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Entscheidungskriterien für die Wohnungswirtschaft

8 Workshops

Im Rahmen des Projektes wurde am 28. April 2008 ein Workshop (1) durchge-führt, um mit Fachleuten erste Projekter-gebnisse sowie verschiedene Aspekte von Contracting im Mietwohnungsbau zu dis-kutieren. Anwesend waren Vertreter diver-ser Ministerien, des Bundesamtes für Bau-wesen und Raumordnung, der Länder, der Anbieter-, der Wohnungswirtschafts- und der Mieterverbände, von Wohnungsbauun-ternehmen sowie Multiplikatoren, bei-spielsweise aus den Energieagenturen.

Des Weiteren fanden mit einem ver-gleichbaren Teilnehmerkreis zwei weitere Workshops (2) und (3) am 25. August und am 22. September 2008 statt. Diese Work-shops dienten dazu, verschiedene Ansätze für mögliche Gesetzesänderungen mit allen tangierten Interessensgruppen ausgiebig zu erörtern. Dabei kamen auch wieder einige Aspekte zur Sprache, die für die Potenzial-ermittlung von Bedeutung sind; zum Bspiel die Fragen nach der Mindestgröße ei-nes Contractingprojektes, die für eine Kostenneutralität erforderlich ist, sowie diejenige nach der Höhe der erreichbaren Verbesserung des Jahresnutzungsgrades.

Deswegen werden auch diese Ergebnisse hier kurzgefasst wiedergegeben; die Einzel-heiten der Optionen einer Gesetzesände-rung werden aufgrund des noch laufenden Verfahrens in diesem Bericht nicht vertieft.

Alle Workshops wurden von Dr. Eikmeier vom BEI vorbereitet und moderiert; mit in-haltlicher Begleitung und Unterstützung durch alle Projektpartner. Die Workshops fanden im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) statt und hatten jeweils zwischen 30 und 40 Teilnehmer/innen.

Ausführliche Darstellungen der drei Ver-anstaltungen finden sich in Eikmeier et al.

(2009 (a)).

8.1 Workshop 1

Das Instrument Contracting

Es ist eine differenzierte Betrachtung der Produkte und der Vielzahl angebotener Kombinationen sinnvoll. Einsparcontrac-ting (ESC) spielt derzeit am Markt nur eine sehr geringe Rolle. Damit können die grö-ßeren Potenziale gehoben werden;

ande-rerseits stellt sich die Frage, ob sich ESC im Bereich der Wohnungswirtschaft in Zukunft stärker verbreiten wird.

Contractingmarkt und Befragungsaspekte Es lassen sich Größenordnungen der Ak-teure, Marktvolumina und -potenziale ab-schätzen, differenzierte Zahlen zum Be-reich der Wohnungswirtschaft sind jedoch kaum verfügbar. Da objektiv ermittelte Messwerte kaum vorhanden sind, gibt es zur Befragung keine echten Alternativen.

Befragungsergebnisse müssen kritisch in Bezug auf ihren Wahrheitsgehalt sowie ihre Belastbarkeit bzw. Repräsentanz hinterfragt werden.

Contracting versus Eigenregie – Ergebnisse des Wirtschaftlichkeitsvergleichs

Ergebnisse von Modellkalkulationen für die Bandbreite 30–1.000 kWth belegen, dass sich bei kleineren Anlagen für die Transak-tionskosten ein sehr hoher Anteil im Ver-hältnis zu den Investitionskosten für die Wärmeversorgungsanlage (85 % bei der 30 kW-Anlage) ergibt; dieser sinkt jedoch mit steigender Leistung erheblich (10 % bei der 1.000 kW-Anlage). Bei den Gesamtkos-ten der Wärmelieferung dominieren die Brennstoffkosten mit einem Anteil von rund 80 %. Daraus resultiert eine hohe Sen-sitivität gegenüber den Brennstoffpreisen und dem erzielten Jahresnutzungsgrad.

