• Keine Ergebnisse gefunden

Teil I: Phenol

4. Wirkungen

Bei chronisch-inhalativer Exposition gegenüber niedrigen Phenolkonzentrationen stehen Veränderungen im Bereich des Blutbildes sowie reizende und irritative Wirkungen im Vordergrund. Erst bei höheren Konzentrationen treten neurologische sowie atemreflektorische Beschwerden auf.

4.1 Irritative Wirkungen Humanstudien

Beschäftigte an Büroarbeitsplätzen (18 Frauen und 4 Männer), bei denen eine chronische inhalative Exposition über ca. Monate gegen das Holzschutzmittel

„Ksylamit“ vorlag (Inhaltsstoffe: Phenol, Formaldehyd, Pentachlorphenol, Kerosin, Naphthalin und Chlorparaffin), gaben eine Vielzahl von Symptomen wie Reizwirkung an den Atemwegen (Husten, Halsreizungen), Kopfschmerzen und Müdigkeit an. Die Erkrankungshäufigkeit gegenüber einer 29-köpfigen Kontrollgruppe war weder in der 6-monatigen Expositionszeit noch während einer 3-jährigen Follow-up Studie auffällig erhöht. Die gegen Ende der 6-monatigen Untersuchungsphase gemessene Phenolkonzentration in der Büroluft betrug 1,3 mg/m3. Die Beschwerden wurden von den Autoren allerdings primär dem Einfluss von Formaldehyd zugeordnet (Bay et al, (1994) in ATSDR, 2008).

In einer retrospektiven Studie wurden 158 Personen untersucht, die über „mehrere Wochen“ Phenol mit dem Trinkwasser aufgenommen hatten. Bei 17 Personen aus der Gruppe der am höchsten exponierten Personen (39 Personen mit > 0,1 mg/l Phenol im Trinkwasser) mit einer Phenol-Aufnahme von 10 – 240 mg/Person und Tag (0,14 – 3,4 mg/kg und Tag bei einer 70 kg schweren Person) traten folgende Symptome auf:

Bläschenbildung im Mund, Übelkeit, Durchfall. Bei 61 Personen, bei denen eine geringere Exposition als 0,1 mg/l Phenol im Trinkwasser vorlag, wurde keine Symptomhäufung beobachtet (Baker et al., 1978 in ATSDR, 2008).

In einer Untersuchung an 344 englischen Haushalten, bei denen eine Trinkwasserkontamination mit Phenol auftrat, wurden bei einer hoch-exponierten Gruppe von 250 Haushalten geschätzt ca. 10 µg/l und in der niedriger-exponierten Gruppe von 94 Haushalten 4,7 µg/l Phenol im Trinkwasser bestimmt. Nach einem Tag lag die Phenolkonzentration in beiden Gruppen bei 4,7 µg/l und nach weiteren zwei Tagen bei 0,9 µg/l. Neben Phenol wurde auch Chlorphenol in höheren Konzentrationen als Phenol bestimmt. Die exponierten Personen zeigten signifikant erhöhtes Auftreten von gastrointestinalen Beschwerden (Durchfall, Übelkeit und anderes) als eine nicht exponierte Kontrollgruppe von weiteren 250 Haushalten. Eine eindeutige Zuordnung der Beschwerden zum Phenol war allerdings nicht möglich (Jarvis et al, 1985 in ATSDR, 2008).

Tierexperimentelle Studien

In einem Kurzzeittest an männlichen Swiss OF1-Mäusen, die für jeweils 5 Minuten einer kopfbezogenen Phenolexposition ausgesetzt wurden, wurde eine dosisabhängige reflektorische Apnoe ermittelt. Eine respiratorische Reduktion der Atemrate um 50 % (RD50) wurde bei 649 µg/m3 ermittelt (De Ceaurriz et al, 1981; in ATSDR, 2008).

Weibliche Wistar-Ratten, die eine Stunde einer Phenolkonzentration von 915 mg/m3 ausgesetzt waren, zeigten Reizungen im Nasenbereich (Flickinger 1976 in ATSDR, 2008).

Bei einer 90-Tage-Studie mit Rhesusaffen, Ratten und Mäusen, bei denen die Tiere kontinuierlich einer Phenolkonzentration von 520 mg/m3 ausgesetzt waren, zeigten sich keine histologischen Veränderungen in der Lunge (U.S. Air Force 1961, in ATSDR, 2008).

