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Ziel dieser Dissertation war es, bei Urothelkarzinomen der Harnblase im Stadium pT1G2 oder G3 molekulare und genetische Untersuchungen durchzuführen und diese mit dem tumorspezi-fischen Überleben und dem rezidivfreien Überleben in Bezug zu setzen. Dabei wurde nach Zusammenhängen gesucht, die eine Hilfestellung beim Management der Tumorpatienten lie-fern könnten, da es zu den genannten Stadien invasive und konservative Therapieansätze gibt.

Dazu wurden an 76 oberflächlich invasiven Urothelkarzinomen der Harnblase (Stadium pT1G2 und G3) mit Mikrosatellitenmarkern LOHs und MSIs auf dem Chromosom 8 sowie die Deletion von p16 auf dem Chromosom 9p21 und die Polysomie der Chromosomen 3, 7 und 17 mit der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierungs-Technik analysiert. Diese wurden ergänzt durch immunhistochemische Färbung mit den Markern CK20, p53, MIB-1 sowie durch direkte Sequenzierung der Exons 5 bis 8 des TP53-Gens und FGFR3-Mutationsanalysen mit Hilfe der SNaPshot-Sequenzierung.

Als Substrat zur Gewinnung von DNA wurde formalinfixiertes und paraffineingebettetes Ge-websmaterial verwendet. Nach manueller Mikrodissektion wurde die DNA der Tumorzellen und auch die DNA des Normalgewebes isoliert. Für die Durchführung der LOH- und MSI-Analysen erfolgte die Amplifikation der DNA mit bis zu 7 Mikrosatellitenmarkern mit Hilfe der PCR und der nested-PCR. Die PCR-Amplifikate wurden mittels Polyacrylamid-Gelelek-trophorese aufgetrennt und anschließend die Banden in einer Silberfärbung sichtbar gemacht.

Als Weiteres wurden Stanzen aus demselben paraffineingebetteten Tumormaterial als Tissue-Micro-Arrays mit Hilfe der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung auf die Deletion von p16 und auf Polysomie mit Zentromersonden der Chromosomen 3, 7 und 17 hin untersucht.

Die Ergebnisse all dieser Untersuchungen wurden mit SPSS statistisch ausgewertet und in Bezug zum rezidivfreien Überleben und zum tumorspezifischen Gesamtüberleben gesetzt (Kaplan-Meier-Analysen):

In 19,7% der Tumoren wurden LOHs auf dem Chromosom 8 gefunden. Es zeigte sich eine MSI-Rate von 10% (7 Tumoren), wobei ein MSI-high und sechs MSI-low gefunden wurden.

Es zeigte sich keine signifikante Assoziation zur Histopathologie oder zu den anderen unter-suchten Markern und dem Outcome.

Die FISH-Analyse ergab eine p16-Deletion bei 69,4% der Tumoren und eine Polysomie bei 81,6%. p16 war nur mit dem Grading assoziiert, ansonsten gab es keine signifikanten Asso-ziationen der histopathologischen Parameter mit den Ergebnissen der FISH-Analyse. Dabei waren Polysomie und p16-Deletionen allerdings tendenziell gehäuft bei Tumoren mit ungüns-tiger Histopathologie.

Eine Mutation auf den Exons 5 bis 8 auf dem TP53-Gen wiesen 15,5% der Tumoren auf.

Dabei zeigten sich keine signifikanten Korrelationen mit der Histopathologie oder dem Out-come.

39,7% der Tumoren zeigten eine FGFR3-Mutation, wobei 60,0% der G2- und 31,3% der G3-Tumoren Mutationen aufwiesen. FGFR3-Mutation kamen signifikant häufiger in G3-Tumoren mit besserer Histopathologie vor (G2, kein Begleit-CIS, unifokal, papilläres Wachstumsmus-ter), wiesen aber ein kürzeres rezidivfreies Überleben auf. Dies widerspricht unter anderem mit der Studie von Zieger et al. (2005) den älteren Veröffentlichungen, die FGFR3-Mutatio-nen eiFGFR3-Mutatio-nen positiven Effekt bezüglich des Rezidivs zugesprochen haben.

Die Auswertung der Immunhistochemie von CK20 ergab fast immer (63/65) eine dedifferen-zierte Expression. Die beiden einzigen Tumoren mit normaler Expression wiesen tendenziell eine bessere Histopathologie auf. CK20 ist bei pT1-Tumoren also wahrscheinlich nur hilf-reich, falls es normal exprimiert ist. Dann spricht es für eine gute Prognose.

Die immunhistochemische Auswertung von p53 und die TP53-Mutationsanalyse der Exons 5 bis 8 waren synergistisch, wobei jede einzelne Mutation exakt ihre Entsprechung (wie aus der Biochemie zu erwarteten) in der Immunhistochemie fand. Deshalb wurde ein spezifischerer Parameter definiert, der zwischen p53-alteriert (Mutation und/oder positive IHC) und nicht p53-alteriert (weder Mutation noch positive IHC) unterschied. Dabei waren p53-Alterationen häufiger bei Tumoren mit schlechterer Histopathologie, zeigten aber paradoxerweise diame-tral entgegengesetzt zu den bisherigen Literaturdaten ein längeres rezidivfreies und tumor-spezifisches Überleben.

Die MIB-1-Expression war ebenfalls mit ungünstigerer Histopathologie korreliert und bestä-tigte damit seine Rolle als Progressionsmarker mit schlechterem tumorspezifischem Über-leben. Das Ergebnis unserer Daten, dass eine hohe Proliferation zu einem längeren rezidiv-freien Überleben führt, widerspricht dagegen den bisherigen Veröffentlichungen.

