Z. Allg. Med. 1993; 69: 371-374. © Hippokrates Verlag GmbH, Stuttgart 1993
ESWL: vorher Tomographie!
Cholezystek
tomien werden immer häufiger minimal invasiv durchgeführt
Abbildung 1: Sonogramm bei Cholelithiasis mit dorsaler Schallauslöschung
100%). In der Regel reicht jedoch zur Beant
wortung dieser Frage die Gallenblasenleerto
mographie (Sensitivität 83%, Spezifität 86%).
Die orale und intravenöse Cholezystographie besitzt in der Diagnostik der Cholezystolithiasis nur noch untergeordneten Stellenwert. Die In
dikation zur endoskopisch-retrograden Chol- angio-Pankreatographie (ERCP) ergibt sich nur bei Verdacht auf zusätzlich bestehende Chole- docholithiasis.
Cholezystolithiasis
Biliäre Koliken —♦ Nein —► keine Therapie
Ja
Komplikationen—>• Nein—► Gallenblase —► Nein funktionstüchtig, Steine nicht verkalkt
Cholezystektomie
Ja
Cholezystektomie
Ja
Durchmesser—► Nein'
^ 5 mm
Ja
Gallensäurelitholyse
Nein-»« MTBE
Steingröße < 3 cm Steinzahl ^ 3
Ja
ESWL
Cholezystolithiosis
Abbildung 2: Flußdiagramm zur Behandlung der Cholezystolithiasis
Therapie
Asymptomatische Cholezystolithiasis
Bei etwa 20% der asymptomatischen Gallen
blasensteinträger treten innerhalb von 20 Jah
ren Koliken oder andere steinbedingte Kom
plikationen auf. Eine prophylaktische Chole
zystektomie verbietet sich unseres Erachtens, da die Gesamtletalitätsrate dieses selektiven operativen Eingriffes — in Abhängigkeit vom Alter - bis auf 10% ansteigen kann. Gerecht
fertigt ist eine ab wartende Haltung (Abb. 2).
Symptomatische Cholezystolithiasis
Nach der ersten biliären Kolik kommt es bei der Mehrzahl der Steinträger in den Folgejah
ren zu einem Schmerzrezidiv oder zu schwer
wiegenden Komplikationen. So liegt das jähr
liche Risiko einer akuten Cholezystitis nach er
ster Steinkolik bei 3%. Diese Befunde machen therapeutisches Handeln erforderlich.
Operative Therapie
Alle symptomatischen Gallenblasensteinträger, bei denen eine der in Tabelle 1 aufgeführten Komplikationen aufgetreten ist, sollten einer Cholezystektomie zugeführt werden {Abb. 2).
Dabei erfährt die konventionelle Cholezystek
tomie als definitive Gallenblasensteinbehand
lung durch zunehmende Verbreitung der lapa
roskopischen Operationstechnik eine stürmi
sche Weiterentwicklung und Konkurrenz. Ob
wohl ein wertender Vergleich zwischen konventioneller und laparoskopischer Cholezy
stektomie noch nicht endgültig zu führen ist, sprechen doch viele Berichte für eine Wachab
lösung durch die neue Technik, ln einzelnen chirurgischen Kliniken werden inzwischen über 80% der Cholezystektomien minimal in
vasiv durchgeführt. Ausschlaggebend für die
sen Wandel sind u. a. die Verkürzung des post
operativen stationären Aufenthaltes, die Re
duktion der Anzahl an Wundheilungsstörun
gen und die geringe Schmerzhaftigkeit bei
Tabelle 2: Kontraindikationen der laparoskopi
schen Cholezystektomie
- Kontraindikationen zur konventionellen Cholezystektomie
- vorausgegangene größere Oberbauchoperationen - Gerinnungsstörungen, Leberzirrhose
- (akute Cholezystitis)
- Verweigerung der Einwilligung zur Laparotomie
Cholezystolithiosis Fortbildung
kleineren Inzisionen der Bauchmuskulatur. Die anfänglich verlängerte Operationszeit sinkt nach entsprechendem Training auf die Zeiten der konventionellen Cholezystektomie ab.
Als Kontraindikation zur laparoskopischen Cholezystektomie gelten derzeitig noch die in Tabelle 2 aufgelisteten Kriterien.
