• Keine Ergebnisse gefunden

4 Ergebnisse der Klimaläufe

4.3 Effektiver Wind in der Nordsee

4.4.3 Vergleiche mit den Wasserständen

Hohe effektive Winde sind nur ein notwendiges Kriterium für einen erhöhten Windstau, nicht aber ein hinreichendes Kriterium für eine Sturmflut. Laut Definition des BSH muss für eine Sturmflut das Tide-hochwasser mindestens 150 cm höher sein als das Mittlere Hochwasser (MHW). Treten jedoch z.B. die erhöhten Winde bei Tideniedrigwasser auf, so ist nur das Niedrigwasser erhöht. Zusätzlich können die Was-serstände auch durch andere Effekte erhöht werden: einerseits kann über einen Zeitraum von mehreren Tagen verstärkt Wasser in die Deutsche Bucht fließen, so dass schon vor dem betrachteten Ereignis mit erhöhten Winden der Wasserstand in der deutschen Bucht erhöht ist im Vergleich zum langzeitlichen Mittel des lokalen Wasserstands. Andererseits können erhöhte Wasserstände in der deutschen Bucht auch durch Fernwellen erzeugt werden. Deshalb kann nicht erwartet werden, dass bei jeder Potentiellen Sturmflut auch ein Wasserstand vorliegt, der oberhalb des Schwellwerts für Sturmfluten liegt. Mit den folgenden Untersu-chungen soll anhand je einer Simulation von MPI-OM/REMO und NEMO/RCA4 gezeigt werden, wie oft bei Potentiellen Sturmfluten auch tatsächlich Sturmfluten aus dem Wasserstand diagnostiziert werden. Wie im vorigen Kapitel werden bei den folgenden Untersuchungen nur die Windfelder und Wasserstände in Cuxhaven untersucht.

Abbildung 31 zeigt ein Beispiel für den effektiven Wind und den Wasserstand für die Potentielle Sturmflut, die mit dem ersten Lauf von MPI-OM/REMO für den 5.11.2091 unter dem RCP8.5 bestimmt wurden. In diesem Datensatz ist dies die Potentielle Sturmflut mit der längsten Andauer. Aus den Abbildungen ist zu ersehen, dass der effektive Wind mehr als 60 Stunden erhöht ist und dass es in dieser Zeit eine Tidenkette mit vier Sturmfluten gibt, von denen zwei sehr schwere Sturmfluten sind. In diesem Fall enthält also das Ereignis einer Potentiellen Sturmflut tatsächlich auch die einer Sturmflut entsprechenden hohe Wasser-stände. Dabei kann jedoch nicht mit Hilfe des effektiven Windes bestimmt werden, ab wann und wie viele einzelne Sturmfluten entstehen. Deshalb wrden in den weiteren Untersuchungen auch Tideketten, bei denen

Windfeldergebnisse auf See und an der Küste 45 mehrere aufeinanderfolgende Hochwasser den Schwellwert für Sturmfluten überschreiten, einfach als Sturmflut bezeichnet.

Wie viele der potentiellen Sturmfluten im ersten Lauf von MPI-OM/REMO (RCP8.5) tatsächlich Sturm-fluten sind, zeigt der Vergleich der maximalen Wasserstände, die während einer potentiellen Sturmflut be-stimmt wurden, zusammen mit den maximalen effektiven Winden in Abbildung 32.

Abbildung 31: Maximaler effektiver Wind und maximaler Wasserstand während Potentieller Sturmfluten, bestimmt aus dem 1. Lauf von MPI-OM/REMO für den Zeitraum 1961-2100 unter den Annahmen von RCP8.5.

Abbildung 30: Wasserstand und effektiver Wind für die Tidekette vom November 2091, 5.11.2091 um 8 UTC (Mitte der Zeitachse), berechnet mit MPI-OM/REMO, Lauf 1, RCP8.5. Oben: Effektiver Wind am REMO Gitterpunkt Cuxhaven.

Unten: Wasserstand am MPI-OM Gitterpunkt Cuxhaven.

Farben: Andauer der Potentiellen Sturmflut.

46 Windfeldergebnisse auf See und an der Küste

Aus dem Vergleich der maximalen Wasserstände mit den maximalen effektiven Winden ist zu ersehen, dass nur bei 346 von 954 Potentiellen Sturmfluten (rund 1/3 der Fälle) auch die Wasserstände den Schwellwert von 150 cm über MHW für eine Sturmflut überschreiten. Erst wenn die maximalen effektiven Windge-schwindigkeiten höher als 24 m/s sind, tritt auch bei den Wasserständen eine Sturmflut auf. Allerdings muss man auch feststellen, dass bei diesem Lauf von MPI-OM/REMO die sehr hohen Wasserstände in ihrer Häufigkeit unterschätzt werden, so dass die berechnete Häufigkeit von Sturmfluten deutlich geringer als die beobachtete ist. So werden aus den MPI-OM/REMO Wasserständen 238 Sturmfluten für den Zeitraum 1970-2009 berechnet, d.h. in 0.85% aller Tiden übersteigt der Wasserstand das MHW um mindestens 150 cm. Beobachtungen der Vergangenheit hingegen zeigen, dass im Mittel bei rund 2 % der Tiden pro Jahr eine Sturmflut vorkommt (Müller-Navarra, Pers. Mitteilung). Betrachtet man bei MPI-OM/REMO das 98.

