RiB iTWO MagiCAD
4. Empirische Untersuchung
4.3. Ausstattung des Arbeitsplatzes
4.4.5. Zeiterfassung REFA
4.4.4. Interview mit Planer und Statiker Anton G.
Firma: AGA‐BAU Planungs GmbH (vgl. Kapitel 9.4)
Herr G. ist für die Erstellung des Building Information Models verantwortlich. Er konstruierte dreidimensional das Projekt vorab am Computer. Das Ziel des Inter‐
views liegt darin, Informationen bezüglich der Bauausführungsphase zu erhalten.
BIM in der Bauausführung – was änderte sich im Modell?
Wie und warum werden Pläne aus dem Modell erstellt?
Welche Änderungen traten im Laufe des Projekts auf?
Datensicherheit – welche Probleme, die Daten „außer Haus“ zu geben?
Höhere Planungskosten zufolge BIM?
Warum Ceapoint?
In Einvernehmen mit den interviewten Personen wurde das Interview aufgezeich‐
net und anschließend transkribiert. Aus diesen Interviews wurden die notwendi‐
gen Informationen herausgefiltert, miteinander verglichen und ausgewertet.
Durch die Betrachtung des Themas „BIM in der Bauausführung“ aus verschiede‐
nen Blickwinkeln ist ein umfassendes Resultat zu erwarten.
4.4.5. Zeiterfassung REFA
Es wurde nach einer Möglichkeit gesucht, die veränderten Abläufe durch das BIM festzustellen. Das Prinzip erfolgt in Anlehnung an die REFA‐Zeitstudie. Das deut‐
sche Institut „Reichsausschuss für Arbeitszeitermittlung“ (REFA) [49] legte die
„Anwendung von Methoden und Erfahrungen zur Untersuchung und Gestaltung von Arbeitssystemen mit dem Ziel […], die Wirtschaftlichkeit des Betriebes zu verbessern“ fest [58, S. 10] . In einem ersten Schritt wird das Arbeitssystem – die
Zusammenwirkung zwischen Menschen und Betriebsmittel mit der Eingabe unter Umwelteinflüssen [58, S. 67]– definiert.
Abb. 21: REFA‐Zeitstudie – Arbeitssystem [58, S. 68]
Im vorliegenden Fall sollen die Auswirkungen eines Building Information Models auf die Beteiligten des Bauprozesses untersucht werden. Dabei wird das gesamte System in einzelne Arbeitsaufgaben unterteilt. Zufolge REFA soll die Arbeitsaufga‐
be mithilfe eines Hauptwortes und eines Tätigkeitswortes formuliert werden kön‐
nen. (vgl. [58, S. 68] ) Teil 2 der REFA‐Studie beschreibt die genauen Schritte zur Datenermittlung. Unter Daten versteht man „Zeiten für Ablaufabschnitte, Ein‐
flussgrößen […], Bezugsmengen […] und Daten der Arbeitsbedingungen“. [44, S.
10] Da die Einflussgrößen sich nur sehr aufwändig ermitteln lassen, können sie oft – wie auch für die Masterarbeit – vernachlässigt werden. Das REFA‐Programm schreibt folgende Schritte zur Datenermittlung vor:
1) „Verwendungszweck festlegen 2) Arbeitssystem beschreiben
3) Ist‐Arbeitsablauf in Abschnitte gliedern und beschreiben 4) Bezugsmengen und Einflussgrößen erfassen
5) Erfassen von Ist‐Zeiten“ [44, S. 11]
Das REFA‐Programm schreibt weitere Schritte vor, in denen der Abgleich von Soll‐
und Ist‐Zeiten genau festgelegt wird. Diese weiteren Vorgehensschritte sind aller‐
dings für die Masterarbeit nicht relevant, da nur die tatsächlichen Ist‐Werte be‐
trachtet werden sollen.
Diese Studie wurde als Grundlage herangezogen, um die Auswirkungen eines BIM auf die Abläufe zu analysieren. Die Praxis zeigt, dass die körperliche Arbeit der Bauarbeiter zufolge eines BIM unbeeinflusst bleibt. Das Building Information Mo‐
del unterstützt die Bauleitungs‐ und Steuerungsebene, nicht jedoch die Umset‐
zung und die einzelnen Konstruktionsschritte. Daher beschränkt sich die Studie auf die Arbeitsabläufe des Baustellenführungspersonals. Auf der Baustelle „Woh‐
nen im Grünen“ übernahm der Polier die Aufgabe des Managements. Daher er‐
folgte die Ermittlung der Zeitbedarfswerte in enger Zusammenarbeit mit ihm und beschränkte sich auf die Erstellung des Rohbaus.
