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Das Ziel dieser Arbeit war der Zugang zu Agrar- und Pharmawirkstoffen durch organische Synthese. Aufgrund der teils schwierigen und kostspieligen Gewinnung von biologisch aktiven Naturstoffen aus natürlichen Quellen nimmt die technische Herstellung von neuen Wirkstoffen immer mehr an Bedeutung zu. Im ersten Teil wurde ein neuer Zugang zu Spinosyn-Analoga untersucht, in dem mit dem Ziel der Syntheseeffizienz und Wirtschaftlichkeitssteigerung strukturelle Veränderungen eingebaut wurden, welche die Komplexität der natürlichen Struktur verringern.

Zunächst wurde das tricyclische Grundgerüst 149 ausgehend von den kommerziell erhältlichen Bausteinen 3-Methoxybenzaldehyd (176) und L-Rhamnose sowie dem bereits synthetisierten Cyclopentenderivat rac-182 hergestellt. Ausgehend von Benzaldehyd 176 gelang die Synthese des Tricyclus 149 in acht Stufen mit einer Gesamtausbeute von 10%

(Abbildung 105).

Abbildung 105: Synthese des tricyclischen Aldehyds 149: a) Br2, CH2Cl2, RT, 18 h, 82%; b) BBr3, CH2Cl2, –20 °C, 20 h, 80% (91% brsm); c) 175, TMSOTf, MS 4 Å, CH2Cl2, 0 °C, 30 min, 85%; d) [Ph3PCH2I]+I-,

KHMDS, THF, –78 °C, 90 min, 55%; e) rac-182, Pd(OAc)2, NaOAc, TBACl, DMF, RT, 24 h, 67%;

f) Herrmann-Beller-Katalysator, TBAOAc, DMF, MeCN, H2O, 130 °C, 3 h, 58%; g) pTsOH ∙ H2O, MeOH, 0 °C, 4.5 h, 96%; h) DMP, CH2Cl2, 0 °C, 90 min, 75%.

Die Schlüsselschritte dieser Synthesesequenz bestehen in zwei aufeinanderfolgenden Palladium-katalysierten Heck-Reaktionen, über die die beiden Ringsysteme 180 und 182 miteinander verknüpft werden.

Bei dem Aufbau der Seitenkette 214, die im Verlauf der Synthese den Makrocyclus D stellen soll, bestand die Hauptproblematik in dem enantioselektiven Aufbau des sekundären Alkohols und der Vermeidung von Schutzgruppenscrambling. Der MEM-Ether 204 stellte sich schließlich als das beste Substrat für die Glycosylierungsreaktion heraus. So konnte bei der Verknüpfung des sekundären Alkohols 204 mit dem Trichloracetimidat 197 eine Gesamt-ausbeute von 71% und eine /-Selektivität von 1:1.5 erzielt werden (Abbildung 106). Die

/-Selektivität ist aufgrund eines fehlenden Substituenten an C-2 der Zuckereinheit erwartungsgemäß nicht besonders hoch.

Abbildung 106: Synthese der Seitenkette 214: a) MEMCl, DIPEA, CH2Cl2, 0 °C → RT, 2 h, 95%; b) AD-mix

, tBuOH, H2O, –10 °C, 3 h, quant. (>99% ee); c) TBSCl, Imidazol, DMAP, DMF, 0 °C, 3 h, 77%; d) Et3SiH, I2, MS 5 Å, PhMe, –90 °C, 8 h, : 30%, : 41%; e) TBAF, THF, RT, 3 h, : 65%, : 63%; f) CBr4, PPh3, CH2Cl2, RT, 2 h, : 25%, : 25%.

Ein weiterer Schlüsselschritt dieser Synthese ist die stereoselektive Einführung der Hydroxygruppe ausgehend von dem kommerziell erhältlichen Hexenol 191 über eine Sharpless Dihydroxylierung. In einer hochkonzentrierten Lösung konnte bei sehr tiefen Temperaturen selektiv der (S)-Alkohol gebildet werden. Über den gesamten Synthese-abschnitt konnten aus 191 in sechs linearen Schritten 5% der gewünschten -verknüpften Seitenkette 214 und 4% des -Glycosids 214 erhalten.

Da in einer parallel durchgeführten Untersuchung eine Kupplung der beiden Bausteine 149 und 214 über eine Lithium-vermittelte 1,2-Addition nicht bewerkstelligt werden konnte, wurden die letzten beiden Stufen dieser Synthese nicht weiter optimiert.