Perzentil der Häufigkeitsverteilung von den Abweichungen des Wasserstandes vom MHW des jeweiligen Jahres, so liegt dies bei rund 119 cm und ist damit deutlich kleiner als der Schwellwert für Sturmfluten von 150 cm. Allerdings wurde von (Lang and Mikolajewicz, 2019) gezeigt, dass im langzeitlichen Mittel die ext-remen Wasserstände von MPI-OM/REMO gut mit den Beobachtungen in Cuxhaven übereinstimmen. In weiteren Untersuchungen müsste geklärt werden, wie groß in den Beobachtungen der statistische Zusam-menhang zwischen den Potentiellen Sturmfluten und den tatsächlichen Sturmfluten ist und ob dieser stark von dem hier bestimmten abweicht.

Abbildung 33 zeigt ebenfalls für den 5.11.2091 eine Potentielle Sturmflut, die mit dem gekoppelten Modell NEMO/RCA4 und den Randbedingungen von MPI-ESM_LR bestimmt werden. Da sowohl NEMO/RCA4 als auch MPI-OM/REMO am atmosphärischen Rand mit dem gleichen Globalmodell an-getrieben wurden, enthalten beide Modellläufe den gleichen Sturm. Allerdings sind die Windgeschwindig-keiten bei NEMO/RCA4 deutlich geringer als bei MPI-OM/REMO. Aus dem in Abbildung 33 (unten) gezeigten Wasserstand ist zu ersehen, dass auch bei NEMO eine Tidekette innerhalb des Ereignisses der potentiellen Sturmflut bestimmt wird. Allerdings besteht diese nur aus drei Sturmfluten, während bei MPI-OM/REMO zwei schwere Sturmfluten und eine Sturmflut berechnet werden.

Abbildung 32: Wasserstand und effektiver Wind für die Tidekette vom November 2091, 5.11.2091 um 14 UTC (Mitte der Zeitachse), berechnet NEMO/RCA, angetrieben mit MPI-ESM_LR, RCP8.5.

Oben: Effektiver Wind am RCA4 Gitterpunkt Cuxhaven. Unten: Wasserstand am NEMO Gitterpunkt Cuxhaven.

Windfeldergebnisse auf See und an der Küste 47 Aus dem Vergleich der maximalen Wasserstände mit den maximalen Windstaus während aller potentiellen Sturmfluten in Abbildung 34 ist zu erkennen, dass in den Ergebnissen von NEMO/RCA4 nur bei 12 von 755 Potentiellen Sturmfluten Wasserstände vorkommen, die höher sind als MHW+150 cm. Bestimmt man im Zeitraum 1970-2009 die Anzahl der Sturmfluten anhand der Wasserstände, so überschreiten nur 0.035

% der Hochwasser einen Wert von 150 cm über MWH. Aus dem Vergleich der berechneten Anzahl in diesem Lauf von NEMO/RCA4 mit der beobachteten Anzahl wird ersichtlich, dass bei NEMO/RCA4

nicht nur die Windgeschwindigkeiten deutlich geringer sind als in den Beobachtungen, sondern auch die Wasserstände.

Sowohl bei MPI-OM/REMO als auch bei NEMO/RCA4 wird die Häufigkeit von hohen Wasserständen im Vergleich zur Beobachtung deutlich unterschätzt. Deshalb sind die mit den Modellen bestimmten Zahlen von Sturmfluten geringer als in den Beobachtungen. Somit müsste man - falls die Anzahl der Sturmfluten pro Jahr annähernd gleich sein sollen zur beobachteten Anzahl - auch den Schwellwert für die Wasserstands Erhöhung bei Sturmfluten anpassen. Davor sollte allerdings auch untersucht werden, ob und wie die Ver-änderungen der Wasserstände in Cuxhaven durch Fernwellen und die mehrtägigen mittleren Wasserstände in der Deutschen Bucht mit den Beobachtungen übereinstimmen.

Abbildung 33: Maximaler effektiver Wind und Maximaler Wasserstand während Potentiellen Sturmfluten, bestimmt aus NEMO/RCA4, angetrieben mit MPI-ESM_LR für den Zeitraum 1971-2100 unter den An-nahmen von RCP8.5.

Farben: Andauer der Sturmflut.

48 Windfeldergebnisse auf See und an der Küste