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Zusammenfassende Bewertung der Benutzerzentriertheit von UBS Schweiz

6.2 Reifegrad der Benutzerzentrierung bei UBS Schweiz

6.2.8 Zusammenfassende Bewertung der Benutzerzentriertheit von UBS Schweiz

Dimension Reife-stufe

Zusammenfassung / Begründung

Prozessmodell 1 Mit den Entwicklungsrichtlinien besitzt UBS Schweiz ein gut strukturiertes, flexibles, methodenunabhängiges und prinzipiell gut an das jeweilige Projekt anpassbares Entwicklungsprozessmodell. Wie erste Erfahrungen gezeigt haben, ist es problemlos möglich, auch benutzerzentrierte Aktivitäten in dieses Modell zu integrieren. Die Ausformulierung dieser Aktivitäten und eine entsprechende Erfolgskontrolle fehlen jedoch noch weitestgehend. Auch die praktische Anwendbarkeit des Prozessmodells sollte noch verbessert werden. Das Dilemma zwischen Vereinfachung des Prozess-modells (z.B. durch eine Reduktion der Ergebnisse, Rollen und Fachstellen) und einer Integration von benutzerspezifischen Funktionen muss gelöst werden. Dies kann nur dann zugunsten der Benutzerzentrierung geschehen, wenn diese auch zu einem anerkannten Wert oder sogar Schwerpunkt der Entwicklung gemacht wird.

Methoden- und Toolangebot

2 Das Methodenangebot auf der Seite des Usability Engineerings ist grundsätzlich geeignet, um einen Usability Engineering Prozess vollständig abzudecken. Zum Teil fehlt es jedoch an Erfahrung mit der Durchführung der Methoden, so dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass alle Methoden bereits ausgiebig evaluiert und opti-miert sind. Spezielle Tools zur Unterstützung der benutzerzentrierten Methoden, wie Requirements Management und Prototypingtools, kommen in mässigem Umfang zur Anwendung. Der Einsatz von Tools sollte weiter gefördert werden.

Organisations-struktur

2 Die Organisationsstruktur des GB IT bietet zwar nicht die Möglichkeit einer Stabs-funktion, wie sie das Usability Engineering darstellen könnte. Allerdings stellt das Usability Engineering eine eigenständige Einheit dar (daran ändert sich auch nichts durch den verlorenen Sektionsstatus) und hat dadurch die Möglichkeit, sowohl zentra-le Funktionen wahrzunehmen als auch Projektarbeit zu verrichten. Die Struktur ist zudem auch über die Abteilungs- oder Ressortgrenzen hinaus durchlässig, so dass diesbezüglich keine Einschränkung besteht, welche Projekte unterstützt werden können.

Auf der Ebene der Projektorganisation fehlt es den Usability Fachleuten jedoch noch an Durchsetzungskraft und Entscheidungsbefugnis.

Tabelle 9: Zusammenfassende Bewertung der Benutzerzentriertheit von UBS Schweiz

Dimension Reife-stufe

Zusammenfassung / Begründung

Managementaktivi täten und Kultur

0 - 1 Die Kultur bei UBS Schweiz und die sichtbaren Managementaktivitäten im Hinblick auf Benutzerzentrierung sind stark unterentwickelt. Benutzerzentrierung wird innerhalb dieser übergeordneten Ebene überhaupt nicht thematisiert und es ist auch davon auszugehen, dass kein weitreichendes Bewusstsein bezüglich der Problematik vorhanden ist.

Auch sind die vorhandenen Werthaltungen nicht unbedingt dazu geeignet, Innovatio-nen im Bereich der IT zu fördern.

Den Benutzerinnen wird zwar häufig die Möglichkeit gegeben, Mängel zu formulieren, Benutzerfeedback wird jedoch nicht systematisch eingeholt. Wird ein Produkt nicht in dem Masse genutzt, wie dies vorgesehen war, so hat das keinerlei Auswirkungen auf die Erfolgsbeurteilung des Entwicklungsprojektes (weder bei IT noch Business).

