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Zielwerte Umweltbelastung von Wohngebäuden

6 Herleitung der Zielwerte Umweltbelastung

6.2 Zielwerte Umweltbelastung von Wohngebäuden

6.2.1 Festlegen einer Bandbreite

Die Zielwerte bezüglich Primärenergieverbrauch nicht erneuerbar und Treibhausgas-emissionen sind im Merkblatt SIA 2040 SIA-Effizienzpfad Energie festgelegt und aus den Reduktionszielen der 2000-Watt-Gesellschaft hergeleitet. Für die Zielwerte und insbesondere den Reduktionsbedarf bezüglich Gesamtumweltbelastung können die Grundlagen der Methode der ökologischen Knappheit 2006 (Frischknecht et al. 2008) verwendet werden. Darin werden die Zielsetzungen der schweizerischen Umweltpolitik in quantitative Vorgaben übersetzt. Die Methode der ökologischen Knappheit umfasst diverse Schadstoffe und Umweltwirkungen. Sie richtet sich jedoch explizit nach den gesetzlich verankerten und somit demokratisch untermauerten Umweltqualitätszielen.

Die ökologische Tragbarkeit wird durch legitimierte Experten beurteilt und nicht durch die beteiligten Akteure. Damit ist die Bewertung unabhängig von Einzelinteressen (Frischknecht & Büsser Knöpfel 2013, S. 40). Diese Zielvorgaben wurden auch angewendet auf die durch Konsum und Produktion der Schweiz verursachten Gesamtumweltbelastung. Die Gesamtumweltbelastung der Schweiz soll gemäss den für die Schweiz geltenden politischen Zielen um zwischen 38 % und 63 % reduziert werden (Jungbluth et al. 2011, S. 99).

Herleitung der Zielwerte Umweltbelastung

Dieses Reduktionsziel bezüglich Umweltbelastungspunkten von 38 % bis 63 % insge-samt resultiert aus der Kombination unterschiedlicher Reduktionsziele für einzelne Schadstoffe beziehungsweise Umweltwirkungen. So sollen gemäss der Methode der ökologischen Knappheit beispielsweise die Treibhausgasemissionen um 80 % gegen-über 1990 reduziert werden währenddem die Stickoxidemissionen in die Luft um rund 50 % gegenüber 2005 reduziert werden sollen. Die Stickstoffeinträge der Schweiz in die Nordsee sollen gegenüber 1995 ebenfalls um rund 50 % reduziert werden. Anderseits liegen beispielsweise die aktuellen Jahresfrachten von SO2 in die Luft und einzelner Schwermetalle in die Luft beziehungsweise ins Wasser bereits heute deutlich unterhalb des Ziels, weshalb hier die tolerierten Jahresfrachten höher liegen könnten.

Ein von den Behörden autorisiertes Reduktionsziel der Gesamtumweltbelastung Schweiz gemessen in Umweltbelastungspunkten liegt zum jetzigen Zeitpunkt nicht vor.

Im Rahmen der vorliegenden Studie wird deshalb einerseits die vorgenannte Bandbreite verwendet. Anderseits wird beispielhaft ein Reduktionsbedarf der Umweltbelastung von 56 % angesetzt, an denen die Umweltbelastung der hier bilanzierten Gebäude gemessen werden können.

Wendet man die vorgenannte Bandbreite des Reduktionsziels auch auf den Gebäudesek-tor an, so liegt der Zielwert für Erstellung und Betrieb von Wohngebäuden sowie für de-ren gebäudeinduzierte Mobilität zwischen rund 24‘000 und 40‘000 UBP pro m2 EBF und Jahr. Abb. 6.1 illustriert diese Bandbreite mit einer hellgrau hinterlegten Fläche angewendet auf die in dieser Studie analysierten Wohngebäude.

In Abb. 6.1 ist ersichtlich, dass keines der untersuchten Wohngebäude unterhalb der unteren Grenze des Zielwerts liegt. Auf der anderen Seite verursacht ein Gebäude (Wohnliegenschaft J) Gesamtumweltbelastungen, die höher sind als die obere Grenze eines provisorischen Zielwerts. Die Gesamtumweltbelastung der restlichen Wohngebäu-de liegt innerhalb Wohngebäu-der genannten Bandbreite.

Herleitung der Zielwerte Umweltbelastung

Abb. 6.1 Gesamtumweltbelastung der Wohngebäude sowie der Zielwertbereich gemäss einem Reduktionsbedarf der Gesamtumweltbelastung von 38 % bis 63 %.