Konservative Therapie
Für die medikamentöse Litholyse mit Gallen
säuren gelten Einschluß- bzw. Ausschlußkrite
rien {Tab. 1. 3, Abb. 2). Geeignet für die Thera
pie sind die beiden Gallensäuren Chenodesoxy
cholsäure (Cheno) und Ursodesoxycholsäure (Urso). Da beide Säuren unterschiedliche An
griffspunkte und Nebenwirkungen haben, wer
den sie kombiniert verordnet {Tab. 4). Für die Kombinationstherapie sind täglich jeweils 5 bis 8 mg/kg Körpergewicht Cheno und Urso aus
reichend. Die Dosis sollte abends eingenom
men werden, um die nächtliche Cholesterin
übersättigung der Galle zu verhindern.
Die Auflösungserfolge sind von der Stein
größe, fehlenden Verkalkungen und dem Nicht
vorliegen eines Pigmentsteines abhängig. Dies erklärt die breite Streuung von kompletten Steinauflösungen, die nach 24 Monaten zwi
schen 20 bis 60% liegen können. Eine Fortset
zung der Therapie über diesen Zeitpunkt hin
aus ist nicht sinnvoll.
Belastet ist die medikamentöse Gallensäureli
tholyse durch Tagestherapiekosten von über 5,- DM und eine hohe Rezidivrate nach Been
digung der Behandlung. Sie liegt bei etwa 20%
innerhalb des ersten Jahres nach Therapieab
schluß. Um die Rezidivrate zu senken, wird nach sonographisch nachgewiesener Steinfrei
heit eine 3- bis 6monatige Fortsetzung der Be
handlung empfohlen, um auch Mikrokonkre
mente aufzulösen, die unterhalb der sonogra
phischen Nachweisgrenze liegen. Rezidivsteine können mit der vorher angeordneten Dosis
Tabelle 3: Einschlußkriterien zur Litholyse von Cholesterinsteinen mit Gallensäure
- Steine im Durchmesser unter 5 mm
- Gallenblase weniger als zwei Drittel steingefüllt - Steine nicht verkalkt
- Gallenblase funktionstüchtig - ausgeschlossene Gravidität
Tabelle 4: Angriffspunkte und Nebenwirkungen der Gallensäuren Urso- und Chenodesoxycholsäure
Cheno Urso
Durchfall +
-Erhöhung der Transaminasen +
-Gallensteinverkalkung +
Intestinale Cholesterinresorption i 0 Cholesterinsynthese in der Leber 0 i
problemlos relysiert werden. Die medikamen
töse Lysetherapie wird im wesentlichen limi
tiert durch die Größe des Gallenblasencholeste
rinsteines. Zur Auflösung von Steinen mit ei
nem Durchmesser von über 2 cm sind wegen des ungünstigen Oberflächen-A/^olumenver- hältnisses Lysezeiten von über drei Jahren not
wendig.
Ein Ausweg aus diesem Dilemma bietet eine mechanische Vorzertrümmerung größerer Steine in Form der extrakorporalen Stoßwel
lenlithotripsie (ESWL). Bei dieser Methode werden extrakorporal erzeugte Stoßwellen auf den sonographisch lokalisierten Gallenblasen
stein fokussiert. Zu einer Steinzertrümmerung kommt es, wenn die Struktur des Steines von den propulsiven Druckwellen und der nachfol
genden retropulsiven Welle ausreichend me
chanisch verformt wird. Als zusätzliche Ein
schlußkriterien für die ESWL in Ergänzung zur medikamentösen Litholyse von Cholesteringal
lenblasensteinen gelten die in Tabelle 5 aufge
führten.
Bei sorgfältiger Vorauswahl {Abb. 2) läßt sich eine erfolgreiche Fragmentation der Gallenbla
sensteine bei nahezu 90% der Patienten errei
chen. Ziel sollte sein, den oder die Steine bis zu einer Bruchstückgröße von < 5 mm zu zer
trümmern. Gelingt dies nicht in der ersten Sit
zung, empfiehlt sich kurzfristig eine Zweitbe
handlung. Entsprechend dem verbesserten Oberflächen-A/^olumenverhältnis verkürzt sich damit die notwendigerweise angeschlossene medikamentöse Behandlungszeit mit Gallen
säuren.
Die ESWL ist nebenwirkungsarm. Die häufig
ste Komplikation sind biliäre Koliken, die etwa bei einem Drittel der Patienten nach erfolrei- cher mechanischer Lithotripsie auftreten.
Steineinklemmungen, die eine endoskopische
Die medika
mentöse Lyse wird durch die Steingröße li
mitiert
Die Rezidivrate liegt im ersten Jahr nach The
rapieabschluß bei etwa 20%
Die ESWL hat eine geringe Komplikations
rate
jportbildung CholezystolitMosis
MTBE löst Cho
lesterinsteine in wenigen Stunden auf
Die Risiken der Steinentste
hung vermin
dern - die Er
nährung um
stellen!