Häufig ist die Situation aber auch so, dass Benutzerinnen gar keine Wahl haben, ob sie ein Produkt verwenden wollen oder nicht. Fehlende Benutzerzentrierung als grundlegendes Problem vieler Entwicklungsprozesse wird nicht als solches erkannt.

Zielkonflikte zwischen IT und Business werden durch die organisationelle Trennung der Bereiche auch innerhalb von Entwicklungsprojekten und durch eine gewisse Vormachtstellung der IT aufgrund ihrer technischen Monopolstellung häufig zu Ungunsten der Benutzer entschieden.

Mitarbeiterinnen Qualifikation

1 Die Qualifikation der Mitarbeiterinnen des Usability Engineerings repräsentiert über weite Strecken die Erfahrungen in diesem Bereich in der Schweiz. In Zukunft müssen sicherlich vermehrt Anstrengungen unternommen werden, weiteres Know-how im Bereich der frühen benutzerzentrierten Methoden zu erwerben, was unter anderem auch durch den regelmässigen Austausch mit externen Usability Fachleuten und den Besuch von Konferenzen usw. gefördert wird.

Ungünstiger sieht die Qualifikation und Fortbildung bezüglich Benutzerzentrierung jedoch in anderen Gebieten aus. Weder in der IT noch in den Business- /BTC Einheiten existieren diesbezüglich Anforderungen in den Stellenbeschreibungen und entsprechend ist auch wenig explizites Know-how vorhanden.

Schulungswesen und Wissens-management

0 - 1 Das Schulungswesen befasst noch viel zu wenig mit dem Thema Benutzerzen-trierung. Ausschliesslich softwareergonomische Fortbildungen werden in geringem Umfang angeboten. Hier besteht ein grosser Nachholbedarf sowohl inhaltlich als auch konzeptionell, um einerseits das Thema Benutzerzentriertheit voranzutreiben und andererseits auch das entsprechende Know-how zur Anwendung von benutzerzen-trierten Methoden zu vermitteln. Ein systematischer Wissensmanagementprozess zur Generierung und Weiterentwicklung von Know-how in diesem Gebiet fehlt.

Tabelle 9: Zusammenfassende Bewertung der Benutzerzentriertheit von UBS Schweiz - Fortsetzung

Dimension Reife-stufe

Zusammenfassung / Begründung

Ressourcen 1 Angesichts der Grösse des GB IT (4000 Mitarbeiterinnen) im Vergleich zur kleinen Usability Engineering Einheit (6 Mitarbeiter) ist es offensichtlich, dass die Kapazitäten für die theoretisch notwendigen Infrastruktur-, Consulting-, Schulungs- und Koordinati-onsaufgaben nicht ausreichend sind. Ein Wachstum der Usability Engineering Einheit wird jedoch nur im Zuge einer steigenden Nachfrage akzeptiert. Dies steht zum Teil damit in Konflikt, dass für eine steigende Nachfrage zunächst einige der vorgehend besprochenen Schwachstellen behoben werden müssten, was ohne eine Steigerung der Ressourcen nur langsam, wenn überhaupt möglich ist.

Tabelle 9: Zusammenfassende Bewertung der Benutzerzentriertheit von UBS Schweiz - Fortsetzung

