Im Rahmen einer Wirkungsanalyse sollen die einzelnen Innovationsmaßnahmen einer Kom
m une auf ihre Wirkungen hin untersucht werden. Relevante Dimensionen dieser Wirkungsa
nalyse sind:
1. Effektivität Hier stellt sich die Frage, inwieweit die intendierten politischen Ziele auch tatsächlich erreicht w orden sind (Zielerreichungsgrad).
2. Effizienz: Es ist zu untersuchen, inwieweit sich ein verbessertes Verhältnis zwischen In
p u t und O utput der Kommune nachweisen oder zumindest aus den M aßnahm en ableiten läßt.
3. Dienstleistungen/Produkte: Veränderungen der Dienstleistungen sind a) nach Quali
tät, b) nach Q uantität, c) nach Erreichbarkeit und d) nach Kosten für de n Bürger zu überprüfen.
4. Sozialstaatlichkeit: in Ergänzung zu den Wirkungen, die die Dienstleistungen betref
fen, ist a uch d a n a c h zu fragen, inwieweit diese wiederum Prinzipien der Sozialstaat
lichkeit (G leichbehandlung, Bedürftigkeit) beibehalten, eingeschränkt oder erweitert haben.
5. Demokratie: Kommunale Innovationen sind in Bezug auf Einschränkung, Beibehal
tung und Erweiterung dem okratischer Bürgerbeteiligung zu untersuchen.
6. Arbeit und Beschäftigung: Diese Wirkungsdimension läßt sich näher aufschlüsseln n ach Arbeits(zeit)- und Einkommensbedingungen, Qualifizierungen sowie Beschäfti
gungseffekten, gegliedert nach spezifischen Arbeitskräftegruppen.
7. System der Arbeitsbeziehungen: Diese Dimension beinhaltet Aspekte der Deregulie
rung des Systems der Arbeitsbeziehungen (Dezentralisierung/Verbetrieblichung/ Indi
vidualisierung von Verhandlungssystemen) bzw. der Erweiterung von M itarbeiterpar
tizipation und Ausweitung von Verhandlungskompetenzen und -regelungsinhalten von Betriebs- und Tarifparteien.
In einem zweiten Schritt sollen diese Wirkungen systematisch auf die in 4.1 erläuterten Steue
rungsmechanismen - Hierarchie, Markt, Netze und Associations - und auf die n a ch 4.2 zu un
tersuchenden Bedingungskonstellation und Prozeßverläufe bezogen werden. Auf der Unter
suchungsebene einer einzelnen Kommune interessiert uns folglich a) w elche Effekte mit wel
cher Steuerungsform bzw. mit w elcher Mischform erzielt wurden, b) w elche Wirkungen bei w elchen Bedingungskonstellation auftraten und c) w e lche Wirkungen bei w elchen Politik
m odi zu b e o b a c h te n waren.
A b bildung 4 verdeutlicht die Zusammenhänge zwischen Steuerungsformen und Wirkungen in einer Kommune.
Wirkungsdimension
Form der Leistungserstellung über
Hierarchie Markt Netze Associations
Effektivität ++ +
Effizienz + +++ ++ • +
Produkte + + ++
Dem okratie + - +++ +
Sozialstaatlichkeit ++ - +++
A rbeit und Beschäftigung ++ - +++
Arbeitsbeziehungen - - - +
O bwohl aufgrund der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen und Innovationsprofile eine vergleichende Betrachtung nur sehr eingeschränkt m öglich ist, soll d o ch abschließend ver
sucht werden, die Entwicklungen der europäischen Kommunen im Hinblick auf Konvergen
zen und P fadabhängigkeiten und Trends grob einzuschätzen und Gestaltungsanregungen für deutsche Kommunen zu entwickeln.
5 Methoden
Im folgenden w erden kurz die wichtigsten m ethodischen Aspekte der Untersuchung wie (1) Literaturstudien zu Länderprofilen, (2) Fallstudiendesign und (3) Analysedimensionen d a rg e stellt.
(1) Literaturstudien zu Länderprofilen
In einem ersten Arbeitsschritt müssen Länderprofile erarbeitet werden, da sich die kommu
nale Ebene in europäischen Staaten in wesentlichen Punkten unterscheidet. Dazu gehören folgende Aspekte:
* allgem eine nationale ökonomisch-politische Strukturdaten;
■ verfassungsrechtliche Stellung der kommunalen Ebene;
■ Strukturen, Kompetenzen, Finanzen und Personal der kom m unalen Ebene;
* Verhältnis zwischen Kommunen und Staat;
■ Arbeitsbeziehungen und
* kommunale Verwaltungsgeschichte.
