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5. Diskussion

5.6 Staupevirus-induzierte Aufregulierung der MMP-2, MMP-9 und MMP-13-

Die Staupevirusinfektion führte zu einer signifikanten Aufregulierung von MMP-2-, MMP-9- und MMP-13-mRNA in den Mischkulturen. Der Anstieg der MMP-2 Expression war nur auf Proteinebene signifikant. 24 Std p.i. fand sich ein 1,6facher (1,4-17facher) Anstieg der gelatinolytischen Aktivität von pro-MMP-2. Weiterhin konnte in den infizierten Kulturen im Gegensatz zu den nicht infizierten Kulturen eine gelatinolytische Aktivität des aktiven Enzyms (MMP-2) regelmäßig nachgewiesen werden.

Diese Aufregulierung der MMP-2-Expression wird in der Literatur in Astrozytenkulturen nach Zugabe proinflammatorischer Substanzen beschrieben.

Ähnliche Ergebnisse finden sich bei GOTTSCHALL und YU (1995) und MUIR et al.

(2002). Demnach wird die MMP-2-Protein-Expression in Astrozytenkulturen nach Stimulierung mit IL-1 und LPS aufreguliert. Auch in Endothelzellen wurde eine Expression von MMP-2 und MMP-3 beschrieben (HUMMEL et al., 2002).

Nach Staupevirusinfektion wurde eine Aufregulierung von pro-MMP-2 in immunhistologischen Untersuchungen beschrieben. MIAO et al. (2003) fanden eine erhöhte pro-MMP-2 Expression in Staupe-assoziierten Gehirnläsionen in zahlreichen Gliazellpopulationen (Astrozyten, Gemistozyten, Mikroglia, Zellen des Plexus chorioideus, infiltrierenden perivaskulären monozytären Zellen und Gefäßwandzellen).

Im Gegensatz dazu war eine pro-MMP-2-Expression in Gehirnen gesunder Hunde lediglich in protoplasmatischen Astrozyten und Purkinje-Zellen vorhanden. Auch bei der Pathogenese der MS spielt eine frühe Aufregulierung von MMP-2 eine Rolle. In frühen ZNS-Läsionen (demyelinisierten Herden) von MS-Patienten wurde

eine erhöhte MMP-2-Protein-Expression mittels Immunhistologie und qPCR nachgewiesen (CUZNER et al., 1996; LINDBERG et al., 2001).

MMP-2 wird sowohl eine Beteiligung an der Modulierung der Öffnung der Blut-Hirnschranke als auch eine Beteiligung an reparativen Prozessen zugesprochen.

Rosenberg et al. (2001) zeigten, dass eine Öffnung der Blut-Hirn-Schranke unter anderem über die MMP-2- Produktion der Astrozyten-Endfortsätze und Endothelzellen reguliert wurde.

In der vorliegenden Arbeit wurde außerdem eine gelatinolytische Aktivität der aktiven Form von MMP-2 nachgewiesen. In den nicht-infizierten Kulturen war aktives MMP-2 nicht nachweisbar.

Die Aktivierung von pro-MMP-2 wird unter anderem über das Verhältnis von TIMP-2 zu MMP-14 reguliert (HERNANDEZ-BARRANTES et al., TIMP-2000). In den nicht- infizierten Kulturen der vorliegenden Studien betrug das MMP14/TIMP-2 Verhältnis 5,4:1 gegenüber einem Verhältnis von 9,5:1 (7,1-15,9) in den infizierten Kulturen.

Eine Erklärung für die beobachtete Aktivierung von MMP-2 ist also, dass nicht nur eine geringe TIMP-2-Expression, als viel mehr ein verändertes MMP-14/TIMP-2 Verhältnis zur Aktivierung von pro-MMP-2 führte.