Eine 2-wöchige Inhalatationsstudie (5 Tage/Woche, 6 Stunden/Tag), die speziell zur Untersuchung inhalativer Wirkungen von Phenol konzipiert worden war, wurde mit F344 Ratten auf der Grundlage der OECD-Guideline TG 412 durchgeführt (20 Tiere/Geschlecht und Gruppe). Es wurde Phenol in den Konzentrationen 0 [Kontrolle], 2,20, und 96 mg/m3 verabreicht. Es erfolgten makroskopische sowie mikroskopische Untersuchungen von Gewebe aus den Bereichen Leber, Niere und Atemwege/Lunge, hämatologische und blutchemische Untersuchungen sowie Gewichtskontrolle. Bis zu einer Konzentration von 98 mg/m3 waren keine adversen Effekte im respiratorischen System oder an anderen Organen erkennbar (CMA, 1998a in ECB, 2006).

4.2. Hämatologische und systemische Effekte

Humanstudien

Humanstudien Humanstudien Humanstudien

Zur Untersuchung der hämatologischen Wirkung von Phenol wurden Beschäftigte einer Fabrik, die Aromate aus Ölen und Wachsen destilliert, in 3 Gruppen eingeteilt. 20 Arbeiter waren bei einer mittleren Expositionsdauer von ca. 13 Jahren durchschnittlich einer Phenolkonzentration von 21 mg/m3 ausgesetzt. Eine zweite Gruppe von Arbeitern waren gegenüber einem Stoffgemisch von Phenol, Benzol, Toluol und Butanon exponiert. Die Kontrollgruppe bestand aus 30 nicht-exponierten Beschäftigten. Die Exposition wurde zusätzlich anhand von Nüchternblutproben am Ende der Schicht des letzten Arbeitstages der Woche sowie mit Urinuntersuchungen auf Phenol, Hippursäure und Butanon bestimmt. Bei der Untersuchung klinisch-chemischer und hämatologischer Parameter fielen im Vergleich zur Kontrollgruppe ein erhöhter Spiegel von Hämoglobin, Hämatokrit, basophilen und neutrophilen Leukozyten, ein geringerer Monozytenspiegel sowie eine Zunahme der Gerinnungszeit und der Transaminasekonzentration (ASAT und ALAT) auf. Die Phenolkonzention im Urin war signifikant erhöht (68.60 ± 47.06 mg Phenol/g Kreatinin) im Vergleich zur nicht-exponierten Personengruppe (11.54 ± 4.7 mg Phenol/g Kreatinin). Die Art der Expositionsmessung (Arbeitsplatz oder personengebunden) war nicht dokumentiert und es fehlten Angaben zur zeitlichen Verteilung der Exposition (Angabe von Expositionsspitzen). Bei dieser Studie konnte allerdings die Zunahme der Phenolkonzentration im Urin mit Zunahme der Phenolbelastung gezeigt werden (Shamy et al, 1994 in ECB, 2006).

Tierexperimentelle Studien

Eine dosisabhängige Abnahme roter Blutzellen wurde bei Mäusen nach Phenolgabe im Trinkwasser beobachtet. Nach Phenolgabe von 1,8/6,2/33,6 mg/kg und Tag über 28 Tage sank die Zahl roter Blutzellen von 7,17 (Kontrolle) auf 4,9/4,64/3,23 Millionen/mm3 beobachtet. Der Hämatokrit nahm nur bei der höchsten Konzentration ab, die Zahl der Leukozyten blieb unverändert (Hsieh et al, 1992 in ATSDR, 2008).

Hämatologische Untersuchungen inklusive roter und weißer Blutzellen, Retikulozyten, Hämoglobin und andere hämatologische Parameter zeigten keine Veränderungen bei Rhesusaffen, Ratten oder Mäusen nach einer 90-Tage-Studie, bei der die Tiere einer Phenolkonzentration von 20 mg/m3 ausgesetzt wurden (U.S. Air Force 1961, in ATSDR, 2008).

Ratten bzw. Mäuse, die 13 Wochen eine Phenolgabe von 1.694/2.642 mg/kg und Tag über Trinkwasser erhielten zeigten keine histopathologischen Veränderungen im gastrointestinalen Bereich, im Bereich der Leber oder im Bereich des endokrinen Systems (NCI, 1990 in ATSDR, 2008).