1) Verwendungszweck festlegen
Die REFA‐Zeitstudie soll helfen, die Arbeitsabläufe eines Poliers aufzuschlüsseln.
Es soll dargestellt werden, welche Einzelschritte durch ein Building Information Model beeinflusst werden und welche zeitlichen Variationen dadurch auftreten.
Dafür ist es notwendig, die Arbeitsabläufe sowohl herkömmlich als auch durch das BIM beeinflusst aufzuzeichnen. Als Ergebnis soll ein direkter Vergleich der beiden Abläufe möglich sein.
2) Arbeitssystem beschreiben
Um dieser Systematik zu genügen, wurden die verschiedenen Tätigkeiten des Baustellenführungspersonals in einzelne Arbeitsschritte kategorisiert. Dies ge‐
schah durch zahlreiche Dialoge mit dem Polier sowie weitere Beobachtungen auf der Baustelle „Wohnen im Grünen“. Als Ergebnis folgten diese Kategorien:
Bautagesbericht verfassen
Der Polier ist verpflichtet, täglich im Bautagesbericht den Fortschritt der Baustelle, Bedenken und besondere Vorkommnisse festzuhalten. Das Do‐
kument dient der Kontrolle für die Bauleiter sowie für den Bauherrn.
Bauarbeiter anleiten
Der Polier teilt die Aufgaben den einzelnen Personen zu und ist für die richtige Umsetzung mitverantwortlich. Er muss ihnen den Sacherhalt so darstellen, dass Missverständnisse ausgeschlossen werden können. Da das konkrete Projekt „Wohnen im Grünen“ allerdings keine außerge‐
wöhnlichen Konstruktionen erforderte, waren detaillierte Anweisungen an die Bauarbeiter nicht notwendig. Daher wurde diese Kategorie nicht mit der REFA‐Studie betrachtet.
Material‐ und Personenbedarf ermitteln
Da der Polier für den kontinuierlichen Fortschritt auf der Baustelle garan‐
tieren muss, sorgt er für die notwendige Verfügbarkeit an Arbeitern und Materialien. Er muss die notwendige Menge an Kapazitäten ermitteln und dafür Sorge tragen, dass diese auch vorhanden sind und effektiv einge‐
setzt werden. Bei dem konkreten Projekt „Wohnen im Grünen“ wurde der notwendige Personenbedarf nicht direkt ermittelt, da nur eine beschränk‐
te Anzahl an Arbeitern zur Verfügung stand. Dadurch grenzte sich der Aufgabenbereich einzig auf die Berechnung des Materialbedarfs ein.
Material beschaffen, lagern
Ein Aufgabenbereich des Poliers besteht weiters darin, das notwendige Material beim Hersteller zu bestellen. Der Polier muss genügend Lagerflä‐
che bereithalten und diese richtig einteilen. Hier ist zum Teil große Sorg‐
falt geboten, da beispielsweise die verschiedenen Bewehrungstypen nicht untereinander vermischt werden dürfen.
Änderungen in der Planung umsetzen
Treten im Laufe der Bauausführung Änderungen in der Planung auf, so müssen diese dem Polier mitgeteilt werden. Er ist für die korrekte Umset‐
zung verantwortlich. Dabei besteht die Gefahr, dass durch zahlreiche Ver‐
sionen der Pläne das Bauwerk nach einem veralteten Planstand errichtet wird – der Polier muss diesen Fehler unbedingt vermeiden.
Störungen, Probleme, Unklarheiten auf der Baustelle beseitigen
Da der Polier ständig vor Ort ist, werden alle Informationen über Störun‐
gen und Probleme direkt an ihn geleitet. Er ist als erste Instanz für die Lö‐
sung verantwortlich: Er muss den Bauleitern darüber berichten und deren Anweisungen Folge leisten. Unklarheiten in der Planung muss er aus dem Weg räumen, damit das Projekt korrekt erstellt wird.
Kontrollieren
Eine kontinuierliche Kontrolle ist für den Erfolg des Projektes notwendig.