G rundlage der Länderprofile sind kom munalrechtliche, kommunalhistorische, verwaltungs- und politikwissenschaftliche Arbeiten und Literaturbeiträge.
(2) Fallstudiendesign
Kernstück der Untersuchung bilden Fallstudien über Kommunen, die n ach der Literatur und einer kom parativen Untersuchung der Carl-Bertelsmann-Stiftung als besonders innovativ gel
ten. Die Fallauswahl wird desweiteren von der Annahm e bestimmt, daß sich in europäischen Kommunen trotz unterschiedlicher nationalstaatlicher institutioneller Bedingungen Konver
genzen in der Entwicklungsrichtung feststellen lassen. Als Kontrastfolie zum europäischen Trend dienen zwei außereuropäische Kommunen, die ebenfalls in die Untersuchung der Carl-Berteismann-Stiftung einbezogen waren und unter den Gesichtspunkten der Effizienz und der Demokratie als besonders vorbildlich präsentiert wurden. Es handelte sich d a b e i um die Städte Phoenix im US-Bundesstaat Arizona und Christchurch in Neuseeland.
Die Erhebungsinstrumente während der Feidphase sind:
- Auswertung schriftlicher Dokumente, Materialen und andere Selbstdarstellungen (u.a.
Geschäftsberichte, Stellenbeschreibungen, Strategiepapiere, Geschäftsverteilungspläne etc.);
■ Verw endung teilstandardisierter Fragebögen sowie offener Gesprächsleitfäden für Exper
teninterviews zur Erfassung der Innovationsprofile, -prozesse und -Wirkungen;
- angeleitete Begehung der Untersuchungsbereiche.
Die zentrale Untersuchungseinheit bildet die Kommunalverwaltung, e in g e b e tte t in ihr lokales sozio-ökonomische Umfeld und in nationalstaatliche politisch-administrative Strukturen und Politiken. Diese Rahm enbedingungen interessieren uns nur insofern, wie sie die kommunale Ebene, ihre Reform Orientierung und -stragegie beeinflussen.
Unsere Untersuchung konzentriert sich auf bereits umgesetzte Reformaspekte und -maßnah- men. Das heißt, uns interessiert vordringlich, was sich seit Beginn des Umbaus in den Arbeits
strukturen, Leistungserstellungs- und Interaktionsprozessen m it der gesellschaftlichen Umwelt faktisch verändert hat. Aus diesem Grund ist es erforderlich, die Innovationsstrategien der politischen Führung und der Verwaltungsführung zu analysieren, w obei wir a uch Quer
schnittsfunktionen wie Finanzen, Organisation und Personal einbeziehen.
Wir haben - neben der Verwaltungsführung - fo lge nde drei Fachbereiche ausgewählt, die uns auf Basis der vorliegenden Literatur aus unterschiedlichen Gründen als interessante Un
tersuchungsfelder erscheinen:
Mit den Führungsebenen einer Kommunalverwaltung ist einmal die G em eindevertretung und zum anderen die Verwaltungseinheit umschrieben, die die Zielsetzungen, Strategien und allgem einen Verfahrensrichtlinien für die Aufbauorganisation, aber a u ch die Ablaufor
ganisation bestimmt. Beide Ebenen spielen eine trag ende und aktive Rolle im Prozeß der In
novation.
In allen Kommunen, die im Forschungsvorhaben berücksichtigt werden, sind Veränderun
gen in de n Zentralabteilungen, vor allem in der Finanzverwaltung m it der Haushaltsführung, der Struktur der kom munalen Haushalte und der Verfahren zur Haushaltserstellung zu erwar
ten. Ebenso abe r a uch andere Querschnittsfunktionen, soweit sie in das Design von Innova
tionen und die Entwicklung von Umsetzungsprogrammen strategisch ode r zumindest o pe ra
tiv involviert sind.