Der Vollkostenvergleich mit einer Eigen-regielösung zeigt einen eher geringeren Mehraufwand der Contracting-Lösung (4–10 %) bis etwa 100 kW, bei größeren An-lagenleistungen ergibt sich ein Vorteil in Höhe von 2–5 %. Noch nicht monetär be-wertet sind dabei die Mehrwerte von Contracting: Übernahme von Risiken, lang-fristige Garantien etc. Dabei wird deutlich, dass sich erwartungsgemäß keine scharfe Abgrenzungslinie hinsichtlich der installier-ten Leistung ziehen lässt, ab der Contrac-ting eindeutig wirtschaftlicher ist als eine Eigenregielösung.

Contracting versus Eigenregie – Projektauswertungen

Untersuchungen, die systematisch Con-tracting-Projekte mit einer Umsetzung in Eigenregie vergleichen, sind selten. Beim verfügbaren Material zeigen sich beim

Jah-resnutzungsgrad tendenziell Vorteile von Contracting bei älteren NT-Kesseln, nicht jedoch bei jüngeren BW-Geräten. Es gibt Zustimmung zu der These, dass der Jahres-nutzungsgrad in geeigneter Weise geschätzt werden muss. Es wird in diesem Sinne kein mathematisch exakt abgrenzbares Einspar-potenzial geben.

Die Vorteile von Contracting-Lösungen scheinen insbesondere in der Vermeidung von negativen Ausreißern sowie der lang-fristig besseren Sicherstellung eines opti-malen Anlagenbetriebes zu liegen. Dieser Einschätzung wird vom Plenum im Wesent-lichen entsprochen. Dies gilt insbesondere für weniger verbreitete Techniken wie bspw. einem Holzhackschnitzel-Kessel.

Einvernehmen herrscht über die Tatsa-che, dass sich – unabhängig von der Frage einer Umsetzung in Eigenregie oder mittels Contracting – die erzielbaren Energieein-spareffekte vor allem durch die deutliche Steigerung des Jahresnutzungsgrades beim Austausch einer Alt- durch eine Neuanlage, der Vermeidung von Überdimensionierun-gen sowie vielfach durch einen Energieträ-gerwechsel zu Gas ergeben.

Rechtliche Aspekte

Die mietrechtlichen Probleme des Wär-mecontractings konzentrieren sich insbe-sondere auf ein bestehendes Mietverhältnis mit Übergang von Zentralbeheizung durch Vermieter auf Contracting (gewerbliche Wärmelieferung). Die Diskussion beschäf-tigt sich zunächst mit der Abgrenzung der Begriffe Fern- und Nahwärme und den Fra-gen, ob der BGH in seinen Urteilen einer konsistenten Begriffsbenutzung folgt. Da-mit verbunden ist die Frage, ob die jüngs-ten Entscheidungen direkt auf Contracting übertragbar sind. Offensichtlich herrscht hier noch Klärungsbedarf.

Ein vom Moderator abgefragtes Mei-nungsbild zum Verhältnis sonstiger Hemmnisse im Vergleich zu rechtlichen Hemmnissen zeigt in großer Mehrheit die Einschätzung, dass die ungelösten rechtli-chen Probleme seit längerer Zeit das zent-rale, klar dominierende Hemmnis darstellt.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Über-windung der rechtlichen Hemmnisse mög-lichst schnell gelingen muss, damit sich der Markt entwickeln kann.

Zukunftsperspektiven

Es wird darauf hingewiesen, dass in der Verbesserung der Gebäudesubstanz erheb-lich höhere Einsparpotenziale liegen als bei einer Beschränkung auf den Austausch ei-ner alten Heizungsanlage. Die Amortisati-onszeit solcher Maßnahmen ist allerdings erheblich höher. Der verstärkte Einsatz von ESC-Lösungen wird vom Teilnehmerkreis in fernerer Zukunft für möglich gehalten;

die Überwindung aktueller, insbesondere rechtlicher Hemmnisse ist jedoch eine zentrale Voraussetzung dafür.