Als aussichtsreichstes alternatives Derivat stellte sich das über eine Ester-Brücke verknüpfte Analogon 262 heraus, bei dem die Kupplung der Bausteine 237 und 232 nach in situ Aktivierung der Carbonsäure erfolgt (Abbildung 107). Beide Kupplungspartner wurden in jeweils zwei Schritten aus Zwischenstufen der ursprünglichen Synthesesequenz aufgebaut.

Die massenspektrometrische Reaktionskontrolle der finalen Kupplungsreaktion zeigte einen kompletten Umsatz der Carbonsäure 237 mit dem Alkohol 232, wobei ausschließlich das gewünschte Kupplungsprodukt 238 gebildet wurde, das allerdings nicht von dem im Überschuss eingesetzten Alkohol abgetrennt werden konnte. Eine erneute Reaktionsführung unter dem Einsatz von äquimolaren Mengen von 232 war aufgrund von fehlenden Substanzmengen an 237 nicht mehr möglich.

Abbildung 107: Syntheseweg zu alternativen Spinosyn-Analoga des Typs 262: a) MnO2, NaCN, MeOH, nHexan, RT, 2.5 d, 87%; b) LiOH ∙ H2O, CH2Cl2, MeOH, H2O, RT, 1 h, 97%; c) TBSOTf, 2,6-Lutidin, CH2Cl2, 0 °C → RT, 2.5 h, 99%; d) HF ∙ py, THF, py, 0 °C → RT, 24 h, 66%; e) DCC, DMAP, Et2O, CHCl3, RT, 4.5 h.

Ausgehend von dem Kupplungsprodukt 238 ist nach Entschützung der Carbonsäure und des MEM-geschützen Alkohols eine Makrolactonisierung nach Yamaguchi denkbar. In vorangegangenen Arbeiten wurde diese Methode bei ähnlichen Systemen bereits erfolgreich

angewendet.134 Im Anschluss an den Aufbau des Makrolactons kann nach TBS-Entschützung entweder der Aminozucker Forosamin oder ein beliebiger Aminoalkohol eingeführt werden, um zu Spinosyn-Analoga des Typs 262 zu gelangen.

Hierzu wurden fünf Forosamin-Analoga in ein bis zwei Stufen mit hervorragenden Ausbeuten synthetisiert (Abbildung 108). Neben der Synthese der vier elektrophilen Verbindungen 222a-d gelang auch die Herstellung eines nucleophilen Analogons (225), das in alternativen Synthesestrategien für die Fertigung neuer Spinosyn-Analoga eingesetzt werden kann.

Abbildung 108: Synthetisierte Forosamin-Analoga.

Um die im Arbeitskreis Tietze entwickelte Glycosylierungsmethode zur selektiven Einführung des Aminozuckers Forosamin weiter zu etablieren, wurde in einer Kooperationsarbeit mit der Bayer AG das Spinosyn-Aglycon 156 mit dem Trichloracetimidat 197 umgesetzt (Abbildung 109). Hierbei ist die Wahl des Lösungsmittels von großer Bedeutung. So wurden in Toluol nur 7%, in Dichlormethan dagegen 51% des gewünschten Glycosids 156 bei einer verbesserten /-Selektivität von 1:1.5 erhalten. Dies ist beachtlich, da diese Glycosylierung üblicherweise nur an sehr kleinen Molekülen in akzeptablen Ausbeuten durchführbar ist.

Abbildung 109: Glycosylierung des Spinosyn-Analogons 156: a) Et3SiH, I2, MS 3 Å, CH2Cl2, –87 °C, 8 h,

: 21%, : 30%.

Neben einem synthetischen Zugang zu Analoga des Agrarwirkstoffes Spinosyn A beschäftigte sich diese Arbeit außerdem mit einer enantioselektiven Synthese des Naturstoffes (+)-Linoxepin.

Zunächst wurden das Vinylsilan 164 und das Benzylbromid 165 in jeweils vier Stufen aus den kommerziell erhältlichen Verbindungen 243 und 239 hergestellt und anschließend über eine Benzylierung miteinander verbunden (Abbildung 110). Die Synthese des Benzylbromids 165

erfolgte ausgehend von dem Dioxol 239 in einer Gesamtausbeute von 40%, während das Vinylsilan 164 in 30% Gesamtausbeute erhalten wurde. Eine basenvermittelte Kupplung der beiden Bausteine konnte mit quantitativer Ausbeute realisiert werden.