In der Kommunalwirtschaft, d.h. der Produktion von öffentlichen Gütern wie Wasser (zum Teil a uch Energie) oder Dienstleistungen wie e tw a Entsorgung, vollziehen sich interessante Ver
änderungen des M anagem ents kom m unaler Betriebe, der Rechtsstellung der Einrichtungen bis hin zur m ateriellen Privatisierung. Der soziale Bereich ist in vielen Ländern eine herausra
g e n d e A u fg a b e der Kommunen, wenn auch in einigen Staaten nationale Einrichtungen verschiedene A u fga ben wahrnehmen, die in anderen Staaten von den Kommunen selbst erledigt w erden (Leistungsverwaltung). Hier interessieren vor allem die Neuausrichtung der kom m unalen allgem einen sozialen und Gesundheitsdienste an die Bedürfnisse und N achfra
ge der Bürger. In der Kulturverwaltung sind in der Vergangenheit häufiger Einsparungszwän
ge entstanden, als in anderen Verwaltungseinheiten, d a es sich - a uch im internationalen Vergleich - um eine freiwillige A u fga be der Kommunen handelt, die freilich zum Teil von an
deren Gebietskörperschaften mitfinanziert wird. Zum Teil ist dieser Bereich gänzlich ausgela
gert worden, zum Teil wird die Kulturverwaltung m it neuen Leitbildern und Finanzierungsmög
lichkeiten ausgestattet.
Bei allen bevorzugten Politik- und Handiungsbereichen der Komm unalverwaltungen ist eine Verknüpfung zwischen den Veränderungen im “Zentralen Steuerungsdienst" und .der Finanz
verw altung zu erwarten, sofern es sich nicht um isolierte Innovationen handelt (sogenannte
“Innovationsinseln“).
Durch eine solche Begrenzung auf die genannten Bereiche werden unter forschungsprag
m atischen Gesichtspunkten die betreffenden Organisationseinheiten, m öglichen Einflußfak
toren und zentralen Akteure definiert und auf einen han dhab baren Um fang zurückge
schnitten. Zugleich ist ein einheitlicher Zugang angestrebt, um Parallelen, Konvergenzen oder Divergenzen der Innovationsprozesse in europäischen Kommunen aufzeigen zu kön
nen, a u ch wenn eine vergleichende Analyse der Fallstudien im engeren Sinne aufgrund der zu erw artenden unterschiedlichen Kom binationen und Schwerpunktsetzungen von Innovati
onselem enten nur bed ing t m öglich sein wird.
Zweitens wollen wir - soweit m öglich - in den jeweiligen für unsere Fragestellung relevanten Bereichen/Abteilungen einer Kommune als Gesprächspartner nicht nur die Führungsebene einzubeziehen, sondern kontrastierend jeweils zusätzlich ein Mitglied der Interessenvertretung
der Beschäftigten befragen, das in diesem Bereich entw eder selbst arbeiten oder für diesen zuständig sind.
Der Ablauf einer Fallstudie ist etw a folgenderm aßen vorzustellen. Nach der Erschließung des Feldzugangs ist zunächst eine Referenzperson vor Ort zu gew innen (mit einschlägigen wis
senschaftlichem Hintergrund), die sowohl bei der Beschaffung von Daten und Materialien bereits vor der eigentlichen Feldphase, als a uch bei der Optimierung der Interviewplanung unterstützend tä tig wird. Für einige Länder bestehen hier bereits Kontakte.
Im Zentrum der Untersuchungen steht die Feldphase, die im Kern aus einer Serie von Inter
views und Expertengesprächen (sowie Nacherfassungen von Materialien und der angelei
tenden Begehungen) besteht.
• Vertreter der politischen Führung der G em einde und ein Vertreter der örtlichen Gewerk
schaft für den öffentlichen Dienst
■ Jeweils ein Vertreter der Verwaltungsführung und ein Vertreter der Arbeitnehmerinteres
senvertretung
■ Je ein Vertreter der Führungsebene und der Arbeitnehmerinteressenvertretung zu Re
form projekten in den Bereichen Finanzen, Personalwesen, Wirtschaftsverwaltung, Sozial
verw altung und Kulturverwaltung.
Sofern A ufgaben ausgelagert oder privatisiert w orden sind, ist der Leiter der ausführenden Einrichtung/Unternehmung und ein Vertreter der Arbeitsnehmerinteressenvertretung zu be fragen.