Ein weiteres Ergebnis war die 700%ige Aufregulierung von MMP-9-mRNA 24 Std p.i., 72 Std nach der Infektion war auf RNA-Ebene keine Erhöhung der MMP-9-Expression mehr feststellbar, während die gelatinolytische Aktivität von pro-MMP-9 72 Std nach der Infektion signifikant erhöht war.

Aufgrund der Ergebnisse kann angenommen werden, dass die erhöhte gelatinolytische Aktivität von pro-MMP-9 auf eine erhöhte Transkription zurückzuführen war. Dies ist in Übereinstimmungen mit zahlreichen in vitro Untersuchungen der MMP-Expression nach Stimulierung. So wiesen z.B. MUIR et al. (2002) und LIUZZI et al. (2004) nach, dass eine Stimulierung mit verschiedenen proinflammatorischen Substanzen wie IL-1 und LPS in vitro zu einer Aufregulierung der MMP-Expression auf Transkriptionsebene führte. LEE et al. (2003) konnten nachweisen, dass an der Regulierung der Transkription von MMP-9 die Proteinkinase C beteiligt ist.

Auch in der Frühphase der CDV-Infektion ist in vitro in kaninen Gehirnzellkulturen und permanenten Zelllinien eine Aufregulierung von proinflammatorischen Zytokinen beobachtet worden (GRÖNE et al., 2003). Die Vermutung einer durch Zytokine induzierten Aufregulierung der MMPs liegt nahe. In zahlreichen Untersuchungen wurde jedoch nicht nur eine zytokinabhängige Aufregulierung der MMPs beschrieben, sondern im Gegenteil auch eine Induktion der Zytokinexpression durch MMPs (BLACK et al., 1997, CUZNER und OPDENAKKER 1999, HARTUNG und KIESEIER, 2000). Die Aufregulierung von MMPs und Zytokinen steht also in einem komplexen Verhältnis, es scheint offensichtlich keine einseitige Ursache-Folge Beziehung zu bestehen, sondern vielmehr eine wechselseitige Triggerwirkung.

Diein vitro Beobachtungen sind in Übereinstimmung mit den Untersuchungen an Gehirnen von Hunden mit akuten Staupeläsionen. MIAO et al. (2003) zeigten in immunhistologischen Untersuchungen, dass MMP-9 neben anderen MMPs insbesondere in frühen Läsionen aufreguliert war. GRÖNE et al. (2000) und MARKUS et al. (2002), beschrieben eine Aufregulierung von proinflammatorischen Interleukinen (IL6, TNF-alpha).

Die Studien von MIAO et al. (2003) und die vorliegende Arbeit zeigen, dass eine Aufregulierung der Transkription von MMP-9 und der Proteinexpression sowohl in vitro als auch in vivo eine wichtige Rolle in der Frühphase der Staupevirusinfektion zu spielen scheint. Dieses Phänomen teilt die Staupevirusinfektion mit anderen demyelinisierenden Erkrankungen, insbesondere der MS und dem Tiermodell der Experimentellen Allergischen Enzephalomyelitis (EAE) der Maus. Die MMP-9-Transkription und die Proteinexpression sind sowohl in frühen als auch in späten MS -Läsionen aufreguliert (BEVER und ROSENBERG, 1999; LINDBERG et al., 2001). Dies ist insofern von Bedeutung, als MMP-2 und MMP-9 eine wichtige Rolle bei der Öffnung der Blut-Hirn-Schranke zugewiesen wird (STUVE et al., 1996, ROSENBERG et al., 2002). So zeigen verschiedene Transmigrationsmodelle mit MMP-Inhibitoren, wie z.B. TIMP-2, einem Inhibitor für MMP-2, eine verminderte Migration von Entzündungszellen ins Gehirn (ROSENBERG et al., 1992).