*: Gebäude unterhalb Zielwerte Primärenergie nicht erneuerbar und Treibhausgasemis-sionen

§: Gebäude unterhalb Zielwert Primärenergie nicht erneuerbar

Von den Gebäuden, welche innerhalb der Bandbreite zu liegen kommen, erfüllen sechs Gebäude (Gebäude B und D sowie F bis H und S) ebenfalls die Anforderungen an den nicht erneuerbaren Primärenergieverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen. Alle üb-rigen Gebäude, auch dasjenige mit einer Umweltbelastung, die höher ist als die obere Grenze des Zielwerts, übersteigen auch die Zielwerte Primärenergie nicht erneuerbar und Treibhausgasemissionen. Einzige Ausnahme bildet das Gebäude E, welches den Zielwert Primärenergie nicht erneuerbar einhält, nicht aber denjenigen für die Treib-hausgasemissionen.

6.2.2 Vergleich der Zielerreichung

Im Folgenden sollen die wesentlichen Unterschiede der Ergebnisse zwischen Primär-energie nicht erneuerbar und Treibhausgasemissionen einerseits und Gesamtumweltbe-lastung anderseits aufgezeigt und diskutiert werden.

Zu diesem Zweck wird der Zielwert Gesamtumweltbelastung Wohngebäude bei 29‘000 UBP pro m2 EBF und Jahr festglegt. Dies entspricht einem Reduktionsbedarf von 56 % gegenüber heute. Er ist etwas höher als der von einer Studie des BAFU als minimal bezeichnete Reduktionsbedarf der konsumbedingten Umweltbelastung von 50 % (Frischknecht et al. 2014). Die Festlegung des Reduktionsbedarfs stützt sich nicht auf eine offizielle Vorgabe und hat daher nur beispielhaften Charakter. Die Erarbeitung

Wohnliegenschaft A Wohnliegenschaft B * Wohnliegenschaft D * Wohnliegenschaft E § Wohnliegenschaft F * Wohnliegenschaft G * Wohnliegenschaft H * Wohnliegenschaft I Wohnliegenschaft J Wohnliegenschaft K Wohnliegenschaft L Wohnliegenschaft N Wohnliegenschaft P Wohnliegenschaft Q Wohnliegenschaft R Wohnliegenschaft S * Wohnliegenschaft T Gesamtumweltbelastung UBP/m2/a

Herleitung der Zielwerte Umweltbelastung

von nationalen Reduktionsvorgaben der Gesamtumweltbelastung sind derzeit bei den zuständigen Behörden in Diskussion.

Die Ökobilanzergebnisse der Wohngebäude werden indexiert, indem der für das jeweilige Gebäude geltende Zielwert zu 100 % gesetzt wird und die Umweltbelastung der drei Anteile Erstellung, Betrieb und Mobilität der bilanzierten Wohngebäude in Bezug zu diesen 100 % gesetzt werden. Die Sanierungen und die Neubauten werden separat diskutiert.

Bei den Sanierungen (siehe Abb. 6.2) liegen die Ergebnisse relativ nahe beieinander.

Mit Ausnahme des Wohngebäudes A erfüllen alle Gebäude alle drei Zielwerte. Wohn-gebäude A erfüllt zwar den Zielwert Umweltbelastung, nicht aber die beiden anderen Zielwerte. Der Grund dafür liegt in der relativ tiefen Umweltbelastung während des Be-triebs, was auf den teilweisen Einsatz einer Erdgasheizung zurückgeführt werden kann.

Diese ist bezüglich nicht erneuerbarer Primärenergie und Treibhausgasemissionen deut-lich weniger günstig als in Bezug auf die Umweltbelastung. Beim Gebäude A sind die Beiträge der Erstellung und der gebäudeinduzierten Mobilität zu den Treibhausgasemis-sionen deutlich wichtiger als diejenigen zum Primärenergieverbrauch.