Als m ethodische Leitorientierung gilt allerdings generell, daß wir eine erhebliche geg en
standsadäquate Flexibilität anstreben, um eine zu starre Festlegung bzw. Auswahl von Unter- suchungseinheiten, Gesprächspartnern, Beobachtungsobjekten, Ermittlungszeiten, Fragen, Einstufungs- und A ntw ortkategorien zu vermeiden.
(3) Analysedimensionen
Die Analysedimensionen orientieren sich an den drei Teilzielen der Untersuchung: Profil der Innovation, Prozesse und Wirkungen.
Um zunächst das Profil des jeweiligen Reformvorhabens bestimmen zu können, sollen hier Daten bzw. Informationen erhoben werden, die einen Vorher-Nachher-Vergleich gestatten:
die Gegenüberstellung der Ausgangssituation in den Untersuchungsbereichen mit den in
tendierten und den bisher erreichten Reformzielen. Dabei soll vor allem die Entwicklungsrich
tung der Innovationen, deren Tiefe (Radikalität) und Breite (Komplexität) analysiert werden.
Zu untersuchen sind fo lg e n d e konkrete Maßnahmen (Auswahl):
neue M anagem ent- bzw. Führungsstrukturen, Zuständigkeiten und Kompetenzen,
■ neue Führungsinstrumente, Anreizmechanismen und Beurteilungsstandards,
■ neue Kooperations-, Koordinations- und Interaktionsformen (Projektm anagem ent, Quali
tätszirkel, Teamarbeit),
■ W andel des Aufgabenspektrums, der Leistungstiefe z. B. durch Integration oder Ausglie- derung/Privatisierung von Aufgaben/Leistungen,
* Veränderung (Ausweitung, Einschränkung, neue Prioritätensetzung) in der Produkt- oder Leistungspalette, Einführung neuer Qualitätsstandards, W andel des Leistungsvolumens bzw. des Kundensegments.
Den Prozessen der Umsetzung von Innovationsstrategien kom m t n ach Ergebnissen verschie
dener Politikfeldanalysen und industriesoziologischer Untersuchungen für die Erreichung der intendierten Ziele eine Schlüsselfunktion zu (Mayntz 1980, 1983). Von dah er fragen wir unter anderem nach den
* aktiven und reaktiven Akteuren bei innovationsmaßnahmen (Initiatoren, Promotoren und Betroffenen des Umbaus);
■ M acht- und Interessenskonstellationen innerhalb einer Kommune;
■ Regulierungsmechanismen (Zwang, Konflikte, Kooperation, Verhandlung);
■ Mobilisierung von Ressourcen (darunter qualifikatorische, finanzielle u.a. Ressourcen).
* laufende Evaluationsverfahren bezogen auf die (Teil-)Zielerreichung/Nebeneffekte
Zusätzlich zu den Wirkungsdimensionen, die in Kapitel 4.3 ge n a n n t sind (Effizienz, Dienstlei- stungen/Produkte, Sozialstaatlichkeit, Demokratie, Arbeit und Beschäftigung sowie System der Arbeitsbeziehungen) wollen wir die Wirkungen kom munaler Innovationsprozesse auf die sozialen G ruppen innerhalb und außerhalb der Kom m unalverwaltung (Beschäftigte und Bürger) beziehen. Relevante Untersuchungsaspekte wären hierbei u.a.:
* Auswirkungen auf die Personalstruktur, d.h. Veränderungen des Beschäftigungsvolumens und der Beschäftigungs- und Ausbildungschancen verschiedener Teilgruppen des Ar
beitsmarktes (Frauen, leistungsgeminderte Arbeitnehmer, ältere Arbeitnehmer);
* Effekte hinsichtlich Autonomiespielräumen, Arbeitsinhalte, Qualifikationen, beruflicher Ent
wicklungsmöglichkeiten, Arbeitszeiten, Einkommens- und Partizipationschancen;
* Auswirkung auf die Gestaltung von Arbeitsvertragsbeziehungen, Deregulierung von bzw.
Verbetrieblichung der Verhandlungsgegenstände von Gewerkschaften; Einschränkung von Gewerkschaftsmacht;
■ Einführung und Erhöhung von Gebühren und Preisen sowie deren Umverteilungeffekte;
* Externalisierung von Transaktionskosten und Qualitätsverantw ortung zu Lasten der Bürger (z.B. durch Selbstbedienung, Informationsbeschaffung bei A lternativangeboten etc.).
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