Eitrige Pneumonien, Bronchitis, inflammatorische Effekte, Zellinfiltrationen im Myokardgewebe, diffuse Schwellungen im Bereich der Nierentubuli und Thrombosen wurden an Guinea-Schweinen beobachtet, die für die Dauer von 41 Tagen Konzentrationen von 102-203 mg/m3 ausgesetzt waren. Kaninchen, die für die Dauer von 88 Tagen den gleichen Phenolkonzentrationen ausgesetzt waren zeigten ähnliche

16

Effekte aber weniger ausgeprägt. Exponierte Ratten zeigten keine Veränderungen. Die Studie wurde als wenig zuverlässig angesehen, da keine Kontrollen mitgeführt wurden und genauere Angaben zur Phenolexponierung nicht genannt wurden (Deichmann et al 1944 in ECB, 2006; ATSDR, 2008).

4.3 Neurotoxizität

Histopathologische Untersuchungen am Hirn von Rhesusaffen, Ratten und Mäusen, die jeweils über 90 Tage kontinuierlich mit 20 mg/m3 Phenol exponiert worden waren, zeigten keine Veränderungen (U.S. Air Force, 1961 in ATSDR, 2008).

Männliche Ratten, die einer oralen Phenolexposition für den Zeitraum von 13 Wochen und bis zu 309 mg Phenol/kg und Tag ausgesetzt wurden, zeigten keine neurologischen Auffälligkeiten. Weibliche Sprague-Dawley-Ratten, die eine orale Phenoldosis bis zu 360 mg Phenol/kg und Tag erhielten, zeigten in der vierten Woche eine signifikante Abnahme motorischer Aktivitäten, die bei einer Konzentration von 107 mg/kg und Tag nicht zu beobachten war (Beyrouty, 1998 in ATSDR, 2008).

Weiße Ratten, die für die Dauer von 14 Tagen kontinuierlich einer Konzentration von 102 mg/m3 Phenol ausgesetzt waren, zeigten neurologische Auffälligkeiten wie Tremor, Muskelzuckungen und in den ersten 3-5 Tagen Störungen im Bewegungsrhythmus und in der Körperhaltung. Der Tremor trat nicht bis zum Ende der Untersuchung auf und die Effekte wurden insgesamt als nicht schwerwiegend eingestuft. Histopathologische Untersuchungen wurden nicht durchgeführt (Dalin und Kristoffersson, 1974 in ATSDR, 2008).

Weibliche Wistar-Ratten, die bis zu 8 Stunden einer Phenolkonzentration von 915 mg/m3 ausgesetzt waren, zeigten nach einer Stunde Exposition keine, nach 4 Stunden leichte und nach 8 Stunden schwere neurologische Störungen wie Tremor und Koordinationsstörungen (Flickinger 1976 in ATSDR, 2008).

CD-1 Mäuse, die für die Dauer von 28 Tagen einer oralen Phenolexposition über das Trinkwasser ausgesetzt waren, zeigten bereits bei der kleinsten Phenoldosis von 1,8 mg/kg und Tag Veränderungen des Dopaminspiegels im Corpus striatum (Hsieh et al, 1992 in ATSDR, 2008).

4.4 Kanzerogenität/Mutagenität

Eine Fall-Kontroll-Studie von Wilcosky et al. (1984) bei Arbeitern in Gummifabriken konnte ein leicht erhöhtes Magenkrebsrisiko aufgezeigt werden (Odds-Ratio 1,4; n=6).

Die Arbeiter waren neben Phenol gegenüber weiteren nicht genannten Arbeitsstoffen exponiert (IARC, 1999).

Eine Fall-Kontroll-Studie an Arbeitskräften der Holzindustrie fand eine signifikante Erhöhung des Krebsrisikos im respiratorischen Bereich assoziert mit der Exposition gegenüber Phenol bzw. phenolhaltigen Holzstäuben (Odds-Ratio 4,94). Nach Berücksichtigung des Raucherstatus und der Einwirkung gegen Pestizide am Arbeitsplatz sank das Odds-Ratio auf < 3 und war nicht mehr signifikant (Kauppinen et al (1986) in ATSDR 2008).

