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Eigenregie versus Wärmeliefer- Wärmeliefer-Contracting: Kostenvergleich und

Im Dokument Contracting im Mietwohnungsbau (Seite 57-60)

Entscheidungskriterien

6.1 Transaktionskosten für Energie-Contractingmodelle

Energie-Contracting ist als innovatives und gleichzeitig komplexes Produkt zu be-zeichnen – weit davon entfernt, ein Stan-dardprodukt aus einem „Energieeffizienz-Warenhaus“ zu sein (was gleichermaßen für viele Maßnahmen zur Umsetzung von Energieeffizienzpotenzialen zutrifft). Ziel der nachfolgenden Ausführungen ist es, für die in der Wohnungswirtschaft typischen Leistungsklassen zwischen 30–1.000 kWth (entspricht rund 6–200 WE, vgl. Tabelle 6-2) den Transaktionsaufwand zu beschreiben, zu quantifizieren und in Relation zu den Investitionskosten der Wärmeversorgung zu setzen.

Transaktionskosten werden in der Contracting-Literatur selten erwähnt oder gar quantifiziert, wenn Energie-Contracting und dessen Hemmnisse bei der Markt-durchdringung analysiert werden. Nichts desto trotz stellen Transaktionskosten ein signifikantes Hemmnis für die Markt-durchdringung dar, wie die nachfolgenden Berechnungen belegen.

Mit Transaktionskosten wird hier in ers-ter Linie der Aufwand des Contractingkun-den, also des Gebäudeeigentümers bis zum Abschluss eines Energie-Contractingver-trags bezeichnet. Hierunter fallen als Hauptpositionen die Grundlagenermittlung und Datenbereitstellung, das Erstellen der (funktionalen) Leistungsbeschreibung, die wettbewerbliche Ausschreibung und Ver-gabe der Energiedienstleistungen sowie die Vertragserrichtung und -prüfung. Aber auch der Aufwand des Contractors für die Angebotserstellung bis zum Vertrags-abschluss ist zu berücksichtigen. Die Höhe der Transaktionskosten ist selbstverständ-lich abhängig von der Größe und Komplexi-tät des Projektes.

Abhängig vom Know-how und den Res-sourcen des Gebäudeeigentümers müssen die vorgenannten Leistungen in vielen Fäl-len von einem Beratungsunternehmen durchgeführt und somit vom Gebäudeei-gentümer eingekauft werden.

Die Höhe der Transaktionskosten für die Durchführung einer Ausschreibung von Wärmeliefer-Contractingleistungen für die Wohnungswirtschaft mit dem oben skiz-zierten Leistungsumfang wird mit Hilfe fol-gender Indikationen abgeschätzt:

• Für den Gebäudeeigentümer wird der ei-gene Aufwand für die Grundlaei-genermitt- Grundlagenermitt-lung und DatenbereitstelGrundlagenermitt-lung, Beteili-gung an der Vergabe und der Vertragsüberprüfung mit ca. 4 Personen-tagen oder 2.000,-€ abgeschätzt. Für das fortlaufende Controlling der Energie-dienstleistungen werden keine Zusatz-kosten im Vergleich zur Eigenregie ange-nommen.

• Die Vorbereitung und Ausschreibung ei-nes einzelnen Contractingprojektes mit dem in Absatz 3 genannten Leistungsum-fang kostet typischerweise – in Abhängig-keit von der Komplexität des Versor-gungsobjektes – zwischen 6.000,- und 15.000,- €. Bei einem Pool aus mehreren Gebäuden reduzieren sich die Kosten je Gebäude: Abgeleitet aus einer aktuellen Ausschreibung mit zehn, teilweise sehr unterschiedlichen Gebäuden und einer relativ aufwändigen und individuellen Contractingmodellentwicklung ergeben sich Kosten von 5.500,- € je Gebäude (Werte auf Basis von Marktpreisen unab-hängiger Beratungsunternehmen).