Abbildung 110: Synthese und Kupplung der Bausteine 164 und 165: a) I2, nBuli, THF –78 °C → RT, 90 min, 84%; b) DMF, LDA, THF, –78 °C, 14 h; c) NaBH4, EtOH, 0 °C → RT, 1 h, 67% über 2 Stufen; d) PBr3, CH2Cl2, RT, 18 h, 71%; e) Ac2O, K2CO3, MeCN, 80 °C, 2 h, quant.; f) Ethinyldimethylphenylsilan, nBuLi, THF, –78 °C → RT, 18 h, 53%; g) HSiMe2Ph, TFA, PhMe, 0 °C, 30 min, 80%; h) DIBAL-H, nHexan, 0 °C → RT, 30 min, 71%; i) K2CO3, MeCN, 80 °C, 3.5 h, quant..

Ausgehend von Verbindung 162 wurde der Naturstoffe (+)-Linoxepin (69) in sechs weiteren Schritten mit einer Gesamtausbeute von 56% aufgebaut (Abbildung 111). Nach einer Sonogashira-Reaktion mit anschließender Domino-Carbopalladierung-Heck-Reaktion wurde das stereogene Zentrum über eine asymmetrische Hydroborierung eingeführt.

Drei weitere Stufen führten nach Enantiomerenanreicherung über HPLC an chiraler stationärer Phase zu dem gewünschten Naturstoff in >99% ee.

Abbildung 111: Synthese von (+)-Linoxepin (69): a) 163, Pd(PPh3)4, CuI, TBAOAc, 1,4-Dioxan, 60 °C, 30 min, 93%; b) Pd(OAc)2, DavePhos, Ag2CO3, DMAP, PhMe, 110 °C, 45 min, bis zu 99%; c) 1. (–)-(ipc)BH2, THF, 0 °C → RT, 2. NaOH, H2O2, 0 °C → RT, 30 min, 77%, 52% ee; d) TBAF, THF, 0 °C, 1 h, 89%; e) MnO2, CH2Cl2, RT, 2.5 h; f) I2, K2CO3, tBuOH, 50 °C, 4.5 h, 89% über 2 Stufen.

Durch den im Rahmen dieser Arbeit optimierten enantioselektiven Aufbau des Stereozentrums konnte die Gesamtausbeute von 30% auf hervorragende 32% über elf Stufen ausgehend von kommerziell erhältlichem Bromovanin (243) verbessert werden. Die Naturstoffsynthese von (+)-Linoxepin mit einer Domino-Carbopalladierung-Heck-Reaktion und einer asymmetrischen Hydroborierung als Schlüsselschritte ist somit die bis zu diesem Zeitpunkt effektivste Syntheseroute zu dem enantiomerenreinen Naturstoff.

Darüber hinaus konnte durch EXSY-Experimente die Stabilität der chiralen Achse der Atropisomere (S,Sa)-160 und (S,Ra)-160 bestimmt werden (Abbildung 112). Hierbei fiel besonders die Lösungsmittelabhängigkeit der Aktivierungsenthalpien auf.

Abbildung 112: Aktivierungsenthalpien des Isomerisierung bei 298 K.

Der letzte Teil dieser Arbeit befasste sich mit einem schnellen synthetischen Zugang zu potentiellen Hsp47-Inhibitoren. Der Grundgedanke war es, in dem aromatischen Phenylring verschiedene Substituenten und Substitutionsmuster einzuführen.

Abbildung 113: Synthese von potentiellen Hsp47-Inhibitoren 84a-g: a) K2CO3, EtOH, 78 °C, 12 h, 54%;

b) MeLi, CuCN, THF, 0 °C → RT, 16 h, bis zu 89%; c) PTAT, THF, RT, 14 h, bis zu 87%; d) K2CO3, DMF, RT, 16 h, bis zu 54% nach Kristallisation.

Ausgehend von den Benzoesäuren 171a-g gelang die Synthese der sieben potentiellen Inhibitoren 84a-g in einer Gesamtausbeute von bis zu 41% nach Kristallisation über drei Stufen (Abbildung 113). Das Dihydropyrimidongrundgerüst 166 wurde dabei über eine Multikomponenten-Eintopf-Reaktion in 54% Ausbeute aufgebaut.

Die ursprüngliche Syntheseroute, die bei der Synthese von Hsp47-Inhibitoren mit Modifikationen des Thiophenrings angewandt wurde, konnte dabei unter verbesserten Ausbeuten um eine Stufe verkürzt werden. Die Ergebnisse der biologischen Aktivitäten der Inhibitoren 84a-g, die in einer Kooperationsarbeit mit dem Arbeitskreis von Prof.

Zimmermann analysiert werden, lagen zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch nicht vor.