Tabelle 5: Einschlußkriterien zur ESWL bei Chole- docholithiasis
- Einzelstein bis zu einem Durchmesser von 3 cm - 2-3 Steine bis zu einem Durchmesser von 1,5 cm
Papillotomie notwendig machen, sind sehr sel
ten. Diese schwerwiegende Komplikation be
sitzt eine Häufigkeit von unter 1%.
Die Effektivität der Steinzertrümmerung wird mitbestimmt von dem Verfahren zur Erzeu
gung von Stoßwellen, die sich untereinander in den erreichbaren Druckwerten unterscheiden.
Die höchsten Druckwerte lassen sich mit der Unterwasserfunkenentladung und die niedrig
sten mit der piezoelektrischen Stoßwellener
zeugung erzielen. Nach erfolgreicher Fragmen
tation sind nach 12 Monaten Einzelkonkre
mente bis zu einer Größe von 2 cm zu 70% und bis zu einer Größe von 3 cm zu 40% aufgelöst.
Mit zunehmender Steinzahl sinkt der Behand
lungserfolg. Bei über fünf Steinen bei Erstbe
handlung sind nur 13% der Patienten nach einjähriger Folgebehandlung mit Gallensäuren steinfrei.
Überschreiten Cholesterinsteine der Gallen
blase eine Zahl von drei bei einer Einzelgröße
Anschrift:
Privat-Dozent Dr. med. Reinhard Zick, Chefarzt der Me
dizinischen Klinik, Fachbereich Gastroenterologie und Endokrinologie, St. Bonifatius-Hospital, Wilhelmstraße 13, 4450 Lingen/Ems
Persönliche Daten:
Am 18. 4. 1947 in Teuchert geboren.
Ausbildung:
1966 Abitur in Oldenburg. Studium der Humanmedizin in Hannover, Staatsexamen 1973,1975 Promotion zum Dr. med.
Beruflicher Werdegang:
Von 1975 bis 1987 Assistent und später Oberarzt im Zentrum Innere Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover. 1985 Habilitation. Internist mit den Zusatz
bezeichnungen Gastroenterologie und Endokrinologie.
Seit 1988 Chefarzt der Inneren Medizin am St. Bonifa
tius-Hospital in Lingen/Ems.
von unter 1,5 cm oder liegt ein Solitärkonkre- ment mit einem Durchmesser von über 3 cm vor, so besteht therapeutisch neben der Chole
zystektomie die Möglichkeit der Lysierung mit Methyl-tertiärem Butyläther (MTBE). MTBE löst innerhalb weniger Stunden Cholesterin
steine auf. Die Sondierung der Gallenblase zur Plazierung der Lysierungssonde gelingt endo
skopisch oder transhepatisch.
Die Behandlungserfolge einzelner Zentren mit diesem Auflösungsverfahren sind beachtens
wert; ob jedoch diese Methode mit ihren nicht zu verschweigenden Risiken sich gegenüber der laparoskopischen Cholezystektomie be
haupten wird, bleibt abzuwarten.
Ausblick
Die Cholezystektomie wird auch weiterhin die definitive Behandlung Steinkranker sein und bleiben. Dabei wird kurz- und mittelfristig eine Wachablösung zwischen konventioneller und minimal invasiver Operationstechnik stattfm- den. Bei weniger als 10% der Patienten mit Cholezystolithiasis werden medikamentöse (Gallensäuren) und mechanische (ESWL) Be
handlungsverfahren den Erfolg herbeiführen und sichern. Zusätzliche Bemühungen sollten der Verminderung der Risikofaktoren der Stein
entstehung gelten. Dazu zählt insbesondere eine Umstellung der landesüblichen Ernäh
rungsgewohnheiten.
Literatur
1. Gerok, W.: Hepatologie. Urban & Schwarzenberg Verlag, München 1987.
2. Staritz, M., und Meyer zum Büschenfelde, K.-H.:
Stoßwellenlithotrypsie von Gallensteinen. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 1991.
3. Swobodnik, W., et al.: Gallstone disease.
Springer Verlag, Berlin 1990.
4. Strohmeyer, G., et al.: Cholestatische Lebererkran
kung. Schattauer-Verlag, Stuttgart 1990.
Weitere Literatur auf Anfrage beim Verfasser.
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Isoptin
Knoll AG
6700 Ludwigshafen BASF Gruppe