Dafür vergleicht der Polier den tatsächlichen Ist‐Zustand mit dem Plan, um Abweichungen festzustellen.
Fortschritt kontrollieren
Generell sollen Bauwerke in einem zeitlich begrenzten Rahmen errichtet werden. Der Polier hat die Aufgabe, den Fortschritt zu überwachen und im Falle – nach Rücksprache mit dem Bauleiter – zu forcieren. Er muss die Feiertage und sonstigen Urlaubszeiten im Auge behalten.
Arbeitssicherheit garantieren
Der Polier muss dafür Sorge tragen, dass die Bauarbeiter keiner Gefahr ausgesetzt sind. Er muss die Sicherheitsvorkehrungen und die richtige Verwendung der eingesetzten Geräte und Sicherheitsausrüstungen über‐
prüfen.
Arbeiter motivieren
Die persönliche Betreuung und Motivation der Arbeiter ist ein nicht ver‐
nachlässigbarer Aspekt der Polieraufgaben.
3) Ist‐Arbeitsablauf in Abschnitte gliedern und beschreiben
Da sich ein Building Information Model selten auf den gesamten Prozess auswirkt, werden die einzelnen Aufgabenbereiche in einzelne Schritte unterteilt. Das REFA‐
Programm bevorzugt die Untergliederung in die kleinstmögliche Einheit (ein
Schritt, einzelne Bewegungen); (vgl. [44, S. 12] ) allerdings ist für einen Vergleich von konventionellem Ablauf mit BIM‐Ablauf diese Aufschlüsselung eher hinderlich als hilfreich. Es werden nur die wesentlichen Vorgänge erfasst, welche auch Diffe‐
renzen für den Vergleich aufzeigen. Daher wird eine Einheit mit einem klar defi‐
nierten Anfang und Ende betrachtet.
Bautagesbericht verfassen Schreibutensilien
Verfassen des Bauberichtes Archivierung
Materialbedarf ermitteln
Ermittlung der 2D‐Flächen (direkt auf Baustelle oder mit Plan) Berechnung des Materialbedarfs
Material beschaffen Errechnete Mengen Erfordernisse an Material Lieferant kontaktieren
Übermittlung der Daten über Material, Menge, Zeit, Ort Kontrolle des gelieferten Materials
Änderungen in der Planung umsetzen Eintreffen einer Planänderung
Änderungen ermitteln, Rücksprache mit Bauherr und Bauleitung Alte Version archivieren
Änderung durchführen
Störungen, Probleme, Unklarheiten auf der Baustelle beseitigen Problem/Störung wird gemeldet; Unklarheit festgestellt
Analyse, Lokalisierung des Problems Analyse der Ursachen
Festlegung der Maßnahmen, Rücksprache mit Bauherr und Bauleitung
Durchführung der Maßnahme Kontrolle der Auswirkungen
Qualität kontrollieren Begehung der Baustelle
Vergleich Ist‐Zustand mit Soll‐Zustand (Plan, Leistungsverzeichnis)
Fortschritt kontrollieren Begehung der Baustelle
Vergleich Ist‐Zustand mit Soll‐Zustand (Terminplan)
Arbeitssicherheit garantieren Begehung der Baustelle
Kontrolle sämtlicher Sicherheitseinrichtungen (Arbeitsschutz, Unfallverhü‐
tung, Arbeitssicherheit)
Arbeiter motivieren
(keine weitere Unterteilung dieses Vorgangs notwendig) 4) Bezugsmengen und Einflussgrößen erfassen
Anschließend wurde für jeden Arbeitsschritt ein Formblatt vorbereitet (vgl. Kapitel 4.4.5). Auf der Baustelle wurde dann die mit einer Stoppuhr aufgenommene Dau‐
er je Schritt eingetragen. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf die Frage‐
stellung gelegt, welche Arbeitsschritte direkt durch das BIM beeinflusst wurden und welche Auswirkungen dies auf die Arbeitszeit hatte. Da zu Beginn der Baustel‐
le das Building Information Model nur spärlich auf der Baustelle im Einsatz war, konnten die Daten für die konventionellen Abläufe ermittelt werden. In Zusam‐
menarbeit mit dem Polier wurden im Laufe des Projekts die notwendigen Zeitbe‐
darfswerte für die Verwendung des Building Information Models untersucht.