Kontrovers zu diesen Untersuchungen sind zum Teil die Ergebnisse von GROETERS et al. (2005). Hier wurde mittels in situ-Hybridisierung eine Aufregulierung von MMP-9-mRNA vor allem in subakuten und chronischen Läsionen beobachtet, während es in den frühen Läsionen nur zu einer leichten Aufregulierung von 9 kam. In der vorliegenden Arbeit wurde jedoch die MMP-Expression zu einem sehr frühen Zeitpunkt nach Virusinokulation untersucht, so dass diese sehr frühe Aufregulierung möglicherweise in vivo in den akuten Läsionen nicht mehr beobachtet werden kann. Die erhöhte MMP-9-Expression in chronischen Läsionen ist möglicherweise also eine zweite Aufregulierung der MMP-Expression.

In der vorliegenden Studie fand sich in den Mischkulturen neben einer Aufregulierung von MMP-9 auch eine signifikante Erhöhung der MMP-13-mRNA-Expression 24 Std p.i. MIAO et al. (2003) beschrieben ebenfalls eine erhöhte MMP-13 Expression in Gehirnen mit frühen Staupeläsionen.

Im Gegensatz dazu scheint bei der MS des Menschen und dem Tiermodell EAE MMP-13 keine Rolle im entzündlichen und demyelinisierenden Geschehen einzunehmen. Bei anderen neuropathologischen Krankheitsprozessen wird jedoch in der initialen Phase der Entzündungsprozesse eine Aufregulierung von MMP-13 beschrieben. Bei der bakteriellen Meningitis und bei ischämischen Prozessen wird MMP-13 neben MMP-9 aufreguliert und scheint an den initialen inflammatorischen Prozessen beteiligt zu sein (ROSELL et al.,2005; KIESEIER et al., 1999). MMP-13 ist in der Lage, Kollagen IV, verschiedene andere Kollagene und auch Gelatine zu spalten. Es wird daher angenommen, dass dieses Enzym an der Zerstörung der Blut-Hirn-Schranke bei inflammatorischen Prozessen beteiligt ist (CAWSTON, 1998, KIESEIER et al., 1999, ROSELL et al., 2005).

Außerdem ist MMP-13 durch Abspalten der Propeptidregion in der Lage, MMP-9 zu aktivieren (OKADA et al., 1992; KNAUPER et al., 1997). Eine gelatinolytische Aktivität von MMP-9 konnte jedoch nicht festgestellt werden. Die Aktivität von MMP-9 unterliegt jedoch noch weiteren Regulationsmechanismen.

Ein Ergebnis der Infektionsversuche war eine Aufregulierung von TIMP-1 in den Mischkulturen 24 Std p.i. TIMP-1 als wichtiger endogener Inhibitor von MMP-9

bindet in nicht -kovalenter Bindung im 1:1 Komplex an MMP-9 und hemmt dadurch die Aktivität der Protease.

In der vorgelegten Studie wurde nach Virusinfektion eine Aufregulierung von pro-MMP-2 und pro-MMP-9 und MMP-13 durch eine erhöhte Transkription nachgewiesen. Neben dieser Regulierung auf mRNA-Ebene erfolgte eine Induktion der gelatinolytischen Aktivität von MMP-2. Die Ergebnisse dieser Arbeit sind in weitgehender Übereinstimmung mit in vivo-Protein-Nachweisen an Gehirnen Staupe erkrankter Tiere. Die Staupevirusinfektion der Gehirnzellkulturen zeigte in Übereinstimmung mit anderen demyelinisierenden Erkrankungen wie der MS des Menschen eine frühe Aufregulierung von MMP-2 und MMP-9 (CUZNER et al., 1996; LINDBERG et al., 2001). MMP-2, MMP-9 und MMP-13 sind bekannt für die regulierende Beteiligung an der Öffnung der Blut-Hirn-Schranke in neuroinflammatorischen und degenerativen Prozessen. Die vorgelegten in vitro Studien weisen auf eine initiale Rolle dieser Proteasen im Rahmen der DLE hin.

5.7 Nach Infektion in Mischkulturen konstitutiv exprimierte