• Der korrespondierende Aufwand des Contractors für die Angebotserstellung und -verhandlung auf Basis gut ausgear-beiteter Ausschreibungsunterlagen wird je nach Anlagenleistung mit 4 bis 6 Ta-gen, d. h. 2.000,- bis 3.000,- € abgeschätzt.

Für den Gebäudeeigentümer werden die Transaktionskosten auf Basis der vorge-nannten Indikationen wie folgt abge-schätzt: Da es sich bei der Vorbereitung und Ausschreibung von Wärmeliefer-Contractingverträgen um vergleichsweise einfache und gut standardisierbare Leis-tungen handelt, werden die Transaktions-kosten in Summe mit 5.000,- bis 9.000,- € in Abhängigkeit von der betrachteten Leis-tungsklasse beziffert. Hier ist eine wei-testgehende Standardisierung des

Aus-(130)

Der Begriff „Anlage“ bezeichnet in diesem Gutachten den Anla-genteil der Wärmeversorgung, der sich im Heizungsraum be-findet und ggfs. erneuert wird, und nicht das Wärmeverteilsys-tem im Gesamtgebäude.

(131)

schreibungsinstrumentariums vorausge-setzt.

Aus Sicht des Gebäudeeigentümers erge-ben sich die in Abbildung 6-1 illustrierten Transaktionskosten, dargestellt in absolu-ten Beträgen und im Verhältnis zu den In-vestitionskosten der Wärmeversorgungsan-lage.130

Die zusätzlichen Transaktionskosten lie-gen im Verhältnis zu den Investitionskosten der Versorgungsanlage zwischen knapp 60 % für 30 kW-Anlagen und ca. 7 % für eine 1 MW-Anlage. Dies stellt aus Sicht des Ge-bäudeeigentümers, insbesondere für kleine Objekte, eine erhebliche Zusatzinvestition und somit ein klares Hemmnis für das Um-setzungsinstrument Contracting dar.

Berücksichtigt man außerdem den oben angeführten Transaktionskostenaufwand des Contractors, so erhöht sich der relative Aufwand auf knapp über 80 % für 30 kW-Anlagen und knapp 10 % für eine 1 MW-Anlage. In erster Näherung kann aus den vorhergehenden Berechnungen – unab-hängig von der exakten Höhe der einzelnen Kostenannahme – außerdem eine untere Projektgröße für Wärmeliefer-Contracting-projekte von ca. 100 kW abgeleitet werden, wenn man ein Limit für die zusätzlichen Transaktionskosten von 20 % (bzw. 30 % inklusive Contractorenaufwand) zugrunde legt. 131

Kleinere Projekte werden zusätzlich durch die Tatsache belastet, dass der re-gelmäßige Aufwand für die technische und wirtschaftliche Betriebsführung weitestge-hend größenunabhängig ist. Dies gilt insbe-sondere für Projekte bis 100 kW. Dieser grö-ßenunabhängige Fixkostenaufwand kann ebenfalls als Begründung für eine wirt-schaftliche Untergrenze für die mögliche Auslagerung von Wärmelieferprojekten an Contractoren herangezogen werden, ohne hier genaue Zahlen angeben zu können.

6.2 Vollkostenstruktur Eigen-regie versus Wärmeliefer-contracting

Ein Vergleich der grundlegenden Kosten-strukturen ist in der nachfolgenden Tabelle 6-1 dargestellt. Perspektivisch wird aus den oben gemachten Ausführungen deutlich, dass die weitere Standardisierung und Qua-litätssicherung des „Produktes Energie-Contracting“ eine notwendige Vorausset-zung für die Reduktion der Transaktions-kosten darstellt, insbesondere wenn kleine-re Anlagen mit dem Instrument Energie-Contracting umgesetzt werden sollen.