6.3 Zusammenfassung

Der Stand der Benutzerzentrierung bei UBS Schweiz ist hinsichtlich der verschiedenen Dimensionen des vorgestellten Reifegradmodells sehr heterogen. Die Dimensionen Prozessmodell, Methoden- und Tools, Organisationsstruktur sowie Ressourcen erreichen zwar nicht den höchsten denkbaren Reifegrad, es wird jedoch deutlich, dass die bisherigen Bemühungen in diesen Bereichen teilweise bereits gefruchtet haben und dass sich eine positive Entwicklung abzeichnet. Interessanterweise scheinen sich diese Bereiche auch parallel zu einander zu entwickeln. Eine Erweiterung der Entwicklungsrichtlinie von UBS Schweiz um benutzerzentrierte Aspekte ist absehbar und bei den Verantwortlichen ist das Bewusstsein über die Bedeutung der Benutzerzentrierung im Entwicklungsprozess vorhanden. Offensichtliche Schwachstellen im Sinne der vorhergehenden Analyse sind vor allem im Bereich der Managementaktivitäten und Kultur zur Förderung der Benutzerzentrierung und im Schulungswesen und Wissensmanagement – und damit einher-gehend auch bei der Qualifikation der Mitarbeiterinnen – erkennbar.

Die Aufteilung der Zuständigkeiten bei der Software-Entwicklung auf Organisationseinheiten des Business, BTC und IT erfordert gezielte Massnahmen unter Berücksichtigung der jeweiligen Charakteristika und spezifischen Aufgaben dieser Einheiten.

Die Quasi-Monopolstellung der IT gegenüber den Auftraggebern, führt teilweise dazu, dass sich die IT nicht nur als Dienstleisterin, sondern auch als Hüterin des heiligen Grals – der technischen Infrastruktur – sieht.

Dieser besonderen Rolle der IT muss bei allen Aktivitäten zur Steigerung der Benutzerzentrierung Rech-nung getragen werden, was konkret bedeutet, mit höchster Priorität Management Buy-in innerhalb der IT zu suchen.

Im Umgang mit den BTC / Businesseinheiten muss sorgfältig darauf geachtet werden, dass es nicht zu Kompetenzstreitigkeiten kommt. Vergleichbares gilt auch für die Anliegen des Marketings und des Corporate Centers. Im Umgang mit diesen Gruppen, die ebenso wie das Usability Engineering ihren Teil zur Benutzer-zentrierung bei UBS Schweiz beitragen, ist vermehrt darauf zu achten, die gemeinsamen Interessen, aber auch die Unterschiede in der jeweiligen Herangehensweise herauszustellen und zu kommunzieren, um eine möglichst fruchtbare Zusammenarbeit unter gegenseitiger Wertschätzung zu erreichen (vgl. hierzu auch Siegel und Dray 2001).

Die Mitarbeiterinnen des Usability Engineerings besitzen spezielle Kompetenzen hinsichtlich der Umsetzung von Benutzerinteressen in Form von gebrauchstauglichen Software-Produkten. Es erscheint daher sinnvoll, Benutzerzentrierung im Rahmen der Software-Entwicklung als Thema des Usability Engineerings zu platzie-ren und zu kommunizieplatzie-ren. Dieser Anspruch kann dadurch unterstrichen werden, dass eine Infrastruktur geschaffen wird, die das Usability Engineering zur Anlaufstelle macht für die Sammlung und Bereitstellung von praktisch anwendbarem, gut fundiertem Usabilitywissen. Rein organisatorisch wäre im Falle von UBS Schweiz jedoch auch das Corporate Center für die Koordination diesbezüglicher Aufgaben geeignet.

Schweiz

Im Prinzip können sämtliche organisatorischen und methodischen Vorgaben, wie beispielsweise eine Entwicklungsrichtlinie oder ein Methodenhandbuch, als Infrastruktur aufgefasst werden. In diesem Sinne wären nahezu alle im folgenden vorgeschlagenen Massnahmen Infrastrukturmassnahmen. Es gibt jedoch ganze Forschungszweige, die sich mit elektronischen Werkzeugen zur Anwendung von Usabilitywissen und zur Förderung benutzerzentrierter Aktivitäten beschäftigen, die gesondert betrachtet werden sollen. Das vor-liegende Kapitel differenziert daher die mehrheitlich strategischen Massnahmen und diese technologischen Infrastrukturmassnahmen, die für UBS Schweiz weitgehend Zukunftsmusik darstellen.