Kontrovers wird hingegen die Frage dis-kutiert, ob es in der Wohnungswirtschaft an Modernisierungsmotivation mangelt. Auf der einen Seite spricht eine mögliche Kon-zentration auf das Kerngeschäft (die Ver-mietung) dafür; andererseits besteht auch bei Wohnungsunternehmen ein inhärentes und wirtschaftliches Interesse an der Mo-dernisierung – entscheidend ist allerdings immer die Erzielbarkeit entsprechender Nettokaltmieten am Markt. Durch regel-mäßige Modernisierung werden die lang-fristige Vermietbarkeit und der Erhalt des Bestands gesichert. Durch steigende Kom-fortansprüche sowie erhebliche Nebenkos-tensteigerungen in der jüngsten Vergan-genheit steigt der Handlungsdruck.

8.2 Workshop 2

Die Contractingunternehmen äußern den Wunsch, dass mit gesetzlichen Neu-regelungen keine Contractingansätze wie Betriebsführungscontracting ausgeschlos-sen werden sollen. Ansätze, die den Markt einschränken, sollten vermieden werden.

Um Unklarheiten auszuschließen, sind die richtigen Begriffe (Verweis auf die DIN-Norm) zu verwenden sowie nicht-eindeutige Kriterien zu vermeiden.

Jede Regelung kann sinnvollerweise nur für ein ganzes Gebäude gelten, da die Basis

„jeder einzelne Mieter“ zu aufwändig wäre.

Allgemein wird zugestimmt, dass bei einer Erfassung bzw. einem Vergleich von Kosten ein witterungsbereinigtes Jahr als Ver-gleichszeitraum ausreicht, da andere Lö-sungen z. B. drei Jahre wenig, fünf Jahre kaum praktikabel sind.

Eine Quorumsregelung wird allgemein als sinnvoll erachtet. Jedoch herrscht Unei-nigkeit, ob ein Ablehnungs- oder ein Zu-stimmungsquorum zu präferieren ist.

Kontrovers war die Frage, ab welcher Pro-jektgröße eine Warmmietenneutralität er-reicht wird. Durch konkrete Rechenbeispie-le soll geklärt werden, wann für die Erneuerung einer Bestandsanlage eine Contracting-Lösung teurer ist als eine Lö-sung in Eigenregie. Klar ist, dass sich diese Beispielrechnungen aber in den nächsten Jahren laufend verändern, z. B. durch ande-re Energiekosten. Es herrschte Einigkeit darüber, dass der für solche Vergleichs-rechnungen zentrale Parameter Jahresnut-zungsgrad nicht gemessen werden kann, da dies in der Praxis zu aufwändig wäre. Es wä-re somit erforderlich, sich auf Werte zu ei-nigen, was damit aber die Angreifbarkeit solcher Kostenvergleiche beinhaltet.

Es herrscht Unstimmigkeit darüber, ob bzw. in welchen Fällen 11 % der Moderni-sierungskosten als Refinanzierungsspiel-raum der Contracting-Lösung ausreichen.

Zudem wird angemerkt, dass die Moderni-sierungsumlage nicht zwingend in einer Größenordnung von 11 % liegen muss, da viele Maßnahmen (z. B. eine neue Heizung) nicht komplett als Modernisierungsmaß-nahmen anerkannt werden.

8.3 Workshop 3

Die Ergebnisse der gelieferten Modell-rechnungen für den Vergleich Contracting – Neuanlage Eigenregie werden nur kurz dar-gestellt, aber nicht vertiefend diskutiert, da sich mittlerweile gezeigt hat, dass dieser Ansatz aufgrund der unvermeidlichen Un-sicherheiten nicht zielführend ist.

Eine Kostenvergleichsrechnung sollte nach gemeinschaftlicher Ansicht für jede Person (auch Nicht-Fachleute) verständ-lich, also möglichst einfach und transpa-rent gestaltet sein.

