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Zugang zur Justiz

Im Dokument 21/1664526. 03. 19 (Seite 109-112)

B. Handlungsfelder und Maßnahmen des LAP seit 2016

VII. Handlungsfeld Persönlichkeits- und Schutzrechte

1. Zugang zur Justiz

Art. 13 UN-BRK sieht vor, dass Menschen mit Behinderungen wirksamen Zugang zur Justiz haben. Dazu gehören neben dem physischen Zugang zu Gebäuden, dem barrierefreien Zugang zu Informationen und barrierefreier Kommunikation auch verfahrensbezogene Vorkehrungen. Zugang zur Justiz bezieht sich auf Gerichtsverfahren, aber auch auf Ermittlungsverfahren und andere Vorverfahrensphasen. Art. 13 sieht zudem vor, dass die Vertragsstaaten zur Gewährleistung des Zugangs zur Justiz u.a. geeignete Schulungen für die im Justizwesen tätigen Personen, einschließlich des Personals von Polizei und Strafvollzug fördern.

1.1. Verfahrensgarantien und Barrierefreiheit

Verfahrensgarantien sind im Wesentlichen in bundesrechtlichen Normen beschrieben.

Menschen mit Behinderungen haben den gleichen Zugang zu Verfahrensgarantien wie andere Menschen. Auch für sie gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf Rechtsbeistand und auf ein faires Verfahren. Im Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), den verschiedenen Gerichts- oder Prozessordnungen sind Regelungen enthalten, die den Zugang zu Verfahrensgarantien gewähren. So enthalten z.B. die §§ 186 und 191a des GVG Regelungen für die Kommunikation mit blinden oder sehbehinderten sowie hör- oder sprachbehinderten Personen. Das Gericht hat dazu die jeweils geeigneten technischen Hilfsmittel oder Gebärdensprachdolmetscher bereitzustellen. Menschen mit Behinderungen haben dabei grundsätzlich ein Wahlrecht.

Die Hamburger Gerichte und die Staatsanwaltschaft haben viele Maßnahmen ergriffen, um Barrieren abzubauen und so den Zugang und die Kommunikation für Menschen

107 mit Behinderungen zu erleichtern. Wegen der unterschiedlichen Beschaffenheit der Gebäude und baulichen und technischen Gegebenheiten haben jedoch nicht alle Gerichte denselben Standard an Barrierefreiheit. Es besteht aber eine große Bereitschaft, weitere Verbesserungen zu erreichen. Von der langen Liste der Maßnahmen seien nur beispielhaft einige aufgezählt:

→ Barrierefreier Zugang zu den Gebäuden; bei Bedarf im Einzelfall Auswahl von Sitzungsräumen im Erdgeschoss; Parkplätze für Menschen mit Behinderungen;

Zeugenbetreuung

→ Informationen in Brailleschrift oder akustische Hinweise in Fahrstühlen;

behinderungsgerechte Toiletten, Terminrollen und Nachtbriefkästen auf Rollstuhlhöhe; rollstuhlgerechte Türbreiten; Überarbeitung von Internetauftritten; Mitnahme von Blindenhunden.

1.2. Aus- und Fortbildung bei Justiz und Polizei

Die UN-BRK enthält auch in Art. 13 die Aufforderung, Schulungen durchzuführen. Im Rahmen der Staatenprüfung hat der Ausschuss diese Forderung bekräftigt (z.B. Nr.

28 a), c) der Empfehlungen). Im Lehrplan der Justizvollzugsschule ist die UN-BRK fester Bestandteil im Rahmen der Ausbildung zur Justizvollzugsbeamtin/zum Justizvollzugsbeamten.

Im Rahmen der Aus- und Fortbildung in der Justizvollzugsschule wird der Themenbereich Menschen- und Grundrechte, Gleichbehandlung, Vorurteile, Umgang mit psychisch auffälligen Menschen, Opferschutz usw. in unterschiedlichen Unterrichtseinheiten thematisiert und im vollzuglichen Kontext bearbeitet. Dies findet z.B. in den Unterrichtsfächern Gesellschaftskunde, Psychologie, Pädagogik und den Rechtsfächern statt. Über gesonderte Veranstaltungen wie z.B. im Projekt

„Menschenrechte“ in der Gedenkstätte Neuengamme oder im trialogischen Projekt

„Anderssein, psychische Erkrankung und seelische Gesundheit“ in Zusammenarbeit mit dem Verein „Irre menschlich“ oder im Ethikunterricht wird der Themenbereich gezielt aus verschiedenen Perspektiven vermittelt.

Im Rahmen der Aus- und Fortbildung in der Akademie der Polizei fließt das Thema der Anwendung von menschenrechtlichen Normen zur Förderung und zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung in verschiedene Themenfelder und Lehrveranstaltungen ein.

Menschen- und Grundrechte:

Die Vermittlung der Menschen- und Grundrechte hat eine zentrale Bedeutung in der Ausbildung von Hamburger Polizeibeamten. Bereits zu Beginn der Ausbildung fließt dieses Thema in das Seminar „Die Rolle der Polizei in der demokratischen Gesellschaft“ und im Grundseminar Recht ein. Im weiteren Verlauf wird in den Rechtskundefächern im Zusammenhang mit der Vermittlung von Eingriffsmaßnahmen

108 immer wieder auf die Beschränkung von Grundrechten eingegangen. Auch im Fach Politik ist die Vermittlung der Menschen- und Grundrechte von zentraler Bedeutung.