Diese Frage ist nicht trivial: Die Kenntnis des JNG erfordert ei-ne genaue Kenntnis der in den Anlagen eingesetzten Brenn-stoffmengen und der von den Anlagen abgegebenen Wär-memengen. Hierfür sind geeig-nete Mess- und Zähleinrichtun-gen (Gaszähler, Wärmemen-genzähler) und eine kontinuier-liche Ablesung (Fernaufschal-tung) und systematische Auswertung derselben notwen-dig.

Die Kostenstruktur der Eigenbesorgung bezieht sich auf die Vorgaben der VDI 2067.

Abbildung 6-1

Transaktionskosten Wärmeliefer-Contracting: Absolutwerte und in Relation zu Anlageninvestitionskosten

45%

59%

9% 7%

22%

€ 0

€ 2.000

€ 4.000

€ 6.000

€ 8.000

€ 10.000

€ 12.000

€ 14.000

30 kW 50 kW 100 kW 500 kW 1000 kW

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Transaktionskosten Gebäudeeigentümer Transaktionskost. in % v. Investitionskosten

Quelle: Bleyl 2009, eigene Berechnungen © Jan W. Bleyl

Grundsätzlich sollte ein Kostenvergleich immer nur auf Basis von Voll- oder Ge-samtkosten erfolgen. Auch eine (anteilige) Beteiligung des Gebäudeeigentümers an den Investitionskosten kann eine für alle Beteiligten (also im Fall der Wohnungswirt-schaft auch der Mieter) tragbare und faire Lösung darstellen, z. B. um die bisherigen Energiekosten nicht zu überschreiten.

Den mit ca. 80 % mit Abstand größten Anteil an den Gesamtkosten der Wärmever-sorgung stellen für beide Varianten die verbrauchsgebundenen Kosten dar, wie die Abbildung 6-2 illustriert.

Dies verdeutlicht die Sensitivität der verbrauchsgebundenen Kosten, also insbe-sondere der Brennstoffkosten und des An-lagennutzungsgrades. Diese Kostenstruktur gilt vergleichbar auch für die Eigenbesor-

gung. Für kleinere Leistungsklassen steigt der Anteil der sonstigen Kosten etwas an.

Es ist dabei zu berücksichtigen, dass die Energieträgerkosten in den letzten Jahren erheblich stärker gestiegen sind als die an-deren Kostenpositionen, woraus bei Fort-schreibung ein noch weiter wachsender Anteil der Brennstoffkosten und damit eine steigende Bedeutung einer bestmöglichen Energiewandlungseffizienz resultieren.

Gleiches gilt übrigens aus Mietersicht: Die Betriebskosten, insbesondere für Energie, sind um ein Mehrfaches im Verhältnis zur Kaltmiete oder den allgemeinen Lebenshal-tungskosten gestiegen (vgl. z. B. Meixner 2007). Die „zweite Miete“ wird deshalb für Mieter ein zunehmend wichtigeres Ent-scheidungskriterium bei der Wohnungssu-che, was wiederum jeden Vermieter dazu zwingt, diese Kostensteigerungen möglichst zu begrenzen.

(132)

Für weitere Erläuterungen der Energieliefer-Contracting-Kosten wird auf den 2. Sachstandsbericht, Kapitel 2.2, verwiesen (Eikmeier et al.

2009 (b)).

Tabelle 6-1

Vergleich Kostenstruktur Energieliefer-Contracting, Eigenbesorgung und Wohnungswirtschaft

Energieliefer-Contracting132 Eigenbesorgung (nach VDI 2067)

Wohnungswirtschaft (Vermieter/Mieter) Transaktionskosten

Einmalzahlungen Grund-/(Leistungs-)preis, Messpreis

Kapitalgebundene Kosten Betriebsgebundene Kosten

Mod./Inst.: Investition (DIN 276, KG 400+700) abzgl. Förderungen + Kapitalkosten + Instandhaltungsrücklagen + Instandsetzung

Arbeitspreis Verbrauchsgebundene

Kosten

HeizkostenVO: Verbrauchs- + Betriebskosten (Wartung, Instandhaltung, Messung, Abrechnung) Gesamtkosten