Es wird einheitlich festgestellt, dass durch eine neue Heizungsanlage eine Energieein-sparung (von mindestens > 0 %) sicher ge-geben ist (im Vergleich zu einer Altanlage).

Die Diskussion des Vergleiches einer Neuanlage im Contracting mit der Altanla-ge führte zur FraAltanla-ge der Ermittlung des JNG der Altanlage und damit in vielen Punkten zu einer Bestätigung der bisherigen Thesen:

Eine Langzeitmessung ist zu aufwändig, Kurzzeitmessungen sind noch nicht ausge-reift und daher nicht ausreichend belast-bar. Somit bleibt nur der Weg der Schät-zung. Diese könnte pauschal über Anlagentyp und -alter bzw. über eine

Be-wertungsmatrix erfolgen. Ungeklärt blieb die Frage, wer diese Matrix aufstellt (paritä-tische Beteiligung aller Interessen bei Er-stellung wichtig) und wie/wo sie gesetzlich festgeschrieben wird. Die Einschätzung einzelner Contractoren, den JNG einer Alt-anlage für rund 90 % des Bestandes auf ca.

2,5 % genau zu treffen, wird von anderen Teilnehmern angezweifelt.

Auch die Option, die Umlegbarkeit von (im Vergleich zu den Betriebskosten der Altanlage höheren) Wärmelieferkosten an eine bestimmte Einsparquote zu koppeln, wird kontrovers gesehen: Sie kann als un-nötige Hürde, aber auch als rechtliche Notwendigkeit für die Umlagefähigkeit an-gesehen werden. Zudem stellt sich die Fra-ge nach einer anFra-gemessenen Höhe dieser Einsparquote.

Es gibt keinen Widerspruch zu der Ein-schätzung, dass Warmmietneutralität von Contracting ab einer Größenordnung von ca. 1.500–2.500 m2 BGF möglich ist. Diese Grenze kann sich mit steigenden Energie-preisen erheblich verschieben; sie hängt zudem auch erheblich von der Güte der Alt-anlage ab (wenn der JNGalt > 75 % liegt, wird es schwierig, Warmmietneutralität zu erzie-len).

Zu den damit verbundenen Marktpoten-zialen gab es eine Einzelmeinung, die den Marktanteil für den Fall Warmmietenneu-tralität auf 30 - 40 % schätzt. Ergänzt wurde, dass rund 8 % der Mietwohnungen auf Ge-bäude mit mehr als 20 Wohneinheiten ent-fallen (8 % der Gebäude entspricht aber nicht 8 % der Fläche). Dabei ist aber der be-stehende Versorgungsfall zu beachten:

Mehr als 50 % der großen Objekte bei der GdW sind fernwärmeversorgt, nur ca. 3 % werden mit Öl geheizt; dieses Verhältnis wirkt sich deutlich mindernd auf das Po-tenzial aus.

Abschließend wurde ein Vorschlag der Energieagentur NRW zur Umlagefähigkeit von Investitionskosten betrachtet. In den vorgelegten Modellrechnungen sind unter-schiedliche Ansätze (in der Bandbreite 50–100 %) für den Anteil der Investitions-kosten, der aIs Modernisierungsmaßnahme umgelegt werden kann, enthalten. Tenden-ziell bestand Einigkeit, dass diese Bandbrei-te zwar geeignet gewählt ist, die Umlage-quote aber nicht allgemein festlegbar ist.

Der Vorschlag wurde von den Contractoren eindeutig abgelehnt, da es systemfremd ist, man will die Kalkulation keinesfalls

offenle-gen; zudem könnte es ihrer Meinung nach falsche Anreize schaffen, den nicht umleg-baren Grundpreis z. B. durch billige Anla-gen zu minimieren. Es wird wenig Interesse von Vermieterseite für dieses Modell erwar-tet, ebenso wenig für Modelle, die Baukos-tenzuschüsse vorsehen. Andere Einzelper-sonen halten den Vorschlag für interessant.

Im Dokument Contracting im Mietwohnungsbau (Seite 70-74)