In einer Kohortenstudie von Dosemeci (1991 in IARC, 1999) wurden 14861 Arbeiter aus 5 Fabriken in den USA in der Zeit von 1966 – 1980 untersucht und ihre Arbeitshistorie dokumentiert. In den Fabriken wurde sowohl Phenol als auch Formaldehyd produziert. Bei den exponierten Arbeitskräfte konnten keine Krebserhöhungen bei folgenden Krebsarten festgestellt werden: Mundhöhlen-, Speiseröhren-, Magen-, Darm-, Leber-, Pankreas-, Haut-, Prostata-, Hoden-, Hirnkrebs oder Leukämie.

In einer Fall-Kontroll-Studie von Kauppinen et al. (1993 in IARC, 1999) wurden 7307 männliche Arbeiter in Finnland, beschäftigt in 35 Fabriken, untersucht. Jeder bestätigte Fall wurde mit 3 Kontrollen aus dem gleichen Geburtsjahr gematcht, ein Job-Interview

geführt und es wurde eine Zuordnung zu einer Liste von 12 Substanzen durchgeführt, denen die Mitarbeiter ausgesetzt waren. Bei Betrachtung aller Fälle wurde ein Odds-Ratio von 3,2 ermittelt, der nach Adjustierung des Raucherstatus immer noch 2,5 betrug. Langzeitbeschäftigte (> 5 Jahre) zeigten ein geringeres Odd-Ratio (1,4) als Personen, die kürzere Zeit beschäftigt waren (Odds-Ratio 3,3). Bei den exponierten Arbeitskräften lagen in der Regel Mehrfachbelastungen vor, wobei keine dieser Substanzen eine so starke Assoziation zu Krebs der Atemwege zeigte wie Phenol.

Das IARC bewertet die vorliegenden Studien als nicht ausreichend belastbar ein und klassifiziert Phenol als Kat. 3 Stoff (IARC, 1999).

Tierexperimentelle Inhalationsstudien zur Einstufung des karzinogenen Potentials von Phenol liegen offenbar nicht vor.

4.5 Reprotoxizität Humanstudien

In einer retrospektiven Studie von Axelsson et al (1984) wurden 576 gegen Lösemittel exponierte schwangere universitäre Labormitarbeiterinnen im Vergleich zu 576 nicht-exponierten Schwangeren untersucht. Bei dieser Untersuchung wurde keine signifikante Erhöhung der Missbildungsrate bei Neugeborenen gefunden (ATSDR, 2008).

Tierexperimentelle Studien

Im Rahmen einer 2-Generationen-Studie an Ratten wurde die Wirkung von Phenol nach Trinkwasseraufnahme untersucht. Adverse Effekte waren nicht feststellbar, auch nicht in den höchsten Konzentrationen (19.550 mg/m3 bzw. 300/320 mg/kg Körpergewicht/Tag bei männlichen/weiblichen Tieren). Effekte auf Sperma oder den Östrogenzyklus wurden nicht beobachtet. Die beobachten Effekte beschränkten sich in dieser Studie auf die Beeinträchtigung der Lebensfähigkeit und Wachstum der Nachkommen in der Stillzeit bei Verabreichung der höchsten Konzentration. Keine embryotoxischen oder teratogenen Effekte waren nach oraler Gabe (Gavage) bei Mäusen oder Ratten nachweisbar. Eine reproduktive Wirkung für Phenol wurde nicht identifiziert (ECB, 2006).

4.6 Geruchswahrnehmung

Die Geruchswahrnehmungsschwelle stellt konventionsgemäß die Konzentration dar, bei der von einem Untersuchungskollektiv die Hälfte der angebotenen Geruchsproben wahrgenommen wird (50. Perzentil der Geruchswahrnehmung).

Folgende Angaben zu Geruchsschwellenwerten fanden sich in der Literatur für Phenol:

20 µg/m3 definiert als Geruchsschwellenwert für empfindliche Personen bzw. 180 µg/m3 definiert als allgemein wahrnehmbare Konzentration (IRIS, 2002). Aehlig, 2003 in Bremer Umweltinstitut, 2003 gibt einen Geruchsschwellenwert von 200 µg/m3 an.

4.7 Unterschiede zwischen Erwachsenen und Kindern

Informationen zu möglichen Unterschieden in der Empfindlichkeit zwischen Erwachsenen und Kindern liegen nicht vor.

18