Quelle: Bleyl 2008 (eigene Darstellung)

Abbildung 6-2

500 kWth Wärmeliefer-Contracting: Struktur der Gesamtkosten über der Projektlaufzeit

1%

82%

4% 4%

9%

Brennstoffkosten Personalaufwand Abschreibungen Betriebsgebundene Kosten Zinskosten

Quelle: Bleyl 2009, eigene Berechnungen © Jan W. Bleyl

6.3 Technisch-wirtschaftliche Annahmen und Rahmen-bedingungen des Kosten-vergleichs

Der betriebswirtschaftliche Varianten-vergleich zwischen Eigenregie und Wärme-liefer-Contracting erfolgt unter der An-nahme, dass in beiden Fällen neue Anlagen errichtet werden. 133

Methodisch erfolgt die Eigenregiekalkula-tion mit einer Lebenszykluskostenberech-nung auf Basis der Investitions- sowie der kapital-, betriebs- und verbrauchsgebun-denen Kosten über die Projektlaufzeit. Zum Vergleich mit der Contractingvariante wird der generierte Projekt-Cashflow auf einen Nettobarwert abdiskontiert. 134

Die Gesamtinvestitionskosten für die be-trachteten Kesselvarianten mit einer ther-mischen Leistung zwischen 30 und 1.000 kW liegen zwischen 8.500 und 130.000 €. Hierin sind alle Kostenpositionen bis auf etwaige hoch- und tiefbauliche Maßnahmen, Entsorgung der Altanlage so-wie alle Investitionen in das gebäudeseitige Sekundärnetz außerhalb des Heizraums be-rücksichtigt.

Die wichtigsten Inputdaten zum Ver-gleich der Verbrauchskosten sind aufgrund ihrer Sensitivität für das Gesamtergebnis (vgl. Kapitel 6.2) in Tabelle 6-2 zusammen-gefasst.

Die angeführten Jahresnutzungsgrade sind hoch angesetzt, liegen aber im Bereich des technisch Machbaren, insbesondere für

(133)

Die Inputdaten und Rahmen-bedingungen des Kostenver-gleichs nehmen Bezug auf den 2. Sachstandsbericht, Kapitel 3.

(134)

Für beide Kalkulationen beträgt der Kalkulationszeitraum 15 Jahre, Kapital- und Abdis-kontierungszinssatz betragen 6 % und für alle Kostenkatego-rien wurde eine Kostensteige-rung von 1,5 % hinterlegt. Die Erdgaspreisbasis ist 1. Quartal 2008.

Anlagen ohne Warmwasserbereitung. Vor-aussetzung für hohe Jahresnutzungsgrade – sowohl bei Betriebsführung durch einen Contractor als auch in Eigenregie – ist aller-dings eine entsprechende Motivation und Umsetzung in Form regelmäßiger Betriebs-überwachung und -optimierung.

Für das Ergebnis des Kostenvergleichs ist in erster Linie der in der Tabelle als „Jah-resnutzungsgradvorteil“ angeführte Wert von 4 %, gemittelt über den Lebenszyklus, relevant. Eine Berechnung mit geringeren absoluten Jahresnutzungsgraden aufgrund schlechterer Anlagenqualität würde zwar die Gesamtkosten erhöhen, nicht aber den Abstand zwischen Eigenregie und Contrac-ting verändern, welcher hier im Fokus der Betrachtung steht.

Ein möglicher Vorteil von Energie-Contracting – insbesondere aus Sicht der Contractingwirtschaft – kann die Beschleu-nigung der Modernisierung von bestehen-den Heizungsanlagen sein (Vorziehungsef-fekt). Dieser Effekt wird hier im Rahmen eines Kostenvergleichs aber nicht näher quantifiziert, sondern in Abschnitt 10.1 be-handelt.

6.4 Modellkalkulation

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