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S. sclerotiorum P. lingam

4.3 Wirtschaftliche Schadensschwellen für S. sclerotiorum an Winterraps

Nach §2a des Pflanzenschutzgesetzes darf Pflanzenschutz nur nach guter fachlicher Praxis durchgeführt werden. Zur guten fachlichen Praxis gehört die Berücksichtigung der Grundsätze des Integrierten Pflanzenschutzes. Ein Grundsatz des Integrierten Pflanzenschutzes ist es, die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf ein notwendiges Maß zu reduzieren. Das notwendige Maß ist per definitionem „…die Intensität der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln, die notwendig ist, um die Wirtschaftlichkeit zu sichern, weil keine anderen praktikablen Abwehr- und Bekämpfungsmaßnahmen zur Verfügung stehen, und die gleichzeitig der Vorsorge im Verbraucher- und Umweltschutz Rechnung trägt“ (BMVEL, 2005). Die Anwendung von Schadensschwellen ist daher im Integrierten Pflanzenschutz ein zentrales Thema.

Schadensschwellen stellen ein in Hinsicht auf die Optimierung von Behandlungs-zeitpunkten und zur Vermeidung unwirtschaftlicher Behandlungen geeignetes Werkzeug für den Integrierten Pflanzenschutz dar.

NUTTER et al. (1993) haben unterschiedliche Schwellenwerte, abhängig von der Befallshöhe, definiert (Abb. 4.1). Die Nachweisschwelle ist das geringste Befallslevel für den Nachweis eines Pathogens. Die Warnschwelle definiert ein Befallslevel, an dem der Anbauer sich auf eine Behandlung vorbereiten muss, während die Handlungsschwelle den Schwellenwert darstellt, bei dem eine Behandlung stattfinden muss, um zu vermeiden, dass der Befall die Schadensschwelle erreicht. Die Schadensschwelle wird definiert als das Befallsniveau, bei dem ein Verlust in Quantität oder Qualität durch das Pathogen verursacht wird. Die wirtschaftliche Schadensschwelle ist die Dichte eines Erregers, die einen Schaden in der Höhe der Kosten für eine Bekämpfung verursacht (NUTTER et al., 1993; HOFFMANN et al., 1994;

BÖRNER, 1997; TISCHNER, 1998). Eine wirtschaftliche Schadensschwelle ist nicht feststehend, sondern richtet sich nach der Ertragserwartung und dem Erzeugerpreis

Wirtschaftliche

sowie weiteren beeinflussenden Faktoren (HOFFMANN et al., 1994; NUTTER et al., 1993;

TISCHNER, 1998).

Abb. 4.1: Schwellenwert-Hierarchie nach NUTTER et al. (1993)

Nach TISCHNER (1998) ist eine Bekämpfungsmaßnahme noch vor Erreichen der wirtschaftlichen Schadensschwelle notwendig, um eine massenhafte Vermehrung des Pathogens zu verhindern. Da S. sclerotiorum jedoch ein monozyklisches Pathogen ist, kann eine Massenvermehrung nicht auftreten. Aufgrund dessen ist das von NUTTER et al. (1993) entworfene Schwellenwert-Konzept nicht ohne Einschränkungen auf S. sclerotiorum übertragbar.

In der vorliegenden Arbeit wurde die wirtschaftliche Schadensschwelle nach dem in Abb. 4.2 dargestellten Schema entwickelt. Die aus Befalls-Verlust-Relationen hervor-gehende Regressionsgerade stellt die Berechnungsgrundlage für die wirtschaftliche Schadensschwelle dar (FREIER et al., 1994). Um die Schadensschwelle allgemein anwenden zu können, wurde der Ertrag als prozentuale und nicht als absolute Größe berechnet. Basierend auf dem Ertragsniveau unter Nichtbefall werden die Behandlungskosten in prozentualen Ertrag umgerechnet. Der Schnittpunkt der Behandlungskostengerade mit der Regressionsgeraden ergibt die Befallshäufigkeit, bei der eine Behandlung wirtschaftlich ist, und stellt somit die wirtschaftliche Schadensschwelle dar.

Befallshäufigkeit [%]

Ertrag [%]

Behandlungskosten (in % Ertrag) Wirtschaftliche Schadensschwelle

(= x % Befallshäufigkeit, die toleriert werden kann)

Regressionsgerade zw.

Befallshäufigkeit und Ertrag Befallshäufigkeit [%]

Ertrag [%]

Behandlungskosten (in % Ertrag) Wirtschaftliche Schadensschwelle

(= x % Befallshäufigkeit, die toleriert werden kann) Wirtschaftliche Schadensschwelle (= x % Befallshäufigkeit, die toleriert werden kann)

Regressionsgerade zw.

Befallshäufigkeit und Ertrag

Abb. 4.2: Schematische Darstellung der Berechnung der wirtschaftlichen Schadensschwelle.

Die Schadwirkung eines Pathogens ist oftmals von verschiedenen Faktoren abhängig.

