenzzeitraum die Mittleren Windrichtungen nach West, zum Teil auch stär-ker als in der nahen Zukunft und vereinzelt auch stärstär-ker als die natürliche Variabilität. Beim RCP4.5 findet man hingegen nur noch im Nordsee-Gebiet NO und in den Ostsee-Gebieten ÜG und MB eine stärkere

Windfeldergebnisse auf See und an der Küste 49 Tendenz zu mehr westlichen Windrichtungen in der Fernen im Vergleich zur nahen Zukunft. Insgesamt gibt es bei den Vergleichen der 30-jährigen Mittleren Windrichtungen für alle drei RCPs und in allen Ge-bieten sowohl für die nahe als auch die ferne Zukunft im Vergleich zur Referenzperiode mehr Modeller-gebnisse mit einer Drehung der Mittleren Windrichtung von Süd-West in Richtung West als in Richtung Süd.

Für die Untersuchung der Sturmfluten werden die Zeitreihen des 98. Perzentils des effektiven Windes an drei Nordsee-Gitterpunkten analysiert, da bei der Wasserstands Vorhersage das 98. Perzentil des effektiven Windes als Schwellwert für eine mögliche Entstehung von Sturmfluten gilt. Alle Zeitreihen, die sowohl mit MPI-OM/REMO als auch mit NEMO/RCA4 und unter den Annahmen der verschiedenen Klimaände-rungsszenarien für den Zeitraum 1961-2100 bestimmt wurden, zeigen eine hohe jährliche Variabilität des effektiven Windes mit vergleichsweise sehr geringen linearen Trends. Dabei hängt das Vorzeichen der mitt-leren Änderung an einem festen Ort nur vom antreibenden Globalmodell ab, nicht aber vom Klimaände-rungsszenario. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sich der effektive Wind in den Ergebnissen der zwei gekoppelten Modelle an allen drei untersuchten Küstenabschnitten im Vergleich zu dem in der Ver-gangenheit beobachteten nicht verändert.

Potentielle Sturmfluten sind Ereignisse, bei denen aufgrund der Stärke des effektiven Windes und der Dauer des Ereignisses eine Sturmflut entstehen kann. Da bei der Untersuchung von historischen Sturmfluten her-auskam, dass schwere Sturmfluten in Cuxhaven immer auch an der Niedersächsischen und der Schleswig-Holsteinischen Küste auflaufen, werden die Untersuchungen zu den Potentiellen Sturmfluten nur für Cuxhaven durchgeführt. Hierbei werden für alle gefundenen potentiellen Sturmfluten die drei Kenngrößen maximaler effektiver Wind während eines Ereignisses, Andauer des Ereignisses und Anzahl der Potentiellen Sturmfluten pro Jahr untersucht. Betrachtet man im gesamten Zeitraum 1961-2100 alle Zeitreihen für die zwei gekoppelten Modelle und alle drei Szenarien, so findet man in allen drei Kenngrößen für Potentielle Sturmfluten keinen zeitlichen linearen Trend, der eine starke Veränderung der Kenngrößen im Vergleich zu ihrer natürlichen Variabilität zeigt. Deshalb kann man davon ausgehen, dass sich sowohl die Anzahl der Sturmfluten, der maximale effektive Wind während einer Sturmflut als auch die Andauern der Sturmfluten bis zum Ende des 21. Jahrhunderts im Mittel nicht verändern, aber gleichbleibend einer hohen Variabilität unterliegen.

Hohe effektive Winde sind nur ein notwendiges Kriterium für einen erhöhten Windstau, nicht aber ein hinreichendes Kriterium für eine Sturmflut, bei der das Tidehochwasser mindestens 150 cm höher ist als das Mittlere Hochwasser (MHW). Deshalb wurde anhand je einer Simulation von MPI-OM/REMO und NEMO/RCA4 untersucht, wie oft bei Potentiellen Sturmfluten auch tatsächlich Sturmfluten aus dem Was-serstand diagnostiziert werden. Sowohl bei MPI-OM/REMO als auch bei NEMO/RCA4 wird die Häufig-keit von hohen Wasserständen im Vergleich zur Beobachtung deutlich unterschätzt. Deshalb sind die mit den Modellen bestimmten Zahlen von Sturmfluten geringer als in den Beobachtungen. Dies führt auch mit dazu, dass bei MPI-OM/REMO nur bei rund 1/3 der Potentiellen Sturmfluten die zugehörigen Wasser-stände den Schwellwert für Sturmfluten überschreiten, bei NEMO/RCA4 sogar in nur 0.035% der Fälle.

Aus der Auswertung der meisten Simulationen ergeben sich im Mittel keine Änderungen der Häufigkeiten von höheren Windgeschwindigkeiten, die stärker sind als die natürliche Variabilität. Allerdings zeigen beim RCP8.5 einzelne Simulationen in der südlichen Nordsee und der Ostsee durchaus signifikante Anstiege des 98. Perzentils der Windgeschwindigkeit. Bei den Windrichtungen deuten alle Modellergebnisse für das RCP8.5 auf eine leichte Drehung der mittleren Windrichtung nach West. Beide Änderungen zusammen haben allerdings keinen signifikanten Einfluss auf den effektiven Wind und damit auf die Sturmfluten. Des-halb wurden bei den Sturmfluten keine zeitlichen Änderungen in ihrer Häufigkeit oder ihrer Andauer ge-funden, die stärker sind als die in der Vergangenheit beobachtete natürliche Variabilität.

Da das ausgewertete Ensemble nicht ausgewogen zusammengestellt ist, kann man aus diesen Ergebnissen nicht auf die Bandbreite von möglichen zukünftigen Änderungen schließen. Für eine stärkere Annäherung

50 Windfeldergebnisse auf See und an der Küste

an die Bestimmung der Bandbreite möglicher Änderungen müsste man das Ensemble einerseits um weitere Simulationen erweitern und andererseits die Simulationen herausnehmen, die mit den gleichen Randwerten aus dem Globalmodell MPI-ESM gemacht wurden. Da es zurzeit nicht mehr Simulationen mit gekoppelten regionalen Klimamodellen für die Nordsee gibt, sollte das Ensemble mit Ergebnissen von atmosphärischen regionalen Klimamodellen erweitert werden.