Abb. 6.2 Gesamtumweltbelastung, Primärenergie nicht erneuerbar und Treibhausgasemissionen der Wohngebäude (Sanierungen), indexiert (Zielwert = 100 %)

Bei den Neubauten sind bei den Wohngebäuden J, N, O, R und T die grössten Unter-schiede zu beobachten. Bei den Wohngebäuden J, N und R fallen die hohen relativen Treibhausgasemissionen bei Erstellung und Mobilität auf. Das Gebäude J wurde ins Grundwasser gestellt, was aufwändige Aussenwände im Erdreich zur Folge hatte. Beim

0% 20% 40% 60% 80% 100% 120%

UBP PE ne THG-E

UBP PE ne THG-E

UBP PE ne THG-E

ABD

Erstellung Betrieb gebäudeinduzierte Mobilität

Herleitung der Zielwerte Umweltbelastung

Gebäude N ist das Dach begrünt, weshalb dieses Bauteil aufgrund der stärkeren Dimen-sionierung einen höheren Beitrag zur Umweltbelastung beisteuert. Zudem weist dieses Gebäude eine relativ hohe Hüllziffer auf und verfügt über eine Nutzfläche, die dreimal so gross ist wie die Energiebezugsfläche. Das Wohngebäude J ist mit ÖV schlecht er-schlossen und das Gebäude N weist mehr als 3 Parkplätze pro Wohnung auf.

Die Wohngebäude G und H sind diejenigen Gebäude, bei welchen der Zielwert der Gesamtumweltbelastung limitierend wirkt, während die Zielwerte zu den Treibhausgas-emissionen und der Primärenergie nicht erneuerbar eingehalten werden. Bei beiden Gebäuden handelt es sich um Mischbauweisen mit Holz-/Pellets-Heizung. Der Beitrag

„Erstellung“ ist bezüglich Treibhausgasemissionen und Umweltbelastung deutlich höher als bezüglich Primärenergie nicht erneuerbar. Der Beitrag „Betrieb“ ist hingegen bezüglich Primärenergie nicht erneuerbar und Umweltbelastung deutlich höher als bezüglich Treibhausgasemissionen. In der Summer führt dies dazu, dass die Gebäude die Zielwerte Primärenergie nicht erneuerbar und Treibhausgasemissionen erfüllen, den Zielwert Umweltbelastung aber nicht.

Das Wohngebäude O wird mit einem Brennwert-Erdgaskessel beheizt (Raumwärme und Warmwasser). Deshalb sind Primärenergieverbrauch nicht erneuerbar und Treibhausgasemissionen (indexiert) deutlich höher als die indexierte Umweltbelastung.

Wie bei Wohngebäude A erfüllt auch dieses Wohngebäude den Umweltzielwert, nicht aber die Zielwerte für Treibhausgasemissionen und Primärenergie, nicht erneuerbar.

Beim Wohngebäude R sind der Primärenergieverbrauch und die Treibhausgasemis-sionen des Betriebs auffallend hoch. Diese Liegenschaft beheizt ihre Räume mit Fern-wärme, die mit Erdgas erzeugt wird. Der Heizenergiebedarf liegt bei 115 MJ/m2 und Jahr. Trotzdem ist die Umweltbelastung im Betrieb nur unwesentlich höher als diejenige der Gebäude S und T, deren Heizenergiebedarf bei weniger als 30 MJ/m2 und Jahr liegt.

Einerseits ist die Umweltbelastung der Fernwärme aus Erdgas relativ tief. Anderseits wird im Wohngebäude R das Warmwasser zu 80 % mit Vakuum-Röhrenkollektoren erzeugt (keine Umweltbelastung im Betrieb), wogegen bei den Wohngebäuden S und T Wärmepumpen zum Einsatz kommen.

Gleichzeitig ist die Umweltbelastung der Erstellung des Wohngebäudes R tendenziell hoch aufgrund der intensiven Materialisierung und der Materialwahl (Schrägdach mit Titanzinkverkleidung).

Die indexierte Umweltbelastung und der indexierte Primärenergieverbrauch sind beim Wohngebäude T zwar ähnlich und nahe dem jeweiligen Zielwert. Die Treibhausgas-emissionen liegen bei diesem Gebäude aber deutlich über dem Zielwert. In diesem Ge-bäude kommen Strom betriebene Wärmepumpen zum Einsatz (für Raumwärme und Warmwasser). Deshalb sind die Treibhausgasemissionen aus dem Betrieb deutlich geringer als der nicht erneuerbare Primärenergiebedarf.

Herleitung der Zielwerte Umweltbelastung

Abb. 6.3 Gesamtumweltbelastung, Primärenergie nicht erneuerbar und Treibhausgasemissionen der Wohngebäude (Neubauten), indexiert (Zielwert = 100 %)