Von Seiten der Wirtspflanze ist die Anfälligkeit ein sehr wichtiger Faktor, seitens des Pathogens die Virulenz verschiedener Populationen. Des Weiteren spielen auch pflanzenbauliche Aspekte eine Rolle, wie z. B. Bestandesdichte oder Aussaattermin (FREIER et al., 1994). Wie die in den Jahren 2001-2005 durchgeführten Feldversuche gezeigt haben, hatten die Faktoren Sorte und Inokulationstermin einen Einfluss auf die Schadwirkung von S. sclerotiorum. In der Arbeit von FREIER et al. (1994) wird das Ertragsniveau als weitere mögliche Einflussgröße auf die Befalls-Schadens-Relation angeführt. Abhängig von Pathogen und Wirtspflanze kann es mit steigendem Ertragsniveau zu stärkerer oder geringerer Schadwirkung kommen. In der vorliegenden Arbeit wurde der Faktor Ertragsniveau nicht gesondert behandelt. Unter der Annahme, dass das Ertragsniveau keinen Einfluss auf die Befalls-Schadens-Relation hat, spielt es bei der Berechnung der wirtschaftlichen Schadensschwelle jedoch eine wichtige Rolle.

In der vorliegenden Arbeit wurden Schadensschwellen für zwei verschiedene Sorten (-typen) und zwei verschiedene Infektionstermine erstellt. Wie die Ergebnisse zeigten, ist die wirtschaftliche Schadensschwelle der Hybridsorte sowohl bei einem frühen als auch bei dem späten Inokulationstermin höher als bei der Liniensorte. Die Liniensorte reagiert somit sensibler auf Sclerotinia-Befall als die Hybridsorte, was sich in der geringeren wirtschaftlichen Schadensschwelle niederschlägt. Mit steigender Ertrags-erwartung werden die Unterschiede zwischen den Sorten größer. Innerhalb der Sorten

sind jeweils höhere wirtschaftliche Schadensschwellen nach Inokulationen zu BBCH 71 als nach Inokulation zu BBCH 61-65 zu verzeichnen. Obwohl die Befalls-Verlust-Relationen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Sorten und den Inokulationsterminen zeigten, sind sehr große Unterschiede in den wirtschaftlichen Schadensschwellen vorhanden. Während diese für Ertragserwartungen von 30-50 dt/ha bei einer frühen Inokulation zwischen 25 und 13% für die Hybridsorte und zwischen 16 und 5% für die Liniensorte liegt, ist sie nach einer späten Inokulation mit 37 -23% bzw.

29-12% deutlich höher.

In der von AHLERS & HINDORF (1987) entwickelten Negativprognose wird ein Grenzwert von 10% Befallshäufigkeit als Schwellenwert für eine Bekämpfungs-maßnahme eingesetzt. Ergebnisse über die Wirtschaftlichkeit dieses Modells sind jedoch nicht verfügbar. Ableitend aus Fungizidversuchen zur Bekämpfung von S. sclerotiorum im Winterraps erarbeiteten KRÜGER & STOLTENBERG (1983) eine wirtschaftliche Schadensschwelle für dieses Pathogen unter Verwendung des Fungizides Ronilan (Wirkstoff Vinclozolin). Für einen durchschnittlichen Ertrag von 30 dt/ha und einen kostendeckendem Mehrertrag von 2,6 dt (= 8%) ergab sich eine wirtschaftliche Schadensschwelle von 15,5%. Überträgt man dieses Ergebnis aus den frühen achtziger Jahren auf die heutigen Gegebenheiten mit einem um rund 10 dt/ha höheren Ertragsniveau, so ist die Schadensschwelle mit denen der vorliegenden Arbeit zu vergleichen. Eine regelmäßige Überprüfung und Validierung von Schadensschwellen ist notwendig (WALKER, 1983), vor allem in Hinblick auf ein wechselndes Sortenspektrum, sich ändernde technische Voraussetzungen und auch sich verändernden wirtschaftlichen Gegebenheiten.

Eine praktische Anwendung finden die erarbeiteten wirtschaftlichen Schadensschwellen in dem Prognosemodell SkleroPro (KOCH & VON TIEDEMANN, 2005a, b). In dieses Modell wurde die Schadensschwelle des frühen Inokulationtermins der Hybridsorte integriert. Eine retrospektive Anwendung des Modells zeigte, dass bei Integration der geringeren Schadensschwelle der Liniensorte zu viele falsch positive Bekämpfungs-entscheidungen empfohlen wurden. Aufgrund der hohen Anzahl falsch positiver Empfehlungen sank die Wirtschaftlichkeit des Modells.

Die aus Inokulationen zu BBCH 71 abgeleiteten Schadensschwellen gehen nicht in das Prognosemodell SkleroPro ein, da sie für eine Fungizidbehandlung in der Praxis eine nur sehr untergeordnete Rolle spielen. Basierend auf technischen Voraussetzungen ist

das Zeitfenster für eine Behandlung auf die Blüte des Rapses beschränkt, da Überfahrten während der Schotenbildung zu deutlich höheren Durchfahrtsverlusten führen würden.