Das tumorspezifische Gesamtüberleben war signifikant länger (p = 0,0214) bei p53-Altera-tionen und vor allem bei der Kombination der letzteren mit einer niedrigen Proliferation (≤25%; p = 0,0001). Die restlichen Marker und Markerkombinationen schienen keinen oder weniger signifikanten Einfluss (p16-/p53-Alterationsstatus, p = 0,0204) zu besitzen.

Bezüglich der Aussagekraft für den Zeitraum bis zum Auftreten eines Rezidivs ergab sich Folgendes: Die Markerkombination aus FGFR3- und p53-Alterationsstatus (Kombination) beeinflusste das RFS signifikant (p = 0,0403), wobei fast allein der FGFR3-Status dafür ver-antwortlich war (p = 0,0545). Da FGFR3-Mutationen zwar mit histopathologisch günstigen Parametern assoziiert waren, scheinen bei pT1-Tumoren Alterationen hinzuzukommen, die die positiven Eigenschaften von FGFR3-Mutationen überwiegen. Damit sind FGFR3-Muta-tionen bei Urothelkarzinomen wahrscheinlich nicht a priori mit einem besserem Outcome assoziiert.

Sowohl das rezidivfreie als auch das tumorspezifische Überleben wurden von p53-Alteratio-nen diametral entgegengesetzt beeinflusst, wie aus den bisherigen Veröffentlichungen zu er-warten war. Die gefunden Ergebnisse stellen unter Berücksichtigung der Literaturdaten die bis dato herausragende Rolle von p53 bei Urothelkarzinomen in Frage.

Einen „dritter“ Weg bei der Entstehung von Harnblasenkarzinomen (neben FGFR3- und p53-Alterationen) wäre eine gewagte, aber mögliche Deutung. Auch das gleichzeitige Auftreten von FGFR3-Mutationen und TP53-Mutationen ebenso wie die Koinzidenz von CIS und FGFR3-Mutation sprächen dafür. Die verantwortliche Alterationen müssten aber erst definiert werden.

Eingeschränkt werden die Ergebnisse durch Sachverhalte, die auch bei den anderen Veröf-fentlichungen zu diesem Thema zu kritisieren waren (siehe Kapitel 4.2.1), vor allem aber die relativ geringe Zahl gesicherter nicht-tumorspezifischer bzw. tumorspezifischer Todesfälle in unseren Daten sowie das allgemein bekannte Problem der Vergleichbarkeit der Studien durch die Nicht-Standardisierung der Markererforschung. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass die jeweilige Therapie nach pT1-Diagnose (z. B. Chemotherapiefrühinstillation, Nachresektion, Zystektomie) das Outcome wesentlich beeinflusst. Diese Therapie war und ist einem stetigen Wandel unterworfen. Schon allein deswegen sind die Berechnungen zum rezi-divfreien Überleben und dem tumorspezifischen Überleben sehr problematisch. Bei größeren Fallzahlen wäre eine Subgruppenanalyse sinnvoll.

Zusammenfassend zeigen die in der vorliegenden Arbeit untersuchten molekularen und genetischen Alterationen wie viele andere spezifische Moleküle mit veränderten Expressions-mustern in Blasentumoren, die bereits erprobt worden sind, gewisse Signifikanzen, liefern aber vor allem in Kombination die besten Aussagen über das Verhalten von pT1-Tumoren.

CK20, p16-Deletionen und Polysomie sowie LOH und MSI, die in dieser Dissertation be-leuchtet wurden, lassen sich mit ihren Ergebnissen gut in die bisherigen Veröffentlichungen

einreihen, stellen aber allein keine Prädiktoren für das Outcome von pT1-Urothelkarzinom-patienten dar. Die gefundenen Ergebnisse von FGFR3 und p53 sowie Kombinationen mit deren Beteiligung sind widersprüchlicher, könnten aber mögliche neue Erkenntnisse bei der Entstehung von Urothelkarzinomen andeuten: FGFR3-Mutationen könnte nicht a priori eine bessere Prognose zugeschrieben werden; die Ergebnisse zu p53 sollten aufgrund der geringen Zahlen nicht überbewertet werden, stellen jedoch auch vor dem Hintergrund der bisher zahl-reichen uneinheitlichen Veröffentlichungen dazu die herausragende Rolle von p53 beim Uro-thelkarzinom der Harnblase in Frage bzw. verlangen nach einer differenzierteren Betrachtung.

Dass generell ein einziger molekularer Marker für die Therapieentscheidung oder als Progno-semarker ausreicht, ist sehr unwahrscheinlich – vor allem vor dem Hintergrund der Komplexi-tät der molekularen Interaktionen, die immer mehr aufgedeckt werden.

Alterationen, die ein entsprechendes Potential für eine spezialisierte Klassifikation oder ein molekulares Grading haben, können somit bisher nur als Ergänzung zur klassischen Histo-pathologie dienlich sein. Somit wird wahrscheinlich nur eine Kombination von mehreren Markern – sowohl molekularer wie histopathologischer Natur – zur Prognoseabschätzung von pT1G2/3-Urothelkarzinomen der Harnblase hilfreich sein. Dazu sind die standardisierte Prü-fung neuer Marker beziehungsweise die weitere Testung von Kombinationen von Markern so-wie – nicht zu vergessen – eine gute Zusammenarbeit zwischen Pathologen und Urologen für ein Vorwärtskommen auf diesem Gebiet unerlässlich.