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5. Diskussion

5.5 Zelltropismus des Staupevirus und zytopathogener Effekt der Infektion

In den durchgeführten Infektionsversuchen waren in den Mischkulturen 72 Std nach der Virusinokulation 15% der Zellen infiziert. Diese Zellen wiesen ein flächiges Zytoplasma auf, und waren waren fast ausschließlich Vimentin-positiv.

Vereinzelt waren auch A2B5-positive Zellen (1% der infizierten Zellen) GFAP-positive und DiI-ac-LDL-GFAP-positive Zellen (jeweils <0,1% der infizierten Zellen) infiziert.

Es ist aus zahlreichen in vivo und in vitro Untersuchungen bekannt, dass Astrozyten die Hauptzielzelle der Staupevirusinfektion sind (ZURBRIGGEN et al.,1987; MUTINELLI et al., 1988).

In der vorliegenden Arbeit waren nur 4% der Zellen eindeutig als exprimierende Astrozyten zu identifizieren. Eine Infektion von GFAP-exprimierenden Zellen wurde in den Mischkulturen nur vereinzelt nachgewiesen.

Es liegt nahe, dass der Hauptgrund vor allem in der geringen Zahl der GFAP-positiven Zellen in der Kultur war. Vimentin wird als Strukturfilament sowohl von Astrozyten, Fibroblasten als auch von anderen mesenchymalen Zellen exprimiert.

Auch nach der Staupevirusinfektion war keine verstärkte GFAP-Expression der Vimentin-positiven Zellpopulation vorhanden. Dies steht wiederum im Gegensatz zu den Beobachtungen von ZURBRIGGEN et al. (1987), die nach der Infektion eine Konzentration der GFAP-Expression in dem perinukleären Bereich der Zellen feststellten. Diese Astrozyten stammten jedoch aus Präparationen neonataler Tiere, so dass ein Vergleich aus diesem Grunde nur bedingt möglich ist.

PEARCE-KELLING et al. (1991) und GRÖNE et al. (2000) wiesen in vitro neben der Infektion von Astrozyten auch eine Infektion von Fibroblasten nach.

Es ist nicht zweifelsfrei zu klären, inwieweit es sich bei den infizierten Vimentin-positiven Zellen um Astrozyten oder Fibroblasten handelt. Die Vimentin-Expression wird in aktivierten Astrozyten ebenso wie GFAP aufreguliert.

Der zytopathogene Effekt der Staupevirusinfektion äußerte sich insbesondere in einer Synzytienbildung und anschließender Lyse der Zellen und setzte vier Tage nach der Infektion ein.

Die Synzytienbildung ist ein typischer Effekt einer Morbillivirusinfektion (APPEL und GILLESPIE, 1972). PEARCE-KELLING et al. (1991) und ZURBRIGGEN et al.

(1987) fanden nach Infektion kaniner Gehirnzellkulturen mit attenuierten Staupestämmen im Gegensatz zu den virulenten Stämmen neben einer Riesenzellbildung eine Zytolyse der infizierten Zellen 14 Tage nach der Infektion.

Die Infektion mit virulenten Staupevirusstämmen führte hingegen zu einer persistenten Infektion der Gehirnzellkulturen. Der CPE bestand in einer Synzytienbildung; eine Lyse der Zellen war jedoch auch 4 Wochen nach der Infektion nicht zu beobachten.

Diese Situation spiegelt die in vivo Situation im Rahmen der demyelinisierenden Staupevirusenzephalitis wider. Die Verwendung virulenter Stämme erscheint insbesondere dann sinnvoll, wenn es um Untersuchung von späten Effekten der Staupevirusinfektion geht. In den durchgeführten Versuchen wurde jedoch der frühe Einfluß der Virusinokulation und Infektion auf die MMP-Expression untersucht. Eine Synzytienbildung und Lyse der Zellen fand sich 24 Std nach der Infektion nicht und 72 Std nach der Infektion nur vereinzelt.

Die Kulturen wurden bis 6 Tage nach der Infektion beobachtet. Eine Lyse mit Ausbildung von Varikositäten in Zytosol und Fortsätzen lag 5 Tage nach der Infektion bei Vimentin-positiven, sowie A2B5 und p75NGFR positiven Zellpopulationen vor. Wie unter 5.2.2 erwähnt, bleibt es spekulativ, inwieweit es sich bei den A2B5 positiven Zellen um Oligodendrozytenvorläufer handelt. Eine Ko-Expression von p75NGFR und NG2, einem Marker für Oligodendrozytenvorläufer ist jedoch bei Oligodendrozytenvorläufern beschrieben worden (PETRATOS et al.,

2004). Eine Infektion mit CDV von bipolaren Galactozerebrosid (GC)-positiven Oligodendrozytenvorläuferzellen beschrieb PEARCE-KELLING et al. (1991).

Die Beobachtungen der vorliegenden Arbeit und von PEARCE-KELLING et al.

(1991) sind eine interessante Beobachtung im Hinblick auf den Zelltropismus im Rahmen der Staupevirusinfektion. Bei verschiedenen in vitro Studien konnte in multipolaren kaninen Oligodendrozyten keine Staupevirusproteinexpression nachgewiesen werden (VANDEVELDE, 1985; ZURBRIGGEN et al., 1986, 1987, PEARCE-KELLING et al., 1991). Dies entspricht in vivo Studien, die bei erkrankten Tieren kein Staupevirusprotein in Oligodendrozyten nachwiesen. (VANDEVELDE et al., 1983).

Wie erwähnt, ist fast ausschließlich eine restriktive Infektion der multipolaren Oligodendrozyten beschrieben worden (ZURBRIGGEN et al., 1993). Im Zusammenhang mit dieser wurde eine starke Herabregulierung verschiedener Myelin-assoziierter Gene beobachtet (GRABER et al., 1995; ZURBRIGGEN et al., 1998). Schobesberger et al. (1999) zeigten mit virulenten Staupevirusstämmen, dass die restriktive Staupevirusinfektion zu einer langsamen morphologischen Änderung der Oligodendrozyten führte, und nicht zu Apoptose und Nekrose der Zellen. Die Degeneration setzte an den Ausläuferenden der Zellen ein und führte zu einem Verlust der multipolaren Zellform. Diese Beobachtungen ließen sie folgern, dass ein virusinduziertes metabolisches Ungleichgewicht mit Herabregulierung von Myelingenen die initiale Phase der Demyelinisierung bestimmt.

In der vorgelegten Studie ließen sich bipolare gliale Vorläufer gut infizieren und zeigten Zytolyse, jedoch keine Synzytienbildung. Diese Beobachtungen liefern möglicherweise neue Aspekte in den Zelltropismus des Staupevirus. Es ist denkbar, dass sich die hier infizierte Population von Vorläuferzellen in einer für das Virus empfänglichen Phase befindet.

Dies ist für andere Viren wie das murine Theilervirus beschrieben worden (O’SHEA et al., 1997). In glialen Kulturen induzierte das Theilervirus lediglich eine Zytolyse bipolarer A2B5-positiver Vorläuferzellen während ausdifferenzierte

Oligodendrozyten eine relativ Resistenz gegenüber dem virusinduzierten Zelltod zu besitzen schienen.

Zur Bestätigung dieser Untersuchungen muß eine weitere Charakterisierung der Zellen erfolgen. Eine Differenzierung der Zellen zu O4-positiven, multipolaren Oligodendrozyten wurde in der vorliegenden Arbeit nicht beobachtet.

5.6 Staupevirus-induzierte Aufregulierung der 2,