Strafrecht Schuldfähigkeit, häusliche Gewalt:

Im Rahmen des Strafrechtunterrichts wird bei der Vermittlung der Schuldfähigkeit von Tatverdächtigen am Rande auf eine mögliche Reduzierung der Schuldfähigkeit von Menschen mit Behinderung eingegangen. Im Fach Polizeiberufskunde werden im Themenschwerpunkt „Häusliche Gewalt“ die Inhalte des § 225 StGB Misshandlung von Schutzbefohlenen unterrichtet, wobei auch auf tatgeschädigte Menschen mit Behinderung eingegangen wird.

Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern und Kommunikation:

Im Fach Polizeiberufskunde wird der kundenorientierte Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern vermittelt. Dabei werden bei den Nachwuchskräften möglichweise bestehende Vorurteile gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen, auch gegenüber Menschen mit Behinderungen, thematisiert. Ziel der Ausbildung ist es, den angehenden Polizeibeamten einen vorurteilsfreien und wertneutralen Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln. Im Themenschwerpunkt Kommunikation wird die anlass- und personenangepasste Wahl der Sprache der Polizeibeamten vermittelt.

Opferschutz und Hasskriminalität:

Im Rahmen des Themenfeldes Opferschutz setzen sich die Auszubildenden mit dem Gleichstellungsgesetz auseinander. Die fachliche Begleitung wird durch den Gleichstellungsbeauftragten der Polizei Hamburg und dem LKA FST 32 – polizeilicher Opferschutz – gewährleistet. Seit 2016 wird im Fach Polizeiberufskunde auch der Opferschutz in Fällen von Hasskriminalität vermittelt. Den Nachwuchskräften wird in diesem Zusammenhang verdeutlicht, dass unter bestimmten Umständen Straftaten gegen Menschen mit Behinderungen oder Institutionen u.a. der Arbeit mit Behinderten als politisch motivierte Gewalt einzustufen sind.

Menschen mit psychischen Erkrankungen und Menschen mit Demenz:

Im Bereich der Ausbildung wird im Fach Polizeiberufskunde ein 1-tägiges Seminar in Zusammenarbeit mit dem UKE zum Thema „Umgang mit psychisch erkrankten Personen und deren Angehörigen“ durchgeführt. Das Seminar wird getragen von ehemaligen Patienten, Angehörigen und Profis. Ziel ist es, ein differenziertes und menschlicheres Bild von psychischen Krankheiten und das Prinzip der gewaltfreien Kommunikation zu vermitteln. Dieses Thema wird ebenfalls in ähnlicher Weise an der AK 4 (Fachhochschulbereich der AK) im Hauptstudium vermittelt.

An der AK 34 (Fachliche Fortbildung) wird ein neues Führungsfortbildungsseminar zum Thema „Umgang mit psychisch Kranken und PTBS (Posttraumatische Belastungsstörungen)“ erarbeitet. Zurzeit ist dieses Thema Inhalt des Aufstiegslehrgangs sowie der Lehrgänge Erweiterung der fachlichen Kompetenz Schutzpolizei bzw. Kriminalpolizei. Der Umgang mit Menschen mit Demenz wird in

109 dem Lehrgang für Beamte des besonderen Fußstreifendienstes

„Seniorenberater“ unterrichtet. Geplant ist ebenfalls die Integration des Themas in die Ausbildungsinhalte für Nachwuchskräfte.

Gehörlosentelefon:

Im Rahmen der Funkausbildung besuchen die Nachwuchskräfte die Polizeieinsatzzentrale, in der die Auszubildenden auf die Möglichkeit der Kontaktaufnahme mit der Polizei für Gehörlose hingewiesen werden.

Praktische Ausbildung durch Hospitationen und Praktika:

In der Einweisung an den Polizeidienststellen wird bei der Vorstellung der Dienstgebäude auch auf die technische und bauliche Ausstattung zum barrierefreien Zugang der Dienststellen (Rampen, Türöffner usw.) hingewiesen. Im Rahmen von Hospitationen und Praktika erlernen Auszubildende und Studierende, die erlangten theoretischen Kompetenzen in der Praxis anzuwenden. Dazu gehört anlassbezogen auch der Umgang mit Menschen mit Behinderungen.

Sozialpraktikum:

In der abschließenden Ausbildung findet zur Erhöhung der sozialen Kompetenz ein einwöchiges Sozialpraktikum statt. Dabei werden verschiedene Einrichtungen wie z.B.

Einrichtungen der Behindertenhilfe besucht. Die Auszubildenden nehmen dort an dem gewöhnlichen Betrieb teil und lernen dabei u.a. den Umgang mit Menschen mit Behinderungen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Ähnliche Studienveranstaltungen werden im Fachhochschulbereich für Studierende durchgeführt.

Aktionstag (Sogenannter „Inklusionstag“):

Das Sozialpraktikum wird um einen Aktionstag (sogenannter „Inklusionstag“) ergänzt.

An einen Sporttag mit geistig und / oder körperlich behinderten Menschen geht es auch darum, mögliche Berührungsängste abzubauen. Im Rahmen von gemeinsamen Sportveranstaltungen wie Blindenfußball, Blinden-Judo, Feldhockey oder dem Fahren mit dem Handbike bzw. dem Überwinden von Alltagshindernissen mit dem Rollstuhl und Rollstuhlbasketball lernen die Auszubildenden die Welt aus Sicht eines Menschen mit Behinderung kennen. Im Jahr 2018 nahmen Nachwuchskräfte im Rahmen des Sozialpraktikums bei der Rollstuhlbasketball-WM als Volunteers teil und haben Einblicke in das Leben mit Behinderung erlangt.

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